BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6769 21. Wahlperiode 25.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 17.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Aufwertung durch das Weltquartier in Wilhelmsburg Zu den öffentlichkeitswirksamsten Vorhaben im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) zählt das sogenannte Weltquartier in Wilhelmsburg. Die rund 750 Wohneinheiten, durchweg Backsteinbauten aus den 1930er-Jahren und im Eigentum der SAGA GWG, sollten modernisiert und für die ursprüngliche Bewohnerschaft hergerichtet werden. Doch von den Menschen aus mehr als 30 Nationen ist nach den Umbaumaßnahmen – die Mieter/-innen mussten zeitweilig umquartiert werden – nur ein Drittel zurückgezogen, „und die meisten der anderen seien zumindest im nahen Umfeld geblieben“, wie das „Hamburger Abendblatt“ am 2. September 2016 berichtete. Entstanden sei danach „eine pittoreske Siedlung mit viel Grün und noch mehr Balkonen, die nichts mehr mit dem alten Muff zu tun haben. Die Mieten aber erhöht die Saga nur moderat und langsam um einige Cent pro Jahr.“ Die IBA-Chefin Karen Pein wird im „Hamburger Abendblatt“ abschließend mit diesen Worten zitiert: „Es gab hier eine Aufwertung, ja – aber alles andere als eine Verdrängung .“ Angesichts dieser goldigen Ausführungen bleibt zu ergründen, warum die große Mehrheit in diese so wunderbare Siedlung nicht zurückgekehrt ist. Ich frage den Senat: Vor den Sanierungsmaßnahmen bestand das Weltquartier aus 754 Wohnungen mit einer Wohnfläche von etwa 35.000 m2. Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen sind es 743 Wohnungen mit einer Wohnfläche von circa 50.000 m2. Allen Bewohnerinnen und Bewohnern des Weltquartiers, die ihre Wohnung aufgrund der umfangreichen Umbaumaßnahmen zeitbefristet verlassen mussten, war vertraglich zugesichert, in eine neubauähnlich modernisierte oder neugebaute Wohnung im Weltquartier zurückkehren zu können. Die meisten Mieterinnen und Mieter sind „ortsgebunden “ durch die Nähe zur Arbeitsstelle, die Kinder gehen auf die benachbarte Schule, Freunde und Familie wohnen im direkten Umfeld. Die zur Umquartierung genutzte Wohnung wurde bereits als wesentliche Verbesserung angesehen, der Zufriedenheitsfaktor war hoch und das Umfeld wurde positiv wahrgenommen. Viele ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner sind daher aus persönlichen Gründen nicht in das Quartier zurückgezogen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen – teilweise auf Grundlage von Auskünften von SAGA GWG sowie der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) – wie folgt: 1. Wann wurde mit der Sanierung des sogenannten Weltquartiers angefangen , wann wurden die Arbeiten beendet? Drucksache 21/6769 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der erste Bauabschnitt ging im Jahr 2008 in die Bauausführung. Den Abschluss fand die bauliche Umsetzung im Weltquartier im Februar 2016 mit dem Bezug des Neubaus in der Veringstraße. 2. Um wie viele Wohneinheiten, Haushalte und Bewohner/-innen handelt(e) es sich im Wilhelmsburger „Weltquartier“ a. vor den Sanierungsmaßnahmen? b. nach den Sanierungsmaßnahmen? Bitte auch die Straßenzüge mit den jeweiligen Zahlen angeben. Eine nach Straßenzügen differenzierte Darstellung vor den Sanierungsmaßnahmen ist im Rahmen der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht rekonstruierbar, da dies eine sehr zeitaufwändige Auswertung von unterschiedlichen Daten für alle Wohnungen voraussetzen würde. Hinsichtlich der Straßenzüge nach den Sanierungsmaßnahmen siehe Antwort zu 4. b. Daten zu Haushalten und Personen vor und nach der Sanierung werden bei SAGA GWG nicht erfasst. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antworten zu 7. und zu 8. 3. Waren beziehungsweise sind sämtliche Wohnungen im Eigentum der SAGA GWG? Wenn nein, welche anderen Eigentümer/-innen hatten oder haben wie viele Wohnungen in dem Quartier verbunden? Ja. 4. Um was für einen Wohnungsbestand handelt(e) es sich a. vor den Sanierungsmaßnahmen? Bei dem Weltquartier handelt es sich um eine ehemalige Arbeiter-Siedlung aus den 1930er Jahren (Howaldt-Werft), ergänzt durch Gebäude der 1950er Jahre. Die Wohnungen waren monostrukturiert, überwiegend Zweizimmerwohnungen mit nicht zeitgemäßen Grundrissen, einfachstem funktionalen Ausstattungsstand auch in den haustechnischen Installationen, ohne Balkone, mit gefangenen Zimmern und unzureichender Wärmedämmung. b. nach den Sanierungsmaßnahmen? Bitte jeweils aufschlüsseln nach den Kriterien Zimmeranzahl, Wohnungsgröße und Grundausstattung. Bei den ersten beiden Punkten bitte auch den jeweiligen Durchschnitt angeben. Siehe Anlage. Alle Wohnungen sind in Größe, Grundrissstruktur und Ausstattung gemäß der jeweilig gültigen IFB-Förderrichtlinien des 1. Förderweges und des Modernisierungsprogramms B erstellt worden. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. a. und b. 5. Gab es vor, während und nach der Sanierung Beschwerden vonseiten der Mieter/-innen? Wenn ja, wie viele und welcher Art waren die Beschwerden? Die erbetenen Daten zu Beschwerden vor den Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen wurden nicht systemisch erfasst. Während der laufenden Maßnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit den erforderlichen Umquartierungen, gab es eine Reihe von intensiven individuellen Abstimmungen , die mit hoher Kompromissbereitschaft beider Seiten zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst wurden. Es wurde diesbezüglich weder eine Kündigung ausgesprochen noch ein gerichtliches Verfahren geführt. Während des Bauvorhabens gab es nur wenige Beschwerden, weil die Wohnungen leer waren. Diese bezogen sich überwiegend auf Beeinträchtigungen aus dem Baubetrieb. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6769 3 Nach Abschluss der Maßnahmen gab es lediglich im üblichen Rahmen Beschwerden zu Mängeln an der Mietsache, Störungen aus der Nachbarschaft und dem Wohnumfeld sowie Beschwerden im Zusammenhang mit der Vermietung der Wohnungen. Auch hier erfolgte zu den näheren Einzelheiten keine auswertbare Erfassung. 6. Wie hoch waren die Investitionen, die in das Weltquartier während der Sanierungstätigkeit eingeflossen sind, a. vonseiten der SAGA GWG? b. vonseiten der Freien und Hansestadt Hamburg oder der IFB Investitions - und Förderbank? c. von privater Seite? Im jeweils zutreffenden Falle bitte genauere Angaben zum Zweck, zur Höhe und zum Geldgeber machen. Die Gesamtinvestitionskosten von SAGA GWG belaufen sich auf etwa 106.100.000 Euro, davon von etwa 63 Millionen Euro IFB-Darlehen. Hinzu kommen Zuschüsse der IFB in Höhe von rund 18 Millionen Euro. Die FHH hat für die Errichtung des Weltgewerbehofs eine Summe von 1,4 Millionen Euro zugewendet. Diese Summe setzt sich aus 670.000 Euro RISE-Mitteln und 730.000 Euro EFRE-Mitteln zusammen. Die IBA hat das Projekt mit 380.000 Euro kofinanziert. Die Gebäudemanagement Hamburg GmbH (GMH) hat einen privaten Eigenanteil von 3.717.250 Euro geleistet. Für die Umgestaltung des Weimarer Platzes wurden 783.000 Euro RISE-Mittel investiert . Zur Finanzierung von Wohnumfeldmaßnahmen wurden 468.350 Euro RISE- Mittel eingesetzt. Für Ordnungsmaßnahmen und Sozialplanleistungen wurden 2.028.400 Euro aus RISE-Mitteln bereitgestellt. 7. Wie viele Mieter/-innen beziehungsweise Haushalte wurden während der Sanierungsarbeiten für wie lange und wohin umquartiert? Insgesamt wurden 687 Mietparteien umquartiert. Die Dauer der Zwischenunterbringung derjenigen Mietparteien, die danach wieder zurückgezogen sind, lag zwischen 15 Monaten und drei Jahren; dies war abhängig von dem Zeitpunkt des erforderlichen Verlassens der Wohnung und der baulichen Fertigstellung der Wunschwohnung. 82,5 Prozent der betroffenen Mietparteien wurden in Wilhelmsburg mit Wohnraum versorgt, davon der überwiegende Anteil in einem Umkreis von circa 1,5 km um das Weltquartier . Der Rest wechselte in einen anderen Hamburger Stadtteil oder verließ Hamburg. a. Wurden etwaige Umzugskosten und gegebenenfalls höhere Mieten von der SAGA GWG oder der Stadt übernommen? Wenn nein, warum nicht? Es wurden gemäß § 180 BauGB (Sozialplan) finanzielle und organisatorische Hilfen beim Umzug gewährt. Für die Umquartierungswohnungen galt die Miete der betreffenden Belegenheit. Für etwaige größere Abweichungen im Einzelfall wurden zeitlich befristete Mietverzichte und/oder individuelle Abstimmungen mit den Mieterinnen und Mietern vorgenommen. Bei Transferleistungsemfängerinnen und Transferleistungsempfängern wurden Lösungen mit der zuständigen Behörde gefunden. 8. Wie viele der ursprünglichen Mieter/-innen beziehungsweise Haushalte kehrten in die sanierten Häuser beziehungsweise Wohnungen zurück? 227 Mietparteien zogen nach der Umquartierung wieder zurück in das Weltquartier. a. Zu welchen Konditionen? Alle Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen im Weltquartier erfolgten unter Berücksichtigung der öffentlichen Förderungen durch die IFB Hamburg. Im 1. Förderweg wurden für 274 Neubauwohnungen im Rahmen der IFB-Förderung im Segment Q (Besondere Quartiersentwicklung) und in der Modernisierung für 402 Wohnungen Drucksache 21/6769 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 als IFB-Förderung im Segment E (Erweiterung und Änderung von Gebäuden) 30 Jahre Mietpreis- und Belegungsbindungen geschaffen. Die Anfangsmiete im 1. Förderweg für die in 2009 fertiggestellten Bauabschnitte lag bei 5,60 Euro/m² Wfl. 2010 bei 5,70 Euro/m², 2011 bei 5,80 Euro/m² und so weiter. 67 Wohnungen des 1. Bauabschnittes wurden im Rahmen des IFB-Modernisierungsprogramms B (umfassende Energiesparund Modernisierungsmaßnahmen von Mietwohnungen) saniert. Diese sind mit einer zehnjährigen Mietpreisbindung hinterlegt. Die Anfangsmiete der durch das Modernisierungsprogramm B geförderten Wohnungen lag bei 5,46 Euro/m². b. Wie viele Mieter/-innen beziehungsweise Haushalte kehrten nicht zurück? c. Wo sind diese Mieter/-innen beziehungsweise Haushalte, die nicht in ihre ursprünglichen Wohnungen zurückgezogen sind, verblieben? 460 Mietparteien. Im Übrigen siehe Antwort zu 7. d. Wie viele Nationen gab es im so titulierten Weltquartier vor den Modernisierungen, wie viel sind es heute? Vor den Umbaumaßnahmen wurden im Zuge des Beteiligungsverfahrens 30 Herkunftsländer der Bewohnerschaft ermittelt, heute sind es 36. 9. Wie haben sich im Weltquartier die durchschnittlichen Mieten alljährlich seit 2000 entwickelt? Bitte gegebenenfalls aufschlüsseln nach den verschiedenen Wohnungskategorien (Zimmeranzahl, Wohnungsgröße und Grundausstattung). Bitte die nominalen wie die prozentualen Veränderungen bei den Mieten benennen. Die Darstellung der durchschnittlichen Mietenentwicklung vor Modernisierung seit 2000 ist im Rahmen der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, da dies eine sehr zeitaufwändige Auswertung von Daten voraussetzen würde. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 8. a. Eine Erhöhung der Miete ist alle zwei Jahre mit 0,15 Euro/m² für die Wohnungen im 1. Förderungsweg möglich. Die Mieterhöhung für die Wohnungen des 1. Bauabschnittes beträgt für die Dauer der Mietpreisbindung 0,17 Euro/m² alle drei Jahre. 10. Wann stehen für das Weltquartier oder Teile davon die nächsten Mieterhöhungen an? Bitte Angaben zum Zeitpunkt und zur Größenordnung der Mietenveränderung machen. Siehe Antwort zu 9. 11. Wurden durch die Sanierungstätigkeiten, Um- und Neubauarbeiten neue Mietpreis- und Belegungsbindungen geschaffen? Wenn ja, welche, wie viele und wie lange? Siehe Antwort zu 8. a. 12. Hat es aus Sicht des Senats eine Verdrängung von Bewohnern/-innen des Weltquartiers gegeben? Falls nein, wie bewertet der Senat den hohen Anteil der nicht in das Quartier zurückgezogenen, während der Sanierungsarbeiten umquartierten Mieter/-innen? Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. S K A 2 1/ 67 69 A nl ag e zu F ra ge 4 b Ve rin gs tr .8 6- 11 2, W ei m ar er S tr .5 1- 77 2 Zi 79 3 Zi 76 4 Zi 73 Su m m e 22 8 W ei m ar er S tr . 8 0- 98 , 1 00 -1 04 2 Zi 27 3 Zi 69 4 Zi 32 5 Zi 4 Su m m e 13 2 R ot en hä us er S tr .7 7, 79 , V er in gs tr .1 48 -1 52 1 Zi 3 1 Zi . G es am t 0 2 Zi 14 2 Zi . G es am t 11 9 3 Zi 25 3 Zi . G es am t 86 4 Zi 0 4 Zi . G es am t 69 Su m m e 42 5 Zi . G es am t 0 27 4 W ei m ar er S tr . 1 06 -1 20 1 Zi 1 2 Zi 43 3 Zi 7 1 Zi . G es am t 4 4 Zi 16 2 Zi . G es am t 16 3 Su m m e 67 3 Zi . G es am t 17 7 4 Zi . G es am t 12 1 Ve rin gs tr . 1 14 -1 28 5 Zi . G es am t 4 2 Zi 26 46 9 3 Zi 11 4 Zi 25 Su m m e 62 Ve rin gs tr . 1 07 -1 15 2 Zi 24 3 Zi 7 4 Zi 4 Su m m e 35 Ve rin gs tr . 1 35 -1 47 2 Zi 49 3 Zi 19 4 Zi 10 Su m m e 78 R ot en hä us er S tr . 7 7 ac 2 Zi 2 3 Zi 11 4 Zi 11 Su m m e 24 W ei m ar er S tr .4 7- 49 +7 4- 78 , V er in gs tr .8 0- 84 2 Zi 18 3 Zi 38 4 Zi 19 Su m m e 75 N eu ba uw oh nu ng en M od er ni si er te W oh nu ng en Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6769 5 Anlage 6769ska_Text 6769ska_Anlage