BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6772 21. Wahlperiode 25.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 17.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Abschiebungen: Welche Rolle spielen Sozialarbeiter/-innen der Unterkünfte Seit der erneuten Verschärfung des Asylrechts im vergangenen Herbst sollen Abschiebungen immer unangekündigt erfolgen. Abschiebungen werden zudem sehr häufig nachts oder in den ganz frühen Morgenstunden begonnen . Aus diesen Gründen kam es immer wieder vor, dass Sozialarbeiter/- innen aus den Flüchtlingsunterkünften Mitarbeitern/-innen der Ausländerbehörde über Nacht Schlüssel überlassen mussten, damit diese die betroffenen Personen abholen und verbringen können. Dabei wurden sie gleichzeitig verpflichtet, gegenüber den betroffenen Personen Stillschweigen über ihre vorbereitete Abschiebung zu bewahren. Verständlicherweise bringt das Sozialarbeiter/-innen, die eigentlich dem Wohlergehen und der sozialen Eingliederung von Menschen zuarbeiten, in unerträgliche Gewissenskonflikte. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde hat den bundesgesetzlichen Auftrag, bestehende Ausreisepflichten erforderlichenfalls durchzusetzen. Dabei wird der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise Vorrang gegenüber einer Abschiebung eingeräumt. Alle ausreisepflichtigen Personen werden über die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise und Wege der Förderung beraten. Den in den Unterkünften tätigen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sind die Grundzüge des ausländerrechtlichen Verfahrens bekannt. Die Tätigkeit von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern bewegt sich in den Unterkünften, wie generell, in einem durch gesetzliche Regelungen konkretisierten Rahmen, dem gesellschaftliche Grundentscheidungen zugrunde liegen. Sofern die Betroffenen ihrer Ausreisepflicht trotz vorangegangener Beratung und Angebote zur Unterstützung nicht freiwillig nachkommen, sind sie gemäß § 58 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) abzuschieben. Zur Durchführung dieser gesetzlichen Vollzugsaufgabe muss sich die zuständige Behörde Zutritt zu der Unterkunft verschaffen, in der sich die Ausreisepflichtigen aufhalten. Soweit es sich um Unterkünfte handelt, die als Sozialleistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder dem SGB II oder XII bereitgestellt werden, werden diese im behördlichen Auftrag betrieben. Dabei sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der im behördlichen Auftrag tätigen Unterkunftsbetreiber im Rahmen des bestehenden Auftrags- beziehungsweise Vertragsverhältnisses verpflichtet, die geltenden Rechtsvorschriften zu achten und die erforderlichen Maßnahmen der zuständigen Behörde zur Durchführung ihrer gesetzlicher Aufgaben zu ermöglichen. Dies gilt auch im Zusammenhang mit Abschiebungen. Dazu sind bei Bedarf die Schlüssel zu übergeben und es ist gemäß § 59 Absatz 1 Satz 8 AufenthG davon abzusehen, dem Ausländer den Termin der Abschiebung anzukündigen. Im Übrigen ermöglicht in den Erstaufnahmeeinrichtungen im Regelfall der Sicherheitsdienst den Zugang zu den jeweiligen Unterkunftsbereichen. Drucksache 21/6772 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt das oben beschriebene Vorgehen? Siehe Vorbemerkung. 2. Inwiefern hat der Senat und/oder die Behördenleitung Kenntnis von dem beschriebenen Vorgehen? Die Vorgehensweise ist der Leitung der zuständigen Behörde bekannt. 3. Inwiefern hat der Senat berufsethische Bedenken gegen das oben beschriebene Vorgehen? 4. Inwiefern gibt es arbeitsrechtliche Bedenken hinsichtlich der berufsethischen Verpflichtungen von Sozialarbeitern/-innen? Es begegnet weder berufsethischen noch arbeitsrechtlichen Bedenken, der zuständigen Behörde die Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben zu ermöglichen. Vielmehr sind die im behördlichen Auftrag tätigen Unterkunftsbetreiber hierzu verpflichtet, siehe Vorbemerkung. 5. Inwiefern wird den in 3. und 4. genannten Bedenken Rechnung getragen ? Was sind die Konsequenzen? Entfällt. 6. Sind Sozialarbeiter/-innen der Unterkünfte auch bereits im Vorfeld von Abschiebungen in Form der „Amtshilfe“ für die Polizei tätig, etwa mit Angaben zu vermuteten Herkunftsländern, Abwesenheiten in Unterkünften , Adressen von untergetauchten Bewohnern/-innen oder bei Altersfeststellungen ? Wenn ja, bitte unter Angabe der Rechtsgrundlagen genau erläutern und auch diesbezüglich die in Ziffer 2. bis 5. gestellten Fragen beantworten. Nein. 7. Inwiefern sind Sozialarbeiter/-innen rechtlich verpflichtet Schlüssel auszuhändigen a. gegenüber Mitarbeitenden der Ausländerbehörde? b. gegenüber der Polizei? c. Inwiefern können sie sich weigern, das zu tun und mit welchen Konsequenzen haben sie jeweils zu rechnen? Siehe Vorbemerkung.