BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6832 21. Wahlperiode 29.11.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 22.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Politische Indoktrination an Hamburger Schulen (VII) – Anti-AfD- Schulung in der Behörde für Schule und Berufsbildung Am 04.10.2016 fand in der Zeit von 18.30 – 20.30 Uhr im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung („LI“) im Weidenstieg 29 (Raum: Aula) eine für Lehrkräfte anerkannte Fortbildungsveranstaltung unter folgendem Titel statt: „Gefährliche Bürger – Wie die neue Rechte in die gesellschaftliche Mitte vorstößt – und was die Gesellschaft dagegen tun kann.“1 Unterstützt wurde die Veranstaltung von der Hamburgischen Regenbogenstiftung und der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe). Als externer Referent sprach auf der Veranstaltung Christoph Giesa. Giesa ist FDP-Politiker, Publizist und Politikberater. Giesas Buchveröffentlichungen und seine Essays dokumentieren eine unmissverständlich herablassendkritische und menschenverachtende Einstellung gegenüber der Partei AfD und ihrer Wähler. Im Jahr 2015 veröffentlichte Giesa gemeinsam mit der CDU-Politikerin Liane Bednarz zwei Bücher, „Deutschland dreht durch – die Wahrheit über die AfD“ sowie „Gefährliche Bürger: Die neue Rechte greift nach der Mitte“. In beiden Büchern, die nicht auf wissenschaftlicher Grundlage basieren, wird in weiten Teilen offensiv gegen die AfD und ihre Wähler agitiert. Die Internetveröffentlichungen Giesas übertreffen die Anti-AfD- Rhetorik seiner Bücher noch einmal deutlich in Schärfe und Verachtung, wie der unter dem nachstehenden Link im Internet veröffentlichte Blog-Eintrag dokumentiert, der an dieser Stelle mit Rücksicht auf den parlamentarischen Sprachgebrauch nicht wörtlich zitiert werden soll: Giesa, Christoph (September 2016): http://starke-meinungen.de/blog/2016/ 09/01/ich-verachte-euch/. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Fand im Vorfeld der Veranstaltung, die sich explizit an die Zielgruppe der Hamburger Lehrkräfte richtete und als Fortbildung abgerechnet werden konnte, eine Überprüfung der politischen Aussagen sowie des persönlichen Formats des FDP-Politikers und Referenten Christoph Giesa durch die Mitarbeiter des LI statt? 1 Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung: Veranstaltungs-Nr.: 1614D3101, siehe auch unter: https://tis.li-hamburg.de/web/guest/catalog/detail?tspi=37715_ (abgerufen am: 05.10.2016). Veranstaltungsflyer unter: http://li.hamburg.de/contentblob/6951332/ a82fcb7f79cc3c47d6ab974084f47dac/data/download-pdf-veranstaltungsreihe-streitbaredemokratie .pdf (abgerufen am: 11.10.2016). Drucksache 21/6832 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn ja, zu welchem Ergebnis ist man nach der Überprüfung gekommen ? Wenn nein, warum nicht? 2. Hat der Referent Christoph Giesa ein Honorar für seinen Vortrag erhalten ? Wenn ja, bitte die genaue Höhe des Honorars sowie die Quelle der Finanzierung angeben. 3. Welche fachlichen und persönlichen Anforderungen muss ein externer Referent erfüllen, um im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung im Rahmen von Veranstaltungen, die sich an die Hamburger Lehrkräfte richten, zu referieren? 4. Hält der Senat beziehungsweise die BSB die öffentlichen Beschimpfungen des FDP-Referenten Christoph Giesa gegenüber der Partei AfD und ihrer Wähler, die bereits vor dieser Lehrerfortbildungsveranstaltung bekannt und öffentlich zugänglich waren, für vereinbar mit der in Frage 3. dargelegten Anforderungen an einen externen Referenten? Wenn nein, welche Konsequenzen leiten der Senat und die BSB daraus ab? 5. Warum hat die Behörde für Schule und Berufsbildung keinen Referenten für diese Lehrerfortbildung eingeladen, der sich im öffentlichen Raum durch einen seriösen, sachlichen und parteipolitisch weitestgehend neutralen und klar differenzierenden Diskussionsstil bewährt hat? Die Veranstaltungsreihe „Streitbare Demokratie“, die unter Beteiligung des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) organisiert wurde, hat das Ziel, demokratiepädagogische Präventions- sowie Interventionsmöglichkeiten für den schulischen Bereich zu fördern. Besonders geeignet sind dabei aktuelle, relevante und kontrovers diskutierte Themen, um die Sprech- und Handlungsfähigkeit der Lehrkräfte zu aktuellen politischen Entwicklungen zu schulen. Das Buch „Gefährliche Bürger“ wurde in vielen Medien als neuer Beitrag zur Demokratiedebatte vorgestellt und durchaus umstritten bewertet. Damit entspricht es den oben genannten Kriterien. Der Referent hat kein Honorar erhalten. Im Übrigen siehe Drs. 21/6316 und Drs. 21/6512. 6. Welche demokratiepädagogische Intension lag den LI-Veranstaltern Oliver Thron und Christoph Berens zugrunde, gerade diesen Autor als Referenten für diese Lehrerfortbildung zu engagieren? 7. Welche demokratiepädagogischen Präventions- sowie Interventionsmöglichkeiten für den schulischen Bereich konnten aus den Ausführungen des Referenten Christoph Giesa heraus entwickelt werden? Siehe Drs. 21/6316 sowie Drs. 21/6512. 8. Warum wurde zu dieser Fortbildungsveranstaltung, die sich das Motto „Streitbare Demokratie“ auf die Fahne geschrieben hat, nicht zusätzlich auch ein Vertreter der AfD oder ein Vertreter mit konservativer politischer Profilierung eingeladen, um eine kontroverse Auseinandersetzung mit dem Thema gemäß den Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses sicherzustellen? Da es sich um eine Diskussionsveranstaltung handelte, konnten verschiedene Meinungen im Rahmen der Debatte geäußert werden. Der Beutelsbacher Konsens wurde eingehalten, siehe hierzu auch Drs. 21/6316 und 21/6512. 9. Warum durfte der Referent Christoph Giesa im Rahmen dieser Lehrerfortbildung aus seinem aktuellen Buch „Gefährliche Bürger …“ längere Passagen lesen, sein Buch bewerben und im Veranstaltungsraum ausstellen und verkaufen lassen (einschließlich des Angebotes des Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6832 3 Referenten Giesa, für Kaufinteressierte eine persönliche Widmung in die Bücher zu schreiben)? Es handelte sich bei der Veranstaltung um eine Lesung mit anschließender Diskussion . Im Übrigen siehe Drs. 21/6316 und 21/6512. 10. In Teil II Buches beschreibt Giesa immer wieder mit eindeutig negativkonnotierten Bezügen zur Partei AfD, wie angeblich radikales Gedankengut angeblich in der Mitte der Gesellschaft verankert werden soll und die Öffentlichkeit angeblich manipuliert wird. In Teil III zeigt der Autor auf, warum und mit welchen Mitteln sich die Gesellschaft dagegen wehren müsse. Warum haben die Organisatoren der Veranstaltung vor dem Hintergrund der Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der BSB es überhaupt zugelassen, dieses populärwissenschaftliche, klar tendenziöse und mit Anti-AfD-Ressentiments geladene Buch im Veranstaltungsraum auszustellen , zu bewerben und zum Verkauf anzubieten? Siehe Drs. 21/6316 sowie Drs. 21/6512. 11. Plant der Senat beziehungsweise die Behörde für Schule und Berufsbildung weitere Veranstaltungen mit dem Referenten Christoph Giesa? Gegenwärtig sind keine weiteren Veranstaltungen geplant.