BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6846 21. Wahlperiode 02.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 24.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Übernehmen Sozialleistungsträger die Kosten für eine Notfallvorsorge nach der Empfehlung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe? Seit Oktober 2016 stellt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe die Broschüre „Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituation – Katastrophen Alarm“ als Download im Internet zur Verfügung . Neben Vorsorgemaßnahmen empfehlen sie auch das Anlegen eines sogenannten Notvorrates für 14 Tage. Eine persönliche Checkliste mit Angaben von Lebensmittelmengen und Vorschlägen zur Bevorratung von Gegenständen , um das Überleben sicherzustellen, ist Bestandteil der Broschüre. Davon ausgehend, dass Wasser knapp wird oder es einen Energieausfall gibt, empfehlen sie unter anderem eine Campingtoilette oder Campingkocher . Leistungsbezieher/-innen nach dem SGB II oder dem SGB XII erhalten eine Grundsicherung, die das Minimum an Existenz sichern soll. Extraausgaben sind in den derzeitigen Regelsätzen nicht impliziert. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) hat im Rahmen seiner Zuständigkeit im Zivilschutz im Zusammenhang mit der am 24. August 2016 veröffentlichten „Konzeption Zivile Verteidigung“ den in der Frage genannten Ratgeber im Rahmen der Vorsorgeplanung für Gesundheit und Leben der Bevölkerung veröffentlicht . In Übereinstimmung mit § 1 des Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz – ZSKG) gehört zu den Aufgaben des Zivilschutzes insbesondere der Selbstschutz. Diese Broschüre richtet sich allgemein an die Bevölkerung und gibt Handlungsempfehlungen, die der Selbsthilfe dienen können. Konkrete Pflichten regelt das Konzept nicht. Siehe Drucksache des Deutschen Bundestages 18/10139. Im Übrigen siehe dazu auch Drs. 21/5757. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hoch schätzt der Senat die Kosten für eine Person für die vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfohlene Notfallvorsorge /Notbevorratung ein? 2. Wie hoch schätzt der Senat die Kosten für eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern für die vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfohlene Notfallvorsorge/Notbevorratung ein? Drucksache 21/6846 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Nach Auskunft des Bundesministeriums des Inneren handelt es sich um unverbindliche Empfehlungen, die der einzelne Adressat unter Berücksichtigung seiner individuellen Verhältnisse und Konsumgewohnheiten anpassen muss. Eine Kostenschätzung wurde daher vom BBK nicht durchgeführt. Die Bevölkerung soll durch die behördlichen Empfehlungen dazu angeregt werden, eine geeignete Eigen- beziehungsweise Erstversorgung vorzunehmen, bis staatliche Maßnahmen zur Notversorgung greifen. Welches Niveau der Vorsorge von den Bürgerinnen und Bürgern als das Richtige empfunden wird, ist sehr individuell. Der Empfehlungen sollen helfen, einen persönlichen Notfallplan zu entwickeln. Im Übrigen siehe www.ernaehrungsvorsorge.de/ private-vorsorge/notvorrat/vorratskalkulator und Vorbemerkung. Darüber hinaus hat sich der Senat mit dieser Frage nicht befasst. 3. Campingtoilette, Gartenschlauch, Campingkocher und Ähnliches oder extra Brennstoffe zum Heizen sind in den Regelsätzen nach dem SGB II und SGB XII nicht enthalten. Übernehmen Sozialleistungsträger nach dem SGB II, SGB XII oder die Stadt Hamburg deren Extrakosten? Wenn ja, in welcher Höhe und Art? Wenn nein, warum nicht? 4. Können Leistungsbezieher/-innen nach dem SGB II, SGB XII einen Antrag auf Übernahme der Kosten zum Anlegen der Notbevorratung formlos beantragen? Wann ja, wie ist der Ablauf? Wenn nein, warum nicht? Nein. Die Sozialleistungsträger gewähren den notwendigen Lebensunterhalt. Eine Entscheidung darüber, ob Ausgaben für eine Notfallvorsorge im Rahmen der Einkommens - und Verbrauchsstichprobe (EVS) als gesonderter Bedarf zu berücksichtigen sind, trifft der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeit für EVS und Regelbedarfsfestsetzung . Im Übrigen wird auf die fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit zu § 24 SGB II „Abweichende Erbringung von Leistungen“ verwiesen: https://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/ mdix/~edisp/l6019022dstbai772358.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI772367. Darüber hinaus liegen der zuständigen Behörde keine Erkenntnisse in Sinne der Fragestellungen vor. 5. Wie bewertet der Senat die Empfehlung einer Notbevorratung für 14 Tage inklusive aller Posten der persönlichen Checkliste des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe für Leistungsberechtigte von Sozialleistungen, prekär Beschäftigten, Rentner/-innen mit geringer Rente? Alle Katastrophenschutzplanungen dienen dazu, die Allgemeinheit und Umwelt vor Schäden zu bewahren beziehungsweise die Folgen zu mindern. Die entsprechenden Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, insbesondere Gefahren für Leib und Leben der Menschen – unabhängig von deren Einkommenssituation oder Status und auch des Notfallvorsorgeverhaltens des Einzelnen – abzuwehren. Insoweit ist es Aufgabe des Staates, im Falle von Katastrophen beziehungsweise Großschadensereignissen, bei denen Versorgungsengpässe entstehen, den dafür notwendigen Bedarf der Bevölkerung zur Getränke- oder Nahrungsversorgung sowie Unterkunft und Betreuung bis zur Versorgung mit notwendigen Medikamenten, Sanitätsdienst oder Ärzten sicherzustellen . Die empfohlenen Vorratsmengen dienen einer persönlichen Unabhängigkeit an Auswahl und Zusammensetzung der Nahrungsmittel. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 1. und 2. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6846 3 6. Welche Schutz- und Hilfsmaßnahmen hat die Stadt Hamburg errichtet, um Menschen ohne Notbevorratung im Katastrophenfall zu unterstützen ? Bitte ausführlich darstellen. Für Fälle der temporären Unterbringung der Bevölkerung zum Beispiel in Evakuierungslagen hält Hamburg circa 53 Notunterkünfte planerisch bereit, bei denen es sich um Schulen, Turnhallen, Bürgerhallen oder Mehrzweckhallen handelt, in denen bei Bedarf die Bevölkerung unter der Verantwortung der zuständigen Katastrophenschutzbehörden und mit Unterstützung der Hilfsorganisationen betreut und versorgt würde. Hierzu ist auch das Vorhalten von Nahrungsmitteln, Getränken und Hygieneartikel et cetera vorgesehen. Lebensmittel und Getränke würden im Falle einer Großschadenslage/einer Katastrophe bei Großhändlern beschafft. Längerfristige Krisen mit der Folge von Lebensmittelengpässen werden bundesrechtlich durch das Ernährungsvorsorge- und Ernährungssicherstellungsgesetz geregelt. Darüber hinaus sind den Vorgaben des Wassersicherstellungsgesetzes folgend circa 90 Brunnen errichtet worden, die bei länger andauerndem Ausfall der öffentlichen Wasserversorgung die Bevölkerung flächendeckend mit Trinkwasser notversorgen sollen. Darüber hinaus würden lageabhängig im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorschriften die zuständigen Behörden ermächtigt, bei Versorgungsengpässen in der Bevölkerung die notwendigen Maßnahmen zur Erschließung erforderlicher Ressourcen anzuordnen.