BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6853 21. Wahlperiode 02.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten David Erkalp (CDU) vom 24.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Das Agieren der Hamburger Stadtreinigung – Welchen Wert hat Marktwirtschaft noch in Hamburg? Das DSi – Deutsches Steuerzahlerinstitut des Bundes der Steuerzahler e.V. hat in seiner Sonderinformation 3 „Staat vor Privat?“ die wirtschaftliche Betätigung der Bundesländer untersucht. In dieser Sonderinformation wird insbesondere kritisiert, dass die Freie und Hansestadt Hamburg als Wettbewerber gegen in der Stadt tätige Unternehmen auftritt und somit gegen eine Grundprämisse der Marktwirtschaft verstößt. Dabei wird beispielhaft die Stadtreinigung als Anstalt des öffentlichen Rechts herausgegriffen und es werden exemplarisch nicht hoheitliche Aufgaben wie „Reinigungs-, Transport- und Winterdienstleistungen“ benannt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Stadtreinigung Hamburg –AöR – (SRH), wie folgt: 1. Welche Dienstleistungen werden seitens der Stadtreinigung angeboten? 2. Erbringt die Stadtreinigung als Anstalt des öffentlichen Rechts naturgemäß Dienstleistungen im Verantwortungsbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge oder werden auch Dienstleistungen erbracht, die von privaten Marktteilnehmern geleistet werden könnten? Wenn ja, welche sind diese und warum werden sie seitens der Stadtreinigung angeboten und erbracht und nicht dem Wettbewerb überlassen? Die SRH erbringt Leistungen gemäß § 2 des Gesetzes über die Stadtreinigung (SRG) in Hamburg. Hierzu zählen neben Dienstleistungen im Verantwortungsbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge auch gewerbliche Aufgaben, die in § 2 (4) SRG geregelt sind. Es ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und zur Entlastung des Gebührenzahlers sinnvoll, auch Dritten Leistungen (beispielsweise freie Verwertungskapazitäten ) anzubieten. Zu den gewerblichen Leistungen zählen Aufgaben, die unmittelbar dem abfallwirtschaftlichen Bereich zuzurechnen sind beziehungsweise die hoheitliche Tätigkeiten unterstützen oder unmittelbare Aufgabe des öffentlich rechtlichen Entsorgungsträgers sind, jedoch aus steuerrechtlicher Sicht als „gewerblich“ eingestuft werden. Die SRH bildet diese Aufgaben als Betrieb gewerblicher Art im Rechnungswesen ab, wie es steuerrechtlich erforderlich ist. Es handelt sich im Einzelnen um: • Betrieb von fünf Kantinen auf Betriebsplätzen der SRH zur Versorgung der eigenen Mitarbeiter; diese Kantinen sind auch für Dritte geöffnet, Drucksache 21/6853 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 • Kfz-Dienstleistungen wie Kfz-Werkstatt, Tankstellen und Fahrzeugvermietung; diese Leistungen werden überwiegend für Unternehmen des Konzerns erbracht, • Reinigungsleistungen wie Depotcontainerstandplatzreinigung, sonstige gewerbliche Reinigungs- und Winterdienstleistungen, • Duales System Deutschland (DSD)- und Recyclingstoffe; unter anderem Mitbenutzung der Papiersammlung durch die dualen Systeme, • Abfallsammlung und Transporte; unter anderem Sperrmüll-Sprintservice für die Wohnungswirtschaft, • Sonstige Dienstleistungen; unter anderem Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und Gebäuden auch im Konzern, zentrale Dienstleistungen für Konzernunternehmen wie Buchhaltung und Personalabrechnung, • Abfallbehandlung; Verbrennung von Abfällen für andere öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger sowie von Gewerbeabfällen, • Energieerzeugung; Energieerzeugung aus Photovoltaik, Windkraft und Deponiegas überwiegend zur sinnvollen Nachnutzung geschlossener Deponien. 3. Werden diese Dienstleistungen seitens der Stadtreinigung oder einer anderen Institution aktiv beworben? Nein, eine aktive Bewerbung erfolgt nicht. 4. Welchen Jahresumsatz erwirtschaftet die Stadtreinigung? Wie hoch ist dabei der unter Punkt 2. besagte Anteil, der auch von privaten Marktteilnehmern erbracht werden könnte? Wirken sich diese auch von privaten Marktteilnehmern zu erbringenden Dienstleistungen wirtschaftlich positiv oder negativ auf das Jahresergebnis der Anstalt des öffentlichen Rechts aus? Welches Jahresergebnis ergäbe sich bei Nichterbringung der auch von privaten Marktteilnehmern zu erbringenden Dienstleistungen? Bitte mit Zahlen detailliert belegen. Siehe Drs. 21/6818. Eine Ergebnissimulation ohne gewerbliche Dienstleistungen ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Unterliegen die Dienstleistungen der Stadtreinigung, die auch von privaten Dienstleistern erbracht werden könnten, der Umsatzbesteuerung? Wenn nein, wie erfolgt der Ausgleich dieses Wettbewerbsvorteils gegenüber privaten Marktteilnehmern? Die gewerblichen Dienstleistungen der Stadtreinigung unterliegen der Umsatzbesteuerung , siehe dazu auch Antwort zu 1. und 2. 6. Die Stadtreinigung hat bis vor vier Jahren durch das Instrument der konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung Leiharbeitnehmer eingesetzt und dadurch geringere Löhne gezahlt. Aktuell würden laut eigener Auskunft der Stadtreinigung Leiharbeitnehmer „nur in Ausnahmefällen“ wie zum Beispiel saisonalen Spitzen eingesetzt. In welchen Bereichen und in welchem Maße treten diese saisonalen Spitzen auf? Sind auch Dienstleistungen , die von privaten Markteilnehmern erbracht werden könnten, von dem Einsatzgebiet dieser Leiharbeitnehmer betroffen? Entspricht die Entlohnung dem Prinzip des „Equal Pay“ und wenn ja, wie wird dieses ausgestaltet? Leiharbeitnehmer werden insbesondere für saisonale Spitzen (Laubzeit, Winterdienst und Zusatzreinigungsmaßnahmen) im hoheitlichen Aufgabenbereich im Umfang von circa 1 Prozent der Gesamtbeschäftigung der SRH eingesetzt. Es ist nicht auszuschließen , dass auch in gewerblichen Tätigkeiten Leiharbeitnehmer zum Einsatz kommen können, um zugesicherte Leistungen zu erbringen. Bis heute war ein solcher Einsatz nicht erforderlich, da im SRH-Konzern gewerbliche Dienstleistungen regelhaft von den Tochtergesellschaften wahrgenommen werden. Die Entlohnung erfolgt nach dem Prinzip „Equal Pay“ und muss von der Leiharbeitsfirma durch eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitnehmerüberlassungsvertrag bestätigt werden.