BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6905 21. Wahlperiode 06.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Richard Seelmaecker, Dennis Thering und Stephan Gamm (CDU) vom 29.11.16 und Antwort des Senats Betr.: Auswirkungen des Baus der U5 auf die Anwohner vom Hartzloh Der geplante Bau der U5 wird zu erheblichen Einschränkungen für die Anwohner führen. Nach den Planungen der HOCHBAHN soll während einer Bauzeit von fünf Jahren der östliche Teil des Hartzloh zwischen Bürgerhaus und Fuhlsbüttler Straße in ganzer Länge und bis in die Mitte der Vorgärten auf über 20 Metern Tiefe aufgegraben werden. Zur Errichtung der Eingänge müssen dazu auch die Fuhlsbüttler Straße um mehrere Meter nach Westen sowie die Wagenfeldstraße um mehrere Meter nach Osten verlegt werden. In einem Bürgerdialog am 19. September 2016 wurde bekannt, dass der östliche Teil des Hartzloh dadurch für fünf Jahre unbewohnbar wird. Die Anwohner sind über die Auswirkungen dieser geplanten Großbaustelle auf ihren Alltag und ihre Gesundheit nicht informiert. Es fehlen Informationen, wie während der Bauphase eine uneingeschränkte Zufahrt für Rettungswagen und Feuerwehr sowie für Ver- und Entsorgung gewährleistet werden soll. Es ist unklar, wie der Zugang zu den Wohnungen auch für Gehbehinderte und Kleinkinder gefahrlos ermöglicht werden soll. Sämtliche Garagen werden unbenutzbar, die zurzeit in den Vorgärten gelagerten Öltanks müssen entfernt und das Grundwasser muss abgepumpt werden. Das Abpumpen des Grundwassers kann zudem zu einem Absinken des Bodens führen, wodurch mit statischen Problemen für die unmittelbar angrenzenden Wohngebäude zu rechnen ist. Dies wird realistischerweise dazu führen, dass über 100 Mietparteien gezwungen sind, für fünf Jahre ihre Wohnungen zu verlassen und weitere hunderte von Anwohnern in den Nebenstraßen extreme Belastungen und Einschränkungen durch den erwarteten Baustellenbetrieb erleiden müssen . Zu Recht sind die Anwohner extrem besorgt über das, was tatsächlich auf sie zukommen wird. Aus diesem Grund hat sich eine Bürgerinitiative gegen die Haltestelle Hartzloh gegründet, deren berechtigte Sorgen der Senat ernst nehmen muss. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Ein Ziel der U-Bahn-Netzentwicklung ist es, Gebiete mit hoher Verkehrsnachfrage an das hamburgische Schnellbahnnetz anzuschließen und für eine bestmögliche Verknüpfung des Schnellbahnnetzes untereinander zu sorgen. Im Jahr 2014 hat die HOCHBAHN den Ergebnisbericht einer Konzeptstudie zur U-Bahn-Netzerweiterung vorgelegt, in der die grundsätzlichen Möglichkeiten einer langfristigen Weiterentwicklung des Netzes aufgezeigt wurden. Nach einer umfassenden Zieldefinition wurden zunächst die Potenzialgebiete für eine künftige U-Bahn-Erschließung ermittelt. Drucksache 21/6905 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Schließlich wurde in Variantendiskussionen bewertet, wie diese Potenzialgebiete sinnvoll an das bestehende U-Bahn-Netz angebunden werden können. Die als Ergebnis der Konzeptstudie dargestellten, neuen U-Bahn-Strecken werden abschnittsweise im Rahmen verschiedener Machbarkeitsuntersuchungen vertieft betrachtet (siehe Drs. 20/13739). Ziel der Machbarkeitsuntersuchungen für die U5-Ost ist es, die grundsätzliche verkehrliche , betriebliche, technische und wirtschaftliche Machbarkeit der neuen Streckenabschnitte aufzuzeigen. Die Untersuchung zeigt für den Abschnitt Bramfeld – City-Nord eine Haltestellenlage im Hartzloh als eine technisch machbare und verkehrlich (mit Blick auf die Erschließungswirkung) sinnvolle Lösung auf. Diese Haltestellenlage ist der Ausgangspunkt für die derzeit laufende Vorentwurfs-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung . Hierbei werden für alle Haltestellenlagen verschiedene Varianten und ihre jeweiligen Auswirkungen untersucht und bewertet. Dies gilt insbesondere auch für die Haltestellenlage in Barmbek-Nord. Unter den zahlreichen in Prüfung befindlichen Varianten der Haltestellenlage befinden sich auch diejenigen, die im Rahmen der ersten Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung am 19. September 2016 von den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern aufgezeigt wurden. Über den weiteren Fortgang der Variantenprüfung wird die HOCHBAHN die Bürgerinnen und Bürger zeitgerecht informieren und im Rahmen der geplanten Bürgerbeteiligung einbinden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) wie folgt: 1. Zu welchen konkreten Auswirkungen für die Anwohner des Hartzloh wird der geplante Bau der U5-Haltestelle Hartzloh in welchem Zeitraum führen ? 2. Werden Häuser unbewohnbar sein? Falls ja, welche Hausnummern und wie viele Mietvertragsparteien sind davon betroffen und welche Maßnahmen sind seitens der zuständigen Behörde für diesen Zeitraum geplant? 3. Welche Folgen werden im Rahmen des Baus der Haltestelle Hartzloh in den an die Straße Hartzloh anliegenden Nebenstraßen in welchem Zeitraum zu spüren sein? 4. Ist es richtig, dass zur Errichtung der Eingänge die Fuhlsbüttler Straße um mehrere Meter nach Westen verlegt werden muss? Falls ja, welcher Abschnitt ist davon betroffen und zu welchen Auswirkungen führt dies für die Anlieger? 5. Welche Auswirkungen haben die Planungen auf die anliegenden Gewerbetreibenden und öffentlichen Einrichtungen und welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Benachteiligungen so gering wie möglich zu halten? Siehe Vorbemerkung. Konkrete Ergebnisse zu Auswirkungen und Betroffenheit liegen derzeit noch nicht vor. 6. In der Mitteilung des Senats Drs. 21/1736 heißt es: „Bereits mit Beginn der jeweiligen Machbarkeitsuntersuchungen werden Stakeholder- Analysen im relevanten Planungsumfeld – sowohl lokal als auch gesamtstädtisch – erstellt. Es gilt, nicht nur bereits engagierte Gruppen, sondern alle betroffenen Gruppen zu identifizieren und in einen konstruktiven Beteiligungsprozess einzubeziehen. Dazu zählen neben der Verwaltung und der Politik auf Bezirks- und Landesebene insbesondere die Anwohnerinnen und Anwohner sowie Gewerbetreibende, Verbände, Vereine, Initiativen und (un-)mittelbar positiv wie negativ Betroffene.“ Weshalb wurden die Anwohner des Hartzloh erst weit nach Abschluss der Machbarkeitsuntersuchung über das Großprojekt informiert? Wer hat dies wann entschieden? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6905 3 Die Machbarkeitsuntersuchung U5-Ost wurde Ende des Jahres 2015 abgeschlossen. Anschließend erfolgte die Bearbeitung von nachträglich beauftragten planerischen Aufgaben der Optimierung der Haltestelle Bramfeld Dorfplatz, des Bauverfahrens und der Abstellkonzepte. Danach begann im Frühsommer des Jahres 2016 die Bündelung und Zusammenstellung der entsprechenden Planunterlagen sowie deren Darstellung in Form eines Gesamtberichts, welcher mit der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation als zuständige Fachbehörde abgestimmt wurde. Noch vor der Veröffentlichung der Machbarkeitsuntersuchung U5-Ost im Transparenzportal der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) ist die HOCHBAHN bereits mit ersten Auftaktveranstaltungen im Zeitraum von Mitte Juni bis Ende September 2016 in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort getreten. Ziel ist es, dass die Bürgerinnen und Bürger die anstehenden Planungsschritte der Vorentwurfs- und Entwurfsplanung von Beginn an begleiten und vor Ort mitwirken können. Bestandteil der Vorentwurfs- und Entwurfsplanung ist die detaillierte Prüfung verschiedener Haltestellenlagen in Barmbek-Nord. So wurden neben drei Varianten der HOCHBAHN für Haltestellen sechs weitere von den Barmbekerinnen und Barmbekern aufgenommen und in die Prüfung einbezogen. Insofern ist der frühe Zeitpunkt der Einbeziehung richtig gewählt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Drs. 21/1736. 7. Bis Herbst 2015 war die Halltestelle Elligersweg in der Machbarkeitsuntersuchung die favorisierte Entscheidung. Aufgrund welcher Kriterien wurde die Planung der Haltestelle Elligersweg verworfen und wer hat dies wann entschieden? Die im Dezember 2014 abgeschlossene Konzeptstudie der HOCHBAHN sah ursprünglich eine Haltestelle Elligersweg vor. Entsprechend der Trassenführung war diese Haltestelle in diagonaler Ausrichtung zwischen den Straßen Elligersweg und Meister-Franke-Straße und unterhalb der Wohnbebauung vorgesehen. Mit Beginn der Machbarkeitsuntersuchung wurden die in Betracht kommenden Bauverfahren für diese Haltestelle tiefer untersucht. Aufgrund der speziellen Überbauungssituation stellte sich heraus, dass die Haltestelle Elligersweg als baulich nur mit erheblichen Aufwänden und Beeinträchtigungen umsetzbar eingestuft wurde (siehe Machbarkeitsuntersuchung U5-Ost, Kapitel 4.3.2.2.). 8. Welche Kriterienpriorisierung findet bei der Planung der U5 Anwendung? Bitte unter Angabe folgender Kriterien detailliert darstellen: Neuerschließung , Netzwirkung, oberflächen- und anwohnerschonendes Bauverfahren (inklusive Schall- und Vibrationsschutz im Betrieb) und Kosten-/Nutzenverhältnis . Die oben genannten Kriterien wurden für die Beurteilung der grundsätzlichen Machbarkeit der untersuchten Strecken- und Haltestellenvarianten betrachtet. Insgesamt werden Einzelkriterien aus den Bereichen Konstruktion/Ausführungsrisiko, betriebliche Anforderungen, verkehrliche Belange/Kundenbelange, Betroffenheiten und öffentliche Wahrnehmung, Genehmigungsrisiko, Bauzeit, Budgetsicherheit und Kosten berücksichtigt . Eine detaillierte Darstellung und Gegenüberstellung aller beurteilungsrelevanten Kriterien ist der Machbarkeitsuntersuchung zu entnehmen (siehe Kapitel 6.1 ff). Bei den im weiteren Planungsverlauf durchzuführenden Variantenprüfungen werden ebenfalls alle beurteilungs- und genehmigungsrelevanten Aspekte berücksichtigt. 9. Im Rahmen der Machbarkeitsuntersuchung wurden Varianten auf Kosten hin überprüft. Welche Kostenrechnungen liegen den bisherigen Untersuchungen und Entscheidungen zugrunde? Es wurden Varianten hinsichtlich ihres absehbaren baulichen Aufwands und der daraus ableitbaren wirtschaftlichen Konsequenzen im Sinne einer Rangfolge miteinander verglichen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Wegen des frühen Stadiums der Planungen für den hier betrachteten Abschnitt können zum jetzigen Zeitpunkt keine seriösen Kostenangaben genannt werden. 10. In Hamburg wurde eine wie jetzt im Hartzloh angedachte Planung in dieser Form noch nie umgesetzt. Das Szenario ist in der angedachten planerischen und technischen Umsetzung beispiellos und nicht vergleichbar mit bisherigen U-Bahn-Bauvorhaben, sodass es keine Erfahrungswerte Drucksache 21/6905 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 gibt. Wie soll vor diesem Hintergrund die Sicherheit der Menschen gewährleistet werden? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um ein funktionierendes Qualitätsmanagement über die gesamte Bauphase zu gewährleisten? Wie bei Baumaßnahmen dieser Größenordnung üblich, werden in der Planungssowie in der Ausführungsphase eine Vielzahl von Maßnahmen zur Sicherstellung aller Qualitäten eingesetzt. Die HOCHBAHN verfügt über ein funktionierendes umfassendes Qualitätsmanagementsystem, welches unter anderem bei der Baumaßnahme U4 HafenCity erfolgreich umgesetzt wurde. 11. Inwiefern spielen Interessen von Hochtief Aktiengesellschaft bei der Platzierung der Haltestellenlage Hartzloh in unmittelbarer Nähe zur Konzernzentrale eine Rolle bei der Entscheidungsfindung über die Haltestellenlage und Trassenführung? Die Interessen der Hochtief AG haben im bisherigen Findungsprozess zur Haltestellenlage keine Rolle gespielt.