BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6930 21. Wahlperiode 09.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 01.12.16 und Antwort des Senats Betr.: Schleuserskandal am UKE? Ein ehemaliger syrischer Arzt des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) soll gegen Geldleistungen Behandlungen vorgetäuscht haben, um Ausländern Visa für die Einreise nach Deutschland zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf Grundlage von Auskünften des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde zu dem Fall? Die zuständige Behörde ist vom UKE am 30. November 2016 über die wesentlichen Erkenntnisse, die in dieser Angelegenheit im UKE bis dahin vorlagen, und die vom Vorstand ergriffenen Maßnahmen zur Klärung des Sachverhalts informiert worden. Über diese Erkenntnisse hat der Vorstand des UKE am 2. Dezember 2016 in einer Pressekonferenz berichtet. Insoweit wird auf die über die Webseite des UKE abrufbare Pressemitteilung vom 2. Dezember 2016 verwiesen: https://www.uke.de/allgemein/ presse/pressemitteilungen/detailseite_26624.html. 2. Läuft ein Ermittlungsverfahren gegen Dr. G? Wenn nein, warum nicht? 3. Wird gegen weitere Personen ermittelt? Wenn ja, gegen wen und warum? 4. Befindet sich Dr. G in Untersuchungshaft? Wenn nein, warum nicht? Gegen den in den Medien genannten Arzt ist bei der Polizei am 1. Dezember 2016 zu dem in Rede stehenden Sachverhalt eine Strafanzeige erstattet worden. Gegen ihn und eine weitere Person, die den Kontakt zwischen dem Arzt und dem Geschleusten vermittelt haben soll, wurden polizeiliche Ermittlungen aufgenommen. Über die Einleitung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens wird die Staatsanwaltschaft aufgrund der Ergebnisse der polizeilichen Vorermittlungen entscheiden. Die beiden Beschuldigten befinden sich nicht in Untersuchungshaft. Untersuchungshaft kann nur angeordnet werden, wenn der Täter der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund vorliegt (§ 112 Absatz 1 Satz 1 StPO). 5. Sind dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde weitere Fälle bekannt? Wenn ja, welche? Drucksache 21/6930 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Daten werden im Vorgangsverwaltungs - und -bearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft statistisch nicht erfasst. Weitere Ermittlungsverfahren gegen Ärzte, die inhaltlich falsche Atteste oder Mitteilungen an eine Auslandsvertretung gegen eine Geldleistung ausgestellt haben, um so die Einreise eines Ausländers oder einer Ausländerin durch einen auf falschen Angaben erwirkten Aufenthaltstitel zu ermöglichen, sind den zuständigen Hauptabteilungsleitern nicht erinnerlich. Daten im Sinne der Fragestellung werden weder bei der Polizei noch bei der Ausländerbehörde erhoben. Für die Beantwortung wäre eine Durchsicht sämtlicher Vorgänge der sachbearbeitenden Abteilung der Polizei beziehungsweise des Einreisesachgebiets des Einwohner-Zentralamts erforderlich. Die manuelle Auswertung mehrerer Hundert Vorgänge ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 6. Wann und wo haben die geschleusten Personen einen Asylantrag gestellt? Die Familie hat am 8. März 2016 einen Asylantrag bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Hamburg gestellt. Die Personen befinden sich noch im Bundesgebiet und sind im Besitz einer Aufenthaltsgestattung. 7. Auf welcher Rechtsgrundlage werden Visa erteilt, die mit einer Bescheinigung über die medizinische Notwendigkeit einer Einreise nach Deutschland begründet werden? Auf welcher Rechtsgrundlage wird Angehörigen die Einreise erlaubt? Visa zur Krankenbehandlung sowie in Ausnahmefällen für begleitende Familienangehörige können für Kurzaufenthalte als Schengen-Visa gemäß § 6 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) oder für längerfristige Aufenthalte nach § 7 Absatz1 Satz 3 AufenthG erteilt werden. Für eine beabsichtigte Aufenthaltsdauer von bis zu 90 Tagen werden solche Visa gemäß §§ 71 Absatz 2, 99 Absatz 1 Nummer 2 AufenthG i.V.m. § 31 Absatz 1 Nummer 1 Aufenthaltsverordnung in alleiniger Zuständigkeit durch die zuständigen Auslandsvertretungen geprüft und entschieden. Erst bei einem Aufenthalt zur medizinischen Behandlung über den Zeitraum von 90 Tagen hinaus wird die zuständige Ausländerbehörde im Inland beteiligt. 8. Wer stellt solche Bescheinigungen am UKE aus? Die Bescheinigung über die medizinische Notwendigkeit wird nach Rückkopplung mit der jeweils fachlich zuständigen Klinik im UKE durch das International Office (IO) des UKE ausgestellt. 9. Wie viele solcher Bescheinigungen hat das UKE seit 2011 ausgestellt? Bitte nach Jahren und Staatsangehörigkeit unterscheiden. Das IO des UKE führt keine Datei, die nach dem nachgefragten Kriterium („Bescheinigung über die medizinische Notwendigkeit einer Einreise nach Deutschland“) auswertbar wäre. Eine Aussage hierzu wäre dem IO nur nach Prüfung jedes Einzelfalls durch Einsichtnahme in die jeweilige Akte möglich. Aufgrund der Vielzahl der seit 2011 über das IO abgewickelten Fälle, deren Anzahl nach Auskunft des UKE deutlich im vierstelligen Bereich liegt, ist dem UKE eine entsprechende Auswertung in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 10. Sind sämtliche Personen, die aufgrund einer solchen Bescheinigung ein Visum erhalten haben, wieder ausgereist? Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 5. 11. Was tut der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, um derartige Fälle zukünftig zu verhindern? Das UKE hat mitgeteilt, dass keine weiteren Fälle bekannt seien, bei denen der Verdacht besteht, dass Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen des UKE unzutreffende Bescheinigungen über den Gesundheitszustand oder Behandlungsbedürftigkeit ausgestellt haben, die Grundlage von Visaerteilungen sein können. Es ist ein weiterer Fall Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6930 3 eines auf vermeintlichem UKE-Briefpapier erstellten Arztbriefes bekannt. Dieser ist bereits aufgrund seiner Diktion und zahlreicher Rechtschreibfehler als Fälschung zu erkennen. Die angebliche Unterzeichnerin des Schreibens ist nicht beim UKE beschäftigt. Ungeachtet dessen hat das UKE insoweit Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Die Ergebnisse der polizeilichen Vorermittlungen sowie eines möglichen Ermittlungsverfahrens sind abzuwarten.