BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/6944 21. Wahlperiode 09.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 01.12.16 und Antwort des Senats Betr.: Abwicklung der Olympia-Bewerbungsgesellschaft – Viel Geld für wenig Arbeit für den Geschäftsführer und Ex-Staatsrat? Kaum hat die Fraktion DIE LINKE am 28.11.16 öffentlich gemacht, dass ein Jahr nach dem Ende der Olympiabewerbung für den verbliebenen Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft, Herrn Nikolas Hill, immer noch monatlich über 12.000 Euro ausgegeben werden, gibt es erstaunliche Entwicklungen . Nur einen Tag später informiert der Senat per Pressemitteilung: „Staatsrat Dr. Nikolas Hill wechselt in die Privatwirtschaft“ (29. November 2016/pr29a). Und weiter heißt es in der Mitteilung: „Die nunmehr verbleibenden Aufgabenstellungen sind so überschaubar, dass diese durch den zweiten Liquidator nebenamtlich allein wahrgenommen werden können.“ Die aufmerksame Leserin dieser Pressemitteilung fällt nicht nur über die Bezeichnung „Staatsrat“, sondern auch über die nunmehr überschaubaren, nebenamtlich wahrzunehmenden Aufgaben. Der Senat hatte noch in meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/6588, Nummer 1, zur Frage nach dem Stand der Abwicklung der Bewerbungsgesellschaft folgendes ausgeführt: „Die Abwicklung der Gesellschaft erfolgt durch den ehemaligen Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft sowie durch einen Wirtschaftsprüfer der Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, der bereits seit Gründung der Bewerbungsgesellschaft den Finanzbereich leitete. Mit der steuerlichen Abwicklung ist ebenso die Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt. In diesem Zusammen-hang sind an die Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft seit dem Beginn der Liquidation insgesamt 10.537,50 Euro (netto) insbesondere für die Erstellung von Steuerklärungen und den Jahresabschluss sowie für laufende Tätigkeiten im Finanzbereich im Zusammenhang mit der Abwicklung der Bewerbungsgesellschaft gezahlt worden.“ Ich frage den Senat: Wie zuletzt bereits in der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 11. Oktober 2016 von den Senatsvertretern ausgeführt, ist es ein Anliegen des Senats den Austausch mit den öffentlichen Unternehmen zu fördern und in diesem Rahmen Beamtinnen und Beamte den öffentlichen Unternehmen zuzuweisen. Dadurch kann ein Wissenstransfer zwischen dem verbeamteten Personalkörper der Stadt und dem unternehmerischen Geschäftsführungsbereich dort realisiert werden. Dies wird in Fällen angestrebt, wo es sich aufgrund der besonderen Expertise der Beamtin beziehungsweise des Beamten für die infrage kommende Tätigkeit anbietet, und aufseiten des öffentlichen Unternehmens zu erwarten steht, dass dieses in besonderem Maße von der Verwaltungs - und Führungserfahrung des Beamten profitiert. Drucksache 21/6944 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Derzeit werden zwei Staatsräte auf diese Weise verwendet, zum einen in der Geschäftsführung der inzwischen in Liquidation befindlichen Olympia-Bewerbungsgesellschaft , zum anderen bei der Stadtreinigung Hamburg (SRH). Die technische Umsetzung erfolgt in diesen Fällen durch Zuweisung des Beamten gemäß § 20 BeamtStG gegen Kostenerstattung durch das Unternehmen in das Personalbudget der Senatskanzlei. Der beamtenrechtliche Status der Beamten ändert sich dadurch nicht, die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Beamtenrecht. Das bedeutet auch, dass dort, wo es wie hier in Rede stehend gelungen ist, erfahrene Staatsräte für derartige Verwendungen zu gewinnen, sich die Höhe des von den Unternehmen für die Entsendung der Führungskraft zu übernehmenden finanziellen Aufwands ausschließlich nach beamtenrechtlichen Vorgaben bemisst. Da allerdings in diesen Konstellationen keine gesonderten Zuordnungen der Staatsräte zu einer Verwaltungsbehörde oder einem Senatsamt vorliegen, besteht auch keine Grundlage für eine Aufnahme in den Geschäftsverteilungsplan des Senats. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Bewerbungsgesellschaft i.L. wie folgt: 1. Welche Aufgaben zur Abwicklung der Bewerbungsgesellschaft a. wurden vorbereitend zwischen dem 30.11.15 und dem 28.02.16 wahrgenommen beziehungsweise erledigt? Im genannten Zeitraum wurden die vertraglichen Beziehungen zu den Dienstleistern und sonstigen Vertragspartnern sowie die auslaufenden Arbeitsverträge der Beschäftigten abgewickelt. Ferner wurden der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2015 und der Wirtschaftsplan 2016 aufgestellt, die Liquidationsvorbereitungen getroffen, der Umzug der Gesellschaft organisiert und eine umfassende Projektdokumentation der Bewerbung erstellt. b. wurden ab dem 01.3.2016 (Start der Liquidation) wahrgenommen? Seit dem Start der Liquidation gehören unter anderem die laufende Buchhaltung einschließlich Umsatzsteuervoranmeldungen, die Klärung der Begründetheit eingehender Rechnungen, die Begleitung der Wirtschaftsprüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.2015, die Erstellung des Abschlusses des Rumpfgeschäftsjahres vom 1. Januar bis 29. Februar 2016, die Erstellung der Liquidationseröffnungsbilanz, die Erstellung des Wirtschaftsplans für das Geschäftsjahr 2017, die Vor- und Nachbereitung von Gesellschafterbeschlüssen (zum Beispiel Feststellung von Abschlüssen, Wahl des Wirtschaftsprüfers) sowie die Bearbeitung von Gesellschafteranfragen zu den laufenden Tätigkeiten. Zu den weiteren Aufgaben zählten die Beantwortung von Medienanfragen und die Zulieferungen für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen sowie die Begleitung und Informationsbereitstellung für diverse wissenschaftliche Arbeiten. c. waren ab dem 01.07.2016 noch zu erledigen? d. waren ab dem 01.10.2016 noch zu erledigen? Siehe Antwort zu 1.b. e. sind ab dem 01.01.2017 noch zu erledigen? Zu den noch zu erledigenden Arbeiten zählen die laufende Buchhaltung einschließlich der Umsatzsteuervoranmeldungen, die Erstellung der Steuererklärung für das Rumpfgeschäftsjahr vom 1. Januar bis 29. Februar 2016, die Erstellung des Jahresabschlusses zum 28. Februar 2017 sowie die Erstellung der Liquidationsschlussbilanz zum 31. März 2017. Abschließend müssen die Liquidationssteuererklärung erstellt und der Antrag auf Löschung der Gesellschaft im Handelsregister gestellt werden. 2. Wie hoch war der durchschnittliche wöchentliche Stundenaufwand jeweils für die unter Nummern 1. a. – d. abgefragten Aufgaben und Zeiträume für a. den ehemaligen Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft, Dieser ist in Vollzeit beschäftigt, im Übrigen siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6944 3 b. den Wirtschaftsprüfer, Vom 30. November 2015 bis 28. Februar 2016 40 Stunden pro Woche (Vollzeit). Seit dem 1. März 2016 circa zwei bis drei Stunden pro Woche. c. andere Personen (bitte aufführen, um welche Personen und/oder Auftragnehmer/-innen es sich handelte)? Es bestehen bei der Bewerbungsgesellschaft keine Aufzeichnungen über den Stundenaufwand der beauftragten Dienstleister, da die in Rede stehenden Tätigkeiten über Pauschalen abgegolten werden. 3. Hat der Senat, mit Blick auf die abnehmenden Aufgaben der Abwicklung der Gesellschaft, eine Beendigung der Tätigkeit des ehemaligen Geschäftsführers vorgeschlagen? Nein. 4. Welche vertraglichen Regelungen wurden mit dem ehemaligen Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft, für die Liquidation der Bewerbungsgesellschaft über Umfang, Dauer und Bezahlung seiner Tätigkeit, getroffen? Siehe Vorbemerkung. Aufgrund der Zuweisung und der Fortgeltung des beamtenrechtlichen Status bedurfte es keiner gesonderten Vereinbarungen zu den Rechten und Pflichten des Staatsrats. 5. Hat der ehemalige Geschäftsführer beziehungsweise Liquidator seit dem 01.3.2015 andere bezahlte Tätigkeiten beziehungsweise Nebentätigkeiten ausgeübt? Wenn ja, welche? Staatsrat Dr. Hill ist neben der zugewiesenen Tätigkeit stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Elbphilharmonie Bau KG. Diese Aufgabe wird nicht gesondert vergütet. 6. Wann wurde der Senat über einen beabsichtigen Wechsel des ehemaligen Geschäftsführers in die Privatwirtschaft erstmalig informiert? Am 24. Oktober 2016. 7. In der Pressemitteilung vom 29.11.2016 ist die Rede vom Staatsrat Hill. In den Veröffentlichungen im „Amtlichen Anzeiger“ zur Geschäftsverteilung des Senats wird Herr Hill seit Juli 2015 nicht mehr als Staatsrat aufgeführt . Ist Herr Hill unverändert Staatsrat der Freien und Hansestadt Hamburg? Falls ja: Weshalb wird er weder im Geschäftsverteilungsplan des Senats noch in anderen Veröffentlichungen (mit Ausnahme der Pressemitteilung des Senats vom 29.11.2016) als Staatsrat aufgeführt? Siehe Vorbemerkung. 8. Welche Leistungen stehen bis zu welchem Zeitpunkt und/oder ab welchem Zeitpunkt einem Staatsrat/einer Staatsrätin nach Ausscheiden aus dem Amt zu (Übergangsgelder, Ruhegehalt oder ähnliche)? Bitte die jeweilige Leistungshöhe und die rechtliche Grundlage anführen. Umfang und Höhe der Leistungen hängen wesentlich davon ab, ob eine Dienstzeit von fünf Jahren gemäß § 4 Absatz 1 Nummer 1 HmbBeamtVG abgeleistet worden ist. Einfluss auf die Höhe haben daneben auch Einkünfte aus Erwerbsarbeit oder Renteneinkünfte , die nach Maßgabe von § 5 Absatz 2 HmbBesG beziehungsweise den Ruhensregelungen der §§ 64 und 66 HmbBeamtVG auf die Leistungen angerechnet werden. Da sich die betroffenen Staatsrätinnen und Staatsräte regelmäßig nicht im Voraus auf die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand oder die Entlassung (§ 23 Absatz 1 Nummer 2 BeamtStG) einstellen können, werden die zuletzt gezahlten Bezüge für den Drucksache 21/6944 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Monat, in dem die Versetzung oder Entlassung mitgeteilt wird, und weitere drei Monate fortgezahlt (§ 5 Absatz 1 Satz 1 HmbBesG bei Erfüllung der fünfjährigen Dienstzeit, § 54 Absatz 1 HmbBeamtVG i.V.m. § 5 Absatz 1 Satz 1 HmbBesG bei Nicht- Erfüllung). Die Höhe beträgt derzeit 12.036,90 Euro zuzüglich etwaig zu berücksichtigender Familienzuschläge. Anschließend erhalten die Staatsrätinnen und Staatsräte für eine sich an der Dienstzeit orientierende Übergangszeit erhöhte Ruhegehaltsbezüge (§ 16 Absatz 5 HmbBeamt VG bei Erfüllung der fünfjährigen Dienstzeit) beziehungsweise Übergangsgeld (§ 54 Absatz 2 HmbBeamtVG bei Nicht-Erfüllung) nach dem Höchstruhegehaltssatz von 71,75 vom Hundert aus der Besoldungsgruppe B 10 für die Dauer der Zeit als Staatsrätin beziehungsweise als Staatsrat, mindestens für sechs Monate und längstens für drei Jahre. Die Höhe beträgt derzeit 8.636,48 Euro zuzüglich etwaig zu berücksichtigender Familienzuschläge. Bei Erfüllung der Zeit nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 HmbBeamtVG wird anschließend das erdiente Ruhegehalt gewährt. Die Höhe wird durch den Umfang der ruhegehaltfähigen Dienstzeiten bestimmt. Voraussetzung für eine Versorgung aus dem zuletzt innegehabten Amt ist, dass die Dienstbezüge vor Eintritt in den Ruhestand mindestens zwei Jahre bezogen wurden (§ 5 Absatz 3 HmbBeamtVG). Andernfalls sind die Dienstbezüge aus dem vorher bekleideten Amt ruhegehaltfähig. Hat eine Staatsrätin beziehungsweise ein Staatsrat vorher kein Amt bekleidet, kann die Ruhegehaltfähigkeit maximal bis zur Höhe der Dienstbezüge der Besoldungsgruppe B 9 festgesetzt werden. Ist die Zwei-Jahres-Frist erfüllt, beträgt das Mindestruhegehalt 35 vom Hundert aus der Besoldungsgruppe B 10 (§ 16 Absatz 3 Satz 1 HmbBeamtVG; Höhe derzeit 4.212,92 Euro zuzüglich etwaig zu berücksichtigender Familienzuschläge). Bei Nicht-Erfüllung der Dienstzeit bestehen keine weiteren beamtenversorgungsrechtlichen Ansprüche. Aufgrund der Entlassung ist die Staatsrätin beziehungsweise der Staatsrat in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern und erwirbt hierdurch rentenrechtliche Anwartschaften. 9. Der Senat hat den Eindruck erweckt, dass Herr Hill seit dem Frühjahr 2015 kein Staatsrat mehr ist: So heißt es zum Beispiel in der Pressemitteilung des Senats vom 12. Mai 2015 >Personalentscheidung: Hill und Schwank sollen Olympiabewerbung führen<: „Der Jurist Hill war zuletzt Staatsrat der Behörde für Justiz und Gleichstellung.“ Am 30.06.2015 schreibt der Senat zur Gründung der Bewerbungsgesellschaft in seiner Pressemitteilung: „Zum Geschäftsführer haben die Gesellschafter Herrn Dr. Nikolas Hill berufen, den früheren Staatsrat der Justizbehörde.“ a. Weshalb wurde Herr Hill nicht nach dem Ausscheiden aus dem Amt des Justizstaatsrates in den (einstweiligen) Ruhestand versetzt? b. Hat Herr Hill nach dem Ausscheiden aus dem Amt des Justizstaatsrates weiterhin die Besoldung eines Staatsrates erhalten? Falls ja: wie hoch ist die Besoldung (bitte Besoldungsgruppe und Betrag in Euro angeben), wie lange wurde/wird sie gewährt und aus welcher Produktgruppe/welchem Aufgabenbereich des Haushalts wird sie finanziert? c. Falls Herr Hill nicht weiter als Staatsrat besoldet wurde: Auf welcher Grundlage hat Herr Hill ein Entgelt/eine Besoldung in welcher Höhe ab wann erhalten? Aus welcher Produktgruppe/welchem Aufgabenbereich des Haushalts wird/wurde das finanziert? d. Wurden beziehungsweise werden die in Drs. 21/6774, Nummer 1, dargestellten „zahlungswirksamen Ausgaben“ für den Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft in Höhe von 123.736,47 Euro von der Freien und Hansestadt Hamburg im Rahmen der Personalgestellung getragen? Falls nein, weshalb nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/6944 5 e. Welche der unter Nummer 8. abgefragten Leistungen hat Herr Hill gegebenenfalls für welchen Zeitraum und in welcher Höhe erhalten? Herr Dr. Hill wurde mit Ablauf des 17. April 2015 in den einstweiligen Ruhestand versetzt und am 1. Juli 2015 erneut in das Amt berufen. Zu den Bezügen während des einstweiligen Ruhestands siehe Antwort zu 8., erste Alternative; Herr Dr. Hill hatte zum Zeitpunkt der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand eine Dienstzeit von mehr als fünf Jahren gemäß § 4 Absatz 1 Nummer 1 HmbBeamtVG abgeleistet. Nach der erneuten Berufung richtete sich die Besoldung nach der Besoldungsstufe B 10. Siehe im Übrigen Vorbemerkung. 10. Wer ist beziehungsweise war neben den jeweils in den Geschäftsverteilungsplänen des Senats genannten fünfzehn Staatsräten/-innen seit dem 01. Januar 2015 im Amt eines/einer Staatsrates/Staatsrätin? Bitte den jeweiligen Grund und die Dauer angeben. Siehe Vorbemerkung und soweit es Herrn Dr. Hill betrifft, Antwort zu 9. Im Falle von Herrn Staatsrat Lange erfolgte die Ernennung am 4. August 2015.