BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7148 21. Wahlperiode 09.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 02.12.16 und Antwort des Senats Betr.: Vier Jahre Staatsvertrag mit den Muslimen – Eine Bilanz (III) Am 13. November 2012 hat der Hamburger Senat als erste Landesregierung in Deutschland einen Staatsvertrag mit den islamischen Glaubensgemeinschaften geschlossen. Dabei handelt es sich um den DITIB-Landesverband Hamburg e.V., den Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V. (SCHURA) sowie den Verband der islamischen Kulturzentren e.V. Nachdem in diversen Medienberichten wiederholt Meldungen erschienen waren, denen zufolge einzelne Moscheegemeinden akutes Fehlverhalten zeigten, die zu einem der Trägerverbände gehören, hatte die AfD-Fraktion bereits in zwei Schriftlichen Kleinen Anfragen1 kritisch gegenüber dem Staatsvertrag Stellung bezogen. In einem Antrag forderte sie gar, das Konkordat um einen Paragrafen zu erweitern, der Sanktionen für Moscheeverbände fixiert, die sich nicht ausreichend stark von salafistischen oder anderen radikalislamischen Strömungen distanzieren.2 Passiert war daraufhin allerdings nichts. Dass die von der AfD-Fraktion vorgetragene Kritik berechtigt war, zeigt ein Artikel vom 5. September 2016, in dem das „Hamburger Abendblatt“ über einen skandalösen Vorfall berichtete, der das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) betraf, das die an der Alster gelegene schiitisch-iranische Imam Ali Moschee verwaltet. In dem Beitrag wurde die Öffentlichkeit darüber informiert , dass mehrere Gemeindemitglieder 2016 am sogenannten al-Quds-Tag teilgenommen hatten, einem gesetzlichen Feiertag in der Islamischen Republik Iran, bei dem alljährlich gegen die Existenz Israels demonstriert wird, die man dabei gewöhnlich als Besatzung verunglimpft. Obwohl das IZH der SCHURA angehört und damit im Rahmen des Staatsvertrags zu den Partnern des Senats gehört, hatte dieser zunächst nicht auf die Vorgänge reagiert, was besonders bei der Jüdischen Gemeinde Hamburg zu Irritationen führte. Auf die Frage der AfD-Fraktion, wie sich der Senat das antisemitische Gebaren von Gemeindemitgliedern der Imam Ali Moschee erkläre und warum er nicht entschieden dagegen vorgehe, erklärte dieser, „in ständiger Praxis von einer Kommentierung der Presse abzusehen.“3 Dass offenbar nicht nur antisemitische und islamistische Tendenzen zum Verhaltensspektrum von Mitgliedern der IZH gehören, sondern dass diese bereits 2015 als Israelfeinde in Erscheinung traten, geht aus dem aktuellen Verfassungsschutzbericht hervor, wo es heißt: „Am 11.07.2015 beteiligten sich etwa 120 Personen aus Hamburg an der von insgesamt circa 700 Demonstranten besuchten Veranstaltung, um ihren Protest gegen die Beset- 1 Confer Drs. 21/4035, 21/6423. 2 Confer Drs. 21/487. 3 Confer Drs. 21/6423. Seite 2. Drucksache 21/7148 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 zung Jerusalems (…) und ihre Solidarität mit den aus ihrer Sicht unterdrückten Palästinensern auszudrücken. Es gibt nach wie vor Anhaltspunkte für eine Beteiligung des IZH bei der Organisation und Durchführung der Veranstaltung . Durch eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit propagiert das IZH den Islam iranischer Prägung und strebt damit an, den „Export der islamischen Revolution“ zu verwirklichen. Die Inhalte sind dabei moderat formuliert und bieten nur selten Angriffsflächen. Nach außen stellt sich das IZH als rein religiöse Einrichtung dar, die keine politischen Aktivitäten gestattet. Üblicherweise wird eine öffentliche Verbindung oder Identifizierung mit der iranischen Staatsführung vermieden. Dennoch ist das Staats- und Gesellschaftsverständnis des IZH vom Primat der Religion gegenüber Demokratie und Rechtsstaat geprägt.“4 Es wird deutlich, dass das IZH offen politisch aktiv und dabei streng antisemitisch ausgerichtet ist. Darüber hinaus lässt der Verfassungsschutzbericht 2015 erkennen, dass das IZH die USA der direkten Unterstützung des Islamischen Staates bezichtigt, dem sie vermeintliche Waffenlieferungen angedeihen lassen. Brisant ist auch, dass IZH-Leiter Dr. Reza Ramezani als „religiöser Repräsentant der Islamischen Republik Iran“ geoutet wird. Die öffentliche Empörung darüber, dass eine islamistisch-antisemitische Organisation wie das IZH weiterhin ein Vertragspartner des Senats sein kann, hat mittlerweile auch die FDP-Fraktion zu drastischen Schritten veranlasst, die offen die Aufkündigung des Staatsvertrages fordert.5 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Seit wann war dem Senat bekannt, dass Mitglieder der IZH aktiv an den Feierlichkeiten zum al-Quds-Tag teilnahmen? 2. Warum hat der Senat trotz der Einschätzungen des Verfassungsschutzberichts 2015 nicht umgehend auf die israelfeindlichen Aktivitäten des IZH reagiert? Siehe Drs. 21/6433. 3. Als Vertreter der Islamischen Republik Iran, eines Staates, der Homosexuelle ins Gefängnis sperrt und sogar ermorden lässt, ist IZH-Leiter Dr. Reza Ramezani nicht als Partner für einen Staatsvertrag geeignet. Wie begründet der Senat seine Entscheidung, die Imam Ali Moschee als Vertragspartner zu akzeptieren? Vertragspartner des Vertrages ist SCHURA Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V. Im Übrigen siehe Drs. 21/6433. 4. Welche Konsequenzen zieht der Senat aus den antisemitischen Aktivitäten des IZH? Siehe Drs. 21/6433 und 21/6644. 5. Liegen dem Senat heute zusätzliche Kenntnisse über das antisemitische und vertragswidrige Verhalten des IZH vor? Falls ja, welche? Siehe Drs. 21/6423 und 21/6433. 6. Welche Maßnahmen hat der Senat bislang ergriffen, um auf das Verhalten des IZH zu reagieren? 7. Steht eine Aufkündigung des Staatsvertrags durch den Senat zur Debatte ? 4 Confer Verfassungsschutzbericht 2015. Seite 58. 5 Confer Islamverträge: FDP fordert Auflösung wegen Israelhetze. „Hamburger Abendblatt“ vom 9. November 2016. Seite 14. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7148 3 Falls ja, seit wann? Falls nein, warum nicht? 8. Wie viele Fälle von Verhalten, das den im Staatsvertrag unter Paragraf 1 definierten Wertegrundlangen zuwiderläuft, sind dem Senat gegenwärtig bekannt? Bitte jeweils den Einzelfall sowie die betroffene Institution nennen ? Siehe Drs. 21/6433 und 21/6644.