BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7155 21. Wahlperiode 13.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 05.12.16 und Antwort des Senats Betr.: Neuer Fall schwerer Kindesmisshandlung Medienberichten zufolge wurde am 13. November 2016 ein schwer misshandeltes Kind von seinen Eltern in eine Notaufnahmepraxis nach Altona gebracht. Nur durch eine Notoperation konnte das Leben des Kindes gerettet werden. Das „Hamburger Abendblatt“ berichtete, dass den Ärzten nach die Wunden des Mädchens nicht, wie von den Eltern behauptet, von einem Unfall, sondern nur von heftigen Schlägen mit der Hand oder einem Gegenstand herrühren können. Währenddessen verschwanden die Eltern des Kindes spurlos aus der Notfallpraxis. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bei den erfragten Informationen handelt es sich teilweise um geschützte Sozialdaten im Sinne der §§ 35 SGB I, 61 fortfolgende SGB VIII, 67 fortfolgende SGB X. Nach dem umfassenden Sozialdatenbegriff der SGB I, VIII und X sind nicht nur alle in den Jugendamtsakten befindlichen Daten bezüglich des betroffenen Kindes Sozialdaten, sondern auch alle Daten über seine Familienmitglieder und Dritte. Die Übermittlung solcher Informationen durch den Senat kommt damit nur unter den engen gesetzlichen Voraussetzungen infrage. Gemäß § 67 b Absatz 1 S. 1 SGB X ist die Verarbeitung von Sozialdaten, zu der gemäß § 67 Absatz 6 S. 1 SGB X auch das Übermitteln gehört, nur zulässig, soweit eine Rechtsvorschrift im SGB dies erlaubt oder anordnet oder soweit der Betroffene schriftlich eingewilligt hat. Im SGB existiert keine Übermittlungsbefugnis zugunsten des Parlaments. Eine vorherige schriftliche Einwilligung der Betroffenen, die eine Übermittlung zulassen würde, liegt derzeit nicht vor. Auch der Umstand, dass viele Informationen bereits in den Medien verbreitet wurden, rechtfertigt eine Übermittlung von Sozialdaten nur dann, wenn die öffentlich bekannten Informationen nachweislich aus einer zuverlässigen Quelle stammen. Nicht als „öffentlich bekannt“ und damit dem Sozialdatenschutz unterliegend gelten Informationen aus „zweiter Hand“, vom Hörensagen und solche, deren Ursprung nicht bekannt ist. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Stellen über die Umstände der schweren Kindesmisshandlung vor? Die Staatsanwaltschaft führt zurzeit Ermittlungen wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen zum Nachteil eines vierjährigen Mädchens. Das Kind wurde am 13. November mit schweren Verletzungen in der Notfallpraxis in der Stresemannstraße eingeliefert. Neben inneren Verletzungen hatte es auch über das Gesicht und den gesamten Körper verteilt zahlreiche Hämatome. Weil akute Lebensgefahr bestand, wurde das Kind umgehend in das Drucksache 21/7155 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Kinderkrankenhaus Altona verlegt, wo es noch am selben Tag notoperiert wurde. Das Mädchen befindet sich weiterhin in intensivmedizinischer Behandlung im Krankenhaus . Die Art der bei der Vierjährigen festgestellten Verletzungen begründet nach rechtsmedizinischer Bewertung den Verdacht, dass diese durch stumpfe Gewalteinwirkung entstanden sind. Aus diesem Grunde wurden entsprechende Ermittlungen eingeleitet. Sie werden durch die Mordkommission des Landeskriminalamtes und bei der Staatsanwaltschaft im Fachdezernat für Jugendschutzsachen geführt. Eine Mitteilung zum aktuellen Ermittlungsstand und etwaigen Erkenntnissen würde die laufenden Ermittlungen gefährden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Wann wurde das Mädchen wo geboren und wer hatte das Sorgerecht zu welcher Zeit für das Kind? Das Mädchen wurde am 8. April 2012 in Lukovit geboren. Darüber hinaus liegen der Behörde für Inneres und Sport keine Informationen vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 3. Seit wann und wie lange waren jeweils welche staatlichen Stellen mit dem zwei Monate alten Jungen beschäftigt? a. Welche Abteilung/-en des zuständigen Jugendamts waren mit dem Fall im Einzelnen betraut? b. Wie viele Kontakte des zuständigen Jugendamtes gab es zu dem Kind und seinen Eltern seit der Geburt des Kindes und wann fanden diese in welcher Form statt? c. Wann und wie lange wurde die Familie durch wen in welcher Leistungsart und in welchem Umfang betreut? d. Welche Entscheidungen zu diesen Hilfen im Hinblick auf Ausweitung oder Kürzung gab es jeweils wann und durch welche Stellen? e. Gab es nach der schweren Körperverletzung eine Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII? Falls ja, wann, für wie lange und wo wurde das Kind gegebenenfalls untergebracht? f. Welche Mitarbeiter welcher Stellen haben den zwei Monate alten Jungen wann zuletzt aus welchem Anlass gesehen? g. Wurde das Kind dabei in Augenschein genommen? Falls ja, was wurde dabei festgestellt? Falls nein, weshalb nicht? Ein aktueller Fall eines misshandelten zwei Monate alten Jungen ist der zuständigen Behörde zurzeit nicht bekannt. 4. Ist den zuständigen Stellen die Identität der Eltern und des Mädchens bekannt? Die Identität der Mutter ist dem Jugendamt und der Polizei seit dem Vorfall bekannt. 5. Sind Mutter oder Vater des Jungen polizeibekannt? Wenn ja, aus welchen Gründen? Kam es in der Wohnung der Familie oder wegen der Familie seit Geburt des Jungen zu Einsätzen von Polizei - oder Rettungskräften? Siehe Antwort zu 3. 6. Welcher Nationalität gehört die Familie an? Mutter und Kind sind bulgarische Staatsangehörige. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7155 3 7. Welche Maßnahmen werden aktuell durchgeführt, um die Identität der Eltern und ihren Aufenthaltsort festzustellen? Der Aufenthaltsort sowohl der Kindsmutter als auch ihres Lebensgefährten sind der Polizei bekannt. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 8. Wie ist der aktuelle gesundheitliche Zustand des Kindes? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1.