BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7161 21. Wahlperiode 13.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dietrich Wersich und Birgit Stöver (CDU) vom 05.12.16 und Antwort des Senats Betr.: Welche Aktivitäten fördert der Senat in Hamburg zum Lutherjahr 2017? Im Lutherjahr 2017 steht weltweit die Erinnerung an den 500. Jahrestag des Beginns der Reformation im Mittelpunkt zahlreicher Veranstaltungen und Projekte. Neben vielen Aktivitäten der Kirchen, Gemeinden und anderer Institutionen sind auch kulturelle und öffentliche Einrichtungen zu einem Beitrag aufgefordert, um die umfassende Bedeutung Martin Luthers und der Reformationen für Kultur und öffentliches Leben zu reflektieren. Zum Ende der Lutherdekade von 2008 bis 2017 stellt sich die Frage, wie im Jahr 2017 im protestantisch geprägten Hamburg dieses Jubiläums gedacht werden soll und welche kulturellen Veranstaltungen sich hier in Vorbereitung befinden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Das Lutherjahr 2017 ist Höhepunkt und zugleich Abschluss der Lutherdekade, in der seit 2008 in sogenannten Themenjahren die öffentliche Aufmerksamkeit auf verschiedene Aspekte der Reformation gelenkt worden ist. Hamburg, das als erstes Bundesland den 31. Oktober 2017 zum gesetzlichen Sonderfeiertag erklärt hatte, hat im Jahr 2015 die Eröffnung des Themenjahres „Bild und Bibel“ der Lutherdekade ausgerichtet und durch eine Reihe von Aktivitäten die Bedeutung der Reformation für Hamburg, weit über den Bereich von Kirche und Religion hinaus, hervorgehoben. Obgleich sich demgegenüber die öffentliche Aufmerksamkeit im Jahr 2017 auch vor dem Hintergrund des Deutschen Evangelischen Kirchentages Berlin – Wittenberg auf die Kernländer der Reformation und des Wirkens Luthers konzentrieren wird, ist in Hamburg ebenfalls eine Reihe weiterer Aktivitäten geplant. Zur Vorbereitung des Reformationsjubiläums wurde der Sprengelbeirat Hamburg-Lübeck von der Nordkirche eingesetzt, um Impulse für das Reformationsjubiläum zu setzen und bei der Umsetzung von Projekten Hilfestellung zu leisten. Er soll über seine Mitglieder den Kontakt zu örtlichen, kirchlichen und gesellschaftlichen Ebenen sicherstellen. Auf diesem Weg kann eine breite Information über die geplanten Aktivitäten ebenso wie eine Vernetzung kirchlicher mit gesellschaftlichen Aktivitäten erfolgen. Zu diesem Zweck tagt der Sprengelbeirat in regelmäßigen Abständen und tauscht sich über den aktuellen Stand der Vorbereitungen zum Reformationsjubiläum aus. Zuletzt hat dieser Austausch im September 2016 stattgefunden, die nächste Sitzung ist im Januar 2017 geplant. Im Sprengelbeirat ist die zuständige Behörde vertreten. Darüber hinaus erschöpft sich die Würdigung der Reformation als gesellschaftliches Ereignis aber nicht allein in der Durchführung von Veranstaltungen. Reformationsbezogene Themen bilden etwa auch Schwerpunkte der Abiturprüfungen einzelner Fächer in den Jahren 2017 und 2018. Die „Regelungen für die zentralen schriftlichen Prüfungsaufgaben im Abitur“ für die Jahre 2017 und 2018 sehen im Rahmen der inhaltlichen Vorgaben für die Studienstufe der gymnasialen Oberstufe als verbindlich zu unterrichtendes Thema im Fach Religion „Luthers Zwei-Reiche-Lehre“ vor; im Fach Drucksache 21/7161 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Deutsch ist neben anderen Heinrich von Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“ als Lektüre genannt. Im Übrigen ist sich der Senat seiner Stellung als Repräsentant des religionsneutralen Staates bewusst, wie ihn das Grundgesetz in Artikel 140 i.V. mit Artikel 137 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung konstituiert. Er beachtet demzufolge bei allen seinen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Reformationsjubiläum, dass es sich hierbei in erster Linie um ein kirchliches Ereignis handelt, dessen maßgebende Gestaltung deshalb der Kirche selbst, in Hamburg also der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) zusteht. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Veranstaltungen planen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden im Lutherjahr 2017 zum 500. Jubiläum des Beginns der Reformation in Hamburg in eigener Ägide durchzuführen? Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung führt im Mai 2017 die Tagung „Reformation reloaded? 500 Jahre Thesenanschlag Martin Luthers. Eine Tagung zur Bedeutung der Reformation für den Geschichts-, Politik- und Religionsunterricht “ durch. Die Landeszentrale für politische Bildung plant im September/Oktober 2017 in Zusammenarbeit mit dem Einstein-Forum Potsdam ein Podiumsgespräch mit Dr. Willi Winkler und Dr. Bettina Stangneth: „Luther“. Geplant ist zudem auch die Ausrichtung eines Abschlusskonzertes zum Reformationsjubiläum 2017 mit den Hamburger Symphonikern am 29. Oktober 2017, an dessen Organisation die Nordkirche maßgebend beteiligt sein wird. 2. a) Welche Aktivitäten welcher Akteure oder Institutionen werden vom Senat oder den Behörden beziehungsweise Bezirksämtern jeweils unterstützt? b) Welche davon mit finanzieller Förderung, in welcher Höhe und aus welchen Titeln beziehungsweise Produktgruppen jeweils? c) Welche Anträge welcher Träger auf Förderung aus öffentlichen Mitteln wurden abgelehnt und mit welcher Begründung jeweils? Die Nordkirche als zentraler Akteur verschiedener Veranstaltungen wird vom Senat auf vielfältige Weise unterstützt, siehe auch Vorbemerkung und Antwort zu 1. Der Erste Bürgermeister hat gemeinsam mit der Bischöfin der Nordkirche die Schirmherrschaft über das von der Nordkirche in Kooperation mit der Stiftung Creative Kirche durchgeführte Projekt „Pop-Oratorium“ übernommen. Die Kulturbehörde unterstützt das Theaterfestival Lessingtage als Sonderprojekt der Thalia Theater GmbH. Das Thalia Theater hat die Lessingtage 2017 unter das Thema „500 Jahre Reformation“ gestellt. Insgesamt werden sich 23 Veranstaltungen an zehn Tagen dem Themenkosmos Reformation widmen. Darunter fünf deutschsprachige Gastspiele wie Schillers „Wallenstein“ von der Schaubühne Berlin, „Die zehn Gebote“ vom Deutschen Theater Berlin, das Projekt „Martin Luther Propagandastück“ oder die Produktion „Glaubenskämpfer“ vom Schauspiel Köln. Im Rahmenprogramm findet unter anderem die „Lange Nacht der Weltreligionen“ im Großen Haus statt, nebst der Projekte „Die Bibel für Ungläubige“ und „Reformaktion – Performance zu Glauben und Vernunft“. Eröffnet werden die Lessingtage 2017 mit einer Rede von Bundestagspräsident Norbert Lammert zum Thema „Toleranz und Gewalt“. Die Lessingtage 2017 werden von der Kulturbehörde in Höhe von 50.000 Euro gefördert (Produktgruppe 251.01). Neben der Förderung der Kulturbehörde für die Lessingtage erhält das Thalia Theater zur Realisierung von drei Gastspielen und zwei Sonderveranstaltungen eine Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) in Höhe von 68.602 Euro. Daneben werden die Ticketeinnahmen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7161 3 und Förderungen durch Stiftungen und Unterstützer zusätzlich anfallende Kosten abdecken. In Kooperation mit der Nordkirche hat das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung zum Schuljahresbeginn 2016/2017 die erarbeitete Handreichung „Reformation in Hamburg“ herausgegeben. Die Handreichung bietet Unterrichtsanregungen und -materialien für den Unterricht in den Sekundarstufen I und II in den Fächern Geschichte, Religion, Politik-Gesellschaft-Wirtschaft, Philosophie, Musik, Kunst und Deutsch im Kontext des Reformationsjubiläums an. Die Handreichung wurde gedruckt an alle allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufen I und II versandt und steht als Download zur Verfügung (online unter: http://li.hamburg.de/publikationen-2016/ 7167360/reformation-in-hamburg/). Der Präses der Behörde für Schule und Berufsbildung ist Schirmherr des Wettbewerbs „Menschen-Bilder“ der Nordkirche zum Reformationsjubiläum (vergleiche https://pti.nordkirche.de/aktuelles/wettbewerb.html). Die Landeszentrale für politische Bildung wird im Jahr 2017 folgende Veranstaltungen anerkannter Bildungsträger aus Mitteln der Landeszentrale (Produktgruppe 238.01) fördern: Zwei eintägige Veranstaltungen zum Thema „500 Jahre Reformation“, durchgeführt durch „Die Neue Gesellschaft“; Fördersumme 2.560 Euro Fünftägiger Bildungsurlaub mit dem Titel „Luther und die Reformation“, durchgeführt durch „Arbeit und Leben“; Fördersumme 3.800 Euro Darüber hinaus sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. 3. a) Welche Hamburger Kulturinstitutionen planen welche Veranstaltungen im Lutherjahr 2017 zum 500. Jubiläum des Beginns der Reformation in Hamburg durchzuführen? Bitte differenziert nach Institution und Veranstaltung auflisten. b) Welche Kosten entstehen den Kulturinstitutionen durch die unter 3. a) genannten Veranstaltungen und aus welchen Budgets werden diese Kosten erbracht? Die Hamburger Kunsthalle plant zum Lutherjahr 2017 ein als Sammlungspräsentation angelegtes Kabinett mit dem Titel „Lukas Cranach d. Ä., Maler der Reformation“ (1. Oktober bis 31. Dezember 2017). Für das Projekt liegt noch kein Kostenvoranschlag vor. Die Kosten werden aus dem Budget der Kunsthalle getragen. Dazu wird es eine Publikation in der sogenannten Kleinen Reihe geben, die von dem Freunden der Kunsthalle e.V. finanziert wird. Bereits zugesagt sind 8.000 Euro. Die Deichtorhallen Hamburg GmbH plant eine Einzelausstellung des bekanntesten zeitgenössischen amerikanischen Medienkünstlers Bill Viola in der Halle der aktuellen Kunst vom 2. Juni bis 10. September 2017 mit einem umfangreichen Rahmenprogramm (Workshops, Führung, Vorträgen, Gottesdiensten et cetera). Die Gesamtkosten der Ausstellung werden sich auf 500.000 Euro belaufen, davon werden 250.000 Euro aus Mitteln der BKM finanziert. Die übrigen Kosten werden durch eigene Einnahmen (Eintrittserlöse, Verkauf von Katalogen, Führungen und Drittmittel) finanziert. Die Hamburgische Staatsoper GmbH plant das Projekt „Gipfeltreffen – Reformation“ – eine gemeinsame Deutschlandtournee des Bundesjugendballetts in Kooperation mit dem Bundesjugendorchester. Der Betrieb des Bundesjugendballetts wird bereits aus Mitteln der BKM finanziert. Für diese Tournee, deren Gesamtkosten sich auf etwa 328.000 Euro belaufen, erhält das Bundesjugendballett eine weitere Förderung der BKM in Höhe von 164.000 Euro als Fehlbedarfsfinanzierung. Die Kosten werden im Übrigen im Wesentlichen über Auftrittshonorare finanziert, die von den einzelnen Gastspielorten gezahlt werden. Die Hamburger Symphoniker befassen sich seit 2012 mit der Reformation und ihren Folgen. Fünf Phasen prägten bislang die Arbeit: „Die vorreformatorische Gedankenwelt “, „Reformation als geistige Wende“, „Reformation als Grundlage der Moderne“, Drucksache 21/7161 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 „Volkes Stimme“ und „Nation als Identität“. Die sechste und letzte Projektphase mit dem Titel „Hier bin ich Mensch!“ befasst sich in der Spielzeit 2016/2017 mit den Verbindungen zwischen Reformation und Humanismus. Mehrere Konzerte nehmen Bezug darauf, so zum Beispiel mit Beethovens Missa solemnis (17. Januar 2017, Elbphilharmonie), Thomas Adès Totentanz (Saisoneröffnung, 18. September 2016, Laeiszhalle) und Richard Strauss Schlussgesang der Oper Salome (7. Symphoniekonzert , 2. April 2017, Laeiszhalle). Das Projekt wird seit 2012 von der BKM gefördert, für die Spielzeit 2016/2017 mit 605.000 Euro. Die Hamburger Symphoniker budgetieren spielzeitbezogen. Die Kosten für einzelne Konzerte sind nicht exakt quantifizierbar , insbesondere bei den Konzerten, in denen der Bezug zur Reformation nur einen Teil des Programms ausmacht.