BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/718 21. Wahlperiode 16.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Gladiator und Joachim Lenders (CDU) vom 09.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Etabliert sich eine zweite „Rote Flora“ in Hamburg? Sind der Senat und die Innenbehörde auf dem linken Auge blind? Am 9. Juni 2015 berichtet das „Hamburger Abendblatt“ in seiner Ausgabe von einem „Kollektiven Zentrum“ (koZe), welches sich in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Kita im sogenannten Münzviertel etabliert haben soll. In diesem kollektiven Zentrum sollen inzwischen diverse Initiativen und Gruppierungen aus dem linken beziehungsweise linksautonomen und linksextremistischen Bereich ansässig sein. Offensichtliches Ziel dieser Gruppierungen und Initiativen soll es sein, ein Projekt des Immobilieninvestors HBK (Hanseatische Bau Konzept GmbH & Co. KG) zu verhindern, welches den Abriss der dortigen Gebäude im Bereich des Münzviertels vorsieht und einen Neubaukomplex mit fast 500 Wohnungen plant. Ursprünglich wurde das gesamte Areal seitens der Finanzbehörde (Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen) verwaltet und Ende 2014 an den Investor HBK veräußert . Dem Bericht zufolge haben sich mittlerweile diverse linke beziehungsweise linksautonome und linksextremistische Initiativen und Gruppierungen zusammengeschlossen und beanspruchen die Räumlichkeiten für sich. Faktisch ist dies mit einer Besetzung gleichzusetzen, und es soll Widerstand angekündigt worden sein für den Fall, dass der rechtmäßige Eigentümer (HBK) eine Begehung des Objektes durchführen will. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Gibt oder gab es einen Vertrag mit den derzeitigen „Nutzern“ der Räumlichkeiten der ehemaligen Kita in der Norderstraße 65? Wenn ja, mit wem konkret und wann ist dieser Vertrag über eine Nutzung abgeschlossen worden und wie sehen die konkreten Vertragsbedingungen aus? Es besteht ein Mietvertrag mit dem Verein „Kunstlabor naher Gegenden“ (KuNaGe) für Räume im Erdgeschoss der Immobilie Norderstraße 65 mit einer Fläche von insgesamt circa 70 m² und einer Außenfläche von circa 50 m². Das Mietverhältnis verlängert sich um jeweils einen Monat, wenn es nicht von einer der Vertragsparteien jeweils mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende schriftlich gekündigt wird. Da es sich um eine Zwischennutzung bis zur Realisierung eines bereits beschlossenen Wohnungsbauvorhabens handelt, werden die Flächen mietfrei überlassen, aber eine monatliche Nebenkostenpauschale von 1 Euro pro m² Mietfläche erhoben. 2. Geht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde bei einer Kündigung der Nutzungsverhältnisse seitens des Investors HBK von gewalt- Drucksache 21/718 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 tätigen beziehungsweise militanten Aktionen der Nutzer oder ihrer Sympathisanten aus? Wenn ja, welche möglichen gewalttätigen beziehungsweise militanten Aktionen werden erwartet und wie stellt man sich seitens des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde darauf ein? Der Senat beantwortet hypothetische Fragen grundsätzlich nicht. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. und 6. 3. Ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde bekannt, welche Gruppierungen beziehungsweise Initiativen dem „kollektiven Zentrum “ angehören? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, a. um welche Gruppierungen beziehungsweise Initiativen handelt es sich konkret? b. sind nach Einschätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde diese Gruppierungen beziehungsweise Initiativen dem linken beziehungsweise linksautonomen und linksextremistischen Bereich zugehörig? c. gibt es weitere Unterstützergruppierungen des Kollektiven Zentrums (koZe) und um welche Gruppierungen beziehungsweise Initiativen handelt es sich konkret? Sind nach Einschätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde diese Gruppierungen beziehungsweise Initiativen dem linken beziehungsweise linksautonomen und linksextremistischen Bereich zugehörig? Laut Internetseite des koZe wird das Projekt von folgenden Gruppen unterstützt: Café Knallhart, Café de Kraak, Centro Sociale, Dachverband autonomer Wohnprojekte, Das T-Stuben Plenum, Elbpaul, Freies Netzwerk für den Erhalt des Schanzenparks, Gängeviertel, IL Hamburg, Initiative Esso-Häuser, Karawane, Libertäres Kultur-& Aktionszentrum , magdalena K. e.V., Medi-Büro, Münzgarten, Plenum Infoladen Wilhelmsburg , Schwarze Katze, Stadtteilinitiative Münzviertel, Tante Münze, Turbine Münzviertel 4612, Unlimited Liability, Wasserturm-Ini, weltRAUM e.V., Zomia, Bramfelder Kulturladen e.V., Villa Magdalena K, DIY – Cut or Dye, Gartenprojekt „Schwarze Beete”, Selbstorganisierte Thai-Box-Gruppe im koZe, Freiraum (-) Forschungslabor, Kälberkoppel , RGS Radsport, Mobilitätslabor, Radicula e.V., Projekt Eschenhof, Crosspoint, Nonstop Schwitzen, Karawane e.V., NOlympia Hamburg, Vokü Hafenstraße, Kurhotel St. Pauli, Straßenpiraten e.V., Freak Out Connection, Café Exil. Feste Mitgliedsstrukturen sind aus diesen Angaben jedoch nicht abzuleiten. Die offenen Strukturen ermöglichen es Unterstützern, sich in unterschiedlicher Intensität in das Projekt einzubringen beziehungsweise Raumangebote zu nutzen. Unter den genannten Unterstützergruppen befinden sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden aber auch linksextremistische und solche, in denen Linksextremisten mitarbeiten . 4. Hat es in der Vergangenheit im Bereich des „Münzviertels“ (Areal zwischen Schultzweg und Norderstraße) Besetzungen von Gebäuden gegeben? Wenn ja, welche Gebäude wurden besetzt und wer ist Eigentümer der Gebäude? Am Nachmittag des 12. Juli 2014 wurde die ehemalige „Elbschule“ im Münzviertel, die Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg ist, durch circa 50 Personen symbolisch besetzt. Die Polizei beendete diese später als „Raumnahme“ bezeichnete Aktion nach circa sechs Stunden. 5. Hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde Erkenntnisse, ob es bei einer Begehung durch den Eigentümer (HBK) zu möglichen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/718 3 Widerstandshandlungen seitens der derzeitigen Nutzer oder ihrer Sympathisanten kommt? Wenn ja, welche? 6. Gibt es seitens des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde eine Einschätzung beziehungsweise Prognose, dass sich mit dem Kollektiven Zentrum (koZe), neben der Roten Flora, ein weiteres autonomes Zentrum in besetzten Räumen in Hamburg zu etablieren droht? Wenn ja, welche Gefahren gehen nach Einschätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde davon aus? Gibt es derzeit insbesondere Hinweise auf ein Verbarrikadieren oder Ähnliches? Am 15. Juni 2015 hat eine Begehung unter anderem mit Vertretern des Landesbetriebs Immobilienmanagement und Grundvermögen und des Investors stattgefunden, bei der allen Teilnehmern Zugang zu allen Räumen gewährt wurde und alle erforderlichen Maßnahmen insbesondere im Hinblick auf die Feststellung der aktuellen gebäudetechnischen Situation und die Untersuchung der Gebäudesubstanz wie geplant durchgeführt werden konnten. Im Übrigen beobachten und bewerten die Sicherheitsbehörden fortlaufend die Lage und gewährleisten im Rahmen der zugewiesenen Aufgaben und der rechtlichen Voraussetzungen die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Eine weitergehende Beantwortung der Fragen ließe Rückschlüsse auf das polizeitaktische Vorgehen zu und würde die Wirksamkeit polizeilichen Handelns stark einschränken . Zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Polizei als Strafverfolgungs - und Gefahrenabwehrbehörde sieht der Senat von einer weiteren Beantwortung aus Gründen des Staatswohls ab. Darüber hinaus beantwortet der Senat hypothetische Fragen grundsätzlich nicht.