BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/720 21. Wahlperiode 16.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 09.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Hamburger Gründachstrategie – Wird der Bau von Gründächern ausreichend überwacht? Seit Beginn des Jahres können Grundeigentümer Zuschüsse für den Bau von Gründächern beantragen – sowohl für die Nachrüstung von Dächern als auch für den Einbau von begrünten Dächern auf Neubauten. Insgesamt stellt die Stadt hierfür bis zum Jahre 2019 3 Millionen Euro zur Verfügung. Gründächer bieten im Allgemeinen viele Vorteile: Sie sorgen für ein angenehmeres Stadtklima, verbessern die Naturvielfalt, sind gut mit Solarzellen kombinierbar und erschließen als Dach-Sportplätze und Dachgärten neue Räume für Freizeit und Erholung. Nach Angaben der ehemaligen Umweltsenatorin Jutta Blankau soll die Dachabdichtung begrünter Dächer zudem viel länger halten als auf konventionellen Flachdächern. In der Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage, Drs. 21/275, gibt der Senat an, dass bei Gründächern von einer Lebensdauer von 40 Jahren und mehr ausgegangen wird, wenn sie nach den Regeln der Technik gebaut worden sind. Gerade dies ist jedoch äußerst fraglich, wenn man sich an der baulichen Realität orientiert. So müssen derzeit die Eigentümer der Heidberg-Villages in Langenhorn erleben, dass ihre Dächer wegen Einsturzgefahr bereits nach rund zehn Jahren komplett neu erstellt werden müssen. Die Dächer sind verfault und von Pilzen befallen, das Holz ist komplett vergammelt . Aus dieser traurigen Erfahrung heraus ist es wichtig, dass die Stadt Hamburg die Bauausführung von Gründächern nicht nur finanziell fördert, sondern auch stärker überwacht. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche DIN-Normen galten für die Regeln der Technik im Hinblick auf den Bau von Gründächern zum Zeitpunkt der Errichtung der HeidbergVillages ? Zum Zeitpunkt der Errichtung der Heidberg-Villages galt § 3 der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) vom 1. Juli 1986. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik waren zu beachten. Bei Bauausführungen, die den von der Bauaufsichtsbehörde eingeführten Technischen Baubestimmungen entsprachen, galt diese Voraussetzung als erfüllt. DIN-Normen speziell zum Thema „Gründach“ waren zu diesem Zeitpunkt nicht als Technische Baubestimmung eingeführt. 2. Welche DIN-Normen gelten für die Regeln der Technik im Hinblick auf den Bau von Gründächern heute? Seit dem 1. April 2006 gilt § 3 der HBauO vom 14. Dezember 2005. Öffentlichrechtlich beachtlich sind nur die als Technische Baubestimmung eingeführten techni- Drucksache 21/720 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 schen Regeln. DIN-Normen speziell zum Thema „Gründach“ sind aktuell nicht als Technische Baubestimmung eingeführt. 3. In der Förderrichtlinie der Hamburger Gründachförderung, die Grundlage für die Bezuschussung ist, ist festgelegt, dass die Regeln der Technik einzuhalten sind. Wer überprüft konkret in welcher Art und Weise und zu welchem Zeitpunkt (vor, während oder nach der Errichtung von Gründächern ), ob die Regeln der Technik tatsächlich eingehalten werden? In dem Bewilligungsverfahren durch die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) wird die Einhaltung der Regeln der Technik berücksichtigt. Der Antragsteller beziehungsweise die Antragstellerin muss erklären, dass die anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Dies ist Grundlage der Bewilligung. Die IFB Hamburg überprüft die geplante Ausführung anhand der vorliegenden Pläne und Angebote auf Plausibilität. Zudem müssen die ausführenden Fachbetriebe bei größeren Maßnahmen als präqualifiziertes Unternehmen registriert sein oder eine Liste mit vergleichbaren Referenzobjekten inklusive Beschreibung vorlegen. Nach Durchführung findet in jedem zehnten Fall eine Stichprobenprüfung vor Ort statt. Im Zusammenhang mit dem Verwendungsnachweis wird eine Fachunternehmererklärung abgegeben . Die Verantwortung für die vertragsgemäße Ausführung liegt bei dem ausführenden Fachbetrieb. 4. Der Senat gab in seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage, Drs. 21/275, an, dass er die für die Bauaufsicht zuständigen Stellen in Hamburg bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützt und stärkt. a. Inwiefern wurde seit 2011 von den Bezirksämtern die mit dem „Vertrag für Hamburg-Wohnungsneubau“ eröffnete Möglichkeit genutzt, zusätzliches Personal für die Fachämter Bauprüfung einzusetzen? Bitte für jedes Jahr einzeln und getrennt nach Bezirksämtern darstellen . Bezirksamt 2011 2012 2013 2014 2015 (Angabe in VZÄ) Hamburg-Mitte 0 1 1 4 4 Altona 1 1 2,28 4,7 4,59 Eimsbüttel 1 1,75 3,75 5,75 6,75 Hamburg-Nord 1 1 3,38 4,38 3,38 Wandsbek 0 0 2 4 3,69 Bergedorf 0,75 2,53 2,99 3,53 4,62 Harburg 1 1,3 0,45 0 b. Der Senat gibt an, dass die derzeitige Stellenausstattung geeignet ist, dem Handlungsbedarf nachzukommen. Wie hat sich die Stellensituation in den Fachämtern Bauprüfung der einzelnen Bezirksämter seit 2011 jährlich entwickelt? Bitte für jedes Jahr einzeln und getrennt nach Bezirksämtern darstellen. Bezirksamt 2011 Stellen, davon besetzt in VZÄ (Stichtag: 31.12.11) 2012 Stellen, davon besetzt in VZÄ (Stichtag: 31.12.12) 2013 Stellen, davon besetzt in VZÄ (Stichtag: 31.12.13) 2014 Stellen, davon besetzt in VZÄ (Stichtag: 31.12.14) 2015 Stellen, davon besetzt in VZÄ (Stichtag: 10.06.15) Hamburg-Mitte 57,36 53,02 58,36 52,08 58,36 50,23 61,36 52,37 61,36 50,57 Altona 27,65 23,53 27,65 25,87 27,45 25 29,8 25,83 29,98 25,72 Eimsbüttel 26,75 24,81 26,75 24,02 26,75 25,79 26,75 24,8 26,75 25,11 Hamburg-Nord 34 32,39 34 30,47 34 31,51 35 32,02 35 29,94 Wandsbek 43,15 38,97 40,65 39,47 39,15 36,86 41,09 40,21 41,09 38,9 Bergedorf 17,05 14,01 18,05 14,51 18,05 14,51 19,38 16,29 19,38 16,92 Harburg 20 17,55 20 17,7 20,3 19,3 20,75 20,5 20,75 18,35 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/720 3 c. Welche qualifizierten Schulungen haben die Mitarbeiter der Fachämter Bauprüfung wann zu Gründächern erhalten? Bitte getrennt nach Bezirksämtern darstellen. Die Mitarbeiter der Fachämter Bauprüfung haben keine separate Schulung zu Gründächern erhalten. Es gibt keinen Anlass für eine gesonderte Schulung aufgrund der Gründachstrategie. Es ist langjährige Praxis, Gründächer zu bauen (in Hamburg circa 30 Jahre). 5. Welche sonstigen Möglichkeiten bestehen nach Ansicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde im Rahmen der Gründachstrategie zur Überprüfung der Einhaltung der Regeln der Technik beim Bau von Gründächern? Keine, da öffentlich-rechtlich nur die als Technische Baubestimmung eingeführten technischen Regeln zu beachten sind. Im Übrigen wird auch im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens durch die zuständigen Bauaufsichtsbehörden nur die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Prüfgegenstand des jeweiligen Verfahrens sind, geprüft. 6. Plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde Änderungen an dem bisherigen Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung der Regeln der Technik beim Bau von Gründächern? Wenn ja, in welcher Form und bis wann? Wenn nein, warum nicht? Nein, es ist keine Änderung des Verfahrens geplant. Die Einhaltung der Regeln der Technik bei dem Bau von Gründächern ist – wie bei jeder Art von Dachabdeckung – eine zivilrechtliche Angelegenheit zwischen Bauherrn und ausführendem Fachbetrieb. Es geht über die Zuständigkeiten der Behörden hinaus, die Einhaltung solcher Regeln zu überprüfen. Die festgestellten Baumängel in dem konkreten Fall der „HeidbergVillages “ bieten zudem keinen inhaltlichen Anlass, aufgrund der Gründachstrategie Änderungen im Prüfungsverfahren durchzuführen. Nach Einschätzung der für die Gründachstrategie zuständigen Behörde liegen die Ursachen für die Probleme in den „Heidberg-Villages“ in der Dachkonstruktion und nicht bei der Dachbegrünung.