BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7246 21. Wahlperiode 20.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Kazim Abaci (SPD) vom 13.12.16 und Antwort des Senats Betr.: Fünf Jahre Einbürgerungsinitiative und Bilanz Menschen mit Migrationshintergrund bilden einen immer größeren Teil der Gesellschaft. Umso wichtiger ist es, ihre Lebenslagen und Sichtweisen auf gesellschaftliche und politische Fragestellungen zu berücksichtigen. Sie sollen die Gesellschaft in derselben Form mitgestalten können wie andere auch. Partizipation leistet daneben auch einen direkten Integrationsbeitrag: Was man selbst mitgestaltet, damit identifiziert man sich auch. Es ist deshalb das erklärte Ziel des Senats, mehr Hamburgerinnen und Hamburger mit ausländischer Staatsangehörigkeit für die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit zu gewinnen Seit Dezember 2011 erhalten jeden Monat viele Hunderte Hamburgerinnen und Hamburger ohne deutschen Pass, die ihrer Aufenthaltsdauer nach die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen könnten, ein persönliches Anschreiben des Ersten Bürgermeisters. Die angeschriebenen Hamburgerinnen und Hamburger werden gebeten, über eine Einbürgerung nachzudenken und sich über die Voraussetzungen informieren zu lassen. Neben diesem Anschreiben des Ersten Bürgermeisters sind die Einbürgerungsfeiern, die Behandlung des Themas im Schulunterricht , das Engagement von Einbürgerungslotsen sowie begleitende Informationsmaßnahmen wichtige Bestandteile der Hamburger Einbürgerungsinitiative . Ich frage den Senat: Die Einbürgerungsinitiative, insbesondere die Briefaktion des Ersten Bürgermeisters, mit der über 140.000 Hamburgerinnen und Hamburger persönlich zu einer Einbürgerung ermutigt wurden, hat in den zurückliegenden fünf Jahren eine deutliche Zunahme der Einbürgerungen beziehungsweise eine Stabilisierung der Einbürgerungszahlen auf hohem Niveau bewirkt (siehe Drs. 21/6431, 21/3163 und 21/1057). Hamburg nimmt dabei im Bundesvergleich bereits seit Jahren eine Spitzenposition ein (siehe Auswertungen des Statistischen Bundesamtes https://www.destatis.de/DE/ Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/MigrationIntegration/ Einbuergerungen2010210157004.pdf?__blob=publicationFile). Die Einbürgerungsinitiative hat damit maßgeblich zur Erreichung des integrationspolitischen Ziels beigetragen, mehr Hamburgerinnen und Hamburgern die uneingeschränkte rechtliche Gleichstellung und politische Teilhabe zu ermöglichen, eine größere Kongruenz zwischen Wohnbevölkerung und Staatsvolk im Sinne des Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz herzustellen, damit die Identifikation mit dem staatlichen Gemeinwesen zu fördern und der Entstehung von Parallelgesellschaften entgegenzuwirken . Drucksache 21/7246 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele persönliche Anschreiben wurden in den letzten fünf Jahren vom Ersten Bürgermeister versandt? Bitte für die Jahre 2011 – 2016 aufschlüsseln. Die Zahl der in der Zeit von Dezember 2011 bis zum Abschluss der Briefaktion im März 2015 versandten Schreiben und der damit angesprochenen Adressaten, die die zeitlichen und aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllten, sind der folgenden Übersicht zu entnehmen. Die Zahl der versandten Briefe und der damit erreichten Adressaten weichen deshalb voneinander ab, weil Kinder unter 16 Jahren nicht gesondert angeschrieben wurden. Zeitraum versandte Briefe erreichte Adressaten Dez. 2011 3.542 3.805 2012 46.325 48.436 2013 44.592 46.059 2014 43.427 46.899 bis März 2015 7.960 8.993 Summe: 145.846 154.192 2. Wie viele Beratungsgespräche und Anträge wurden in den letzten fünf Jahren geführt beziehungsweise gestellt? Jahr Beratungsgespräche Anträge 2012 12.154 7.164 2013 10.849 7.247 2014 9.737 6.839 2015 8.463 6.666 bis Nov. 2016 8.931 6.021 3. Wie viele Einbürgerungen erfolgten in den letzten fünf Jahren? Bitte nach Herkunftsland, Alter, Geschlecht aufschlüsseln. Die Einbürgerungszahlen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Jahr Einbürgerungen davon männlich  davon weiblich  2012 5.736 2732 3004 2013 7.329 3502 3827 2014 6.492 3004 3488 2015 5.891 2675 3216 bis Nov. 2016 5.272 2429 2843 Die Hauptherkunftsländer sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Herkunftsland/Jahr 2012 2013 2014 2015 bis Nov. 2016 Türkei 1.345 1.344 951 855 584 Afghanistan 894 1.175 1.121 737 798 Iran 390 502 355 343 356 Polen 256 441 462 386 428 Ghana 120 248 261 262 231 Russische Föderation 283 280 203 177 124 Togo 101 129 95 0 77 China 97 86 99 0 49 Ukraine 225 266 228 193 157 Griechenland 109 140 92 113 91 Bulgarien 74 0 0 0 62 Indien 0 0 0 125 128 Kroatien 0 0 0 99 80 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7246 3 Die Altersgruppen sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Altersgruppen 2012 2013 2014 2015 bis Nov. 2016 bis 16 928 1043 808 731 623 16-18 370 439 329 329 228 18-25 954 1046 922 705 631 25-35 1379 1705 1429 1316 1161 35-45 1213 1648 1535 1399 1314 45-55 513 797 766 797 787 55-65 181 323 321 324 293 ab 65 198 328 382 290 235 4. Wie viele Menschen haben im Zeitraum 2011 – 2016 an den Einbürgerungsfeiern des Senats teilgenommen? Etwa 17.300 Personen. 5. Wie lange dauerten die Einbürgerungsverfahren in Hamburg im Durchschnitt in den letzten fünf Jahren? Bitte für die Jahre 2011 – 2016 aufschlüsseln . Die durchschnittliche Dauer der Einbürgerungsverfahren ist der folgenden Übersicht zu entnehmen: Jahr Monate 2011 11 2012 10 2013 6 2014 5 2015 5 2016 5 6. Wie viele Personalstellen wurden in den Jahren 2011 – 2016 in der zuständigen Abteilung eingerichtet? Die Angaben für die Abteilung für Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsangelegenheiten des Einwohner-Zentralamts zum Stand 1. Januar des jeweiligen Jahres sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Jahr Anzahl Stellen 2011 29 2012 37 2013 45 2014 45 2015 43 2016 44 7. Welche rechtlichen Voraussetzungen gelten für eine Einbürgerung? Die rechtlichen Voraussetzungen ergeben sich aus den §§ 8 fortfolgende Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG). 8. An welchen Stellen übt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde Ermessen bei der Entscheidung über einen Antrag auf Einbürgerung aus? Bei Einbürgerungen nach den §§ 8, 9, 10 Absatz 3 Satz 2 StAG ist ein Ermessen eröffnet. 9. Welche Anweisungen bestehen hinsichtlich der Ermessensausübung? Vorgaben zur Ermessensausübung ergeben sich aus der nach Artikel 84 Absatz 2 und Artikel 86 Satz 1 des Grundgesetzes erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht, den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern zum StAG und der Rechtsprechung. Drucksache 21/7246 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 10. In wie vielen Fällen wurde aus welchen Gründen bei der Einbürgerung auf eine Sprachprüfung nach § 10 Satz 1 Nummer 6 StAG verzichtet? Nach § 10 Absatz 6 StAG wird von der Voraussetzung ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann. Entscheidungen aufgrund dieser Ausnahmevorschrift werden statistisch nicht erfasst. Eine händische Auswertung aller Einbürgerungsakten, in denen im Bezugszeitraum eine positive Entscheidung getroffen wurde (siehe Antwort zu 3.), ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 11. In wie vielen Fällen erfolgte die Einbürgerung in den letzten fünf Jahren unter Beibehaltung der Herkunftsstaatsangehörigkeit? Bitte nach Herkunftsländern aufschlüsseln. Die Fälle einer Hinnahme der Mehrstaatigkeit bei den Eingebürgerten der Hauptherkunftsländer (vergleiche Antwort zu 3.) sind der folgenden Übersicht zu entnehmen: Herkunftsland/Jahr 2012 2013 2014 2015 bis Nov. 2016 Türkei 147 94 40 41 35 Afghanistan 896 1177 1123 856 756 Iran 390 504 359 346 338 Polen 260 441 463 386 411 Ghana 14 2 0 1 2 Russische Föderation 183 189 107 74 39 Togo 58 73 36 22 13 China 2 0 0 0 0 Ukraine 128 142 175 100 48 Griechenland 110 141 92 115 89 Bulgarien 68 79 77 73 60 Indien 0 0 0 0 0 Kroatien 0 61 137 103 73 12. Wie viele Personen leben derzeit in Hamburg, die nach Ansicht des Senats die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen würden? Der Briefversand wurde im März 2015 beendet, weil bis zu diesem Zeitpunkte alle Personen angeschrieben worden waren, welche die zeitlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllt hatten. Wie viele Personen seit diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllt haben, bedürfte einer erneuten Datenbankauswertung. Diese war in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 13. Wie viele Menschen haben seit der Abschaffung der Optionspflicht von ihrem Wegfall profitiert? Bitte aufschlüsseln nach Herkunftsländern. Angaben hierzu sind der zuständigen Behörde mangels einer gesonderten statistischen Erfassung nicht möglich. 14. Wie lange will der Senat die Einbürgerungsinitiative noch fortsetzen? Es bleibt Ziel des Senats, Bürgerinnen und Bürger mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen zur Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit zu ermutigen. Die zuständige Behörde wird deshalb die Beratung - und Unterstützungsangebote für einbürgerungsinteressierte Bürgerinnen und Bürger fortsetzen.