BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7257 21. Wahlperiode 20.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 14.12.16 und Antwort des Senats Betr.: Führen aufgerechnete Sanktionen bei Meldeversäumnissen nach § 32 SGB II bei Jobcenter t.a.h. zur vollständigen Kürzung der Regelleistung (II)? Meldeversäumnisse beim Jobcenter werden nach §32 SGB II mit jeweils 10 Prozent sanktioniert. Es kann vorkommen, dass die Jobcenter kurz aufeinanderfolgende Termine vergeben, sodass in einem Zeitraum von einem Vierteljahr zehn Termine nicht selten sind. Auch kann es vorkommen, dass diese Termine nicht wahrgenommen werden und Sanktionen anschließend kumuliert werden. Damit ist die Gefahr gegeben, dass Sanktionen in Höhe von 100 Prozent ausgesprochen werden, wenn Meldeversäumnisse aufgerechnet werden. Nach einem BSG-Urteil (B 14 AS 19/14R) vom 29. April 2015 ist es unzulässig, dass Jobcenter innerhalb kurzer Zeit serienweise gleichlautende Meldeaufforderungen erlassen, um dann bei Nichtwahrnehmung fortlaufend aufrechnend wegen Meldeversäumnissen zu sanktionieren. Weiterhin deckelt mit diesem Urteil das BSG die Sanktionsfähigkeit auf drei hintereinander gleichlautende Meldeaufforderungen, die seitens der/des Leistungsberechtigten nicht wahrgenommen wurden. Auch wenn eine „Einladungsdichte “ zwar nicht grundsätzlich rechtswidrig ist, so ist jedoch zu beachten, dass eine Meldeaufforderung und ihre Ausgestaltung im Ermessen des Jobcenters stehen. Demnach verfehlen mehr als drei gleichlautende aufeinanderfolgende Meldeaufforderungen das Prinzip des Förderns. Nach Durchsicht der Antworten des Senats in der Drs. 21/7167 vom 13. Dezember konnte festgestellt werden, dass Fragen zum Teil nicht oder nur teilweise beantwortet wurden. Aus diesem Grund ergeben sich Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) und der Agentur für Arbeit (Agentur) wie folgt: 1. In der Antwort auf die Frage 1. antwortet der Senat, wenn „höchstrichterliche Rechtsprechung Einfluss auf die Vorgaben für die Beschäftigten von Jobcenter hat, wird dies durch Änderungen durch Weisungen durch den jeweils zuständigen Träger berücksichtigt“. Hat das Urteil des BSG vom 29. April 2015 Einfluss auf die Vorgaben für die Beschäftigten und gibt es dazu eine entsprechende Weisung für die Beschäftigten? Wenn ja, bitte anhängen. Wenn nein, warum hat es keinen Einfluss? Drucksache 21/7257 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die für die Fachlichen Weisungen zu § 32 SGB II und §§ 31 – 31b SGB II zuständige Bundesagentur für Arbeit verweist auf Drs. 21/7167. Die Weisungen wurden seit der Entscheidung des BSG vom 29. April 2015 nicht geändert. 2. Welche Gründe sprechen dagegen, das benannte Urteil des BSG im Intranet bei Jobcenter t.a.h. und im Intranet der Bundesagentur für Arbeit zu hinterlegen? Bitte ausführlich begründen. Siehe Drs. 21/7167. 3. Wer sind in der Regel die Teilnehmer/-innen der fachlichen Dienstbesprechung „Markt und Integration“? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der fachlichen Dienstbesprechung „Markt und Integration“ sind in der Regel eine Teamleitung oder deren Vertretungen aus dem jeweiligen Standort als Multiplikatoren sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentrale als auch zentralisierter Einheiten. 4. In Fragen 5. und 6. der Drs. 21/7167 wird auf die Fragen nach einer Gegenkontrolle beim Erlass einer Sanktion als auch Rücknahme einer Sanktion mit den „Fachlichen Hinweise §§ 31, 31a, 31b SGB II“ als auch mit der Arbeitsanleitung „Verfahren bei der Umsetzung von Sanktionen“ geantwortet, die jedoch nicht die Fragen 5. und 6. beantworten. Vielmehr beinhalten die „Fachlichen Hinweise“ die allgemeine Gesetzgebung nach dem SGB II und regeln nicht die internen Abläufe speziell bei Jobcenter t.a.h. Kann davon ausgegangen werden, dass es weder nach Frage 5. noch bei Frage 6. eine Gegenkontrolle bei Jobcenter t.a.h. gibt? Bitte ausführlich begründen. 5. Wie definiert der Senat beziehungsweise Jobcenter t.a.h. den Begriff „Eilsache“ nach Frage 7. und welchen Zeitraum umfasst die Erledigung der Eilsache? Siehe Drs. 21/7167. Darüber hinaus findet bei Jobcenter eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit im Rahmen der Fachaufsichtsprüfungen in Stichproben statt. Eine Definition des Begriffs „Eilsache“ und des umfassenden Zeitraumes ist nicht festgelegt . In der in Drs. 21/7167 genannten Arbeitsanleitung ist festgehalten, dass eine Sanktion zeitlich vorrangig vor der übrigen Sachbearbeitung zu bearbeiten ist. Dies gilt gleichermaßen für die Rücknahme und die hieraus resultierende Nachzahlung an die leistungsberechtigte Person. 6. In Frage 8. wurde nach der Anzahl ab mindestens einer Sanktion bis > drei Sanktionen gefragt. Im Verweis zur allgemeinen Statistik zu Sanktionen über „arbeitsagentur.de“ findet sich in den „Methodischen Hinweisen “ folgender Passus: „Für die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB) im Bestand wird festgestellt, ob zum Stichtag mindestens eine wirksame Sanktion vorliegt. Auf Basis dieser Bestandszählung wird dargestellt , wie viele erwerbsfähige Leistungsberechtigte zum Stichtag sanktioniert sind, wie viele Sanktionen gegen diese erwerbsfähigen Leistungsberechtigten vorliegen und wie sich die Sanktionen auf die Höhe des Leistungsbezugs auswirken.“ (...) Sieht der Senat Handlungsbedarf in Zukunft die tatsächliche Anzahl von Sanktionen pro erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB) durch den Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit statistisch zu erfassen, um die tatsächliche Zahl darzustellen ? Bitte ausführlich begründen. Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit liegt in der ausschließlichen Regelungskompetenz des Bundes, siehe § 281 SGB III. Darüber hinaus hat sich der Senat hiermit nicht befasst. Die Bundesagentur für Arbeit verweist im Übrigen auf die veröffentlichten rechtlichen Grundlagen und fachlichen Regelungen der Statistik (https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Grundlagen/Statistische- Geheimhaltung/Generische-Publikationen/Statistische-Geheimhaltung.pdf). Für die Statistik der Bundesagentur für Arbeit gilt der Grundsatz der Statistischen Geheimhal- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7257 3 tung gemäß § 16 Bundesstatistikgesetz. Die fachlichen Regeln der Bundesagentur (https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Grundlagen/Statistische- Geheimhaltung/Regelungen-Geheimhaltung/Statistische-Geheimhaltung-Nav.html) konkretisieren, dass die sekundäre Geheimhaltung sicherstellt, dass ein gesperrter Tabellenwert nicht wieder über einfache Rechenoperationen ermittelt werden kann. Das ist immer dann möglich, wenn Einzelfelder mit Spalten- oder Zeilensummen oder anderen Vergleichswerten in einem rechnerischen Zusammenhang stehen.