BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7311 21. Wahlperiode 27.12.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Thering, Richard Seelmaecker und Stephan Gamm (CDU) vom 21.12.16 und Antwort des Senats Betr.: Auswirkungen des Baus der U5 auf die Anwohner vom Hartzloh (II): Wie steht der Senat zu Alternativvorschlägen bezüglich Streckenführung und Haltestellenstandorten? Auf Druck der Öffentlichkeit, insbesondere der Aktivitäten der Bürgerinitiative (BI) „Lebenswerter Hartzloh“, hat die Hamburger Hochbahn AG (HOCH- BAHN) am 14. Dezember 2016 einen außerplanmäßigen „Bürgerdialog“ in der Stadtteilschule Helmuth Hübener veranstaltet, zu dem etwa 300 Bürger erschienen, die von der Baumaßnahme Haltestelle „Hartzloh Ost“ betroffen wären. Nicht anwesend waren hingegen die Vertreter des Senats, der Verkehrsbehörde und der Bezirksamtsleiter. Trotz der Ankündigung der HOCHBAHN, dass andere Standorte geprüft würden, wofür es bis dato keine Evidenz gibt, festigte sich der Eindruck bei den Betroffenen, dass die HOCHBAHN wegen des angeblichen Nutzungspotenzials , der Kürze der Strecke und der offenen, weil billigen Bauweise am „Hartzloh Ost“ festhält. Hierzu wurde auf die Vorgaben des Senats verwiesen . Seitens der BI wurde allerdings auf alternative Standorte hingewiesen, wo es wesentlich mehr Platz für die Baustelle gibt, sodass vor allem bei unterirdischer Bauweise die Anwohner gar nicht oder nur wenig beeinträchtigt werden , wo aber, anders als am „Hartzloh Ost“ nicht 100 Mietparteien zwangsumgesiedelt werden müssen und auch der Straßenverkehr weiter rollen kann. In der Rungestraße könnte die Haltestelle unter einer breiten Parkanlage errichtet werden, sodass nicht einmal die alten Bäume entfernt werden müssten . Diese Lokalisation bietet ein zusätzliches großes Nutzungspotenzial im Hinblick auf zukünftigen Wohnungsbau in östlicher Richtung. Die Fahrstrecke könnte dann neben der Kirche St. Gabriel verlaufen und würde dort nicht die Ruhe der Andacht stören. Noch großzügigere Platzverhältnisse bietet der Langenfort, den die HOCHBAHN längst aus der Planung genommen hat, obwohl hier neben dichten Wohngebieten drei Schulen in unmittelbarer Nachbarschaft liegen. Hier gäbe es die Möglichkeit, dass die Strecke nach Unterkreuzung der S-Bahn bis zur Sengelmannstraße oberirdisch errichtet werden könnte, was schneller geht und preiswerter ist. Die Anwohner um den Hartzloh werden mittlerweile seit September 2016 von der HOCHBAHN mit einer Hinhalte- und Beschwichtigungstaktik konfrontiert sowie mit den Hinweisen auf eine sorgfältige Planung, die mehr Zeit bedürfe. Die Anwohner sind mittlerweile stark verunsichert und fühlen sich vom Senat, Drucksache 21/7311 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 der SPD und den GRÜNEN im Stich gelassen. Das ausweichende Antwortverhalten des Senats auf unsere Anfrage vom 29.11.2016 (Drs. 21/6905) spricht diesbezüglich Bände. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Im Rahmen der Erarbeitung der Vorplanung für die U5 ist die Beteiligung der Betroffenen und der Öffentlichkeit eine zentrale Aufgabenstellung für die Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) als Vorhabenträgerin. Insbesondere werden Streckenführung und Haltestellenlage mit Varianten vorgestellt und diskutiert. Dadurch wird es möglich, sehr frühzeitig die Interessen der Bevölkerung und der Betroffenen in den Prozess einzubeziehen. Die Veranstaltung am 14. Dezember 2016 fand nicht außerplanmäßig statt, die rund 300 anwesenden Bürgerinnen und Bürger waren nicht ausschließlich Anwohnerinnen und Anwohner der Straße Hartzloh, sondern Interessierte aus dem gesamten Stadtteil . Auf der Veranstaltung der HOCHBAHN am 14. Dezember 2016 wurden den anwesenden Bürgerinnen und Bürgern Informationen und Sachstände präsentiert, welche sich fundamental insbesondere von den oben genannten Einschätzungen unterscheiden . Daher bleibt folgendes festzuhalten: Es waren sowohl Vertreterinnen und Vertreter der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) als auch des Bezirksamtes Hamburg-Nord anwesend. Die Präsentation der HOCHBAHN umfasste die detaillierte Darstellung einer Variantenprüfung von zwölf Haltestellenlagen und schloss mit dem Ergebnis, dass fünf dieser Varianten zur Vorbereitung einer ergebnisoffenen Prüfung vertieft geplant werden. Der Senat sieht hierin eine ausreichende Evidenz dafür, dass andere Standorte als nur Hartzloh Ost geprüft werden. Über die Auswirkungen der U5 während der Bau- und Betriebsphase wurden noch keinerlei Untersuchungen angestellt, da bisher keine Haltestellen- und Trassenlage festgelegt wurde. Somit sind insbesondere Aussagen zu den folgenden Punkten derzeit als rein spekulativ zu bewerten: - Tatsache und Umfang einer bauzeitlichen Unbewohnbarkeit einzelner Objekte - Betroffenheit der Kirche St. Gabriel - Baumfällungen bei einzelnen Haltestellenlagen - Möglichkeiten, Zeitbedarfe und Kosten verschiedener unter- und oberirdischer Trassenführungen Die von der HOCHBAHN bereitgestellten Informationen geben jederzeit und vollständig den aktuellen Planungsstand wieder. Ziel des Senats und der HOCHBAHN ist eine frühzeitige Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der HOCHBAHN wie folgt: 1. Hat die HOCHBAHN die Machbarkeit einer sich geradezu aufdrängenden oberirdischen Streckenführung der U5 entlang der Güterumgehungsbahn geprüft? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Nein. Eine oberirdische Trassenführung in diesem Abschnitt wäre mit zahlreichen Nachteilen zum Beispiel bei den Themen Lärmschutz, Grundstücksinanspruchnahme, fehlende Erschließungswirkung und Anordnung der Haltestellen verbunden und wurde daher bereits im Rahmen der Konzepterarbeitung verworfen. 2. Wie begründet es der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, dass die Betroffenen einer Haltestelle „Hartzloh Ost“ auf Jahre in ihrer Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7311 3 Lebensführung und zum Teil sogar in ihrer Existenz (zum Beispiel auch die dortigen Ärzte und Gewerbetreibende) bedroht werden sollen, ohne dass die von Anwohnern vorgeschlagenen zumutbaren Alternativen von der HOCHBAHN ernsthaft und ergebnisoffen geprüft werden? Siehe Vorbemerkung. 3. In Drs. 21/6905 führt der Senat in seiner Antwort auf Frage 10. an: „Die HOCHBAHN verfügt über ein funktionierendes umfassendes Qualitätsmanagementsystem , welches unter anderem bei der Baumaßnahme U4 HafenCity erfolgreich umgesetzt wurde.“ a) Wie ist dieses Qualitätsmanagementsystem organisatorisch genau aufgebaut? (Bitte Schema beifügen.) Neben den sich aus den rechtlichen Rahmen und technischen Richtlinien ergebenden Vorgaben wird die notwendige Planungsqualität wie folgt sichergestellt: Ein permanentes Vier-Augen-Prinzip mit mehrfacher Überprüfung der wesentlichen Planungsschritte . Dies erfolgt mit Hochbahn-eigenem Personal sowie durch externe Sachverständige und gutachterliche Begleitung. Darüber hinaus erfolgen für U-Bahn-Neubau- Vorhaben eine zyklische Projekt-Auditierung und eine Risiko-Chancen(RCM)-Betrachtung . b) Wie viel Personal mit welchen Qualifikationen und welchen Entgeltgruppen wird im Rahmen dieses QMS eingesetzt? (Bitte nach Stellenzahl und VZÄ aufschlüsseln.) Das Qualitätsmanagementsystem (QMS) wird als Querschnittsaufgabe von den im Projekt Beteiligten über sämtliche befassten Hierarchie-Ebenen wahrgenommen. Es ist integraler Bestandteil der Planungsaufgaben und Projektentwicklung, wobei eine QMS-zuordnende Stundenerfassung nicht stattfindet. Die angefragte Ausweisung nach Stellenzahl und VZÄ ist daher nicht möglich. 4. Welche Vorgaben des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörden gibt es für die HOCHBAHN bezüglich der Planung beziehungsweise des Baus der U5-Ost im Einzelnen? Es soll eine U-Bahn-Strecke geplant werden, die neben Bramfeld und Steilshoop auch Barmbek Nord anbindet und über Rübenkamp und Sengelmannstraße in die City Nord führt. Im Übrigen siehe Drs. 21/1736. 5. Welche von Bürgern oder sonst am formalen Planungsverfahren nicht Beteiligten vorgebrachten Ideen bezüglich des Baus der U5-Ost wurden bisher verbindlich von der HOCHBAHN in die Planungen übernommen? Um welche Ideen handelte es sich jeweils, wer war der Ideengeber oder wie werden die Ideengeber über die weitere Verfahrensweise informiert? Bisher verbindlich in den Planungsprozess aufgenommen wurden Anregungen der Bürgerinnen und Bürger aus Barmbek-Nord zur Prüfung weiterer Haltestellenvarianten seitens der HOCHBAHN (Arbeitstitel der HOCHBAHN: Rümkerstraße, Rungestraße, Langefort, Neue Wöhr, Hartzloh West und Fuhlsbüttler Straße). Die Ergebnisse wurden gemeinsam mit allen Bürgerinnen und Bürgern auf der oben genannten Veranstaltung am 14. Dezember 2016 diskutiert. Eine Anregung aus derselben Veranstaltung für eine alternative Haltestellenlage am Rübenkamp wird derzeit ebenfalls geprüft. Bei der Haltestellenlage in Steilshoop wurden die Varianten einer Haltestellenlage am Schreyerring und in der Gründgensstraße diskutiert. Insbesondere die Anregung aus dem Plenum, eine Haltestellenlage mit einer günstigen Umsteigebeziehung zum Bus zu ermöglichen, ist in die Planung eingeflossen. In den übrigen Veranstaltungen ging es insbesondere um bauzeitliche und betriebliche Fragen, die in der weiteren Planung berücksichtigt und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern be- und erarbeitet werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/7311 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 6. Warum hat a) kein Senatsvertreter, b) kein Vertreter der Verkehrsbehörde, c) der zuständige Bezirksamtsleiter nicht an dem Bürgerdialog vom 14. Dezember 2016 teilgenommen? Die HOCHBAHN ist hier – wie auch bei anderen ÖPNV-Projekten (wie zum Beispiel dem barrierefreien Haltestellenausbau) – für den Senat tätig und führt aus dieser Funktion heraus Planung und Bürgerinformation sowie später den Bau durch. Vertreterinnen und Vertreter des fachlich zuständigen Amts Verkehr und Straßenwesen der BWVI waren anwesend und haben der Veranstaltung teilgenommen. Zudem war der Baudezernent für den Bezirk Hamburg-Nord vor Ort. 7. Ist es üblich, dass an solchen Bürgerdialogen zu Verkehrs- und Stadtentwicklungsprojekten a) keine Senatsvertreter, b) keine Vertreter der zuständigen Behörden, c) die zuständigen Bezirksamtsleiter nicht teilnehmen? Wenn ja, warum und wie fördert das die Bürgernähe? Wenn nein, welche konkreten Vorgaben gibt es für Vertreter dieses Personenkreises an solchen Veranstaltungen? Der Senat und die zuständigen Behörden unterstützen einen frühzeitigen Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern zu Verkehrs- und Stadtentwicklungsprojekten und entsenden diesbezüglich regelmäßig Vertreterinnen und Vertreter zu etwaigen Veranstaltungen sowie zu den parlamentarischen Gremien auf Bezirksebene.