BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7378 21. Wahlperiode 10.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 02.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Silvester an Hamburgs Brennpunkten Mit einem Großaufgebot an Beamten hat Hamburgs Polizei in der Silvesternacht die Brennpunkte gesichert. Am Jungfernstieg, an den Landungsbrücken und auf dem Kiez (Hans-Albers-Platz und Große Freiheit) waren mehr als 500 Beamte vor Ort, um die Menschen vor Übergriffen zu schützen. Medienberichten zufolge sollen aber dennoch mindestens 14 Frauen Opfer von Sex-Übergriffen geworden sein, teilweise direkt vor den Augen der Beamten . So viel Dreistigkeit macht fassungslos. Auch wenn es erfreulich ist, dass dank des guten Einsatzes der hochengagierten Kräfte nicht noch mehr geschehen ist, ist jedes Opfer eines zu viel. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Für die Beantwortung der Fragen wurde ein Betrachtungszeitraum vom 31. Dezember 2016, 18 Uhr, bis 1. Januar 2017, 06 Uhr, zugrunde gelegt. Die Beantwortung der Fragestellungen erfolgt auf Grundlage der Datenerhebungen der einzelnen Polizeikommissariate (PK)/Wasserschutzpolizeikommissariate (WSPK). Die Einsatzkonzeption der Polizei orientierte sich an den Handlungsempfehlungen aus dem Abschlussbericht der aus Vertretern des Bundes und der Länder bestehenden Projektgruppe zur Aufarbeitung der bundesweiten Ereignisse des Jahreswechsels 2015/2016. Wesentliche Ergebnisse für die Bewältigung entsprechender Einsatzanlässe waren: - Erhöhung der Anzahl uniformierter Präsenzkräfte - Erhöhung der Anzahl Einsatzkräfte in Zivil und Ermittlungsbeamte - Verbesserung der Sichtbarkeit der uniformierten Präsenzkräfte - Einsatz von Videotechnik - Installation von Lichttechnik - Prävention und Verhaltensberatung - Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit Die Polizei Hamburg hat im Rahmen einer Besonderen Aufbauorganisation (BAO) den Schwerpunkt der Einsatzkonzeption auf folgende Örtlichkeiten gelegt: - Hamburg-St. Pauli, Reeperbahn/Große Freiheit - Hamburg-St. Pauli, Landungsbrücken - Hamburg-Neustadt, Jungfernstieg/Binnenalster Drucksache 21/7378 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In der BAO hat die Polizei in dem betreffenden Zeitraum 509 Polizeibeamte in Zivil und in Uniform lageangepasst eingesetzt. Alle uniformierten Einsatzkräfte trugen zur Verbesserung ihrer Sichtbarkeit im gesamten Einsatzraum gelbe reflektierende Warnwesten mit dem Aufdruck „Polizei“. Wesentliche Bestandteile des polizeilichen Sicherheitskonzeptes waren: - Einsatz einer mobilen Polizeiwache als Anlaufpunkt für Besucher und Anzeigende im Bereich Beatles-Platz - Regulierung der Personenströme an Örtlichkeiten mit hohem Besucheraufkommen durch Polizeibeamte und aufgestellte Hamburger Gitter - Bessere Ausleuchtung relevanter Bereiche am Alsteranleger durch zwei zusätzliche Lichtmasten und im Bereich Schmuckstraße mittels eines Beleuchtungsballons („Power-Moon“) - Einsatz von stationärer und mobiler Videotechnik (Bodycam) Die Wasserschutzpolizei (WSP) war sowohl auf der Alster als auch auf der Elbe im Einsatz präsent. Die Bundespolizei wurde in eigener Zuständigkeit an den in den oben genannten Bereichen liegenden S-/U-Bahnhöfen tätig. Im Vorwege hat die Polizei Informationsflyer zum Verhalten bei Großveranstaltungen und Ansammlungen von Menschen verteilt. Darüber hinaus wurde der Einsatz durch das Social-Media-Team der Hamburger Polizei begleitet. Zusätzlich wurde an allen PK/WSPK die maximale Anzahl von Funkstreifenwagen besetzt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Von wie vielen Besuchern in der Silvesternacht geht die zuständige Behörde a. am Jungfernstieg, Zum Jahreswechsel befanden sich rund um die Binnenalster in der Spitze circa 4.000 Personen, wovon sich schätzungsweise 3.000 Personen am Jungfernstieg aufhielten. b. an den Landungsbrücken, An den Landungsbrücken hielten sich zum Jahreswechsel in der Spitze circa 10.000 Personen auf. c. auf dem Kiez insgesamt und an der Großen Freiheit aus? In dem Gebiet des Polizeikommissariates (PK) 15 hielten sich in der Spitze circa 45.000 Personen auf. Eine konkrete Auswertung bestimmter Straßenzüge liegt nicht vor. Die Große Freiheit war stark frequentiert. 2. Wie viele Polizeibeamte waren jeweils an diesen Orten eingesetzt? Siehe Vorbemerkung. 3. Wie beurteilt die Polizei die Lage an diesen Orten in der Silvesternacht jeweils? Bitte pro Ort darstellen. Jungfernstieg/Binnenalster Im Bereich Jungfernstieg/Binnenalster hielten sich im Vergleich zum Vorjahr bei vergleichbaren Wetterverhältnissen insgesamt deutlich weniger Personen auf (2015: 12.000; 2016: 4.000). In diesem Jahr wurde abweichend zum Vorjahr kein organisiertes Höhenfeuerwerk gezündet. Dem äußeren Anschein nach handelte es sich überwiegend um Personen mit Migrationshintergrund . Es herrschte eine angespannte Grundstimmung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7378 3 Landungsbrücken Im Bereich Landungsbrücken waren im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls deutlich weniger Personen unterwegs (2015: 20.000; 2016: 10.000). Es herrschte eine mit den Vorjahren vergleichbare entspannte Stimmung. Analog zum Vorjahr setzten auch in diesem Jahr zeitnah nach dem Jahreswechsel starke Abwanderungen ein. Reviergebiet PK 15 Im Bereich des PK 15 hielten sich im Vergleich zum Vorjahr geringfügig weniger Personen auf (2015: 50.000; 2016: 45.000). Auffällig war die Konzentration der Besucher auf den Bereich nördlich der Reeperbahn sowie auf die nördliche Seite der Reeperbahn . So waren die Straßenzüge Talstraße und Hamburger Berg gut besucht, die Große Freiheit fast durchgehend stark frequentiert, während der Bereich Hans-Albers- Platz und umliegende Straßen im Vergleich nur mäßig besucht waren. Die Große Freiheit musste aufgrund des Andranges dreimal kurzzeitig gesperrt werden. Dem äußeren Anschein nach bestand bei einem großen Teil der Personen ein Migrationshintergrund . Durch die hohe Polizeipräsenz und die offensiv und niedrigschwellig durchgeführten Kontrollen konnte die Gesamtsituation weitestgehend unauffällig gehalten werden. Die Einrichtung einer mobilen Wache hat sich bewährt. Sie wurde von den Besuchern genutzt und hat die „Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit der Polizei“ erhöht. a. Welche polizeilichen Maßnahmen wurden durch jeweils ergriffen? Insbesondere aufgrund der Erfahrungen aus dem Vorjahr wurden durch ihr Verhalten Anlass gebende Personen proaktiv und niedrigschwellig kontrolliert und im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten Platzverweise, Aufenthaltsverbote sowie Fest- und Ingewahrsamnahmen ausgesprochen. b. Wie viele Festnahmen gab es an den Orten jeweils wegen welcher Tatvorwürfe? Was ist über die Beschuldigten bekannt? Bitte unter Angabe von Alter, Nationalität, Vorstrafen beziehungsweise polizeiliche Erkenntnissen und Aufenthaltsstatus darstellen. Insgesamt wurden elf Personen vorläufig festgenommen. In der Pressemitteilung 170101-4 „Silvesternacht in Hamburg“ der Polizei Hamburg wurden zwölf vorläufige Festnahmen genannt. Diese Zahl wurde vom Polizeikommissariat 15 an die Polizeipressestelle gemeldet und beinhaltete alle dort bis zum 01.01.2017 um 09.30 Uhr im Rahmen der BAO bekannt gewordenen Maßnahmen und Anzeigen. Die Ursache für die abweichende Zahl konnte nicht abschließend ermittelt werden. Eine 18-jährigere Person mit afghanischer Staatsangehörigkeit wurde wegen des Verdachts des unerlaubten Erwerbes/Besitzes/Führens von Schusswaffen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte im Bereich Jungfernstieg vorläufig festgenommen und zehn Personen wegen des Verdachts der Beleidigung auf sexueller Basis. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. a. c. Wie viele Personenüberprüfungen wurden jeweils durchgeführt? Die Auswertung der Maßnahmen der Polizei ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Zu der aktuell vorliegenden Anzahl der überprüften Personen siehe folgende Tabelle: Örtlichkeit Anzahl Jungfernstieg/Binnenalster 22 Landungsbrücken 27 Reviergebiet PK 15 362 d. Wie viele Platzverweise wurden jeweils erteilt? e. Wie viele Aufenthaltsverbote wurden jeweils erteilt? Siehe Drs. 21/7373. Drucksache 21/7378 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 4. Wie viele Sex-Übergriffe wurden jeweils angezeigt? Bitte pro Ort darstellen . Mit Stand vom 3. Januar 2017 sind nachfolgende Anzeigen, die im Sinne der Fragestellung zugeordnet werden konnten, bei den zuständigen Dienststellen des LKA eingegangen : Örtlichkeit Jungfernstieg/Binnenalster 2 x Beleidigung auf sexueller Basis Landungsbrücken 1 x Beleidigung auf sexueller Basis Reviergebiet PK 15 11 x Beleidigung auf sexueller Basis a. Wie stellen sich die Sachverhalte jeweils im Einzelnen dar, welche Maßnahmen wurden jeweils ergriffen und was ist über die Beschuldigten jeweils bekannt? Bei allen genannten Sachverhalten liegen Berührungen der Geschädigten durch unbekannte oder bekannte Tatverdächtige vor. In neun der aufgeführten Vorgänge konnten insgesamt zehn Tatverdächtige ermittelt und vorläufig festgenommen werden. Es wurden Strafverfahren eingeleitet und die jeweils zulässigen und erforderlichen strafprozessualen Maßnahmen getroffen. Um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden, werden keine weiteren Details zu den einzelnen Sachverhalten und den getroffenen Maßnahmen genannt. Im Übrigen siehe Drs. 21/7373. b. Wie beurteilt die Polizei die in dieser Silvesternacht getroffenen Maßnahmen im Hinblick auf die Prävention vor Sex-Übergriffen? Welche konkreten Veränderungen hat es im Vergleich zum Vorjahr gegeben? Ein im Vergleich zum Vorjahr erhöhter Kräfteansatz und offensives Vorgehen mit niedrigschwelligen Kontrollen führte dazu, dass strafbare Handlungen verhindert beziehungsweise potenzielle Täter abgeschreckt wurden. Es wurden insgesamt weniger Straftaten angezeigt beziehungsweise durch die Polizei festgestellt, gleichzeitig konnten mehr Tatverdächtige vor Ort ermittelt werden. Das Sicherheitskonzept war somit erfolgreich und kann unter Betrachtung aktueller Lageerkenntnisse für zukünftige Einsatzanlässe herangezogen werden.