BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7392 21. Wahlperiode 10.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 03.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Vergewaltigung einer 14-Jährigen – Was ist über den mutmaßlichen Täter bekannt? Medienberichten zufolge soll bereits am 22. Dezember 2016 eine 14-Jährige in einer Wohnunterkunft in Winterhude vergewaltigt worden sein; am 30. Dezember 2016 wurde ein 21-jähriger Ägypter als Tatverdächtiger festgenommen . Der mutmaßliche Täter hält sich nach Angaben der Ausländerbehörde seit 2011 in Deutschland auf und gilt seit Jahren als ausreisepflichtig. Aufgrund fehlender Dokumente habe man ihn bislang jedoch nicht abschieben können. Immer wieder erschüttern uns Meldungen über Straftaten, die von ausreisepflichtigen Tätern begangen werden. Es kann nicht sein, dass mehrfach delinquente abgelehnte Asylbewerber weiterhin bei uns geduldet werden. Die Behörden müssen alles tun, um diese Personen schnellstmöglich abzuschieben . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Voraussetzung für die Abschiebung ist stets die geklärte Identität der Betroffenen sowie das Vorhandensein entsprechender Papiere, die zur Rückkehr in das Zielland berechtigen. Grundsätzlich sind die Betroffenen gemäß § 82 Aufenthaltsgesetz (Aufenth G) verpflichtet, sich selbst um die Passbeschaffung zu bemühen und an behördlichen Maßnahmen mitzuwirken. Gleichzeitig setzt sich die zuständige Ausländerbehörde mit der jeweiligen Auslandsvertretung des (vermeintlich) zuständigen Staates in Verbindung und beantragt die Ausstellung von Passersatzpapieren. Grundlage für die Ausstellung dieser Passersatzpapiere ist jedoch auch hier die eindeutige Identifizierung und Anerkennung der Betroffenen als eigene Staatsangehörige durch die Heimatbehörden . Die Anforderungen und Möglichkeiten des Nachweises der Identität sowie der Staatsangehörigkeit können sich zwischen den einzelnen Staaten deutlich unterscheiden und liegen nicht im Verantwortungsbereich der zuständigen Ausländerbehörde . Hierzu gehört auch die Bearbeitungsdauer der Auslandsvertretung zwischen Antragstellung und Beantwortung des Antrages auf Passbeschaffung. Dies dauert häufig mehrere Monate. Ist unter der von der Person angegebenen Identität im angegebenen Herkunftsstaat keine Eintragung oder kein sonstiger Nachweis für diese Person vorhanden, scheitert die Ausstellung von Ersatzpapieren in der Regel. Teilweise geben die Auslandsvertretungen bei Ablehnung von Passersatzpapieren Hinweise auf aus ihrer Sicht mögliche andere Herkunftsländer der Betroffenen. Dies führt regelmäßig zu ergänzenden Passersatzpapieranträgen bei den dortigen Auslandsvertretungen . Soweit auch diese erfolglos bleiben, kann in diesen Fällen eine Abschiebung nicht erfolgen. Die Betroffenen müssen dann vorerst weiter geduldet und von der zuständigen Behörde weitere im Einzelfall jeweils mögliche Identifizierungsmaßnahmen betrieben werden, die aber ihre Grenzen sowohl in der Mitwirkungsbereitschaft Drucksache 21/7392 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 des Ausländers als auch der Anerkennungspraxis der jeweiligen Herkunftsländer bei der Unterstützung der Identifizierung finden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wann ist der 21-jährige Tatverdächtige nach Deutschland eingereist und wie gestaltete sich das aufenthaltsrechtliche Verfahren im Einzelnen? Bitte unter Angabe konkreter Daten darstellen. Der Betroffene reiste nach eigenen Angaben Anfang des Jahres 2011 als Minderjähriger nach Deutschland ein und meldete sich in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Hamburg. Am 22. Februar 2011 stellte er einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Für die Dauer des Asylverfahrens wurde ihm eine Aufenthaltsgestattung ausgestellt. Am 9. Mai 2011 wurde der Asylantrag vom BAMF als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Mit Eintritt der Bestandskraft am 20. Mai 2011 erlosch auch die Aufenthaltsgestattung. Da vom BAMF zudem keine Abschiebungsverbote festgestellt wurden, ist der Betroffene seitdem ausreisepflichtig. Aufgrund seiner Passlosigkeit wurde ihm am 11. Juli 2011 eine Duldung ausgestellt, die seitdem jeweils verlängert werden musste. Die letzte Duldung lief am 30. Dezember 2016 aus. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Konnte seine Identität zwischenzeitlich eindeutig festgestellt werden? Falls nein, welche Maßnahmen wurden jeweils wann von welcher Stelle zur Feststellung der Identität ergriffen und warum waren diese bislang erfolglos? 3. Gibt es mittlerweile gültige Heimreisedokumente? Falls nein, welche Maßnahmen wurden jeweils wann von welcher Stelle zur Beschaffung der Dokumente ergriffen und warum waren diese bislang erfolglos? Der Tatverdächtige hat seine Personalien mündlich angegeben und wurde erstmalig von der Ausländerbehörde am 22. Februar 2011 erkennungsdienstlich behandelt. Im Rahmen einer polizeilichen erkennungsdienstlichen Behandlung am 15. November 2013 wurde zur Identitätsfeststellung ein Telebildabgleich vorgenommen. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass der Tatverdächtige unter den angegebenen Personalien bekannt ist und keine abweichenden Daten zu seiner Person vorliegen. Der Tatverdächtige verfügt nach bisherigen Erkenntnissen neben der ausländerrechtlichen Duldung über keine amtlichen Ausweispapiere. Er wird mit den in der Duldung angegebenen Personalien geführt. Eine abschließende Feststellung seiner Identität in dem von ihm angegebenen Herkunftsland Ägypten konnte bisher nicht erlangt werden. Der Betroffene gibt an, ohne Pass nach Deutschland eingereist zu sein. Bereits bei der Ersterteilung der Duldung im Jahr 2011 wurde er von der zuständigen Ausländerbehörde zu seiner Identifizierung und Erfüllung seiner Passpflicht angehört und auf seine gesetzlichen Mitwirkungspflichten hingewiesen. Noch im selben Jahr legte er eine Bescheinigung des ägyptischen Generalkonsulats in Hamburg vor, dass er dort am 15. September 2011 vorgesprochen und die Ausstellung eines Reisepasses beantragt habe, jedoch auch hier keine Identitätsnachweise vorlegen konnte. In der Folgezeit stand die Ausländerbehörde mehrmals mit der ägyptischen Auslandsvertretung in Kontakt und stellte am 13.Juni 2013 auch einen Passersatzpapierantrag mit den Personalien und Fingerabdrücken des Betroffenen. Am 30. Dezember 2013 teilte das ägyptische Generalkonsulat mit, dass eine Identifizierung des Betroffenen anhand der vom Betroffenen stammenden Angaben nicht möglich war und somit auch keine Papiere ausgestellt werden können. Der Betroffene wurde daraufhin von der Ausländerbehörde erneut mehrfach zur Passbeschaffung aufgefordert und auf seine gesetzlichen Mitwirkungspflichten hingewiesen. Tatsächliche Bemühungen konnte er jedoch bis heute nicht nachweisen, sodass seit Juli 2015 eine Kürzung der Leistungen dem Asylbewerberleistungsgesetz erfolgt. Zuletzt wurde im August 2016 ein erneuter Antrag auf Ausstellung von Passersatzpapieren von der zuständigen Ausländerbehörde beim ägyptischen Generalkonsulat gestellt. Eine Antwort seitens der ägyptischen Behörden steht noch aus. Darüber hinaus hat die Ausländerbehörde im November 2016 eine Anhörung durch einen landes- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7392 3 kundigen Dolmetscher durchgeführt. Aufgrund der Ergebnisse geht die zuständige Behörde weiterhin davon aus, dass es sich bei dem Betroffenen um einen ägyptischen Staatsangehörigen handelt. Aktuell steht die Ausländerbehörde im engen Kontakt mit dem Generalkonsulat. Eine persönliche Anhörung im Generalkonsulat ist geplant. 4. Wann ist mit einer Abschiebung zu rechnen? Siehe Vorbemerkung. 5. Welche Leistungen, in Euro und in Sachleistungen, nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder anderen Rechtsgrundlagen hat der 21- Jährige seit erstmaliger Stellung seines Asylantrags erhalten? Bitte für Zeiträume mit Aufenthaltsgestattung, mit Duldung und ohne Duldung getrennt angeben. Inwiefern wurden gegebenenfalls Leistungen nicht gewährt, weil die Dauer des Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst wurde? Die genannte Person hat als Duldungsinhaber ab Oktober 2011 Grundleistungen nach dem jeweils gültigen AsylbLG erhalten. Seit Juli 2015 erhält der Duldungsinhaber gekürzte Leistungen nach § 1 a AsylbLG. Darüber hinaus wurden Leistungen für die öffentliche Unterbringung erbracht und für ein Jahr die Schulbedarfspauschale bewilligt . 6. Ist der 21-jährige Tatverdächtige seit seiner Einreise nach Deutschland strafrechtlich in Erscheinung getreten? Falls ja, wegen welcher Delikte und wurde er auch gegebenenfalls wann zu welchen Strafen verurteilt? Da für den Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft noch kein aktueller Bundeszentralregisterauszug vorliegt, erfolgt die Beantwortung auf der Grundlage der in dem Vorgangserfassungs- und -bearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft erfassten Verfahrensdaten. Die Mitteilung steht unter dem Vorbehalt der vollständigen und richtigen Erfassung in MESTA, das nicht als Statistikprogramm konzipiert ist und nur in Hamburg geführte Verfahren erfasst. Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, etwaige Ermittlungsverfahren mitzuteilen, die durch einen Freispruch oder eine Einstellung beendet worden sind. Dasselbe gilt für Ermittlungsverfahren, die zu einem Abschluss geführt haben, der entweder nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen ist. Danach wird mitgeteilt, dass gegen den Beschuldigten neben dem Verfahren wegen der gegenständlichen Tat noch ein Verfahren wegen Bedrohung geführt wird.