BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7459 21. Wahlperiode 17.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Gladiator und Franziska Grunwaldt (CDU) vom 09.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Sozialbetrug in Millionenhöhe in Braunschweig – Wie ist die Situation in Hamburg? Einem Bericht des „Stern“ zufolge (http://www.stern.de/politik/deutschland/ sozialbetrug--fluechtlinge-sollen-mehrfach-sozialgeld-kassiert-haben--- millionenschaden-7262552.html) sollen Asylbewerber in Braunschweig Sozialbetrug im großen Stil begangen haben. Der traurige „Spitzenreiter“ hatte demnach zwölf Identitäten, für die er Leistungen kassierte. Der geschätzte Gesamtschaden beläuft sich auf mehrere Millionen Euro. Die Braunschweiger Sonderkommission Zentrale Ermittlungen verfolge derzeit mehr als 300 Fälle von Sozialbetrug durch Asylbewerber. Die hauptsächlich aus dem Sudan stammenden Flüchtlinge sollen sich in der Landesaufnahmestelle Braunschweig mehrfach registriert haben, um in mehreren Gemeinden parallel Leistungen zu beziehen. Aufgrund der Angabe verschiedener Namen und Geburtsdaten sowie der Veränderung des Äußeren sei es für die Sachbearbeiter während des enormen Andrangs nicht möglich gewesen, den Schwindel zu durchschauen. Eigentlich sei es in Braunschweig üblich, dass direkt bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen deren Fingerabdrücke genommen würden, jedoch sei dies während der Höchstphase des Flüchtlingszuzugs tagesaktuell nicht möglich gewesen. Nach Auskunft des Leiters der Sonderkommission befänden sich die meisten der Asylbewerber, gegen die nun Ermittlungsverfahren wegen Sozialbetrugs eingeleitet wurden, noch in Deutschland. Nach Feststellung der Identität würden die Zahlungen jetzt eingestellt ; es werde jedoch schwierig, die delinquenten Asylbewerber vor Gericht zu stellen, da die Täter meist schon weitergezogen sind, wenn sie entdeckt werden. Der niedersächsische Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Ulf Küch, geht sogar davon aus, dass es in ganz Deutschland vielfachen Sozialbetrug durch Flüchtlinge gegeben habe. Die Täter hätten die Lücke im System erkannt und diese schamlos ausgenutzt, https://www.welt.de/politik/ deutschland/article160885523/Polizist-warnt-vor-vielfachem-Sozialbetrugdurch -Asylbewerber.html. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Erkenntnisse dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden über ähnlich gelagerte Fälle in Hamburg vorliegen. Dies vorausgeschickt, fragen wir den Senat: 1. Welche Informationen liegen den zuständigen Behörden über Art und Ausmaß von Sozialbetrug durch Asylbewerber in Hamburg vor? Drucksache 21/7459 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Siehe Drs. 21/7407. 2. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Sozialbetrugs wurden insgesamt seit dem 1. Januar 2015 eingeleitet und wie viele davon richten sich gegen Asylbewerber? Die statistische Erfassung eines Falles in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfolgt mit Abschluss aller polizeilichen Ermittlungen durch die für die Endbearbeitung zuständige Dienststelle der Polizei. Bis zum Jahr 2015 wurde der Sozialleistungsbetrug differenziert als Betrug zum Nachteil von Sozialversicherungen und Sozialversicherungsträgern (PKS-Schlüssel 517700) sowie als (sonstiger) Sozialleistungsbetrug (PKS-Schlüssel 517800) erfasst. Die Anzahl der im Jahr 2015 erfassten Fälle stellt sich wie folgt dar: Betrug zum Nachteil von Sozialversicherungen und Sozialversicherungsträgern: 41 Fälle, (sonstiger) Sozialleistungsbetrug: 156 Fälle. Seit dem Jahr 2016 erfolgt diese Unterscheidung nicht mehr, sämtliche Fälle des Sozialleistungsbetruges werden unter dem PKS-Schlüssel 517800 erfasst. Der Hamburger PKS-Datenbestand für das Jahr 2016 wird aktuell durch einen Abgleich mit dem Datenbestand des Bundeskriminalamtes (BKA) qualitätsgesichert. Erst nach Abschluss dieser Prüfungen und Freigabe durch das BKA gelten die PKS- Daten eines Berichtsjahres für Fall- und Tatverdächtigenzahlen als gültig. Die Jahreszahlen 2016 liegen daher noch nicht vor, es werden daher die kumulativen Dreivierteljahreszahlen (Januar bis September) dargestellt. Im 1. bis 3. Quartal 2016 wurden 202 Fälle erfasst. Im Übrigen siehe Drs. 21/7407. 3. In Braunschweig wurde eine Sonderkommission Zentrale Ermittlungen eingerichtet. Gibt es bei der Polizei Hamburg ebenfalls eine Spezialzuständigkeit für die Verfolgung von Straftaten aus dem Bereich Sozialbetrug ? Falls ja, seit wann und aus wie vielen Mitarbeitern (VZÄ) besteht sie? Falls nein, wie beurteilt die zuständige Behörde das Erfordernis nach einer Spezialzuständigkeit vor dem Hintergrund der Millionenschäden in Braunschweig? Nein. Im Übrigen siehe Drs. 21/7407. 4. Wie stellt sich das Verfahren der Identitätsfeststellung bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen in Hamburg aktuell dar und wann hat es seit dem 1. Januar 2015 jeweils welche Änderungen gegeben? Seit wann werden Fingerabdrücke genommen? Bis zum 31. Mai 2016 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Rahmen der Asylantragstellung die Fingerabdrücke genommen. Seit September 2015 erfolgte die erkennungsdienstliche Erfassung vorübergehend – unterstützt durch mobile Teams der Bundeswehr – direkt in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Seit dem 1. Juni 2016 werden bei der Registrierung der Asylsuchenden im Ankunftszentrum jeweils Fingerabdrücke genommen und zeitgleich mit dem Datenbestand abgeglichen. Im Übrigen siehe Drs. 21/7423. 5. Ist sichergestellt, dass Asylbewerber in Hamburg nicht unter mehreren Identitäten Leistungen beziehen können? Falls ja, wie und seit wann? Falls nein, weshalb nicht und welche Maßnahmen planen die zuständigen Behörden, um derartige Betrugsfälle zu unterbinden? Siehe Drs. 21/7423.