BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7475 21. Wahlperiode 17.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 09.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Gefahr von Windenergieanlagen (WEA) Aktuell sind WEA wieder mit Negativschlagzeilen in den Medien vertreten. Zusätzlich zum Problem, dass in Deutschland in letzter Zeit durchschnittlich jeden Monat eine WEA brannte, havarieren sie kürzlich gehäuft. Am 13.12.2016 stürzte eine 70 m hohe Windkraftanlage bei Grischow (Süderholz ) in Mecklenburg-Vorpommern ein. Bereits vor zwei Jahren ist eine Anlage desselben Typs „DE 48/600“ der Firma DeWind im brandenburgischen Elbe-Elster-Kreis umgeknickt. Gutachter wollen „auffällige Rostspuren“ festgestellt haben („Ostsee-Zeitung“). Am 29.12.2016 brach eine 95 Meter hohe WEA in Sitten bei Leisnig in Sachsen zusammen. Am 03.01.2017 knickte ein Flügel an einem Windrad zwischen Zichow und Passow (Uckermark) um. Ebenfalls am 03.01.2016 stürzte ein rund 100 Meter hohes Windrad in unmittelbarer Nähe von Hamburg – in Neu Wulmstorf – zu Boden. Möglicherweise könnten sich Bolzen gelöst haben. Der Bundesverband Windenergie (BWE) hält zwar die Windkraftanlagen in Deutschland weiterhin für sicher, da es sich um Einzelfälle handele. Der BWE räumte aber ein, dass es binnen vier Wochen vier betroffene Anlagen gebe, sei durchaus ungewöhnlich. Laut BWE werden immerhin sämtliche Windkraftanlagen nach den Richtlinien des Deutschen Instituts für Bautechnik regelmäßig überprüft. So werde alle zwei bis vier Jahre die Standsicherheit und die elektrischen Anlagen werden alle sechs Monate kontrolliert. Aufgrund der Errichtung gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung und der Gefahr für die Wasserschutzgebiete in Curslack/Altengamme und Harburg/Süderelbe (Francop) erscheint es angezeigt , in aller Offenheit, statt im Hinterzimmer, Fragen zu thematisieren. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften von HAMBURG WASSER (HW), wie folgt: 1. Wie ist der aktuelle Untersuchungsstand an der zusammengebrochenen WEA der Stadtreinigung auf Hamburger Gebiet? Die Anlage der Hamburger Stadtreinigung AöR befindet sich nicht auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg und fällt daher nicht in die Zuständigkeit der Behörde für Umwelt und Energie als Überwachungsbehörde. Ein Ermittlungsbericht liegt der zuständigen Behörde bisher nicht vor. 2. Welche zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen sind geplant, um derartige Havarien in Zukunft zu vermeiden? Zunächst ist die Ermittlung der Schadensursachen abzuwarten, um über mögliche Konsequenzen entscheiden zu können. Auf Hamburger Gebiet steht im Übrigen kein Anlagentyp der vier aufgeführten havarierten Windkraftanlagen. Drucksache 21/7475 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Ist der Hersteller für das Umfallen der WEA haftbar zu machen? Für einen Schaden haftet der Verursacher. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 4. Wird von den Eigentümern beziehungsweise Betreibern der WEA der Nachweis einer Versicherung der Bauwerke für Schadensfälle verlangt? Wenn ja, welche? Wenn nein, wieso nicht? 5. Wie wird die Höhe der Versicherungssumme gegebenenfalls am größten anzunehmenden Unfall (GAU) bemessen? 6. In welchem Umfang prüft die Freie und Hansestadt Hamburg die Versicherungsdeckung des Eigentümers beziehungsweise Betreibers, zum Beispiel durch Vorlagepflicht eines „Sicherungsscheins“ über den Versicherungsumfang ? Gegebenenfalls wer verwahrt und kontrolliert den Sicherungsschein und die angemessene Haftungssumme in Anpassung an tatsächliche Unfälle? 7. Gegebenenfalls wie wird bei Eigentümer- beziehungsweise Betreiberwechsel der WEA ein lückenloser Versicherungsschutz sichergestellt? 8. In welchem Umfang deckt gegebenenfalls die Haftpflicht- und/oder Sachversicherung für die WEA bei Havarien den Aufwand für „rückstandsloses “ Entfernen der WEA inklusive Schrott und Fundamente? Wie viel Zeit in Wochen wird für die Entfernung gewährt? Der Nachweis einer Versicherung gehört grundsätzlich nicht zu den Genehmigungsvoraussetzungen für Windenergieanlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz . Der zuständigen Behörde liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Der Rückbau wird im jeweiligen Einzelfall nach Bauordnungsrecht in einer zu beantragten Abbruchgenehmigung geregelt. 9. Welcher zusätzliche Versicherungsschutz ist bei den WEA in Wasserschutzgebieten notwendig? Welche Deckung fordern die Hamburger Wasserwerke (HWW) für Haftungsrisiken in ihren Schutzzonen? Dazu bitte die schriftliche Stellungnahme der HWW vorlegen. Seitens HW gibt es hierzu keine besonderen Anforderungen. 10. Angeblich haben WEA-Investoren für die Eignungsfläche Curslack getriebelose WEA, die ursprünglich von der BUE verlangt worden waren, abgelehnt, obwohl diese WEA weniger Öle und Schmierstoffe – also Risikostoffe für den Trinkwasserschutz – beinhalten. Warum wurde auf diese Risikominderung verzichtet? Die Genehmigungsbehörde hat dem Antragsteller keinen bestimmten Anlagentyp vorzuschreiben. Generell werden in der Genehmigung nach Bundes-Immissionsschutzgesetz Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen zum Schutz des Bodens und Grundwassers gestellt. In den Wasserschutzgebieten Curslack/Altengamme und Süderelbmarsch/Harburger Berge (Francop) ist der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen über eine Befreiung vom Verbot zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen nach Wasserhaushaltsgesetz genehmigt worden. Dem Trinkwasserschutz der genehmigten Windkraftanlagen(WKA)-Typen in Curslack, Altengamme und Francop wurde durch strenge Auflagen in den Inhalts- und Nebenbestimmungen der Befreiung Rechnung getragen. 11. Gegebenenfalls welcher (zusätzliche) Haftpflichtschutz wird von den Eigentümern der WEA verlangt, soweit auf der Eignungsfläche Neuengamme -Ost eine große Nähe der WEA zum Elberadweg (Neuengammer Marschbahndamm – gemäß ADFC Deutschlands beliebtester und meistbefahrener Fernradwanderweg) gegeben ist? Entfällt. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. bis 8. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7475 3 12. Welchen Versicherungsumfang verlangt die Hamburgische Investitionsund Förderbank AöR (IFB) (oder verlangen andere Kreditgeber) von den WEA-Eigentümern/Betreibern? Bitte die schriftliche Stellungnahme der IFB vorlegen. Es gibt bisher keine entsprechenden Förderprogramme der IFB. Inwieweit andere Kreditgeber entsprechende Sicherheiten verlangen, ist der zuständigen Behörde nicht bekannt. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst. 13. Welche möglichen konkurrierende Ansprüche gibt es hinsichtlich auszuschüttender Versicherungsleistungen im Schadensfall zwischen einerseits den Kreditgebern und der Freien und Hansestadt Hamburg andererseits ? Können mit dem auf die Freie und Hansestadt Hamburg anfallenden Anteil an der Versicherungsleistung alle Umweltschäden, insbesondere Schäden in Wasserschutzgebieten bis hin zu einem GAU, vollständig beseitigt werden? Wenn ja, wie ist das sichergestellt und gegebenenfalls durch einen Sicherungsschein belegt? Wenn nein, wieso nicht? 14. Ist vor Erteilung einer Betriebserlaubnis für die WEA, insbesondere in Wasserschutzzonen, von der Absicherung des Risikos eines GAUs abhängig? Wenn ja, bitte ausführen. Wenn nein, wieso nicht? Siehe Antwort zu 11. 15. Wie soll in Hamburg trotz der Nähe der Anlagen zu Wasserschutzgebieten deren Beeinträchtigung durch einen offenbar möglichen Kollaps der Anlagen verhindert werden? Im Genehmigungsverfahren zur Errichtung und Betrieb von WKA werden die Anforderungen zum Schutz des Grundwassers im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen geprüft. Gegebenenfalls erfolgt die Prüfung über eine Befreiung nach Wasserrecht. Im Übrigen siehe Antwort zu 10.