BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7502 21. Wahlperiode 17.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 11.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Politische Indoktrination an Hamburger Schulen (IX) – Anti-AfD-Schulung in der Behörde für Schule und Berufsbildung Am 04.10.2016 fand in der Zeit von 18.30-20.30 Uhr im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung („LI“) im Weidenstieg 29 (Raum: Aula) eine für Lehrkräfte anerkannte Fortbildungsveranstaltung unter folgendem Titel statt: „Gefährliche Bürger – Wie die neue Rechte in die gesellschaftliche Mitte vorstößt – und was die Gesellschaft dagegen tun kann.“1 Unterstützt wurde die Veranstaltung von der Hamburgischen Regenbogenstiftung und der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe). In der Videoaufzeichnung zur Veranstaltung wird der LI-Mitarbeiter xxxxxxx xxxxx gefragt, ob man die AfD in Schulen einladen dürfe. xxxxx antwortet: „Wir haben es ja gerade gehört, welches Denken dahintersteht. Ich habe es kategorisch abgelehnt in den 90er Jahren die Republikaner in die Schule einzuladen, weil klar ist, das sind Leute (unverständlich), Schillhuber, das waren Rechtsradikale, die sind von Rechtsradikalen gewählt worden, nicht nur, aber eben auch, und die haben im Diskurs nichts verloren. Also, wir müssen doch `mal klarmachen, was sind das für Leute, die wollen unsere Demokratie abschaffen. Ja, also wer sich das gestern nochmal aufmerksam angeschaut hat. Worum geht es denn, bei dem Begriff, weil sie es vorhin auch nochmal gesagt haben. Der Begriff „Volksverräter“. Was steckt denn da dahinter. Das wurde ja heute dankenswerterweise nochmal im Spiegel aufgedröselt . Der Begriff (unverständlich) Und mit den Volksverrätern das war ein Straftatbestand der NS-Zeit, die sind bis in die letzten Kriegstage auf den Bäumen aufgehängt worden. Das heißt, die knüpfen ganz klar an eine Geisteshaltung an, dahinter steht die Ideologie der Ungleichheit. Sie sind der festen Überzeugung, dass es eine Ungleichheit von Menschen gibt. Und mit solchen Leuten, auch in der AfD (unverständlich), auch wenn sie sich tarnen, sie sind der festen Überzeugung, dass es eine Ungleichheit von Menschen gibt, solche Leute haben im Diskurs nichts verloren.“ (xxxxxxxxxxxx, Videomitschnitt : -37:23 bis -35:36.)2 Im weiteren Verlauf des Gesprächs erklärt der externe Referent und FDP- Politiker Christoph Giesa ebenfalls, dass man AfD-Vertreter nicht in Schulen 1 Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung: Veranstaltungs-Nummer: 1614D3101, siehe auch unter: https://tis.li-hamburg.de/web/guest/catalog/detail?tspi=37715_ (abgerufen am: 05.10.2016). Veranstaltungsflyer unter: http://li.hamburg.de/contentblob/6951332/ a82fcb7f79cc3c47d6ab974084f47dac/data/download-pdf-veranstaltungsreihe-streitbaredemokratie .pdf (abgerufen am: 11.10.2016). 2 https://www.facebook.com/cgoffiziell/videos/597429203762244/ (abgerufen am: 26.11.2016). Drucksache 21/7502 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 einladen solle und fügt hinzu, dass sich das gesamte Lehrerkollegium und der Elternbeirat dagegen wehren sollten (Videomitschnitt: -34:31 bis -31:53).3 Diese Ausführungen werden vom LI-Mitarbeiter xxxxxxxxxxxx von klar erkennbarem zustimmendem Nicken begleitet. Der im Auditorium anwesende LI-Mitarbeiter und Mitveranstalter xxxxxxxxxxxxxxxx interveniert nicht gegen diese Aussagen. In der Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der Behörde für Schule und Berufsbildung wird das Verbot politischer Werbung in den Diensträumen der BSB geregelt. Ausgenommen davon sind Veranstaltungen mit Vertretern politischer Parteien. Darauf bezogen heißt es unter Punkt 2.2: „Einladungen von Schulen an Vertreter von politischen Parteien im Rahmen des politischen Unterrichts und Einladungen von Organen des Schulverfassungsgesetzes im Rahmen ihres Auftrages an Vertreter politischer Parteien, sofern sichergestellt ist, dass alle in der Bürgerschaft vertretenen Parteien gleichmäßig berücksichtigt werden, (…).“4 Auf die Kritik eines teilnehmenden Lehrers zum einseitigen und indoktrinären Charakter der Veranstaltung und dem Verweis auf das verpflichtende Prinzip des Beutelsbacher Konsenses ergänzt der LI-Mitarbeiter xxxxxxxxxxxx seine zuvor getroffenen Ausführungen: „Was ich häufig erlebe, dass Kollegen zu mir sagen, naja, Beutelsbacher Konsens, wir müssen kontrovers darstellen, was in der Gesellschaft kontrovers ist, das heißt, muss ich dann auch jenen zu Wort kommen lassen, der sagt, der eine Meinung vertritt, die auf einer Ausgrenzungsideologie basiert, das ist ein falsch verstandenes Verständnis von diesem Beutelsbacher Konsens . Das ist damit nie gemeint gewesen.“ (xxxxxxxxxxxx, Videomitschnitt: -03:55 bis -03:28.)5 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Beutelsbacher Konsens wurde in der Veranstaltung am 4. Oktober 2016 eingehalten , wie bereits in den Drs. 21/6316, 21/6512, 21/6832 und 21/7312 dargelegt. Der Referent hat in seiner Funktion als Buchautor an der Veranstaltung am 4. Oktober 2016 teilgenommen und nicht als Vertreter einer politischen Partei. Daher mussten auch nicht alle in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenen Parteien gemäß Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der Behörde für Schule und Berufsbildung eingeladen werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Maßnahmen ergreift der Dienstherr, wenn er davon Kenntnis erhält, dass ein Hamburger Landesbeamter als Mitarbeiter des Landesinstitutes für Lehrerbildung und Schulentwicklung im Rahmen einer als Lehrerfortbildung anerkannten Veranstaltung Aussagen tätigt, die eine in demokratischen Wahlen rechtmäßig in die Hamburgische Bürgerschaft gewählte Partei, zum Beispiel die SPD, pauschal diffamieren und institutionell ausgrenzen (zum Beispiel: „wollen unsere Demokratie abschaffen “; „haben im Diskurs nichts verloren“; „sollen nicht an Schulen eingeladen werden“)? 3 https://www.facebook.com/cgoffiziell/videos/597429203762244/ (abgerufen am: 26.11.2016). 4 http://www.schulrechthamburg.de/jportal/portal/bs/18/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc. id=VVHA-VVHA000000114&documentnumber=1&numberofresults=1&showdoccase=1&doc. part=F¶mfromHL=true (abgerufen am: 29.12.2016). 5 https://www.facebook.com/cgoffiziell/videos/597429203762244/ (abgerufen am: 26.11.2016). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7502 3 Bitte umfassend erläutern, wann nach Kenntnisnahme welche disziplinarischen Schritte eingeleitet werden, und die zutreffenden Rechts- und Ordnungsverstöße benennen. 2. Wer beziehungsweise welche übergeordnete Stelle leitet im Fall von Frage 1. die disziplinarischen Schritte ein? Bitte die konkrete Dienststelle und die zuständigen Vorgesetzten benennen. Maßnahmen des Dienstherrn im Sinne der Fragestellung müssen sich immer auf eine konkrete Maßnahme beziehen. Darüber hinaus beantwortet der Senat hypothetische Fragen grundsätzlich nicht. 3. Sind im Fall der oben beschriebenen Veranstaltung und der Informationen aus den Drs. 21/6316, 21/6512, 21/6832 und 21/7312 disziplinarische Schritte gegen Mitarbeiter des LI eingeleitet worden? Wenn ja, bitte den aktuellen Stand der Verfahren erläutern. Wenn nein, warum nicht? Sowohl das Führen eines Disziplinarverfahrens selbst als auch die Ergebnisse unterliegen der Geheimhaltung des allgemeinen Personaldatenschutzrechts, da sie Teil der Personalakte des Betroffenen sind. 4. Teilt die BSB die Aussage xxxxxxxxxxxxx, dass es mit dem Beutelsbacher Konsens vereinbar ist, Meinungen, die auf einer (vermeintlichen) Ausgrenzungsideologie basieren, in der unterrichtlichen Darstellung politischer Kontroversen überhaupt nicht zu Wort kommen zu lassen? a) Wenn ja, bitte die rechtliche und fachdidaktisch-wissenschaftliche Grundlage dieser Positionierung umfassend erläutern. b) Wer sollte im Politikunterricht an den allgemeinen Hamburger Schulen festlegen, welche Meinungen nach welchen Kriterien auf einer Ausgrenzungsideologie basieren? Der politische Bildungsauftrag der Schule orientiert sich daran, eine Vielzahl von Positionen , auch kontroverse, im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu Wort kommen zu lassen. Der Beutelsbacher Konsens erfordert dabei aber nicht, dass verfassungsfeindliche Äußerungen in der Schule getätigt werden dürfen. Kriterien für die Einstufung einer Position als Ausgrenzungsideologie sind die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, die universalen Menschenrechte, so zum Beispiel ein Verneinen des Gleichheitsgrundsatzes, und andere, das Hamburgische Schulgesetz und die Bildungspläne. 5. Wurden oder werden die LI-Mitarbeiter xxxxxxxxxxxx und xxxxxxxx xxxxxxxx im Bereich der zweiten Phase der Hamburger Lehrerausbildung oder in der Berufseinstiegsphase für Hamburger Lehrkräfte (BEP) eingesetzt? Bitte die Module und Veranstaltungen mit Beteiligung von xxxxxxxxxxxx oder xxxxxxxxxxxxxxxx für die letzten drei Jahre auflisten. 6. In welchem Umfang arbeiten die beiden LI-Mitarbeiter xxxxxxxxxxxx und xxxxxxxxxxxxxxxx neben ihrer Tätigkeit als Lehrerfortbilder am LI an allgemeinen Hamburger Schulen? Bitte die Schulen, den Arbeitsumfang, die unterrichteten Jahrgangsstufen und die Unterrichtsfächer detailliert angeben. Einer der Mitarbeiter des LI wurde in den letzten drei Jahren im Rahmen des Vorbereitungsdienstes in zwei Seminaren eingesetzt (Projektdidaktik (vier Stunden), Modul Lernen durch Engagement (zwölf Stunden)). Ein anderer Mitarbeiter des LI ist an der Ida-Ehre-Schule im Umfang von 0,65 in der Sekundarstufe I in den Fachbereichen Gesellschaft, Deutsch und Gewaltprävention tätig. Der letztgenannte Mitarbeiter des LI ist im Umfang von 0,35 an der Stadtteilschule am Hafen in der Sekundarstufe I in den Fachbereichen Philosophie, Sport und Berufsorientierung tätig.