BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7520 21. Wahlperiode 20.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 12.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Wie bereitet Rot-Grün Hamburgs Schüler auf das Bundes-Zentralabitur vor? Das Abitur 2017 ist der erste Schritt in Richtung eines bundesweiten Zentralabiturs : Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat einen gemeinsamen Aufgabenpool für vier Fächer (Deutsch, Englisch, Französisch, Mathematik) erarbeitet , aus dem sich die Länder bedienen können. Sie müssen es aber nicht. Damit steht zu befürchten, dass viele Länder sich nur in geringfügigem Maße beteiligen – sich etwa nur eine leichte Aufgabe herausgreifen – und ein echtes bundesweites Zentralabitur in weiter Ferne bleibt. Schulsenator Rabe hat bereits in seiner Amtszeit als Präsident der KMK 2012 den Anstoß für den 2017 kommenden Aufgabenpool gegeben und dies als einen Beitrag für „bundesweit gleiche Anforderungen in den Abiturprüfungen “ bezeichnet (Pressemitteilung der KMK vom 9. März 2012). In der Bürgerschaft am 16. September 2015 sagte Rabe weiter, er „werbe überall für gemeinsame Abiturprüfungen“ und wolle ebenfalls eine Weiterentwicklung hin zu einem echten bundesweiten Zentralabitur. Trotzdem hat Rot-Grün im Herbst 2015 einen Antrag der FDP-Fraktion abgelehnt, dass Hamburg bereits jetzt per Selbstverpflichtung für alle Prüfungen in allen vier Fächern nur noch Aufgaben aus dem gemeinsamen Pool nimmt (Drs. 21/1780). Nun steht zu befürchten, dass sich Hamburg 2017 eben nicht umfänglich an den bundesweiten Abiturprüfungen beteiligt, sondern nur eine leichte Aufgabe in einem Fach herausgreift und ansonsten das Abitur auf gewohntem mageren Niveau schreiben lässt. Zentrale Abschlussprüfungen sind elementar für die Sicherung der Qualität des Unterrichts und die bundesweite Vergleichbarkeit der Abschlüsse. Deshalb muss alles dafür getan werden, um die KMK-Regeln zu verstetigen. Allerdings ist völlig offen, wann und ob überhaupt für alle weiteren Abiturfächer gemeinsame Aufgabenpools von der KMK erarbeitet werden. In einer Anfrage der FDP-Fraktion von Sommer 2015 teilte der Senat lediglich mit, „ab 2016“ werde die KMK gemeinsame Bildungsstandards für die naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Chemie, Physik erarbeiten (Drs. 21/904, Antwort auf Frage 5.c.). Bleiben die Bemühungen für eine Weiterentwicklung in Richtung eines echten bundesweiten Zentralabiturs aus, wird das Projekt zum Etikettenschwindel. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Hamburg hat den Prozess der Vereinheitlichung der schriftlichen Abiturprüfungen seit 2011 bundesweit vorangetrieben. Im Rahmen der Hamburger Präsidentschaft der KMK wurden die grundlegenden Beschlüsse für die Erstellung eines Aufgabenpools Drucksache 21/7520 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 getroffen. Hamburg wird sowohl auf grundlegendem als auch auf erhöhtem Anforderungsniveau in allen Fächern mit Bildungsstandards Aufgaben dem Pool entnehmen. Von daher sind die Befürchtungen der Fragestellerin unbegründet. Im Übrigen siehe Drs. 21/7504 und 21/7509. Der am Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) im Auftrag der Kultusministerkonferenz (KMK) erstellte bundesweite Aufgabenpool enthält ausschließlich wissenschaftlich überprüfte Abituraufgaben, die den Bildungsstandards für die allgemeine Hochschulreife entsprechen. Die Aufgaben wurden von Aufgabenentwicklungsgruppen mit Mitgliedern aus allen Ländern in einem langen Prozess geprüft und gegebenenfalls modifiziert, sodass sichergestellt ist, dass gleich schwere Prüfungsaufgaben in den zentralen Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch zum Einsatz kommen. Die Erwartungshorizonte und die Bewertungsschlüssel kommen in Hamburg ohne inhaltliche Abstriche zum Einsatz. Die KMK hat bereits in ihrer Sitzung vom 17. Oktober 2007 beschlossen, Bildungsstandards für die allgemeine Hochschulreife auch für die naturwissenschaftlichen Fächer zu erarbeiten. Darüber hinausgehende Beschlüsse, die vorsehen, Bildungsstandards für weitere Fächer zu entwickeln, sind bislang nicht gefasst worden. Die Amtschefskommission „Qualitätssicherung in Schulen“ der KMK hat sich am 7. September 2016 auf Eckpunkte für den Arbeitsrahmen der Steuerungsgruppe „Entwicklung der Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife in den Naturwissenschaften “ verständigt. Außerdem hat die Amtschefskommission hierzu eine vorläufige Zeit- und Arbeitsplanung zum Prozess beschlossen. Fachkoordinatoren des IQB (deren Stellen zurzeit ausgeschrieben sind) werden im Auftrag der Länder in den Fächern Biologie, Chemie und Physik den Prozess die Entwicklung von Bildungsstandards für die allgemeine Hochschulreife sowie die Erarbeitung der zugehörigen Lern- und Prüfungsaufgaben koordinieren. Es ist vorgesehen, dass die Aufgabenentwicklungsgruppen, die aus Vertreterinnen und Vertretern der 16 Länder bestehen, zu Beginn des zweiten Schulhalbjahres 2017/2018 ihre Arbeit aufnehmen . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Laut Senatsantwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion (Drs. 21/904) war der Aufgabenpool 2015 noch im Aufbau befindlich, die Fertigstellung war für April 2016 geplant. Ist der Pool für die Fächer Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik wie geplant fertiggestellt worden? Ja. 2. Wie viele Aufgaben sind in dem Pool für jeweils welches Fach auf welchem Anforderungsniveau enthalten? Die Länder haben vereinbart, über Anzahl und Art der Aufgaben in den vier zentralen Fächern im laufenden Prüfungsverfahren keine Auskunft zu erteilen. Diese Maßnahme ist Teil eines umfassenden Sicherheitskonzepts, das gewährleistet, dass die Geheimhaltung der Prüfungsaufgaben bis zum Prüfungstermin garantiert ist. 3. An welchem Termin können die Länder Einblick in den Pool nehmen und Abituraufgaben für die Prüfungen auswählen? Wird es hierfür ein begrenztes Zeitfenster geben? Die Länder haben bis zum 31. Januar 2017 Gelegenheit, Abituraufgaben aus dem Pool auszuwählen. Seit dem Frühjahr 2016 stehen den Ländern die erstellten Aufgaben zur Einsicht zur Verfügung. 4. Werden alle Aufgaben im Pool gelöscht nach dem Abitur 2017, um eine Wiederverwendung in jedem Fall auszuschließen? Wenn nein: warum nicht? Nicht entnommene Aufgaben werden im Pool für das kommende Jahr verbleiben. Im Übrigen sind die Überlegungen dazu noch nicht abgeschlossen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7520 3 5. Wie viele Aufgaben werden nach welchem Verfahren (Zeitschiene) künftig neu in den Pool aufgenommen? Das IQB beauftragt einzelne Länder jährlich mit der Erstellung einer unterschiedlichen Anzahl von Aufgaben zu den in den Bildungsstandards vorgesehenen Aufgabenformaten . Die Länder haben vereinbart, zu den zukünftigen Prüfungsverfahren keine Auskunft zu erteilen. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 6. Welche Stelle in Hamburg wird über die Entnahme von Aufgaben aus dem Pool entscheiden? Erhalten die einzelnen Schulen Mitsprache oder Kenntnis? 7. Wie viele Aufgaben werden von Hamburg ausgewählt und nach welchen Kriterien? 8. In welchem Verhältnis wird Hamburg Aufgaben aus dem Pool und eigene Aufgaben für die einzelnen Fächer zusammenstellen? Die für Bildung zuständige Behörde entscheidet über die Entnahme von Aufgaben aus dem Pool. Die Schulen sind an diesem Verfahren nicht beteiligt. Die Länder haben sich verpflichtet, hinsichtlich der Auswahl sowohl über die Zahl als auch über die Art der Aufgaben Stillschweigen zu wahren. Im Übrigen siehe Drs. 21/904. 9. Wird für jedes der vier Fächer auf beiden Anforderungsniveaus mindestens eine Aufgabe aus dem Pool verwendet werden? Wenn nein: warum nicht? Ja. 10. Aus wie vielen Aufgaben können die Schüler in den vier Fächern in der Prüfung jeweils wählen? Die Anzahl der Prüfungsaufgaben in den vier Fächern ist unterschiedlich. Siehe dazu die Regelungen für die zentralen schriftlichen Prüfungsaufgaben 2017 (http://www.hamburg.de/contentblob/4428498/data/abitur-a-heft-2017.pdf). 11. Nehmen Schulen in freier Trägerschaft in derselben Weise an den Abiturprüfungen teil wie die staatlichen Schulen? Wenn nein: warum nicht? Ja, staatlich anerkannte Ersatzschulen haben gemäß § 9 Absatz 2 des Hamburgischen Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft (HmbSfTG) das Recht, nach den Vorschriften Prüfungen abzuhalten, die für die entsprechende staatliche Schule gelten . An Schulen in freier Trägerschaft, die nicht als Ersatzschule staatlich anerkannt sind, können keine allgemeinbildenden Schulabschlüsse erworben werden. Die Schülerinnen und Schüler dieser Schulen erwerben Schulabschlüsse nach den Vorschriften der Externenprüfungsverordnung (ExPO). 12. Wird es Unterschiede im Verfahren geben für die unterschiedlichen Schulformen (Gymnasien, Stadtteilschulen, berufsbildende Schulen et cetera)? Wenn ja: bitte erläutern. Nein. Im Übrigen siehe Antwort zu 10. 13. Welche Bundesländer werden sich an dem neuen Verfahren ab 2017 beteiligen und welche nicht? Gibt es Bundesländer, die sich nur in einem Teil der vier Fächer beteiligen? Bei Fragen zu den Gegebenheiten in den übrigen Ländern handelt es sich um Angelegenheiten , die außerhalb der Zuständigkeit des Senats und damit des parlamentarischen Fragerechts nach Artikel 25 Hamburgische Verfassung (HV) liegen (Hamburgisches Verfassungsgericht, Urteil vom 6. November 2013 – HverfG 6/12 – juris Rn. 68). Drucksache 21/7520 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 14. Hat die KMK, wie vom Senat angekündigt, damit begonnen, gemeinsame Bildungsstandards für die naturwissenschaftlichen Fächer (Biologie, Chemie, Physik) zu erarbeiten? a. Wenn ja: Wie weit sind die Arbeiten vorangekommen? Wann ist mit einem Abschluss zu rechnen? Welche inhaltlichen Ziele verfolgen der Senat und die KMK dabei? b. Wenn nein: Warum nicht und worauf basierte dann die Ankündigung des Senats aus dem Jahr 2015? Ja, siehe Vorbemerkung. 15. Wie sehen die Planungen für gemeinsame Bildungsstandards in den übrigen Fächern aus? Grundlage für die Abiturprüfungen in Fächern, für die keine Bildungsstandards erarbeitet wurden, ist die von der KMK beschlossene „Vereinbarung über Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.06.1979 in der Fassung vom 24.10.2008). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 16. Ist die Abiturrichtlinie, wie vom Senat angekündigt (Drs. 21/904), im Schuljahr 2015/2016 angepasst worden? Wenn nein: Warum nicht und wann soll dies geschehen? Ja, siehe http://www.hamburg.de/bsb/abiturrichtlinie-2015/. 17. Hat es Überarbeitungen in den Hamburger Bildungsplänen gegeben oder wird es sie geben im Hinblick auf das neue Prüfungsverfahren 2017? Wenn ja: welche? Die Rahmenpläne Deutsch, Mathematik und Neuere Fremdsprachen wurden am 1. August 2015 durch Anlagen ergänzt: Die Anlage zum Rahmenplan Deutsch zur Umsetzung der Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife kann im Internet eingesehen werden (siehe: http://www.hamburg.de/contentblob/4550394/8ee9b72b710f1473750377ffddfcd1ff/ data/deutsch-gyo-anlage.pdf), ebenso die Anlage zum Rahmenplan Mathematik (siehe : http://www.hamburg.de/contentblob/4550404/ 3ba033a45dcc5c51928187d1d8800127/data/mathematik-gyo-anlage.pdf) sowie die Anlage zum Rahmenplan Neuere Fremdsprachen (siehe: http://www.hamburg.de/ contentblob/4550412/e1a4b0ff5c49183711ceac4e9d7c4e86/data/neuerefremdsprachen -gyo-anlage.pdf). 18. Welche Bemühungen verfolgt die KMK, um die Anforderungen für die mündliche Abiturprüfung zu harmonisieren? Die Anforderungen für die mündlichen Abiturprüfungen sind in den Bildungsstandards für die allgemeine Hochschulreife festgelegt worden. 19. Will der Senat weiterhin daran festhalten, keine externe Zweitkorrektur bei den schriftlichen Abiturprüfungen durchzuführen? An der Stichprobe mit externer Zweitkorrektur in ausgewählten Fächern wird auch künftig festgehalten: Bei insgesamt 10 Prozent der Abiturarbeiten in den zehn am häufigsten gewählten schriftlichen Prüfungsfächern wird eine externe Zweitdurchsicht durchgeführt. Dabei werden die Schulformen entsprechend berücksichtigt. Auf Vorschlag des Instituts für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ) legt die zuständige Behörde in jedem Jahr die Stichprobe fest. 20. Das neue Abiturprüfungsverfahren ab 2017 ist lediglich ein kleiner Schritt hin in Richtung Angleichung und Vergleichbarkeit der schriftlichen Abiturprüfungen zwischen den Bundesländern. Eine Angleichung des Unterrichts in der Studienstufe, deren Leistungen in erheblich größerem Maße in die Abiturnote einfließen als die Prüfungsergebnisse, ist damit noch Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7520 5 nicht gegeben. Welche Maßnahmen verfolgen der Senat und die KMK, um hier eine bessere Vergleichbarkeit zu schaffen? Die für Bildung zuständige Behörde sieht die bereits vorhandenen Regelungen und Vorgaben als ersten, aber bedeutsamen Schritt zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit der schriftlichen Abiturprüfungen in den einzelnen Schulen an. Grundlegend sind die Bildungsstandards in den Fächern Deutsch, Mathematik, Französisch und Englisch , die Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung der KMK, die Hamburger Rahmenpläne für die gymnasiale Oberstufe sowie die Regelungen für die zentralen schriftlichen Prüfungsaufgaben. Die Bildungsstandards sowie die Aufgaben der im Juni 2015 vom IQB veröffentlichten Aufgabensammlung entfalten zudem eine normative, qualitätssteigernde Wirkung auf die Klausuren und den Unterricht der Studienstufe (Qualifikationsphase). Darüber hinaus werden von der zuständigen Behörde in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch, Französisch und in den Gesellschaftswissenschaften verpflichtende Fachleiterkonferenzen durchgeführt, um den Vertretern aus den einzelnen Schulen die Anforderungen für den Unterricht zu erläutern, die sich aus den Vereinbarungen ergeben. Hiermit wird die qualitative Weiterentwicklung des Unterrichts sichergestellt . Der Präses der für Bildung zuständigen Behörde setzt sich darüber hinaus im Rahmen der KMK für weitere Schritte zur Angleichung der Abiturbedingungen ein. 21. Wird es Änderungen geben im Abitur-Prüfungsverfahren in den anderen Fächern in Hamburg? Wenn ja: bitte darstellen. Die schriftlichen Abiturprüfungen der weiteren neueren Fremdsprachen werden ab dem Prüfungsdurchgang 2017 wie in Englisch und Französisch neben Schreiben auch die Prüfungsteile Hörverstehen und Sprachmittlung beinhalten. 22. Was meint der Senat mit der Formulierung, er bekenne sich „zu zentralen Abschlussprüfungen auf Bundesniveau“ (Drs. 21/904 und Koalitionsvertrag Seite 86)? Wie definiert der Senat das „Bundesniveau“? Ist mit „Bundesniveau“ „Bundesebene“ gemeint? Würde „Bundesebene“ nicht eine zentrale Steuerung durch den Bund bedeuten? Warum verwendet der Senat nicht die Formulierung „bundesweit“? Ein bundesweit einheitliches Niveau in den Anforderungen für die allgemeine Hochschulreife ist Zielsetzung des Senates.