BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7524 21. Wahlperiode 20.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Suding, Jennyfer Dutschke und Daniel Oetzel (FDP) vom 12.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Abschiebestopp für vollziehbar Ausreisepflichtige nach Afghanistan Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) warnt, dass die Sicherheitslage sich seit April 2016 „insgesamt nochmals deutlich verschlechtert“1 habe. „Eine Unterscheidung von „sicheren“ und „unsicheren“ Gebieten sei aufgrund der sich ständig ändernden Sicherheitslage nicht möglich.“2 Der sozialdemokratische Innenminister des Landes Schleswig-Holstein erwägt daher Abschiebungen nach Afghanistan auf Landesebene zu stoppen . Nach Auskunft des Senats ist „(…) die Ausländerbehörde gemäß § 58 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bundesgesetzlich gehalten (Hervorhebung durch Fragensteller), gegenüber vollziehbar ausreisepflichtigen Personen die Ausreisepflicht durchzusetzen, wenn sie trotz Beratungs- und Hilfsangeboten nicht freiwillig ausreisen.“3 Nach einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages räumt das Gesetz den zuständigen Verwaltungsbehörden über das „Ob“ der Abschiebung kein Ermessen ein. Ein Ermessensspielraum verbleibt der Behörde lediglich im Hinblick auf den konkreten Zeitpunkt und die Art und Weise der Durchführung der Abschiebung. Für die eigentliche Durchführung der Abschiebung sind nach § 71 Absatz 5 AufenthG auch die Polizeien der Länder zuständig. Spezialgesetzliche Regelungen für die Abschiebung von Ausländern, deren Asylantrag negativ beschieden worden ist, bestehen in Gestalt der §§ 34 fortfolgende Asylverfahrensgesetz (AsylVfG). Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Gibt es in der Freien und Hansestadt Hamburg Bestrebungen Abschiebungen nach Afghanistan temporär auszusetzen? a) Wenn ja, für welchen Zeitraum und unter welchen Umständen? 1 Vergleiche: Bericht des UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des Deutschen Bundesministerium des Innern, Dezember 2016 (Seite 1). 2 Vergleiche: http://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/SH-prueft-Abschiebestopp-nach- Afghanistan,afghanistan780.html. 3 Vergleiche: Drs. 21/7252. Drucksache 21/7524 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b) Wenn ja, für welche Personengruppen? c) Wenn ja, für welche Regionen und/oder Provinzen? d) wenn nein, warum nicht? Nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes obliegt es dem Bund, auswärtige Sachverhalte zu bewerten. Dieses gilt auch betreffend die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan. Der Bundesinnenminister hat jüngst mit Ministerschreiben vom 9. Januar 2017 an die Innenminister und -senatoren der Länder hierzu Stellung genommen. Unter Einbeziehung der in Bezug genommenen Anmerkungen des UNHCR aus Dezember 2016 kommt er dabei zu dem Ergebnis, dass die gegenwärtige Sicherheitslage in Afghanistan einer Durchführung von Rückführungen nicht grundsätzlich entgegensteht. Vielmehr werde bestehenden Bedenken in Hinsicht auf die Sicherheitslage dadurch Rechnung getragen, dass im Rahmen des Asylverfahrens in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werde, ob Schutzansprüche oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse gegeben seien. Die in Hamburg aufhältigen afghanischen Staatsangehörigen sind aktuell zum größten Teil im Besitz von Niederlassungserlaubnissen, Aufenthaltserlaubnissen oder Aufenthaltsgestattungen . In den Prüfungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wird für afghanische Staatsangehörige in Hamburg derzeit eine Gesamtschutzquote von 62,8 Prozent erreicht. Im Hinblick auf die geringe Zahl der in Hamburg lediglich geduldeten afghanischen Staatsangehörigen entscheidet das Einwohnerzentralamt über die Durchführung von Abschiebungen in sorgfältigen Einzelfallprüfungen . Im Übrigen siehe Drs. 21/3492, 21/6310, 21/6675, 21/7252, 21/7315 und 21/7351.