BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7525 21. Wahlperiode 20.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bernd Baumann, Prof. Dr. Jörn Kruse, Dr. Joachim Körner, Detlef Ehlebracht (AfD) vom 12.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Unterwanderung Hamburger Straßenmagazine Straßenmagazine sind lokale Zeitschriften, die von Menschen in sozialer Not verkauft und von ihnen teils auch redaktionell mitgestaltet werden. Diese Zeitungen informieren den Leser nicht nur gut über die Geschehnisse in der Stadt, sondern haben zuvorderst den Zweck, dass die hiermit Beschäftigten die Bindung an die Gesellschaft nicht verlieren beziehungsweise wiedererlangen . Insbesondere Obdachlosen bieten diese Zeitschriften eine sinnstiftende Beschäftigung mit Perspektive. In Hamburg erfüllt diese wichtige Aufgabe seit vielen Jahren vorbildlich das Magazin „Hinz&Kunzt“. Aktuell sind bei „Hinz&Kunzt“ 38 festangestellte Mitarbeiter tätig, von denen 21 ehemalige Wohnungslose sind. Als integratives Projekt ist „Hinz&Kunzt“ aber mehr als ein Magazin. So plant das Projekt unter anderem sogar den Bau einer neuen Immobilie, welche gleichzeitig 15 Wohnungen für Obdachlose beinhalten soll.1 Umso bedeutsamer ist der Fakt, dass nunmehr eine neue Zeitschrift mit scheinbar fragwürdigen Maßnahmen in Hamburg vertrieben wird. Das seit April in Hamburg vertretene „Straßen Journal“ profiliert sich mit kopierten Wikipedia-Artikeln, aggressivem Vertrieb sowie mangelnder Transparenz. Weder die finanzielle Beteiligung für die Verkäufer noch Nutzung der Einnahmen scheinen bekannt zu sein. Ein weiteres Indiz, welches an der Aufrichtigkeit zweifeln lässt, ist darin zu sehen, dass das Magazin nicht Mitglied im internationalen Dachverband für Straßenmagazine INSP ist. Bekannt ist allein, dass in Holland seit 2011 des „Straat Journaal Benelux“ mit gleicher Vorgehensweise immer wieder für ähnliche Schlagzeilen sorgt. 2 Laut Recherchen der „tageszeitung“ existiert beziehungsweise existierte zunächst für das neue Magazin keine Vertriebsgenehmigung3. Zudem sind mehrere Übergriffe von Straßenverkäufern des „Straßen Journals“ auf konkurrierende Vertreter bekannt. Das „Hamburger Abendblatt“ hat wegen kopierter Artikel bereits Strafanzeige aufgrund geistigen Diebstahls angekün- 1 Müllenberg, Wolf-Hendrik (2016): Krise beim Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“, unter: http://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Krise-beim-Strassenmagazin- HinzKunzt,hinzundkunzt210.html. 2 Müller, Birgit (2016): Gutes Image von Straßenzeitungen kann beschädigt werden, unter: http://www.hinzundkunzt.de/strasse-journal/. 3 www.taz.de, „Konkurrenz auf der Straße“ vom 28.04.2016. Drucksache 21/7525 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 digt.4 Bereits jetzt ziehen diese Anschuldigungen auch für seriöse Akteure Imageschäden nach sich. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Verfügt das „Straßen Journal“ über eine Vertriebsgenehmigung? a. Wenn ja, wann wurde diese durch welche Behörde erteilt? Wie beurteilt und bewertet die Behörde die dadurch für „Hinz&Kunzt“ entstandene Konkurrenzsituation? b. Falls nein, warum nicht und hat die ordnungsrechtliche Folgen? Der Verkauf eines Straßenmagazins unterfällt dem sogenannten kommunikativen Gemeingebrauch und bedarf keiner wegerechtlichen Genehmigung, soweit die Zeitungen aus der Hand heraus verkauft, keine Tische, Verkaufstresen oder Ähnliches genutzt werden und kein typischer Verkaufsvorgang im Vordergrund steht (vergleiche Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 14.12.1995, Bf II 1/93 - juris -). Die gewerberechtliche Prüfung ergab keine Hinderungsgründe. Der Verein, der das Straßenjournal betreibt, hat mittlerweile ein Gewerbe angemeldet. 2. Ist dem Senat bekannt, ob seitens der Betreibenden nachweisliche Verbindungen zu dem bereits in Holland auffälligen „Straat Journaal“ bestehen ? Der Verein hat in einem Gespräch im Bezirksamt Hamburg-Mitte Verbindungen zum „Straat Journal“ angedeutet. Eine schriftliche Bestätigung hierüber liegt jedoch nicht vor. 3. Welche polizeilichen Erkenntnisse bezüglich aggressiven Verhaltens, sowohl beim Vertrieb als auch im Umgang mit der Konkurrenz, seitens der Akteure des „Straßen Journal“ gibt es? Bitte Zahl der Vorfälle geordnet nach Straftatbestand auflisten! Statistiken im Sinne der Fragestellung werden bei der Polizei nicht geführt. Die Polizei erfasst Straftaten gemäß der bundesweit gültigen Richtlinien für die Erfassung und Verarbeitung der Daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). In der PKS wird weder bei der Tatverdächtigenerfassung noch in der Opferspezifik das Merkmal „Mitarbeiter bei einem Straßenmagazin“ gesondert erhoben. Für die Beantwortung der Fragestellung wäre eine manuelle Durchsicht sämtlicher Hand- und Ermittlungsakten bei den für die einschlägigen Straftatbestände zuständigen Dienststellen des Landeskriminalamtes erforderlich. Die Auswertung mehrerer Zehntausend Vorgänge ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit daher nicht möglich. 4. Sind seitens des Senats Maßnahmen geplant, die das zumindest zwielichtige Unternehmen untersuchen beziehungsweise überprüfen, um bei Feststellung entsprechender Rechtsverstöße dagegen vorzugehen? Wenn ja, welche? Falls nein, weshalb nicht? Siehe Antwort zu 1. a. und b. 4 Twickel, Christoph; Widmann, Marc (2016): Hinz&Kunzt – Jeden Tag Druck, unter: http://www.zeit.de/2016/18/hinz-kunzt-strassenzeitung-obdachlose-konkurrenz-strassejournal -deutschland.