BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7565 21. Wahlperiode 24.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 17.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Wie stellt Hamburg die länderübergreifende Vergleichbarkeit bei der Bewertung der zentralen Abiturprüfungen sicher? Im Rahmen der Abiturprüfung wird Hamburg im Schuljahr 2016/2017 erstmalig auf eine Aufgabensammlung zurückgreifen, die in Abstimmung mit den Ländern Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen, Sachsen und Schleswig-Holstein für die Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik entwickelt worden ist. Der Senat gibt vor, mit dem Zentralabitur eine bessere Vergleichbarkeit der Abschlüsse erreichen und sich mit den Anforderungen leistungsstärkerer Länder wie Bayern oder Sachsen messen zu wollen. Die jüngsten Ergebnisse einer Mathematik-Probeklausur an den Gymnasien und Stadtteilschulen haben hingegen gezeigt, dass Hamburger Schüler dem Anforderungsniveau einer Prüfung, die sich aus Aufgaben aus dem gemeinsam abgestimmten Prüfungspool zusammensetzt, kaum gewachsen sind. Die nachträgliche Heraufsetzung der abiturrelevanten Zensuren dieser Mathematik-Probeklausur um eine ganze Note (bei erkennbarer Leistung) gibt Anlass zu der Sorge, dass die BSB auch bei den Bewertungen der anstehenden Abiturprüfungen „Ergebniskorrekturen“ im Sinne von nachträglichen Notenheraufsetzungen oder andere Maßnahmen, die sich auf die Bewertung der Klausuren auswirken würden, durchführen könnte. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Hamburg hat den Prozess der Vereinheitlichung der schriftlichen Abiturprüfungen seit 2011 bundesweit vorangetrieben. Im Rahmen der Hamburger Präsidentschaft der KMK wurden die grundlegenden Beschlüsse für die Erstellung eines Aufgabenpools getroffen. Hamburg wird sowohl auf grundlegendem als auch auf erhöhtem Anforderungsniveau in allen Fächern mit Bildungsstandards Aufgaben dem Pool entnehmen. Im Übrigen siehe Drs. 21/7504 und 21/7509. Der am Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) im Auftrag der Kultusministerkonferenz (KMK) erstellte bundesweite Aufgabenpool enthält ausschließlich wissenschaftlich überprüfte Abituraufgaben, die den Bildungsstandards für die allgemeine Hochschulreife entsprechen. Anders als der Fragesteller vermutet, wurden die Aufgaben von Aufgabenentwicklungsgruppen mit Mitgliedern aus allen Ländern in einem langen Prozess geprüft und gegebenenfalls modifiziert, sodass sichergestellt ist, dass gleich schwere Prüfungsaufgaben in den zentralen Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch zum Einsatz kommen. Die Erwartungshorizonte und die Bewertungsschlüssel kommen in Hamburg in gleichem Maße zum Einsatz wie in allen anderen Ländern. Drucksache 21/7565 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die am Ende des dritten Semesters erstmals geschriebene Mathematik-Klausur unter Abiturbedingungen mit zentral vorgegebenen Aufgaben orientierte sich in Art und Umfang an den zu erwartenden bundeseinheitlichen Abituraufgaben. Diese Klausur war deutlich schwerer als die Klausuren der vorangegangenen Jahre. So mussten die Schülerinnen und Schüler erstmals Aufgaben aus allen drei mathematischen Fachgebieten – Analysis, analytische Geometrie und Stochastik – bewältigen. In der Vergangenheit wurden stets nur zwei Aufgabengebiete geprüft. Zudem waren die Aufgaben wesentlich umfangreicher und komplexer, sodass erheblich schnelleres Arbeiten erforderlich war. Kein anderes Land hat eine entsprechende Vergleichsarbeit unter Abiturbedingungen in Mathematik geschrieben. Deshalb ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar, ob die Aufgaben zu schwer oder die Schülerinnen und Schüler nicht ausreichend vorbereitet waren. Um den Schülerinnen und Schülern für ihr Abiturzeugnis keine Nachteile entstehen zu lassen, hat die für Bildung zuständige Behörde deshalb den Bewertungsmaßstab nachträglich angepasst. Die Schulen wurden über einen Brief des Landeschulrats entsprechend informiert, zudem wurde die Maßnahme der Schulöffentlichkeit über den Newsletter der Behörde sowie der erweiterten Öffentlichkeit über eine Pressemitteilung und Medien-arbeit bekannt gemacht. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Schließt der Senat aus, dass es bei den anstehenden zentralen Abiturprüfungen zu nachträglichen Heraufsetzungen von Prüfungsleistungen per Erlass der Behörde für Schule und Berufsbildung kommen wird? Siehe Drs. 21/7504. 2. Erhalten Hamburger Schüler die gleichen Aufgaben wie sächsische oder bayerische Schüler oder wählen Mitarbeiter der Behörde für Schule und Berufsbildung speziell Aufgaben aus dem Aufgabenpool für die Hamburger Prüfung aus? Alle 16 Länder entnehmen für die Abiturprüfung 2017 bundeseinheitliche, auf der Basis der Bildungsstandards von allen Ländern gemeinsam entwickelte und normierte Prüfungsaufgaben. Da nicht in jedem der genannten drei Länder die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch auf beiden Anforderungsniveaus (grundlegendes und erhöhtes Niveau beziehungsweise Grund- und Leistungskurs) unterrichtet werden, kann es auch nicht bundeseinheitlich für jeden Prüfling dieselbe Aufgabe geben. Da alle in den Abituraufgabenpools enthaltenen Prüfungsaufgaben nach eingehender Prüfung aller 16 Länder für gleichwertig befunden sind, ist es zwar möglich, aber nicht zwingend, dass dieselben Aufgaben beziehungsweise Teilaufgaben in allen Ländern zum Einsatz kommen. 3. Werden Hamburger Schülern im Prüfungsfach Mathematik verbindlich Aufgaben aus den Oberthemen gestellt, wie sie auch Schülern in Sachsen und Bayern gestellt werden? Bitte die mathematikspezifischen Oberthemen für Hamburg, Sachsen und Bayern vergleichend erläutern und auch angeben, inwieweit die Schüler in der Prüfung bestimmte Oberthemen aus- beziehungsweise abwählen können. Grundsätzlich sieht der Aufgabenpool für das Fach Mathematik Aufgaben aus den drei zu prüfenden Sachgebieten Analysis, Analytische Geometrie und Stochastik vor, die entsprechend der Bildungsstandards im Fach Mathematik für die allgemeine Hochschulreife in den drei genannten Ländern geprüft werden sollen. Bei Fragen zu den näheren Prüfungsvorgaben und -modalitäten der Länder Bayern und Sachsen handelt es sich um Angelegenheiten, die außerhalb der Zuständigkeit des Senats und damit des parlamentarischen Fragerechts nach Artikel 25 Hamburgische Verfassung (HV) liegen (Hamburgisches Verfassungsgericht, Urteil vom 6. November 2013 – HVerfG 6/12 – juris Rn. 68). 4. Gibt es ein länderübergreifend abgestimmtes standardisiertes Verfahren beziehungsweise eine standardisierte Vorgabe, um eine einheitliche Bewertung der zentralen Abiturprüfungen sicherzustellen? Bitte ausführ- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7565 3 lich – und gegebenenfalls differenziert für die einzelnen Fächer – erläutern . Ja, im Rahmen der gesamten Vereinbarungen zum gemeinsamen Aufgabenpool gibt es auch für die Abiturprüfung länderübergreifend abgestimmte und standarisierte Vorgaben für die Bewertungsmaßstäbe. Näheres dazu zeigen die im Internet frei zugänglichen , ausführlichen Erwartungshorizonte und Bewertungshinweise zu den Aufgaben der Aufgabensammlung, https://www.iqb.hu-berlin.de/bista/abi. 5. Wie stellt die BSB sicher, dass hinsichtlich der Erst- und Zweitkorrektur der schriftlichen zentralen Abiturprüfungen die Standards denen in anderen Ländern gleichen? Wird es in Hamburg externe Zweitkorrekturen geben oder werden diese schulintern durchgeführt? Die Standards zur Erst- und Zweitkorrektur der schriftlichen Abiturprüfungen sind in der Vereinbarung über die Abiturprüfung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 13.12.1973 in der Form vom 08.12.2016) bundesweit einheitlich geregelt. Im Übrigen siehe Drs. 21/7520 und Antwort zu 3. 6. Wird das Ergebnis der einheitlichen Prüfungsklausuren in den teilnehmenden Ländern einheitlich/mit gleicher Gewichtung in die Gesamt- Abiturnote einfließen oder kommt dem Ergebnis der Klausur(en) im Verhältnis zu mündlichen Prüfungen sowie gegebenenfalls Präsentationsergebnissen eine unterschiedliche Gewichtung zu? Bitte gegebenenfalls detailliert nach Bundesländern und Fächern aufschlüsseln. Die Bewertung der Abiturprüfung in Hamburg richtet sich nach § 32 Absatz 3 Ausbildungs - und Prüfungsordnung zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife (APO-AH), unabhängig davon, ob es sich bei den in die Bewertung eingehenden Klausuren um solche mit Aufgaben aus dem IQB-Aufgabenpool handelt oder nicht. In allen Ländern gilt, dass sich die Abiturdurchschnittsnote zu zwei Dritteln aus den in die Abiturnote einfließenden Leistungen aus den beiden letzten Jahren der gymnasialen Oberstufe (Qualifikationsphase) und zu einem Drittel aus den Leistungen in den Fächern der Abiturprüfung zusammensetzt. Darüber hinaus sind die für alle Länder verbindlichen Rahmenbedingungen für die Gewichtung der Prüfungsleistungen in der Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.07.1972 in der Form vom 08.12.2016) festgelegt.