BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7567 21. Wahlperiode 24.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grundwaldt (CDU) vom 17.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Verweigert Hamburg die Umsetzung des ProstituiertenSCHUTZgesetzes ? (III) Der Bundesrat hat am 23. September 2016 das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen gebilligt. Damit tritt das Gesetz am 1. Juli 2017 in Kraft. Das bedeutet, dass Zuständigkeiten und Finanzierung zum jetzigen Zeitpunkt bereits geklärt sein müssen, damit die notwendigen Strukturen geschaffen und die Schulung der Mitarbeiter beginnen kann. Andernfalls ist die rechtzeitige Umsetzung des neuen Gesetzes gefährdet. Das ist nicht hinnehmbar. Der Leidensdruck bei den Betroffenen ist teilweise extrem hoch. Einem Bericht des „Hamburger Abendblatts“ zufolge geht die Polizei davon aus, dass 95 Prozent der Prostituierten nicht freiwillig in diesem Gewerbe arbeiten. Es gilt also, schnell zu handeln und auf mehreren Wegen Beratungen zum Ausstieg aus der Prostitution anzubieten. Auf die Schriftliche Kleine Anfrage vom 14. September 2016 (Drs. 21/5942) hatte der Senat keinerlei Auskünfte zum Stand der Planung gegeben. Auch bei wiederholter Nachfrage im Oktober blieb die Frage nach einem Konzept weitestgehend unbeantwortet. Stattdessen wurde auf einen langwierigen Beteiligungs- und Abstimmungsprozess verwiesen, dessen Ende offenbar noch nicht in Sicht war. Inzwischen sind jedoch drei Monate vergangen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Prostituiertenschutzgesetz haben die Präsides der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI), der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz sowie der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung die federführende Rolle der BASFI bei der Umsetzung des Gesetzes festgelegt. Der fachliche Diskus mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und allen Ländern hat am 15. November 2016 begonnen und wurde am 18. Januar 2017 mit einer zweiten Bund-Länder-Besprechung im BMFSFJ fortgesetzt. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Gespräche kann der Hamburger Planungsprozess mit allen Fachbehörden und Bezirken insbesondere zum Anmeldeverfahrens und der gesundheitlichen Pflichtberatung nunmehr weiter vorangetrieben werden. Über das Ergebnis wird der Bürgerschaft im 2. Quartal 2017 berichtet werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/6265. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Frauen und Männer gehen in Hamburg derzeit der Prostitution nach offiziellen Zahlen nach? Bitte nach Bezirk, Geschlecht, Alter sowie Staatsangehörigkeit aufschlüsseln. Die Zahl der in Hamburg der Prostitution nachgehenden Personen wird derzeit auf rund 2.200 geschätzt; im Übrigen siehe Drs. 20/10269 und Drs. 20/13774. Drucksache 21/7567 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Wie viele sind beim Finanzamt gemeldet? 239 Personen. 3. Wie viele Bordelle und ähnliche Betriebe sind dem Senat nach derzeitigem Stand bekannt? Bitte nach Bezirk, Form der Betriebsstätte und Mitarbeiterzahl auflisten. Zur Anzahl der bei der Polizei bekannten Objekte im Sinne der Fragestellung siehe folgende Tabelle; im Übrigen siehe Drs. 20/10269: Bezirk Modell-wohnungen Clubs/Bordelle/Sonstige Prostitutionsstätten* Altona 19 1 Bergedorf 3 1 Eimsbüttel 35 3 Hamburg-Mitte 30 79 Hamburg-Nord 56 0 Harburg 24 2 Wandsbek 20 3 * Unter den Begriff „sonstige Prostitutionsstätten“ fallen Objekte wie Stundenhotels, Steigen, Laufhäuser, Animierlokale, Sex-Kinos oder Tabledance-Läden. Anzumerken ist jedoch, dass in diesen Objekten zum Teil zeitlich variierend und nicht dauerhaft der Prostitution nachgegangen wird. Es liegen keine Erkenntnisse über die Anzahl der dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor. 4. Von wie vielen Anmeldungen im Zuge der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes geht der Senat aus? Wie viele davon Neuanmeldungen ? Siehe Antwort zu 1. Darüber hinaus kann keine Prognose abgegeben werden. 5. Obliegt die Umsetzung des Gesetzes weiterhin der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration? Wenn ja, wann, warum und durch welches Gremium wurde sich für diese Behörde entschieden? 6. Welches Anmelderegime plant der Senat? Bitte erläutern. a) Welche Überlegungen leiten den Senat bei der Entwicklung des Anmelderegimes? b) Jedes Bundesland kann selbst entscheiden, ob eine Tätigkeit einer nicht ortsansässigen Prostituierten im Landesgebiet eine Anmeldung bei einer Behörde des jeweiligen Landes auslöst oder eine Anmeldung in einem anderen Bundesland als ausreichend angesehen wird. Hat sich der Senat bereits für eine Variante entschieden und wenn ja, warum hat er sich für diese Variante entschieden? Wenn nein, warum hat sich der Senat noch nicht für eine Variante entschieden beziehungsweise wann beabsichtigt er, dies zu tun? c) Welche Kompetenzzuteilung erhält die Polizei als Behörde bei der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes? 7. Wie steht es um die Planungen bezüglich der verpflichtenden Gesundheitsberatungen ? a) Wie viel Personal wird jeweils für das Anmeldeverfahren und für die Gesundheitsberatungen benötigt? Bitte nach Tätigkeitsbereich, VZÄ und Betreuungsschlüssel auflisten. b) Wie viel zusätzliches Personal muss extra eingestellt werden? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7567 3 c) Gibt es bereits Ausbildungskonzepte für die Mitarbeiterschulung im Rahmen der Anmeldeverfahren und im Rahmen der Gesundheitsberatungen ? Wenn ja, was beinhalten diese jeweils und wer hat sie jeweils erarbeitet ? Wenn nein, warum gibt es keine Ausbildungsbildungskonzepte beziehungsweise wann werden diese durch wen erarbeitet? d) Wie viele Mitarbeiter sollen ab wann geschult werden und wie lange dauern die Schulungen? 8. Mit welchen Kosten rechnen Senat oder zuständige Behörde für die Umsetzung des Gesetzes? Siehe Vorbemerkung. 9. Mit welchen zusätzlichen Steuereinnahmen durch die flächendeckende Anmeldung von Personen im Prostitutionsgewerbe und entsprechenden Betriebsstätten rechnet der Senat? Es erfolgt keine gesonderte Ermittlung der Steuereinnahmen im Bereich der Prostitution und insofern auch keine Prognose in dieser Hinsicht.