BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7602 21. Wahlperiode 24.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 18.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Dolmetscher/-innen in Hamburg gebraucht – Was macht der Senat? Die Zahlen der Asylverfahren steigen. Für das Jahr 2016 meldet die Behörde allein in den ersten drei Quartalen einen neuen Höchststand von 1.812 neuen Klagen. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Gesamtjahr 2013.1 Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen werden immer häufiger benötigt und in Anspruch genommen. In den Eignungsfeststellungsverfahren sollten auch Nachweise über jahrelange ehrenamtliche Tätigkeiten Berücksichtigung finden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In den Zuständigkeitsbereichen der Fachbehörden, der Senatsämter und der Bezirksämter waren und sind teilweise regelmäßig und teilweise gelegentlich Dolmetscherinnen und Dolmetscher tätig. Dienststellen, die Dolmetscherleistungen in Anspruch nehmen möchten, bedienen sich in der Regel der dort jeweils angelegten Pools. Der Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern wird ganz überwiegend flexibel gehandhabt und richtet sich nach dem jeweiligen aktuellen Bedarf. Soweit einzelne Zuständigkeitsbereiche eine Steigerung des Bedarfs verzeichnen, kann dieser durch die zur Verfügung stehenden Dolmetscherinnen und Dolmetscher gedeckt werden. Personelle Engpässe sind derzeit nicht zu erwarten. Der Senat prüft jedoch den Bedarf und gegebenenfalls die Optimierung des Einsatzes von Dolmetscherleistungen , etwa in der Gesundheitsvorsorge oder in den Grundsicherungsämtern. Die Prüfungen und Planungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Dolmetscher/-innen sind derzeit für welche Hamburger Gerichte und welche weiteren zuständigen Stellen der Freien und Hansestadt Hamburg tätig? 2. Wie viele Dolmetscher/-innen waren jeweils in den Jahren 2011 bis 2016 für welche Hamburger Gerichte und welche weiteren zuständigen Stellen der Freien und Hansestadt Hamburg tätig? Statistiken über die Zahl der eingesetzten Dolmetscherinnen und Dolmetschern werden in der Regel nicht geführt. Zur Beantwortung der Frage müssten daher insoweit die Akten sämtlicher Dienststellen, die keine entsprechenden Statistiken führen, aus dem erfragten Zeitraum ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Zuständigkeitsbereich der Behörde für Inneres und Sport (BIS) wurden Jahr 2012 zehn Dolmetscherinnen und Dolmetscher und ein Sprachbüro eingesetzt, im Jahr 1 Vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/6274 vom 14.10.2016. Drucksache 21/7602 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2013 26 Dolmetscher und zwei Sprachbüros, im Jahr 2014 35 Dolmetscher und zwei Sprachbüros, im Jahr 2015 60 Dolmetscher und zwei Sprachbüro sowie im Jahr 2016 76 Dolmetscher und vier Sprachbüros. Zum Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern im Jahr 2011 liegen keine Zahlen vor. Zur Beantwortung der Frage müssten insoweit sämtliche Akten der BIS aus dem Jahr 2011 ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Polizei hat im Jahr 2011 343 verschiedene Dolmetscherinnen und Dolmetscher eingesetzt, im Jahr 2012 405, im Jahr 2013 413, im Jahr 2014 363, im Jahr 2015 418 und im Jahr 2016 421. Beim Landesamt für Verfassungsschutz werden Dolmetscherinnen und Dolmetscher aus operativen Gründen eingesetzt. Aussagen im Sinne der Fragestellungen unterliegen deshalb der Vertraulichkeit, weil sie Rückschlüsse auf die Arbeitsweise des Verfassungsschutzes zuließen und eine künftige Beobachtung dadurch unverhältnismäßig erschwert werden könnte. Detaillierte Angaben im Sinne der Fragestellung können daher aus Gründen des Staatswohls nur gegenüber dem nach § 24 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) für die parlamentarische Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes zuständigen Kontrollausschuss (PKA) gemacht werden. Bei der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) sind für den Bereich Amtsvormundschaften im Jahr 2015 42 und im Jahr 2016 82 Dolmetscherinnen und Dolmetscher aus unterschiedlichen Dolmetscherbüros tätig gewesen. Für die Jahre 2011 bis 2014 können keine Angaben gemacht werden, da die Dolmetscherarbeit erst im Jahr 2015 aufgenommen wurde. In den Erstaufnahmeeinrichtungen sind nach Auskunft der Betreiber freiberufliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher tätig (siehe Drs. 21/4817). Aktuelle Änderungen zu der dort angehängten Tabelle mit der Anzahl der freiberuflichen Dolmetscher ergeben sich aus der folgenden Tabelle: Standort Anzahl Dolmetscher Albert-Einstein-Ring 2 Flagentwiet 29 Hellmesbergerweg Keine Neuland I 25 Neuland II 22 Rahlstedter Grenzweg 1 Vogt-Kölln-Str. 10 Für die Jahre 2011 bis 2015 kann die Anzahl nicht ermittelt werden. Für eine entsprechende Erhebung wäre der jeweilige Betreiber der Erstaufnahmeeinrichtung zuständig . Die Inanspruchnahme von Dolmetscherleistungen erfolgt nach Bedarf. Zur Beantwortung der Frage müssten sämtliche Dolmetscherrechnungen – circa 258 pro Monat – ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. In den Folgeunterkünften sind keine Dolmetscher und Dolmetscherinnen regelhaft im Einsatz (siehe Drs. 21/4817). Zum Jobcenter t.a.h. siehe Drs. 21/7203. Im Zuständigkeitsbereich der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) waren 2011 acht, 2012 zehn, 2013 sieben, 2014 acht, 2015 zehn und 2016 elf Dolmetscherinnen und Dolmetscher tätig. Aktuell ist keine Dolmetscherin beziehungsweise kein Dolmetscher für die BWVI tätig. Im Zuständigkeitsbereich der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) war lediglich im Jahr 2011 einmalig ein Dolmetscher tätig. Ob die im Zuständigkeitsbereich der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) befindlichen Schulen vereinzelt Dolmetscherinnen und Dolmetscher beschäftigen, wird nicht zentral erhoben und kann in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7602 3 Im Zuständigkeitsbereich der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) sind im laufenden Jahr in der Beratungsstelle CASA blanca Centrum für AIDS und sexuell übertragbare Krankheiten in Altona bisher 13 Dolmetscherinnen und Dolmetscher tätig geworden, 2011 waren es elf, 2012 neun, 2013 13, 2014 14, 2015 zehn und im Jahr 2016 17. Im Zuständigkeitsbereich der Finanzbehörde (FB) sind im laufenden Jahr bisher keine Dolmetscherinnen und Dolmetscher tätig geworden. Für die Steuerverwaltung waren 2011 18 Dolmetscherinnen und Dolmetscher tätig, 2012 13, 2013 20, 2014 49, 2015 19 und 2016 20. Die Justizbehörde (JB) hat in den Jahren 2015 und 2016 jeweils in einem Fall einen Dolmetscher eingesetzt. Im Zuständigkeitsbereich der Senatskanzlei (SK) wurden in den Jahren 2011 bis 2016 im Schnitt fünf Dolmetscherinnen oder Dolmetscher stundenweise beschäftigt. Für die Abteilung Internationale Zusammenarbeit waren 2011 bis 2016 zwölf Dolmetscherinnen und Dolmetscher stundenweise beschäftigt. Das Bezirksamt Mitte schätzt die Zahl der eingesetzten Dolmetscherinnen und Dolmetscher für 2016 auf 25. Das Bezirksamt Eimsbüttel schätzt die Zahl der eingesetzten Dolmetscherinnen und Dolmetscher für 2011 auf 41, für 2012 auf 46, für 2013 auf 46, für 2014 auf 57, für 2015 auf 83 und für 2016 auf 100. 3. In wie vielen gerichtlichen Verfahren waren in den Jahren 2011 bis 2016 Dolmetscher/-innen an Hamburger Gerichten tätig? Statistiken über den Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern in gerichtlichen Verfahren werden nicht geführt. Zur Beantwortung der Frage müssten daher sämtliche Gerichtsakten sowie Akten der Staatsanwaltschaft aus dem erfragten Zeitraum ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Wie viele Dolmetscher/-innen werden derzeit in Hamburg zusätzlich benötigt insbesondere wegen Asylverfahren am Verwaltungsgericht? Siehe Vorbemerkung. 5. Gibt es Vereinbarungen, Ansätze der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Hamburger Gerichten beziehungsweise der Freien und Hansestadt Hamburg, um den Bedarf an Dolmetschern/-innen zu decken? Wenn ja, inwieweit gibt es gegebenenfalls eine Art „Stellenpool“ von dem die Freie und Hansestadt Hamburg profitieren könnte? Wenn nein, warum nicht? Das Verwaltungsgericht steht mit dem BAMF, Außenstelle Hamburg, in einem stetigen , informellen Austausch. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. Welche Eignungsvoraussetzungen müssen erfüllt sein, um Dolmetscher /-in an Gerichten in Hamburg zu sein beziehungsweise zu werden? Woraus ergeben sich diese Voraussetzungen? Ein förmliches Verfahren zur Eignungsfeststellung oder formalisierte Eignungsvoraussetzungen gibt es bei der Hinzuziehung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern an den Hamburger Gerichten nicht. Maßgeblich für die Hinzuziehung sind die §§ 187, 191 GVG (gegebenenfalls in Verbindung mit § 61 Absatz 1 SGG, § 52 Absatz 1 FGO, § 55 VwGO, § 9 ArbGG). Über die Hinzuziehung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern und deren Auswahl entscheidet im Rahmen des Gerichtsverfahrens die verfahrensführende Richterin beziehungsweise der Richter oder die Rechtspflegerin beziehungsweise der Rechtspfleger. Die Entscheidung erfolgt dabei im Rahmen der nach Artikel 97 GG beziehungsweise § 9 RPflG garantierten Unabhängigkeit unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Einzelfalls nach freiem Ermessen. Gleichermaßen beurteilt die Richterin beziehungsweise der Richter oder die Rechtspflegerin bezie- Drucksache 21/7602 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 hungsweise der Rechtspfleger auch die Qualifikation der Dolmetscherin beziehungsweise des Dolmetschers. Hinzugezogen werden kann grundsätzlich jede Person, die sowohl die deutsche Sprache als auch die fremde Sprache, derer sich die Verfahrensbeteiligten bedienen, so versteht und spricht, dass sie die sachgerechte Verständigung zwischen allen Verfahrensbeteiligten herstellen kann. Die Dolmetscherin beziehungsweise der Dolmetscher hat, sofern sie oder er nicht allgemein vereidigt ist, einen Eid zu leisten. 7. Inwieweit werden Bescheinigungen und Empfehlungsschreiben von Unternehmen oder Behörden für Dolmetschertätigkeiten anerkannt? Soweit die Dienststellen der Freien und Hansestadt Hamburg, die Dolmetscherleistungen in Anspruch nehmen, nicht ausschließlich auf öffentlich bestellte und allgemein vereidigte Dolmetscherinnen und Dolmetscher zurückgreifen, berücksichtigen diese in der Regel auch Bescheinigungen und Empfehlungsschreiben von Unternehmen. Die Senatskanzlei berücksichtigt zusätzlich auch Empfehlungen vonseiten der Botschaften und Konsulate, wenn sie Dolmetscher für offizielle Besuche und größere Veranstaltungen beauftragt. Das Ergebnis der Bewertung, ob die jeweilige Dolmetscherin beziehungsweise der jeweilige Dolmetscher hinreichend qualifiziert ist, ist einzelfallabhängig . Im Übrigen siehe Antwort zu 6. 8. Welche Maßnahmen und/oder Konzepte hat der Senat beziehungsweise plant der Senat, um den Bedarf an Dolmetschern/-innen für die nächsten Jahre zu decken? Siehe Vorbemerkung. 9. Welche Möglichkeiten haben Bürgerinnen und Bürger, die nachweislich ehrenamtlich tätig waren und ihre Dolmetscher-Fähigkeiten Hamburger Gerichten oder anderen zuständigen Stellen der Freien und Hansestadt Hamburg zur Verfügung stellen möchten? Für eine öffentliche Bestellung als Dolmetscher müssten die interessierten Bürgerinnen und Bürger das Eignungsfeststellungsverfahren nach der HmbDolVO durchlaufen . Im Übrigen siehe die Antworten zu 6. und 7. 10. Inwieweit wird vom Senat erwogen, zunehmend ehrenamtliche Tätigkeiten als Dolmetscher/-in in die Eignungsfeststellungsverfahren einfließen zu lassen? Bei Vorliegen der in § 1 HmbDolmG festgelegten Voraussetzungen sowie dem Nachweis der fachlichen Eignung im Sinne von § 2 HmbDolmG durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Eignungsfeststellungsverfahren oder durch Anerkennung einer in einem anderen Bundesland oder in einem anderen Staat abgelegten Prüfung kann die Antragstellerin beziehungsweise der Antragsteller öffentlich bestellt und allgemein vereidigt werden. Lediglich bei der Prüfung zur Zulassung einer Teilnehmerin oder eines Teilnehmers zum Eignungsfeststellungsverfahren kann als Nachweis über die Tätigkeit als Dolmetscherin beziehungsweise Dolmetscher eine ehrenamtliche Tätigkeiten anerkannt werden (vergleiche § 2 Absatz 1 Nummer 3 HmbDolmVO). Hierbei handelt es sich jedoch um eine Entscheidung im jeweiligen Einzelfall. Gesetzliche Änderungen des Verfahrens sind derzeit nicht geplant. 11. Kann eine Dolmetscher-Tätigkeit bei Gericht auch auf ehrenamtlicher Basis erfolgen? Wenn nein: warum nicht? Eine Dolmetschertätigkeit auf ehrenamtlicher Basis ist bei den Gerichten möglich. Dolmetscherinnen und Dolmetscher haben Anspruch auf Vergütung nach dem JVEG. Auf die Vergütung kann jedoch verzichtet werden.