BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7630 21. Wahlperiode 27.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 19.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Verhältnis von Sozialwohnungen und anspruchsberechtigten Haushalten in Hamburg Angesichts der hohen Zahl an auslaufenden Bindungen insbesondere bei Wohnungen des 1. Förderweges und einer viel zu geringen Anzahl an neu errichteten Sozialwohnungen steht einem erheblichen Teil der anspruchsberechtigten Haushalte kein adäquates Wohnungsangebot in diesem Segment zur Verfügung. Nur für etwa jeden vierten anspruchsberechtigten Haushalt – und das waren im Jahre 2014 nach Senatsangaben 38 Prozent aller Haushalte (Drs. 21/2335 vom 1.12.2015) – gibt es überhaupt eine solche geförderte Sozialwohnung. Dass dieser Anteil rückläufig ist – 2011 betrug er noch 41 Prozent (Drs. 20/7335 vom 28.3.2013) –, hat vor allem auch etwas damit zu tun, dass die Einkommensgrenzen seit Jahren nicht mehr erhöht worden sind. Die Folge: Immer mehr Haushalte verlieren ihren Anspruch auf eine Wohnung des 1. Förderweges, weil die Durchschnittseinkommen anwachsen , überflügelt allerdings noch von den angestiegenen Lebenshaltungs-, Miet- und Mietnebenkosten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Hamburg wächst und wird auch weiterhin eine Stadt für alle Menschen sein. Voraussetzung dafür ist, dass für alle Einkommensgruppen bezahlbarer Wohnraum verfügbar ist. Seit 2011 ist der Wohnungsbau ein Schwerpunktthema des Senats. Verschiedene Instrumente haben zu den Erfolgszahlen im Wohnungsbau beigetragen, so unter anderem auch die Wohnraumförderprogramme des Senats. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung ist in Hamburg in den letzten Jahren deutlich angestiegen. In 2014 und 2015 wurden jeweils mehr als 2.000 Wohnungen jedes Jahr fertiggestellt, seit 2011 wurden jährlich Förderungen für über 2.000 mietpreis- und belegungsgebundene Neubauwohnungen gewährt. Dieses Niveau wird der Senat mit dem Programmjahr 2017 nun nochmals auf die Förderung von 3.000 Neubaumietwohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindungen jährlich anheben. Mit einer Modernisierungsförderung auf hohem Niveau konnte zusätzlich der Wohnungsbestand kontinuierlich und sozialverträglich angepasst werden, und zugleich konnten weitere Bindungen im Bestand gewonnen werden. Der Senat geht davon aus, dass sich die Zahl der Mietpreis- und Belegungsbindungen bei rund 83.000 Wohnungen stabilisieren wird. Es stehen insbesondere auch die frei finanzierten Wohnungsbestände der SAGA und der Wohnungsbaugenossenschaften mit insgesamt rund 265.000 Wohneinheiten zur Verfügung, die bezahlbaren Wohnraum anbieten. Drucksache 21/7630 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Im Durchschnitt liegen die Mieten bei SAGA Wohnungsbeständen bei rund 6,15 Euro/m2 netto kalt je Quadratmeter Wohnfläche monatlich (Stand: 2015). Die Wohnungsbaugenossenschaften verzeichnen eine vergleichbare monatliche Durchschnittsmiete . Hinzu kommen die Wohnungen, die von Stiftungen und Trägern zur Verfügung gestellt werden. Dies stellt bereits heute eine solide Basis an bezahlbarem Wohnraum in Hamburg dar. Zusätzlich entwickelt der Senat zurzeit ein weiteres Segment für bezahlbares Wohnen neben dem öffentlich geförderten Wohnungsbau. Auch für Haushalte mit durchschnittlichen Einkommen sollen damit zukünftig bezahlbare Wohnungen mit einer Einstiegsmiete zwischen 8 und 9 Euro pro Quadratmeter angeboten werden können. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen – teilweise auf Grundlage von Auskünften der Hamburgischen Investitions- und Förderbank AöR (IFB) und des Statistikamtes Nord – wie folgt: 1. Liegen inzwischen aktuellere Daten zur Förderberechtigung Hamburger Haushalte mit Blick auf eine öffentlich geförderte Wohnung im 1. beziehungsweise 2. Förderweg vor? 1.1. Wenn ja, bitte ich darum, die Tabelle aus der Drs. 21/110 vom 27. März 2015 zu aktualisieren und die Angaben über die förderberechtigten Haushalte erneut nicht nur prozentual, sondern auch nominal zu machen. 1.2. Wenn nein, wann ist mit den entsprechenden, neueren Daten zu rechnen? Siehe Drs. 21/2335. Eine aktuelle Auswertung ist in Bearbeitung. 2. Wie hat sich absolut die Zahl der Einwohner/-innen und der Haushalte in der Freien und Hansestadt Hamburg in den vergangenen zehn Jahren entwickelt und wie groß waren dabei jeweils der Anteil und die Zahl der Haushalte mit einem Anspruch auf eine Wohnung des 1. Förderweges und des 2. Förderweges? Bitte nach den einzelnen Jahren aufführen. Bevölkerung insgesamt (2005 – 2014): http://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Jahrb%C3%BCcher/Hamburg/ JB15HH_01.pdf. Bevölkerung 2015: http://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Presseinformationen/SI16_131.pdf. Daten der Jahre 2006 – 2010 auf Basis der Volkszählung 1987, ab 2011 auf Basis des Zensus 2011. Bevölkerungsdaten mit Stand 31.12.2016 liegen voraussichtlich nicht vor März 2018 vor. Privathaushalte insgesamt (2005-2014): http://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Jahrb%C3%BCcher/Hamburg/ JB15HH_01.pdf. Privathaushalte 2015: 987. 000. Quelle: Statistikamt Nord Daten der Jahre 2006 – 2010 auf Basis der Volkszählung 1987, ab 2011 auf Basis des Zensus 2011. Im Jahr 2013 waren rechnerisch 365.000 Haushalte und damit circa 41 Prozent der Hamburger Haushalte berechtigt, eine Wohnung im 1. Förderweg zu beziehen. Rund Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7630 3 492.000 Haushalte waren rechnerisch berechtigt, eine Wohnung im 2. Förderweg zu beziehen, das entspricht circa 55 Prozent aller Haushalte in Hamburg. Für die Jahre 2006, 2008 und 2009 sind keine entsprechenden Berechnungen vorhanden . Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 1.2. und Drs. 21/110, 20/7335, 20/3295 und 19/2995. 3. Wie wird sich nach gegenwärtiger Prognose die Zahl der Einwohner/- innen und der Haushalte in der Freien und Hansestadt Hamburg bis zum Jahre 2030 entwickeln und wie groß fallen dabei absehbar jeweils der Anteil und die Zahl der Haushalte mit einem Anspruch auf eine Wohnung des 1. Förderweges sowie des 2. Förderweges aus? Bitte nach den einzelnen Jahren aufschlüsseln. Nach der 13. zwischen den Statistischen Ämtern von Bund und Ländern koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland – auf Grundlage des Bevölkerungsbestands am 31. Dezember 2013 – wird die Bevölkerungsentwicklung für Hamburg wie folgt prognostiziert: Bevölkerungsentwicklung in Hamburg bis 2030 Bevölkerung in 1.000 Jahr (jeweils zum 31.12.) Variante 1 Variante 2 2016 1.793 1.795 2017 1.804 1.809 2018 1.813 1.821 2019 1.821 1.832 2020 1.827 1.840 2021 1.830 1.847 2022 1.834 1.853 2023 1.836 1.858 2024 1.838 1.863 2025 1.839 1.867 2026 1.840 1.871 2027 1.840 1.875 2028 1.840 1.878 2029 1.840 1.881 2030 1.840 1.883 Variante 1: Kontinuität bei Geburtenhäufigkeit und Lebenserwartung bei schwächerer Zuwanderung Variante 2: Kontinuität bei Geburtenhäufigkeit und Lebenserwartung bei stärkerer Zuwanderung Quelle: 13. KBV/Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Bundes und der Länder Eine Prognose zur Entwicklung der Zahl der Haushalte in Hamburg auf Grundlage der 13. KBV liegt nicht vor. Die auf der Grundlage der 11. KBV erstellte Modellrechnung zur Entwicklung der Zahl der Privathaushalte bis zum Jahr 2025 stammt aus dem Jahr 2009 und ist veraltet. Prognosen zu „Einkommen der Haushalte“ werden vom Statistikamt Nord nicht erstellt. Daher ist keine Prognose zu der Zahl und dem Anteil der förderberechtigten Haushalte für die Jahre 2017 – 2030 möglich. 4. Wann und in welcher Dimension (nominal und prozentual) haben sich in den vergangenen zehn Jahren die Einkommensgrenzen hinsichtlich des 1. und des 2. Förderweges verändert? Bitte die Angaben für die einzelnen Jahre machen. Drucksache 21/7630 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 In den vergangenen zehn Jahren gab es keine Veränderung der Einkommensgrenzen für den 1. Förderweg. Ebenso hat sich die Einkommensgrenze für den 2. Förderweg seit Programmstart 2012 bis heute nicht geändert. 5. Wie und in welcher Dimension (nominal und prozentual) haben sich im letzten Jahrzehnt die durchschnittlichen Haushaltseinkommen und die Durchschnittsmieten bei den Wohnungen des 1. und 2. Förderweges in Hamburg entwickelt? Bitte die Angaben für die einzelnen Jahre machen. Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte in Hamburg 2003 bis 2014 Jahre Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner in Euro Veränderung in Pro-zent 2005 21.347 3,4 2006 22.395 4,9 2007 22.190 -0,9 2008 21.968 -1,0 2009 22.052 0,4 2010 22.109 0,3 2011 22.695 2,7 2012 22.983 1,3 2013 23.291 1,3 2014 23.596 1,3 Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder, Berechnungsstand August 2015 Angaben für das Jahr 2015 werden voraussichtlich Ende Juni 2017 zur Verfügung stehen. 1. Förderweg Stichtag der Datenerhebung Mietenstatistik gewichtete Durchschnittsmiete nettokalt je m²/Wfl. 01.09.2008 5,15 € 01.09.2010 5,38 € 01.04.2013 5,54 € 01.04.2015 5,81 € Für die Bestände des 2. Förderungswegs (Programmstart 2012) wurde bisher noch keine Mietenstatistik erhoben. 6. Warum hat es in den letzten Jahren keine Anpassung der Einkommensgrenzen an die gewachsenen Durchschnittseinkommen gegeben? 7. Wann ist mit einer Anpassung beziehungsweise Erhöhung der Einkommensgrenzen zu rechnen und wie werden diese für die verschiedenen Basiswerte ausfallen? Die Festlegung der allgemeinen Einkommensgrenzen in der sozialen Wohnraumförderung ist durch den Gesetzgeber in § 8 Absatz 2 Hamburgisches Wohnraumförderungsgesetz (HmbWoFG) erfolgt. Die Änderung der Einkommensgrenzen bedarf eines Gesetzes. Der Senat ist im Rahmen des § 8 Absatz 3 HmbWoFG nur ermächtigt , durch Rechtsverordnung für einzelne Zielgruppen beziehungsweise zur Verfolgung einzelner Ziele der sozialen Wohnraumförderung Abweichungen von den in § 8 Absatz 2 HmbWoFG bezeichneten Einkommensgrenzen festzulegen. Hiervon hat der Senat mit der Verordnung zur Festlegung der Einkommensgrenzen nach § 8 des Hamburgischen Wohnraumförderungsgesetzes vom 1. April 2008 Gebrauch gemacht. Im Übrigen hat sich der Senat damit nicht befasst. 8. In der Senatsantwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage zum „Bestand an Sozialwohnungen“ (Drs. 21/7447 vom 13.1.2017) werden die „Mietwohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindungen“ für die einzelnen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7630 5 Jahre zwischen 2000 und 2016 beziffert sowie für den Zeitraum 2017 bis 2030 prognostiziert. a. Wie groß war der Gesamtbestand der hamburgischen Wohneinheiten zwischen 2000 und 2016, wie groß wird er für den Zeitraum 2017 bis 2030 prognostiziert? Bitte nach den einzelnen Jahren aufschlüsseln . Wohnungsbestand in Hamburg von 2000 – 2014 (zum 31.12.): http://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/Jahrb%C3%BCcher/ Hamburg/JB15HH_05.pdf. Wohnungsbestand in Hamburg zum 31.12.2015: 931.236 Wohnungen. Quelle: Statistikamt Nord, Bautätigkeitsstatistiken Daten mit Stand 31.12.2016 liegen voraussichtlich im Juli 2017 vor. Prognosen zur Entwicklung des Wohnungsbestandes liegen nicht vor. b. Wie groß fällt der Anteil der gebundenen Wohneinheiten am Gesamtbestand der hamburgischen Wohneinheiten für die Zeiträume 2000 bis 2016 beziehungsweise 2017 bis 2030 aus? Bitte nach den einzelnen Jahren anführen. Anteil Mietwohnungen mit Mietpreis - und Belegungsbindungen* Jahr Angaben in % 2000 17,57 2001 17,47 2002 17,32 2003 17,15 2004 16,20 2005 15,02 2006 13,89 2007 13,30 2008 12,44 2009 11,83 2010 11,19 2011 10,90 2012 10,71 2013 10,55 2014 9,42 2015 9,28 * 1. Förderweg und 2. Förderweg Zur prognostizierten Entwicklung des Sozialwohnungsbestandes siehe Drs. 21/7447. c. Wie groß fallen die Zahl und der Anteil der Sozialwohnungen, also der Wohnungen des 1. Förderweges, bezüglich aller gebundenen Wohneinheiten für den Zeitraum 2000 bis 2016 beziehungsweise 2017 bis 2030 aus? Bitte nach den einzelnen Jahren nominal und prozentual benennen. jeweils 01.01. Bestand nur 1. FW Anteil 1. FW an Gesamtbestand 2000 150.899 100,00% 2001 150.889 100,00% 2002 150.131 100,00% 2003 149.228 100,00% 2004 141.509 100,00% 2005 131.658 100,00% 2006 122.271 100,00% 2007 117.458 100,00% Drucksache 21/7630 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 jeweils 01.01. Bestand nur 1. FW Anteil 1. FW an Gesamtbestand 2008 110.241 100,00% 2009 105.270 100,00% 2010 101.244 100,00% 2011 98.916 100,00% 2012 97.599 100,00% 2013 96.739 100,00% 2014 86.990 100,00% 2015 86.355 99,97% 2016 81.568 99,92% Jahr Prognose Bestand gesamt* Prognose nur 1. FW Anteil an Gesamt öff. gef. 2017 83.121 81.079 97,54% 2018 83.688 79.916 95,49% 2019 84.132 78.630 93,46% 2020 85.161 77.929 91,51% 2021 82.931 72.969 87,99% 2022 83.690 72.998 87,22% 2023 85.109 72.687 85,40% 2024 84.535 70.383 83,26% 2025 84.566 68.684 81,22% 2026 84.023 66.411 79,04% 2027 82.945 64.203 77,40% 2028 82.702 62.831 75,97% 2029 82.794 61.793 74,63% 2030 82.614 60.504 73,24% Quelle: Hamburgische Investitions- und Förderbank * 1. Förderweg, 2. Förderweg, Modernisierungsprogramm B, Barrierefreier Umbau und Ankauf von Belegungsbindungen Der Anteil des 1. Förderweges kann auch zukünftig nominal und prozentual höher ausfallen, wenn wie in den zurückliegenden Jahren mehr Wohnungen im 1. Förderweg und weniger Wohnungen im 2. Förderweg realisiert werden als innerhalb des gemeinsamen Budgets jeweils als Mindest- und Maximalanteil vorgesehen ist.