BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7640 21. Wahlperiode 27.01.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 19.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Speicherung von Anhaltemeldungen in Gefahrengebieten In den bis Ende 2016 geltenden Gefahrengebieten wurden Anhaltemeldungen erstellt. Diese Meldungen wurden gespeichert. Es wird berichtet, dass dies jedenfalls nach alter Rechtslage dazu führen konnte, dass sie in der CRIME-Datei „AURELIA“ gespeichert wurden. In der Folge konnte es auch vorkommen, dass Personen bei erneutem Anhalten kein Zutritt zu einem Gefahrengebiet gewährt wurde. Speicherungen aus dem Jahr 2014 (zum Beispiel aus dem Gefahrengebiet, das vom 4.1.2014 bis zum 13.1.2014 im Bezirk Altona eingerichtet wurde) sollen noch immer nicht gelöscht worden sein. Dies deckt sich mit Medienberichten aus dem Jahr 2014: Nach Anhalten und Identitätsfeststellung seien die Daten im Polizeicomputer überprüft und selbst wenn nichts vorgelegen habe, sei eine Anhaltemeldung geschrieben und dies dann im Computer vermerkt worden. In dem Artikel (https://www.welt.de/politik/deutschland/ article123771348/Ein-Tag-in-Hamburgs-gefuerchteter-Danger-Zone.html) heißt es weiter: „Dieser Vermerk wird für mindestens fünf Jahre gespeichert, sagt ein Polizist. So sammeln die Beamten Daten über die linke Szene.“ Dies widerspräche der Bewertung des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom 2.4.2014, die eine kurzfristige Löschung spätestens nach drei Monaten nahelegt, soweit nicht besondere Gründe in der Person des Kontrollierten eine weitere Speicherung rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Bei Anhaltemeldungen handelt es sich um Berichte, die der Dokumentation polizeilichen Handelns dienen. Diese können je nach Einzelfall auch Angaben zu polizeilichen Maßnahmen enthalten, die sich gegen die angehaltene Person richten (zum Beispiel einen Platzverweis). Zur Erstellung der Anhaltemeldung wird ein Vorgang im Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei (ComVor) generiert. Der von der Maßnahme betroffenen Person wird in ComVor die Bezeichnung „angehaltene Person“ zugewiesen . Da personenbezogene Daten, die unter der Bezeichnung „angehaltene Person“ erfasst wurden, nach drei Monaten automatisiert gelöscht werden, sind diese nur für den Zeitraum von drei Monaten im Vorgangsverwaltungssystem ComVor (ComVor- Index) recherchierbar. Die in ComVor gespeicherten Berichte werden im Rahmen der Vorgangsarchivierung fünf Jahre ab Zeitpunkt der letzten Abverfügung eines Vorgangs gespeichert. Die personenbezogenen Daten sind nicht recherchefähig. Eine Speicherung in anderen Systemen erfolgt nur, soweit besondere Gründe in der Person des Kontrollierten dieses rechtfertigen. Eine abschließende Recherche nach Daten, welche aus Anhaltemel- Drucksache 21/7640 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 dungen generiert wurden, innerhalb anderer Dateien als ComVor ist elektronisch nicht möglich. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie wurde mit Personen verfahren, die strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind und bei denen auch nicht anzunehmen ist, dass dies der Fall sein wird? 2. Wie wurde mit erneut angehaltenen Personen verfahren, von denen bereits eine Anhaltemeldung gespeichert ist? Polizeiliche Maßnahmen gegen Personen erfolgen aufgrund der jeweiligen Bewertung des Einzelfalls und der jeweils relevanten rechtlichen Grundlagen. Auch die Darstellung von Vorgehensweisen bei Fallkonstellation im Sinne der Fragestellungen kann daher nur einzelfallbezogen beantwortet werden. 3. Sind noch Anhaltemeldungen gespeichert, die auf polizeilichen Maßnahmen auf Grundlage des § 4 Absatz 2 a. F. PolDVG beruhen? Wenn ja, wie viele? a. Welche Personengruppen (Beschuldigte, Verdächtige, Kontakt-/ Begleitpersonen, gefährdete Personen, potenzielle Täter, Gefährder , Geschädigte oder weitere Kriterien) sind erfasst? Bitte die Zahlen nach den Gruppen differenzieren. b. Welche Maßnahmen (Identitätsfeststellungen, Platzverweise, Aufenthaltsverbote , Gewahrsamnahmen, festgestellte Straftaten oder weitere Kriterien) sind erfasst? Bitte die Zahlen nach den Maßnahmen differenzieren. Soweit es sich um Anhaltemeldungen ohne weitergehende Anlässe handelte, beträgt die Speicherfrist für die personenbezogenen Daten zwei Monate. Zur Beantwortung der Fragen müssten mehrere Hundert Vorgänge händisch ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. und 2. c. Welche Speicher- und Prüffristen bestehen für diese Anhaltemeldungen ? Bitte die unterschiedlichen Fristen im Einzelnen nach den Kriterien unter b. und c. aufführen und unter Angabe der Rechtsgrundlage erläutern. Im Hinblick auf Anhaltemeldungen siehe Vorbemerkung und Antworten zu 1. bis zu 3. b. Soweit sich ein Anlass zur Speicherung personenbezogener Daten in anderen Dateien ergeben hat, sind Prüf- und Speicherfristen gemäß §§ 15 und 16 Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei (PolDVG) in der jeweiligen Errichtungsanordnung festgelegt. d. In welchen polizeilichen Dateisystemen sind die Anhaltemeldungen aus Gefahrengebieten gespeichert? Bitte auch nach den unterschiedlichen Anlässen und Zwecken differenzieren. Siehe Vorbemerkung. e. Ist der Senat der Auffassung, dass diese (alten) Anhaltemeldungen vor dem Hintergrund der Entscheidung des OVG und der datenschutzrechtlichen Bewertung zu löschen wären? Wenn nein, warum nicht? Nein. Für eine Speicherung im ComVor-Index hat die Entscheidung des OVG aufgrund des Datei-zwecks Vorgangsverwaltung keine Auswirkung. Die polizeiliche Vorgangsverwaltung ist notwendige Voraussetzung dafür, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb zu gewährleisten und das polizeiliche Handeln transparent und nachvollziehbar zu machen (vergleiche OVG Lüneburg, Urteil vom 30.01.2013, 11 LC 470/10). Ihr Zweck besteht darin, für einen gewissen Zeitraum stattgefundenes Ver- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7640 3 waltungshandeln zu dokumentieren (VG Hamburg, Urteil vom 25.04.2014, 17 K 3165/12).