BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7706 21. Wahlperiode 03.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein und Jennyfer Dutschke (FDP) vom 26.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Opferschutz in Hamburg – Wie ist der aktuelle Stand? (II) Opfer von zum Beispiel Gewalttaten benötigen bestmögliche Betreuung, um Folgeschäden zu verhindern. Dafür ist eine umfassende Verarbeitung der Geschehnisse notwendig. In Hamburg fehlt nach wie vor ein umfassender Opferschutzbericht1. Damit können sich die Akteure bisher kein umfangreiches Bild über die Bedürfnisse von Opfern machen. Während in anderen Bundesländern, wie etwa Schleswig-Holstein, Hunderte Einzelfallbetrachtungen vorliegen, wurde in Hamburg gerade einmal über acht Fälle berichtet. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie lange werden die Planungen zu einem Opferschutzbericht andauern ? Wann plant der Senat eine Veröffentlichung des Berichts? Siehe Drs. 21/6000. 2. Wie viele konkrete Berichte erfolgten durch die Gerichtshilfe in 2016 bis zum 24.01.2017? Im Jahr 2016 wurden acht Opferberichte durch die Gerichtshilfe geschrieben. Bis zum Stichtag wurde noch kein Bericht gefertigt. 3. Wie viele durch qualifizierte Mitarbeiter/-innen der Fachberatungsstellen und wie viele Mitarbeiter/-innen der Justizbehörde sind seit Inkrafttreten am 1. Januar 2017 für die psychosoziale Prozessbegleitung zuständig? Seit dem 1. Januar 2017 sind bisher zwei Mitarbeiterinnen der Zeugenbetreuungsstelle beim Landgericht und vier Mitarbeiterinnen von Fachberatungsstellen als Psychosoziale Prozessbegleiterinnen von der Justizbehörde antragsgemäß anerkannt worden (§ 4 des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) in Verbindung mit dem Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (AGPsychPbG)). Weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachberatungsstellen durchlaufen derzeit die Qualifizierungsmaßnahmen . a. Werden dazu Mitarbeiter/-innen zusätzlich eingestellt werden? Wenn ja, wo, wie viele und in welchem Zeitraum? b. Welche Maßnahmen plant die Justizbehörde in welchem Zeitraum für die psychosoziale Prozessbegleitung umzusetzen? c. Wird es gegebenenfalls Weiterbildungen geben? 1 Vergleiche Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/6000 vom 23.09.2016. Drucksache 21/7706 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Die Justizbehörde ist zuständig für die Durchführung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 8. Dezember 2016 (HmbGVGL S. 501) und der darauf gestützten Rechtsverordnungen (siehe Anordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren http://www.hamburg.de/ justizbehoerde/service/7823368/psychpbg/). Im Übrigen siehe Drs. 21/6398. Gemeinsam mit der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) wird 2017 ein regelmäßiger Fachaustausch zur Qualitätssicherung mit der Zeugenbetreuungsstelle sowie den Fachberatungsstellen stattfinden. Eine zusätzliche Einstellung ist derzeit nicht vorgesehen. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 4. Wie viele Betroffene haben prozentual Angebote der Opferhilfe in Anspruch genommen im Jahr 2016? Die Ist-Kennzahlen für das Jahr 2016 liegen noch nicht vor, da diese erst mit Abgabe der Sachberichte zum 31. März 2017 vorgelegt werden müssen. Im Übrigen siehe Drs. 21/5000. 5. In welchem Umfang wurde in 2016 bis zum 24.01.2017 von der Möglichkeit des Täter-Opfer-Ausgleichs Gebrauch gemacht? Im Jahr 2016 wurden im Jugendbereich 193 Verfahren Täter-Opfer-Ausgleich eingeleitet , davon wurden 85 Verfahren Täter-Opfer-Ausgleich durchgeführt. Daten für das Jahr 2017 liegen noch nicht vor. Die Daten werden von den Trägern gemäß der Leistungsvereinbarung jeweils zum Ende des Quartals erhoben. In Verfahren gegen erwachsene Beschuldigte kam es zwischen 2016 bis zum 27. Januar 2017 zu den folgenden Täter-Opfer-Ausgleichen: Zeitraum Verfahren Beschuldigte Geschädigte 2016 457 504 549 2017 (bis zum 27.01.)* 47 49 53 * Technisch bedingt kann nur tagesaktuell abgefragt werden. 6. Wie viele Anträge wurden nach dem Opferentschädigungsgesetz 2016 beim Hamburger Versorgungsamt gestellt und wie über wie viele Anträge wurde in 2016 gesamt entschieden? a. Wie viele davon wurden bewilligt beziehungsweise abgelehnt oder auf sonstige Weise erledigt (bitte auch in Prozent angeben)? b. Wie hoch ist die aktuelle Bearbeitungszeit eines Antrags? Im Jahr 2016 wurden 410 Anträge nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) gestellt und 536 Anträge erledigt, davon 497 (92,72 Prozent) durch Bescheid entschieden und 39 Anträge (7,28 Prozent) erledigten sich auf sonstige Weise. 166 Anträge (33,40 Prozent) konnten positiv entschieden werden, 331 Anträge (66,60 Prozent) mussten abgelehnt werden (236 wegen fehlenden Nachweises, 69 aus sonstigen Gründen, 26 wurden versagt). Die aktuelle Bearbeitungszeit (letzte Statistikauswertung Stand Dezember 2016) beträgt 15,19 Monate. 7. Welche Opferhilfeeinrichtungen fördert der Senat seit 2017 bis zu dem Zeitraum 2020 finanziell? Bitte die geförderte Einrichtung und Höhe der finanziellen beziehungsweise geplanten Förderung angeben. Welche Beratungsstellen existieren darunter für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, und wie sind diese personell und finanziell ausgestattet? Siehe Anlage. Im Übrigen sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7706 3 Alle in der Anlage aufgeführten Schutz- und Beratungseinrichtungen richten sich (auch) an Frauen. Im Übrigen siehe Drs. 20/10994. 8. Wie viele Plätze in Hamburger Frauenhäusern stehen derzeit zur Verfügung und standen in den Jahren 2012 bis 2016 zur Verfügung? Wie viele Anfragen von Frauen gibt es derzeit auf einen Platz? Siehe Drs. 21/5000 und Drs. 20/13000. Darüber hinaus kommen 15 kurzfristige Schutzplätze für die Notaufnahme in der neuen Koordinierungs- und Servicestelle der Hamburger Frauenhäuser „24/7“ hinzu. Wegen der umfangreichen Sanierungsarbeiten in allen Häusern und der Folgen eines Dachstuhlbrandes in einem Haus mussten kurzfristige Platzreduzierungen in einzelnen Frauenhäusern vorgenommen werden (siehe Drs. 21/5214). Die Anzahl der Anfragen von Frauen wird in den Hamburger Frauenhäusern statistisch nicht erfasst. Generell wird jede schutzsuchende Frau aufgenommen oder an eine passende andere Einrichtung (innerhalb und außerhalb Hamburgs) weitervermittelt . 9. Welche Maßnahmen hat der Senat in den Jahren 2012 bis 2016 ergriffen , um auf die Hilfe für Opfer von Gewalttaten in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen? Welche Maßnahmen sind in 2017 geplant? Die BASFI fördert Opferschutzeinrichtungen (siehe Drs. 20/12095, Drs. 21/6017), die im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit auf Hilfen für Opfer von Gewalttaten aufmerksam machen. Der Arbeitskreis Gewalt gegen Frauen organisiert gemeinsam mit der Bäcker-Innung Hamburg seit 2008 jährlich die Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ (http://www.gewaltkommtnichtindietuete-hamburg.de/), bei der eine breite Öffentlichkeit auf Hilfsmöglichkeiten hingewiesen wird. Die BASFI und die Polizei Hamburg unterstützen seit Jahren diese Kampagne aktiv. 2014 hat sich der Senat in seinem Konzept zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Menschenhandel und Gewalt in der Pflege zur regelmäßigen Förderung beziehungsweise Organisation von Öffentlichkeitskampagnen in der Stadt verpflichtet (siehe Drs. 20/10994). In Umsetzung dieses Konzepts 2015 fand erstmals eine großangelegte Öffentlichkeitskampagne statt (siehe Drs. 21/6448). Seit 2013 kooperiert die Polizei Hamburg mit einem regionalen privaten TV-Sender und berichtet monatlich in dem Magazin „Auf der sicheren Seite“ zu den Themen Polizeiliche Kriminalprävention, Opferschutz und Straßenverkehrsprävention. Seit 2013 veröffentlicht die BASFI Pressemitteilungen zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Damit soll Aufmerksamkeit für Aktionen geschaffen werden, die zusammen mit Institutionen am Aktionstag veranstaltet werden. Anlassbezogen werden auch Senatsempfänge, neue Hilfeangebote und Podiumsdiskussionen unter Beteiligung von Mitgliedern des Senats bekannt gegeben (http://www.hamburg.de/ pressearchiv-fhh/). In den sozialen Netzwerken findet eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit statt (BASFI seit 2013, Polizei Hamburg seit 2014). Seit Mitte Januar weist die Justizbehörde auf ihrer Internetseite auf die neu eingeführte Psychosoziale Prozessbegleitung hin: http://www.hamburg.de/justizbehoerde/service/7823368/psychpbg/. Die bestehenden Angebote der Öffentlichkeitsarbeit werden im Jahr 2017 kontinuierlich fortgesetzt. Darüber hinaus sind die Planungen für 2017 noch nicht abgeschlossen . Im Übrigen siehe Drs. 21/6000 und Drs. 21/7147. 10. Welche Weiterbildungsangebote gibt es für Amtsträger der Strafverfolgungsorgane , um sie für die Opferbelange zu sensibilisieren? Bitte Anzahl der diesbezüglichen Weiterbildungen sowie den Umfang der Inanspruchnahme der Angebote nennen. Drucksache 21/7706 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Wenn nein, warum nicht? Zu den Weiterbildungsangeboten der Polizei siehe Drs. 21/6000. An diesen Fortbildungslehrgängen haben im Zeitraum vom 20. September 2016 bis 27. Januar 2017 insgesamt 79 Polizeibeamte teilgenommen. Am 21. Februar 2017 findet bei der Polizei der mittlerweile 17. Opferschutztag mit dem Schwerpunktthema „Hasskriminalität“ statt. Die Justizbehörde hat am 16. Dezember 2016 eine Fortbildung zum Thema „Auswirkungen des 3. Opferrechtsreformgesetzes auf die staatsanwaltschaftliche und die gerichtliche Praxis“ mit dem Schwerpunkt „Absehbare praktische Auswirkungen der Einführung der Psychosozialen Prozessbegleitung“ für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und Beschäftigte der Behörde für Inneres und Sport sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei ausgerichtet. Es haben neun Richterinnen und Richter, acht Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde für Inneres und Sport/LKA teilgenommen. Am 1. März 2017 findet eine weitere Fortbildung zu diesem Thema für dienstjunge Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte statt. Zwei Staatsanwälte aus der Abteilung, die unter anderem für die Verfolgung von Straftaten aus dem Bereich der Kinderpornografie zuständig ist, werden Ende März 2017 an dem dreitägigen Seminar von Dunkelziffer e.V. „Kinderpornografie in digitalen Netzen “ teilnehmen, bei dem sowohl phänomenologische Erkenntnisse zu den Opfern als auch die besonderen Belastungsfaktoren für Opfer in zwei Vorträgen aufgegriffen werden. Auch im Rahmen einer für April 2017 geplanten Veranstaltung der Justizbehörde „Hassrede im Internet“ sollen die Auswirkungen der Taten auf die Opfer thematisiert werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/6000. 2017 2017/2018* intervento – Proaktive Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt und Stalking - 840.406,16 € LÂLE in der Interkulturellen Begegnungsstätte e.V. – interkulturelle Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt und Zwangsheirat* - 506.049,78 € i.bera-verikom, interkulturelle Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt und Zwangsheirat* - 463.969,76 € KOOFRA e.V. – Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel* - 348.291,07 € Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen e.V. - 370.391,78 € Allerleirauh – Beratung bei sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend 201.089,36 € - Zündfunke e.V. – Verein zur Prävention und Intervention bei sexuellem Missbrauch an Kindern und Frauen 216.442,95 € - Zornrot e.V. Beratungsstelle bei sexualisierter Gewalt gegen Mädchen und Jungen 144.175,95 € - Dolle Deerns e.V. – Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt 140.299,37 € - Dolle Deerns e.V. – EmpowerVan for Women and Girls 36.866,64 € - ZUFLUCHT – Anonyme Schutzeinrichtung für Mädchen und junge volljährige Frauen 398.627,18 € - Frauen helfen Frauen Hamburg e.V.* - 1.496.433,81 € 2. Hamburger Frauenhaus e.V.* - 1.243.120,75 € 4. Hamburger Frauenhaus e.V.* - 847.366,10 € 5. Hamburger Frauenhaus e.V.* - 832.644,24 € Frauenhaus des Diakonischen Werkes - 908.400,28 € 24/7 - Koordinierungs- und Servicestelle der Frauenhäuser 426.730,20 € - 2017 2017/2018* BIFF (Beratung und Information für Frauen) Eimsbüttel/Altona 210.372,83 € - BIFF Winterhude 170.327,71 € - BIFF Harburg 88.383,68 € - Amnesty for Women e.V. 156.599,37 € - * Auf Antrag der Einrichtung wurden zweijährige Bewilligungen ausgesprochen. Einrichtung Finanziell (bewilligte Zuwendung) in Euro Einrichtung Finanziell (bewilligte Zuwendung) in Euro Finanzielle Förderung der Opferhilfe- und Frauenberatungseinrichtungen 2017 bzw. 2017/2018* Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7706 5 Anlage 7706ska_text 7706ska_Antwort_Anlage