BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7739 21. Wahlperiode 07.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Suding und Daniel Oetzel (FDP) vom 30.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Förderung kinderreicher Familien in Hamburg Kinderreiche Familien – also Familien mit mindestens drei1 Kindern – haben Tag für Tag unterschiedlichste Herausforderungen zu meistern. Dies beginnt bei der täglichen Organisation des Familienlebens und geht über die besonderen Anforderungen an die Rücksicht von Arbeitgebern bis hin zu den deutlich größeren Bedarfen an Platz und Dingen des täglichen Verbrauchs. Daher bedürfen kinderreiche Familien einer auf sie zugeschnittenen Förderung , die den besonderen Lebensumständen einer solchen Familie Rechnung trägt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat hat in den letzten Jahren die soziale Infrastruktur für Familien ausgebaut. Dabei wurden insbesondere die Regelsysteme Kindertagesbetreuung und Schule gestärkt, um Familien unabhängig von der Kinderzahl zu unterstützen und um allen Kindern eine gut ausgebaute und qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Für noch nicht eingeschulte Kinder hat Hamburg zum 1.8.2014 die beitragsfreie fünfstündige Kindertagesbetreuung eingeführt. Allen Schülerinnen und Schülern steht bei Bedarf bis zum vollendeten 14. Lebensjahr eine ganztägige Betreuung an Schulen zur Verfügung. Im Bereich der Jugendhilfe und Familienförderung wurden die Frühen Hilfen sowie Sozialräumliche Hilfen und Angebote in den Bezirken ausgebaut, um Familien passgenaue Unterstützungsangebote niedrigschwellig und überwiegend kostenlos zur Verfügung zu stellen. Förderinstrumente wie der Landesförderplan sowie die Globalrichtlinien im Bereich der Jugendhilfe und der Familienförderung sind darauf ausgerichtet, dass besonders Familien in benachteiligten Stadtteilen oder in schwierigen Lebenssituationen mit Beratungs- und Unterstützungsangeboten erreicht werden. Vom Ausbau der Infrastruktur profitieren daher insbesondere Familien mit mehreren Kindern, aber auch zum Beispiel Alleinerziehende und Familien mit Migrationshintergrund, die noch Unterstützung bei der Integration bedürfen. Zur Beantwortung der Anfrage wurden verschiedene Datenquellen mit den jeweils neuesten Daten verwendet. Die Zahlen können demnach nicht direkt aufeinander bezogen werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) und der Bundesagentur für Arbeit wie folgt: 1 http://www.kinderreichefamilien.de/fakten-zahlen.html. Drucksache 21/7739 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele Familien mit mindestens drei Kindern leben in der Freien und Hansestadt Hamburg? (Bitte aufschlüsseln nach Anzahl der Kinder in der Familie und Bezirk.) Haushalte mit drei und mehr Kindern unter 18 Jahren in Hamburger Bezirken am 31.12.2015 Bezirk Haushalte mit drei Kindern Haushalte mit vier Kindern Haushalte mit fünf Kindern Haushalte mit sechs und mehr Kindern Haushalte mit drei und mehr Kindern (unter 18 Jahren) Hamburg- Mitte 2.851 783 181 55 3.870 Altona 2.475 466 81 28 3.050 Eimsbüttel 1.632 294 51 15 1.992 Hamburg- Nord 1.590 280 62 7 1.939 Wandsbek 3.534 683 144 51 4.412 Bergedorf 1.081 219 56 16 1.372 Harburg 1.572 388 84 28 2.072 Hamburg insgesamt 14.735 3.113 659 200 18.707 Quelle: Melderegister zum 31.12.2015, ergänzt um Schätzungen mit HHGen (Haushaltegenerierung ) durch das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein Berücksichtigt man auch die erwachsenen Kinder im Haushalt so lebten laut Mikrozensus 2015 in Hamburg 22.000 Familien mit drei und mehr Kindern. Eine Auswertung auf Bezirksebene ist auf der Grundlage von Mikrozensusdaten nicht möglich. 2. Wie viele dieser Familien beziehen staatliche Leistungen? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Leistung und Bezirk.) Bezirk Lfd. Hilfe zum Lebensunterhalt, 3. Kap. SGB XII Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung , 4. Kap. SGB XII Gesamt Altona 1 7 8 Bergedorf 2 2 4 Eimsbüttel 2 4 6 Hamburg-Mitte 5 13 18 Hamburg-Nord 1 3 4 Harburg 1 2 3 Wandsbek 0 10 10 Gesamt 12 41 53 Quelle: Datawarehouse, Geschäftsstatistik, Stand: Dezember 2016 Bezirk Asylbewerberleistungsgesetz § 3 Asylbewerberleistungsgesetz § 2 Gesamt Altona 34 54 96 Bergedorf 27 38 69 Eimsbüttel 11 19 36 Hamburg-Mitte 61 76 155 Hamburg-Nord 18 54 76 Harburg 16 37 56 Wandsbek 53 49 112 Behörde für Inneres und Sport 227 4 231 Gesamt 447 331 831 Quelle: Datawarehouse, Geschäftsstatistik, Stand: Dezember 2016 Vonseiten des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit erfolgt eine Auswertung zu „Bedarfsgemeinschaften und deren Mitglieder – Deutschland mit Ländern und Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7739 3 Kreisen“, hier Reiter (3.1 BG-Größe) zu Bedarfsgemeinschaften mit drei und mehr Kindern für Hamburg gesamt – aktueller Stand September 2016. Eine Auswertung pro Bezirk steht nicht zur Verfügung. Mit Stand Dezember 2016 gab es im Bereich der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit in Hamburg 24.511 Kindergeldberechtigte mit drei oder mehr Kindern sowie 791 laufende Fälle, in denen für drei oder mehr Kinder Kinderzuschlag gezahlt wurde. Im Bereich des öffentlichen Dienstes der Stadt Hamburg inklusive der Versorgungsempfänger gibt es nach Auskunft des Zentrums für Personaldienste (ZPD) aktuell 2.000 Kindergeldberechtigte mit drei oder mehr Kindern. Bei anderen öffentlichen Arbeitgebern meldet das ZPD 199 laufende Fälle, in denen für drei oder mehr Kinder Kindergeld gezahlt wird. Eine Aufgliederung nach Bezirken liegt nicht vor. 54 Empfänger beziehungsweise Empfängerinnen von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) mit Wohnsitz in der Freien und Hansestadt Hamburg haben mindestens drei Kinder. Weitere 829 Empfänger beziehungsweise Empfängerinnen von Leistungen nach dem BAföG haben mindestens zwei Geschwister und Eltern mit Wohnsitz in der Freien und Hansestadt Hamburg (jeweils Stand Januar 2017). In welchem Bezirk sich der Wohnort der Empfänger und Empfängerinnen von Leistungen nach dem BAföG oder deren Familie befindet wird statistisch nicht erfasst. Der Bezug weiterer staatlicher Leistungen wird statistisch nicht nach der Anzahl der Kinder in der Familie erfasst. 3. Welche Maßnahmen hat der Senat in den Jahren 2015 und 2016 ergriffen , um speziell den Herausforderungen von kinderreichen Familien in der Freien und Hansestadt Rechnung zu tragen? 4. Welche Maßnahmen wird der Senat in den Jahren 2017 und 2018 ergreifen, um speziell den Herausforderungen von kinderreichen Familien in der Freien und Hansestadt Rechnung zu tragen? 5. Welche Maßnahmen von Dritten fördert die Freie und Hansestadt Hamburg , um speziell den Herausforderungen von kinderreichen Familien in der Freien und Hansestadt Rechnung zu tragen? Bildungs- und Teilhabepaket: Seit 2011 haben alle Leistungsberechtigen mit Transferleistungsbezug (SGB XII, SGB II, AsylbLG, Wohngeld und Kinderzuschlag) Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe. Familien mit mehreren Kindern profitieren von dieser gesetzlichen Regelung insbesondere, weil diese Leistungen personenbezogen gewährt werden. Darüber hinaus übernimmt Hamburg die gesetzlich vorgesehenen Eigenanteile für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schule und Kita und bei der Gewährung einer Schülerfahrkarte. Auch der Zugang zu den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen ist kostenfrei. Kindertagesbetreuung: Für eine täglich bis zu fünfstündige Betreuung mit Mittagessen in einer Kita oder bei der Betreuung durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater im Umfang von bis zu 30 Wochenstunden muss kein Elternbeitrag gezahlt werden. Werden mehrere Kinder einer Familie gleichzeitig betreut, wird nur für das jüngste Kind der volle Elternbeitrag für die zusätzlich genommene Betreuungsleistung berechnet. Für das zweitjüngste Kind ist ein Drittel des regulären Beitrags zu zahlen, mindestens jedoch der jeweilige Mindestsatz. Für alle weiteren Kinder ist nur noch der jeweilige Mindestsatz zu zahlen. Schule: Hamburg hat seit dem 1. August 2012 einen bedarfsunabhängigen Rechtsanspruch auf eine ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen für alle Kinder von der Einschulung bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres eingeführt. Dabei ist die Betreuung in der Schulzeit von 8 bis 16 Uhr gebührenfrei. Für Betreuungswünsche in der Zeit vor 8 Uhr und nach 16 Uhr während der Schulzeit sowie in den Ferien wird eine sozial gestaffelte Gebühr fällig. Die Staffelung ist abhängig von der Höhe des Einkommens sowie von der Familiengröße. Vergleichbar zum Kita-Gutscheinsystem gibt es darüber hinaus eine Geschwisterermäßigung als weitere soziale Komponente. Die Geschwisterermäßigung besagt, dass nur das jüngste kostenpflichtig betreute Kind die volle Gebühr beziehungsweise den vollen Familieneigenanteil zahlt. Das Drucksache 21/7739 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 nächst ältere kostenpflichtig betreute Kind zahlt ein Drittel der ermittelten Gebühr und alle weiteren älteren kostenpflichtig betreuten Geschwister ein Fünftel der ermittelten Gebühr. Ferner ist geregelt, dass Familien mit einer Familiengröße über sechs Personen , also mit mindestens fünf Kindern, nur jeweils 20 Prozent der ermittelten Gebühren für jedes betreute Kind zahlen müssen. Universität: Das Studierendenwerk Hamburg informiert, berät und unterstützt umfassend im Beratungszentrum Soziales & Internationales über Leistungen für schwangere Studierende, Leistungen für studierende Eltern, Leistungen für alleinerziehende Studierende sowie Leistungen für Kinder von Studierenden. Darüber hinaus wird in den Kindertagesstätten des Studierendenwerkes Hamburg mit flexiblen Angeboten und Betreuungszeiten auf die Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern eingegangen . Bezirkliche Infrastruktur für Familien: Die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe sind so ausgestaltet, dass sie allen Familien niedrigschwellig und überwiegend kostenlos zur Verfügung stehen. Die Integrierte Stadtteilentwicklung, die Offene Kinder- und Jugendarbeit, die Familienförderung und die sozialräumlichen Angebote fördern Spiel-, Lern-, Bewegungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche und bieten Beratung und Unterstützung für Eltern. Für die Förderung eines familienfreundlichen Arbeitsplatzangebotes in Hamburg setzt sich zum Beispiel die Hamburger Allianz für Familien ein und zeichnet Unternehmen mit dem Hamburger Familiensiegel aus. Im Bereich der für Kultur zuständigen Behörde sind beispielhaft die folgenden Maßnahmen zu nennen, die allen Familien kostenlos zur Verfügung stehen: freier Eintritt für Kinder in staatliche Museen (bis 18 Jahre), freier Eintritt beim Familienmusiktag „Laut und Luise“, freier Eintritt beim „Internationalen Kinderfest“, freier Eintritt beim „BauTraum“ – Bau- und Spielaktion in der Hafen-City, freier Eintritt beim „Lehmbaufestival“, freier Zugang zu Trainings der HipHop-Academy. kostenfreier Impuls zur Leseförderung im Rahmen von BUCHSTART. Darüber hinaus bieten zahlreiche Einrichtungen von Kultur- und Freizeitangeboten in Hamburg Ermäßigungen für Kinder und Familien, siehe Drs. 21/3284. Der Senat setzt sich für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für alle Hamburgerinnen und Hamburger aus allen Einkommensgruppen ein. In den Jahren 2017 und 2018 sollen jährlich 10.000 neue Wohnungen, davon 3.000 im geförderten Mietwohnungsneubau entstehen. Darüber hinaus siehe Drs. 21/7738. Zur Förderung von Maßnahmen von Dritten siehe auch Drs. 21/335. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.