BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7742 21. Wahlperiode 07.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 30.01.17 und Antwort des Senats Betr.: Nach dem Mathematikchaos – Hält Hamburg bundesweit die rote Laterne beim Physikunterricht? Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e.V. (DPG) hat im Jahre 2016 eine umfangreiche Studie zum Thema „Physik in der Schule“ http://www.dpgphysik .de/veroeffentlichung/broschueren/studien.html veröffentlicht. Diese Studie untersucht Inhalt, Umfang und Leistungsniveau im Physikunterricht der 16 Bundesländer. Es ist ihr zu entnehmen, dass die Versorgung mit Physikunterricht, gemessen an den Stundentafeln, in Hamburg zum Teil weit hinter den anderen Bundesländern zurückbleibt. So entfallen nur 5,78 Wochenstunden auf die Sekundarstufe I der Gymnasien, 4,5 Wochenstunden auf die Sekundarstufe I der Stadtteilschulen und 0 Wochenstunden in der minimalen Belegung im Rahmen der Sekundarstufe II sowohl im Bereich des G8 als auch im Bereich des G9. Darüber hinaus wird im Rahmen dieser Studie der Zusammenhang zwischen dem tatsächlich erteilten Physik-Unterricht einerseits und den Ergebnissen des IQB-Ländervergleichs 2012 in Mathematik und Naturwissenschaften andererseits hergestellt. Danach besteht eine deutliche Korrelation zwischen dem in Hamburg in unterdurchschnittlichem Umfang erteilten Physikunterricht und den schlechten Leistungsständen im Bereich Physik, die aus dem letzten IQB-Ländervergleich https://www.iqb.huberlin .de/bt/lv2012 nachgewiesen wurden. Danach erreicht Hamburg den letzten Platz beim Umfang des erteilten Physikunterrichts und den zweitniedrigsten Leistungsstand aller 16 Bundesländer http://www.dpgphysik.de/ veroeffentlichung/broschueren/studien/schulstudie-2016/schulstudieanhaenge -2016-11-17.pdf. Nach Auskunft der DPG wird die Studie zurzeit überarbeitet, weil die BSB in Hamburg die korrekte Interpretation der Hamburger Stundentafel moniert hat. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Eine Stellungnahme der für Bildung zuständigen Behörde an die Deutsche Physikalische Gesellschaft e.V. (DPG) hat es nicht gegeben. Nach einem Hinweis der stellvertretenden Vorsitzenden der AG Schule der DPG entschied der Vorstand, die in der Studie genannten Wochenstundenzahlen zu überarbeiten, da es Zweifel an der Plausibilität der errechneten Wochenstunden gab. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Wochenstunden werden laut welcher Stundentafel (bitte Link beifügen) im Bereich der Sekundarstufe I an den Hamburger Gymnasien in den einzelnen Jahrgangsstufen (5 – 10) im Fach Physik erteilt? Wie Drucksache 21/7742 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 sehen die Vergleichszahlen in den anderen Bundesländern aus? Bitte insgesamt und nach Jahrgangsstufen getrennt aufführen. 2. Wie viele Wochenstunden werden laut welcher Stundentafel (bitte Link beifügen) im Bereich der Sekundarstufe I an den Hamburger Stadtteilschulen in den Jahrgangsstufen (5 – 10) im Fach Physik erteilt? Wie sehen die Vergleichszahlen für vergleichbare Schulen in den anderen Bundesländern aus? Bitte insgesamt und nach Jahrgangsstufen getrennt aufführen. In den Jahrgangsstufen 5 und 6 ist an beiden Schulformen das Fach Naturwissenschaften /Technik zu erteilen, in den Jahrgangsstufen 7 – 10 die Fächer Biologie, Chemie und Physik. Insgesamt sind an der Stadtteilschule mindestens 18 Wochenstunden , an Gymnasien mindestens 19 Wochenstunden verbindlich. Die Aufteilung der Wochenstunden auf die einzelnen naturwissenschaftlich-technischen Fächer ist nicht festgelegt. Darüber hinaus verfügen die Gymnasien über ein Kontingent von 25 Wochenstunden sowie die Stadtteilschulen über 19 Wochenstunden, die von den Schulen frei verfügbar nach Bedarf für die Verstärkung des Unterrichts eingesetzt werden. Die Schulen entscheiden selbst, welchen Unterrichtsfächern diese zusätzlichen Stunden zugewiesen werden. Gemäß § 36 Absatz 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Grundschule und die Jahrgangsstufen 5 bis 10 der Stadtteilschule und des Gymnasiums (APO-GrundStGy) ist zudem bei der Ausgestaltung der schuleigenen Stundentafel sicherzustellen, dass die in den Bildungsplänen niedergelegten Anforderungen erfüllt werden. Die genannten Wochenstundenzahlen beziehen sich auf 45-minütige Unterrichtsstunden. Siehe APO-GrundStGy, Anlagen 4 und 6, http://www.hamburg.de/contentblob/3013778/data/apo-grundstgy.pdf. Bei Fragen zu den Gegebenheiten in den übrigen Ländern handelt es sich um Angelegenheiten , die außerhalb der Zuständigkeit des Senats und damit des parlamentarischen Fragerechts nach Artikel 25 Hamburgische Verfassung (HV) liegen (Hamburgisches Verfassungsgericht, Urteil vom 6. November 2013 – HVerfG 6/12 – juris Rn. 68). 3. Wie viele Wochenstunden werden laut welcher Stundentafel (bitte Link beifügen) im Bereich der Sekundarstufe II an den Hamburger Gymnasien im Fach Physik erteilt? Wie sehen die Vergleichsdaten in den anderen Bundesländern aus? Bitte insgesamt und nach Jahrgangsstufen getrennt aufführen. In der Studienstufe der gymnasialen Oberstufe sind mindestens ein naturwissenschaftliches Fach (Biologie, Chemie oder Physik) oder ein naturwissenschaftliches und ein weiteres naturwissenschaftliches oder technisches Fach im Umfang von 304 Stunden, das heißt insgesamt acht Wochenstunden, zu belegen. Siehe Ausbildungsund Prüfungsordnung zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife (APO-AH), Anlage 2, http://www.hamburg.de/contentblob/1332736/data/bsb-apo-ah-18-03-2009.pdf. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 4. Wie viele Wochenstunden werden laut welcher Stundentafel (bitte Link beifügen) im Bereich der Sekundarstufe II an den Hamburger Stadteilschulen im Fach Physik erteilt? Wie sehen die Vergleichsdaten in den anderen Bundesländern an vergleichbaren Schulen aus? Bitte insgesamt und nach Jahrgangsstufen getrennt aufführen. Die Oberstufe der Stadtteilschulen besteht aus der Vorstufe und der Studienstufe. In der Vorstufe muss jede Schülerin und jeder Schüler pro Semester zwei der Fächer Biologie, Chemie und Physik wählen im Gesamtumfang von 152 Stunden, das heißt vier Wochenstunden (siehe APO-AH, Anlage 6). Für die Studienstufe gilt dieselbe Regelung wie an den Gymnasien. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 5. Wie verteilt sich der erteilte Unterricht gemäß Fragen 1. – 4. auf Pflichtunterricht und auf Wahlpflichtunterricht? Bitte getrennt nach den Fallgruppen aus den Fragen 1. – 4. angeben. Die Angaben zu 1. bis 4. beziehen sich auf Pflichtunterricht. Zum Angebot im Wahlpflichtbereich der Stadtteilschule zählen mindestens eine weitere Sprache sowie zwei Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7742 3 der Fächer beziehungsweise Lernbereiche Informatik, Bildende Kunst, Musik, Theater, Naturwissenschaften und Technik, Gesellschaftswissenschaften sowie Arbeit und Beruf. Dafür sind mindestens 14 Wochenstunden vorgesehen. Zum Angebot im Wahlpflichtbereich der Gymnasien zählen mindestens eine weitere Sprache sowie zwei der Fächer Musik, Theater, Bildende Kunst, Informatik oder ein Angebot aus den naturwissenschaftlichen Fächern; im altsprachlichen Gymnasium ist der Wahlpflichtbereich aufgehoben und stattdessen eine weitere Sprache Pflicht. Dafür sind mindestens sechs Wochenstunden vorgesehen. 6. Wie viele Schüler an welchen Schulen in welchen Klassenstufen an welcher Schulform nutzen Physikunterricht neben dem Pflichtunterricht in Form von Wahlpflichtunterricht? Bitte insgesamt und unterteilt nach den Fallgruppen aus den Fragen 1. – 4. angeben. Diese Daten werden von der zuständigen Behörde nicht erhoben. Die Ermittlung der Daten ist innerhalb der zur Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Zahl der infrage kommenden Schülerinnen und Schüler betrug im Schuljahr 2015/2016 insgesamt 103.400 (Schülerinnen und Schüler in staatlichen allgemeinbildenden Gymnasien und Stadtteilschulen, Sek. I und Sek. II). 7. Wie viele Schüler eines Jahrganges haben in welcher Form und in welchem Umfang auf welchem Niveau Physikunterricht in der Sekundarstufe II der a) Gymnasien und b) Stadtteilschulen erhalten? Bitte nach den Abiturjahrgängen 2012 – 2016 sortieren und in ganzen Zahlen und prozentualem Jahrgangsanteil angeben. Siehe Anlage. 8. Wie viele Schüler eines Jahrgangs haben Physik als Prüfungsfach im Abitur gewählt? Bitte nach den Abiturjahrgängen 2012 – 2016 sortieren und in ganzen Zahlen und prozentualem Jahrgangsanteil angeben sowie aufführen ob die Prüfung auf dem Niveau eines Grund- oder Leistungskurses erfolgte. 9. Wie haben sich die durchschnittlichen Prüfungsergebnisse der Abiturprüfungen aus Frage 8. im Zeitraum 2012 – 2016 entwickelt? Die folgende Tabelle weist die Anzahl der Prüflinge sowie den Anteil der schriftlichen Abiturprüfungen und die durchschnittlichen Prüfungsnoten im Fach Physik nach Anforderungsniveau für die Schuljahre 2011/2012 bis 2015/2016 aus: Schuljahr Anforderungs-niveau Anzahl Prüfungen Anteil Prüfungen am Abiturjahrgang (in %) Durchschnittliche Note 2011/12 * eA 485 6,3 - gA 41 0,5 - gesamt 526 6,8 - 2012/13 * eA 592 6,9 - gA 47 0,6 - gesamt 639 7,5 - 2013/14 eA 537 6,0 2,59 gA 57 0,6 2,61 gesamt 594 6,6 2,59 2014/15 eA 573 5,9 2,59 gA 56 0,6 2,96 gesamt 629 6,5 2,62 2015/16 eA 552 5,5 2,50 gA 87 0,9 2,55 gesamt 639 6,3 2,51 Drucksache 21/7742 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anmerkungen: * Prüfungsergebnisse für das Fach Physik liegen der zuständigen Behörde seit Einführung zentraler Prüfungen im Schuljahr 2013/2014 vor. eA = erhöhtes Anforderungsniveau, gA = grundlegendes Anforderungsniveau. Quellen: Abfrage der Prüfungszahlen zur Organisation der Prüfungen (Anzahl der Prüfungen in den Schuljahren 2011/2012 und 2012/2013); Monitoring der Abschlussprüfungen (Anzahl der Prüfungen und Prüfungsergebnisse ab dem Schuljahr 2013/2014); Schuljahreserhebungen der Jahre 2011 bis 2015 (Anzahl der Schülerinnen und Schüler in den Abitur-Abschlussklassen der Stadtteilschulen und Gymnasien zur Berechnung des Anteils an Physikprüfungen am Abiturjahrgang). 10. Inwieweit waren die Abiturprüfungen im Fach Physik in den Jahren 2012 – 2016 vergleichbar mit denen in den anderen Bundesländern? Siehe Antwort zu 1. und 2. 11. Inwieweit ist in Zeiten der räumlichen und beruflichen Mobilität von Familien sichergestellt, dass die Hamburger Lehrpläne und die Lernabfolge der Inhalte im Fach Physik kompatibel zu den Plänen anderer Bundesländer sind? Die Länder haben im Jahr 2004 Bildungsstandards im Fach Physik für den mittleren Schulabschluss vereinbart, auf denen die Lehr- oder Rahmenpläne aller Länder basieren . Für die Abiturprüfung im Fach Physik gibt es einheitliche Prüfungsanforderungen gemäß Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 5. Februar 2004. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 12. Trifft es zu, dass die BSB die Feststellungen in der oben genannten Studie zu den Hamburger Stundentafeln moniert hat? Inwieweit sind die Feststellungen beziehungsweise die Interpretation der Stundentafeln aus Sicht der BSB nicht zutreffend? Nein, siehe Vorbemerkung. 13. Welche Konsequenzen hat der Senat aus den Ergebnissen der oben genannten Studie zur Aufwertung des Physikunterrichts und der Verbesserung der Physikleistungen bereits ergriffen beziehungsweise gedenkt er zu ergreifen? Die Beratungen der zuständigen Behörde sind noch nicht abgeschlossen. Sc hü le rin n en u n d Sc hü le r in de r St u di en st u fe an Ha m bu rg er G ym n as ie n u n d St ad tte ils ch u le n 20 11 /1 2 20 12 /1 3 20 13 /1 4 20 14 /1 5 20 15 /1 6 6. 08 8 6. 35 1 6. 35 2 6. 62 3 6. 41 3 da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (gA * ) 1. 18 7 1. 29 6 1. 20 3 1. 34 1 1. 23 7 An te il a n G ym n a siu m 19 , 5% 20 , 4% 18 , 9% 20 , 2% 19 , 3% da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (eA * ) 72 0 71 3 74 0 74 2 64 0 An te il a n G ym n a siu m 11 , 8% 11 , 2% 11 , 6% 11 , 2% 10 , 0% da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (bi n * ) 42 An te il a n G ym n a siu m 0, 7% 3. 62 6 3. 54 1 3. 78 8 4. 09 3 3. 85 8 da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (gA * ) 75 6 55 3 66 6 63 4 59 0 An te il a n St a dt te ils ch u le 20 , 8% 15 , 6% 17 , 6% 15 , 5% 15 , 3% da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (eA * ) 17 9 11 5 15 6 13 8 12 8 An te il a n St a dt te ils ch u le 4, 9% 3, 2% 4, 1% 3, 4% 3, 3% da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (bi n ) 30 7 An te il a n St a dt te ils ch u le 8, 0% 5. 21 3 5. 59 4 5. 78 3 6. 13 9 6. 45 3 da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (gA * ) 1. 08 5 1. 07 6 1. 06 2 1. 10 7 1. 19 5 An te il a n G ym n a siu m 20 , 8% 19 , 2% 18 , 4% 18 , 0% 18 , 5% da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (eA * ) 51 0 68 3 67 1 69 8 74 2 An te il a n G ym n a siu m 9, 8% 12 , 2% 11 , 6% 11 , 4% 11 , 5% 2. 82 7 2. 91 0 3. 10 4 3. 44 4 3. 41 3 da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (gA * ) 56 9 57 7 47 4 58 3 56 0 An te il a n St a dt te ils ch u le 20 , 1% 19 , 8% 15 , 3% 16 , 9% 16 , 4% da ru n te r m it Fa ch Ph ys ik (eA ) 15 7 13 3 10 7 14 2 13 2 An te il a n St a dt te ils ch u le 5, 6% 4, 6% 3, 4% 4, 1% 3, 9% Qu e lle : D at e n de r zu st än di ge n Be hö rd e * gA = gr u n dl e ge n de s An fo rd e ru n gs n ive a u , e A= e rh öh te s An fo rd e ru n gs n ive a u , bi n = bi n n e n di ffe re n zie rte s N ive a u * * S1 = 1. Se m e st e r: St u di e n st u fe G ym n a si u m , Ja hr ga n g 11 so w ie St a dt te ils ch u le , Ja hr ga n g 12 (1. H al bja hr ) * * S3 = 3. Se m e st e r: St u di e n st u fe G ym n a si u m , Ja hr ga n g 12 so w ie St a dt te ils ch u le , Ja hr ga n g 13 (1. H al bja hr ) Sc hu lja hr G ym n a siu m St a dt te ils ch u le S1 * * S3 * * G ym n as iu m (al le Sc hü le rin n en u n d Sc hü le r) St ad tte ils ch u le (al le Sc hü le rin n en u n d Sc hü le r) G ym n as iu m (al le Sc hü le rin n en u n d Sc hü le r) G ym n a siu m St ad tte ils ch u le (al le Sc hü le rin n en u n d Sc hü le r) St a dt te ils ch u le Ku rs n ive a u Sc hu lfo rm Ja hr ga n g Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7742 5 Anlage 7742ska_Text 7742ska_Anlage