BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7768 21. Wahlperiode 07.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 31.01.17 und Antwort des Senats Betr.: G20-Gipfel – Wie wird eine reibungslose Kommunikation gewährleistet? Einem Bericht des „Hamburger Abendblattes“ vom 31. Januar 2017 zufolge gibt es im Vorfeld des G20-Gipfels massive Probleme bei der Kommunikation über einen Messenger und den Digitalfunk. Nach Angaben des Landesvorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sei die katastrophale Ausstattung ein Sicherheitsrisiko. Hintergrund sei folgender: Hamburg hatte im Gegensatz zu anderen Ländern das spezielle System „Messenger24“ von Microsoft/Nokia eingekauft und dafür 900 Lumia-Handys im Wert von rund 100.000 Euro angeschafft. Dies sollte den Beamten ermöglichen, schnell Nachrichten, Bilder, Videos, Tondateien und Standortdaten untereinander auszutauschen. Diese Software, die erstmals beim OSZE-Treffen im Echtbetrieb eingesetzt wurde, soll indes schlecht funktionieren. In der Praxis hätten die Beamten deshalb auf ihre Privathandys und ihr „WhatsApp“ zurückgreifen müssen, da der Messenger nicht die Namen der Kollegen anzeige, sondern nur die Dienstnummer. Dies sei bei einem Großeinsatz jedoch völlig unpraktikabel. Auch beim Funkverkehr soll es im Rahmen des OSZE-Treffens zu Problemen gekommen sein: Es habe nicht genug Funkgruppen gegeben, einzelne Hundertschaftführer konnten ihre Beamten nicht über Funk erreichen. Zudem breche im Untergeschoss von S-Bahnhöfen regelmäßig die Funkverbindung ab. Bis zum G20-Gipfel müssen diese technischen Sicherheitsmängel dringend behoben werden. Dort wird man nicht mehr auf Privathandys zurückgreifen können, da die Sicherheitskräfte des US-Präsidenten Störsender einsetzen werden. Dort werden die Hamburger Beamten mit mehr als 6.000 auswärtigen Polizisten kommunizieren müssen. Mit den Geräten anderer Hersteller soll der Messenger24 allerdings nicht kompatibel sein und Microsoft hat entschieden, keine weiteren Lumia-Handys zu produzieren. Beim Digitalfunk ist die Zahl der Rufgruppen technisch begrenzt. Dies vorausgeschickt, frage ich den Senat: Hamburg verfügt über eine sehr gute Digitalfunkausstattung mit hoher Zuverlässigkeit und Qualität. Diese ist weitaus leistungsfähiger als die vorherige analoge Funktechnik, die deutlich weniger Kanäle und Rufgruppen zugelassen hat. Auch dem Digitalfunk sind aber technische Grenzen gesetzt, die Hamburg nicht beliebig erweitern kann. Das technisch Mögliche hat Hamburg ausgereizt. Der Digitalfunk bildet weiterhin den Grundstock der Einsatzkommunikation. Drucksache 21/7768 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Zugleich verfolgt die zuständige Behörde das Ziel, die Einsatzwahrnehmung der Polizei Hamburg generell durch mobile IT-Unterstützung weiter zu stärken. Dabei orientiert sie sich vorranging an der Allgemeinen Aufgabenwahrnehmung der Polizei Hamburg . Der Polizeipräsident hat hierzu das Projekt Mobile Polizeiarbeit (MobiPol) eingesetzt . Anlässlich des OSZE-Treffens wurde die Messenger24-Lösung als ergänzende Maßnahme zur Unterstützung des Einsatzes zur Verfügung gestellt. Hierbei wurden im Einsatz der Geräte und der Software einige Verbesserungsbedarfe festgestellt, wie zum Beispiel die Anzeige der Gesprächspartner, die im weiteren Verfahren derzeit umgesetzt werden. Da der Messenger24 von vornherein als ergänzendes Kommunikationsmittel zum Digitalfunk vorgesehen war, waren die festgestellten Verbesserungsbedarfe für die Einsatzdurchführung nicht optimal, aber auch nicht kritisch. Im Übrigen steht eine bundesweit kompatible Messenger-Lösung für die deutschen Polizeien derzeit nicht zur Verfügung. Ein Zuwarten auf eine eventuell denkbare künftige Einigung der deutschen Polizeien auf eine Lösung hätte für die Polizei Hamburg den Verlust wichtiger Entwicklungszeit bedeutet, die im Sinne einer zeitnahen Unterstützung der Polizistinnen und Polizisten vor Ort mit mobiler IT nicht in Kauf genommen werden sollte. Die gewählte Messenger-Variante passt hierbei in die IT- Umgebung der Polizei Hamburg und bietet für die nächsten Jahre eine ausreichende Zukunftssicherheit. Dieses vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde über Probleme während des OSZE-Treffens hinsichtlich der Kommunikation a. über den Messenger24, Bei der Nutzung des Messenger24 traten drei Fehlerbilder auf. Zwei Fehlerbilder sind bereits behoben; an der Behebung des dritten wird intensiv gearbeitet. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. b. über Digitalfunk vor? Keine. 2. Wer hat wann aus welchem Grund entschieden, den Messenger24 einschließlich der dafür erforderlichen Lumia-Handys anzuschaffen? a. Inwieweit erfolgte zuvor eine Prüfung, ob dieser mit der technischen Ausstattung der Polizeikräfte anderer Bundesländer und der Bundespolizei kompatibel ist? b. Inwieweit erfolgte zuvor eine Abstimmung darüber mit anderen Bundesländern beziehungsweise der Bundespolizei? Der Arbeitskreis II Innere Sicherheit (AK II) der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) hat auf seiner Sitzung am 14./15. Oktober 2015 festgestellt, dass in den Polizeien – insbesondere im Einsatz – insgesamt ein hoher Bedarf an einer sicheren, länderübergreifenden Datenkommunikation über mobile Endgeräte beziehungsweise durch Nutzung eines polizeilichen Mobile Messaging Systems besteht. Es sind verschiedene Prüfaufträge für die Einführung eines bundeseinheitlichen Systems „Einsatz-, Kommunikations- und Unterstützungssystem“ (EKUS) ergangen, das in einem ersten Schritt die Anforderungen von Spezialeinheiten besonders berücksichtigen soll. Abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor. Die Bundespolizei und einige Länderpolizeien haben zwischenzeitlich eigene Messenger -Systeme eingeführt, die jeweils unterschiedliche Zielgruppen berücksichtigen und miteinander nicht kompatibel sind. c. Welche Kosten sind dafür entstanden? Die Polizei hat für die erste Stufe des Projekts MobiPol circa 500.000 Euro veranschlagt , worin auch die Kosten für die Konzeption und Entwicklung der App Messenger 24 enthalten sind. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7768 3 3. Wie und von wem sollen die Probleme beim Messenger24 bis zum G20- Gipfel behoben werden? Die Fehlerbereinigung befindet sich aktuell in der gemeinsamen Bearbeitung der verantwortlichen Firmen. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. a. a. Falls sie behoben werden, welche Kosten fallen dadurch an? Nach gegenwärtigem Kenntnisstand: keine. b. Wird es bis zum G20-Gipfel insbesondere möglich sein, die Namen der Kollegen zu sehen? Falls nein, weshalb nicht? Ja. Bei Nutzern von Gastkarten wird lediglich die Dienstnummer angezeigt. 4. Welche Alternative zur Kommunikation der Beamten mit den auswärtigen Kräften über den Messenger24 gibt es? Welche Kosten fallen hierfür gegebenenfalls an? Kommunikation bei der Polizei erfolgt grundsätzlich mündlich persönlich, telefonisch, über Digitalfunk beziehungsweise mittels taktischer Zeichen. Der Messenger24 wird darüber hinaus ergänzend für die Einsatzkommunikation genutzt. Für eine Alternativlösung im Sinne der Fragestellung müssten neue Infrastrukturen in Hamburg aufgebaut sowie neue Endgeräte für alle Bedarfsträger beschafft und administriert werden. Die Gesamtkosten hierfür lassen sich nicht hinreichend seriös angeben . Im Übrigen siehe Antwort zu 2. a. und b. 5. Wie wirkt sich die technische Begrenzung der Zahl der Rufgruppen beim Digitalfunk konkret aus? Begrenzungen im Sinne der Fragestellung dienen primär einer Schutzfunktion, um in Abhängigkeit zur Ausstattung der Basisstationen zuverlässige Rufaufbauzeiten sicherzustellen und einen sogenannten Warteschlangenbetrieb zu verhindern. Aus diesem Grund sind einsatzspezifische Rufgruppen unter Berücksichtigung anderer Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) und der polizeilichen Alltagsorganisation sinnvoll zu organisieren und zu verteilen. Im Einzelfall kann es durch höhere Auslastungen zu geringen Wartezeiten kommen. Anlässlich des Einsatzes zum OSZE-Ministerratstreffen fand eine enge taktische und technische Abstimmung mit der Autorisierten Stelle Hamburg (AS-HH) für den Digitalfunk statt; dies ist auch für den Einsatz anlässlich des G20-Gipfels vorgesehen. 6. Seit wann ist der zuständigen Behörde bekannt, dass es im Untergeschoss von S-Bahnhöfen zum regelmäßigen Abbruch der Funkverbindung kommt? Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation wurden wann von wem jeweils eingeleitet? Der Polizei ist seit der Einführung des Digitalfunks im Jahr 2012 bekannt, dass Tunnel und Tunnelbahnhöfe der Hamburger S-Bahn nicht optimal mit Digitalfunk versorgt sind. Die Versorgung liegt in der Zuständigkeit der Deutschen Bahn AG. Das für die Bundespolizei zuständige Bundesministerium des Innern und die Behörde für Inneres und Sport sind mit der Deutschen Bahn AG im intensiven Bemühen, eine verbesserte Versorgung zu erreichen. 7. Ist es richtig, dass die Gefahr besteht, dass die Kommunikation beim G20-Gipfel über Mobiltelefone durch Störsender verhindert wird? Nein. 8. Wie will die zuständige Behörde konkret eine reibungslose Kommunikation der Beamten untereinander und mit den auswärtigen Polizeikräften während des G20-Gipfels gewährleisten? Drucksache 21/7768 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bereits in Vorbereitung auf das OSZE-Ministerratstreffen wurden technisch mögliche Kapazitätserhöhungen vorgenommen. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. a.