BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7842 21. Wahlperiode 10.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Gamm (CDU) vom 03.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Die Hamburger Biotonnen-Drohung Der grüne Umweltsenator Kerstan ist weiterhin unzufrieden: Nach seiner Auffassung lassen sich zu wenige Bürger der Stadt die Biotonne vor die Haustür beziehungsweise in den Hinterhof stellen. Dabei ist seit Inkrafttreten der Hamburger Wertstoffverordnung im Jahre 2011 die getrennte Entsorgung von organischen Küchen- und Gartenabfällen verpflichtend geworden. Und daher sei in vielen Fällen auch die Aufstellung der Biotonne Pflicht, so die Schlussfolgerung des Senators. Von der Pflicht ist jedoch unter anderem ausgenommen, wer nachvollziehbar begründen kann, dass er keinen Platz für die zusätzliche Tonne hat. Schätzungsweise 150.000 Haushalte seien durch diese Ausnahmeregel von der Aufstellung befreit, so meldete das „Hamburger Abendblatt“ am 25.06.2016. „Trotzdem haben aber erst zwei Drittel der schätzungsweise 780.000 „anschlussfähigen“ Haushalte in Hamburg Zugang zu einer Biotonne“. Laut Meldung des „Hamburger Abendblatts“ vom 10.01.2017, möchte der Senat nun denjenigen Bürgern ein Ultimatum aussprechen, die ihrer Pflicht noch nicht nachgekommen sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die seit 2011 bestehende Pflicht zur Vorhaltung einer Biotonne wird von der Stadtreinigung Hamburg AöR (SRH) in Abstimmung mit der zuständigen Fachbehörde in einem mehrstufigen Verfahren umgesetzt. Grundeigentümer in Hamburg sind in diesem Zusammenhang bereits mehrfach angeschrieben und aufgefordert worden, Biotonnen zu bestellen oder Befreiungsgründe geltend zu machen. In den Jahren 2011 bis 2014 haben die damalige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt und die SRH außerdem im Rahmen eines Bündnisses mit der Wohnungswirtschaft an der verbesserten Versorgung mit Wertstofftonnen – einschließlich der Biotonnen – speziell im Geschosswohnungsbau gearbeitet. Als Resultat dieser Bemühungen ist die Zahl der Biotonnen bei privaten Haushalten von 57.000 im Jahre 2010 auf zuletzt fast 129.000 angestiegen. In den meisten Fällen sind an eine Tonne mehrere Haushalte angeschlossen , sodass mittlerweile circa 536.000 Haushalte in Hamburg Zugang zu einer Biotonne haben. Hinzu kommen die Haushalte, die ihre Bioabfälle selbst kompostieren . Dennoch gibt es circa 8.500 Grundstücke, für die die zuständigen Grundeigentümer oder Verwalter auf die zahlreichen Schreiben der SRH noch nicht reagiert haben. Dort stehen den circa 100.000 betroffenen Haushalten daher keine Biotonnen zur Verfügung. Aus diesem Grunde setzt SRH für diese Standplätze nunmehr die bestehende Pflicht nach der Hamburgischen Bioabfallverordnung um. Dieses Anschlussverfahren wird den Grundeigentümern mit den sukzessive versandten Schreiben angekündigt . Soweit dennoch keine Bestellung erfolgt, schließt sich eine Besichtigung des Drucksache 21/7842 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Standplatzes an, um zu überprüfen, ob die örtlichen Verhältnisse die Stellung einer Biotonne erlauben. Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, trifft SRH anschließend durch Bescheid eine verbindliche Entscheidung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften der SRH, wie folgt: 1. Hat der Senat Erkenntnisse beziehungsweise eine Erklärung für die eingangs skizzierte Situation? (Was sind nach Auffassung des Senats die Gründe dafür, dass eine Vielzahl der Bürger ihrer „Pflicht“ nicht nachkommt ?) Ausnahmen von der Pflicht zur Vorhaltung einer Biotonne sind in § 4 Absatz 1 Nummer 1 und 2 der Hamburgischen Bioabfallverordnung für die Fälle vorgesehen, bei denen noch kein ausreichender Standplatz vorhanden ist oder die Möglichkeit zur Eigenkompostierung genutzt wird. Weiterhin sind nach § 4 Absatz 4 Grundstücke, die an die Müllsackentsorgung angeschlossen sind, grundsätzlich befreit. Die Gründe der Grundeigentümer, die sich bislang nicht geäußert haben (siehe dazu auch Vorbemerkung ), sind nicht bekannt. 2. Hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde eine Einteilung aller Haushalte in Hamburg in die Kategorien „anschlussfähig“ und „nicht anschlussfähig“ vorgenommen (bitte detailliert angeben)? a. Wenn ja, auf welcher Datengrundlage und anhand welcher konkreten Kriterien wurde eine Kategorisierung der Haushalte beziehungsweise Hausgemeinschaften vorgenommen? b. Falls nein, wie ist der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde zu der Schlussfolgerung gelangt, dass viele Haushalte und Hausgemeinschaften entgegen ihrer Verpflichtung noch keine Biotonne aufgestellt haben? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. Die von jetzt begonnenen Anschlussverfahren betroffene Grundeigentümer haben trotz der bestehenden grundsätzlichen Pflicht zur Bestellung einer Biotonne bisher nicht auf die wiederholten Anschreiben der SRH reagiert und infolge auch keine Befreiungsgründe vorgetragen. 3. Wer ist für die Prüfung der „Anschlussfähigkeit“ vor Ort zuständig und wer hat diese dann vor Ort vorgenommen beziehungsweise wurde mit der Durchführung dieser Aufgabe betraut? Die Prüfungen werden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der SRH durchgeführt. 4. Wurde bereits allen anschlussfähigen Haushalten, die noch keine Biotonne haben aufstellen lassen, das besagte Ultimatum ausgesprochen und schriftlich zugestellt? Nein. a. Wenn ja, in welchem Zeitraum wurde den betroffenen Haushalten das Ultimatum zugestellt (bitte das Datum der ersten und der letzten Zustellung aufführen)? Entfällt. b. Falls nicht, wie viele Haushalte werden das besagte Ultimatum noch in schriftlicher Form erhalten und wann ist mit dem Ende dieser Aktion zu rechnen? Das Ankündigungsschreiben wurde bisher für circa 1.330 der rund 8.500 betroffenen Grundstücke verschickt. Die übrigen Schreiben werden nach und nach folgen. Die Planung der SRH sieht vor, dass im Mai 2018 alle Anschlussverfahren beendet sein sollen. 5. Wird das Ultimatum auch Haushalten gegenüber ausgesprochen deren „Anschlussfähigkeit“ noch nicht (abschließend) festgestellt wurde? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7842 3 Siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 2. 6. Wie lautet der Text des Ultimatum-Schreibens? (Bitte im vollständigen Wortlaut angeben)? Siehe Anlage. 7. Wer ist Absender und wer ist Unterzeichner des Schreibens? Die Geschäftsführung der SRH. 8. Auf welche Höhe belaufen sich die Kosten, die für die Ermittlung der Empfänger des Ultimatums und den postalischen Versand bislang entstanden sind, und wie hoch werden die Kosten am Ende dieses Vorganges voraussichtlich sein? Die Empfänger sind der SRH bekannt. Die bislang entstandenen Kosten für den postalischen Versand liegen bei circa 860 Euro, mit weiteren Kosten in Höhe von etwas über 5.000 Euro ist zu rechnen. 9. Wie viele der kontaktierten Haushalte und Hausgemeinschaften haben mittlerweile auf das gestellte Ultimatum reagiert und ihre Bereitschaft erklärt , eine Biotonne aufzustellen (Stichtagsbetrachtung zum 6. Februar 2017)? Von den bisher circa 1.330 Angeschriebenen haben bislang 210 Angeschriebene Biotonnen bestellt. 10. Mit welchen Konsequenzen haben Haushalte und Hausgemeinschaften zu rechnen, wenn sie ihrer Pflicht – aus der Werkstoffverordnung – nach wie vor nicht nachkommen (bitte die Folgen konkret und vollständig aufführen )? Siehe Vorbemerkung. Soweit Nutzungspflichtige keine der Ausnahmeregelungen von der Pflicht zur Nutzung der Biotonne nach der Hamburgischen Bioabfallverordnung für sich in Anspruch nehmen können, kann die Duldung und Nutzung der Biotonne durch SRH im Verwaltungsverfahren angeordnet und umgesetzt werden. Zugleich stellt die ungerechtfertigte Weigerung zur Nutzung der Biotonne eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld gemäß § 16 Absatz 1 des Hamburgischen Abfallwirtschaftsgesetzes geahndet werden kann. Drucksache 21/7842 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage Anschlussverfahren zur Umsetzung der Hamburger Recyclingoffensive Sehr geehrter Herr Mustermann, seit Januar 2011 gilt in Hamburg eine Anschluss- und Benutzungspflicht für blaue Papier- und grüne Biotonnen. Wir haben Sie mehrfach dazu angeschrieben, aber bis heute liegt uns weder eine Bestellung noch eine zulässige Befreiungsbegründung von Ihnen vor. Bitte bestellen Sie daher bis spätestens xx.xx.xxx die erforderliche(n) Wertstofftonne(n), oder schicken Sie uns das ausgefüllte und unterzeichnete Formular der Anlage zu. Formulare und Hinweise hierfür finden Sie in der Anlage, beachten Sie bitte, dass lediglich die in Anlage 2 genannten Gründe von einer Anschlusspflicht befreien. Andernfalls führen wir das Anschlussverfahren durch. Kommen wir nach Prüfung des Grundstücks zum Ergebnis, dass eine Behältergestellung möglich ist, erhalten Sie einen Bescheid mit der Anzahl der zu stellenden Bioabfallund/ oder Altpapiertonnen und dem Gestellungsdatum. Eine weitere Anhörung nach § 28 Abs. 1 HmbVwVfG erfolgt nicht. Mit freundlichen Grüßen Informationen zur konsequenten Mülltrennung Mit einer konsequenten Mülltrennung tragen Sie aktiv zum Umwelt- und Klimaschutz bei. Sie sichern nachhaltig natürliche Ressourcen für die künftigen Generationen. Und oftmals können Sie auch noch gleichzeitig das Restmüllvolumen reduzieren und somit Gebühren sparen. Die grüne Biotonne ist im Vergleich zum Restmüllgefäß rund 80 Prozent günstiger. Die blaue Papiertonne kostet sogar keine zusätzliche Gebühr. Hier finden sie viele Beispiele für Abfälle, die Sie künftig in den richtigen Tonnen entsorgen müssen: Grüne Biotonne Küchenabfälle o Obst-, Gemüse- und gekochte Essensreste o Kaffeefilter und Kaffeesatz, Teesatz und Teebeutel o Milchprodukte ohne Verpackung o Brot und Brötchen, Eierschalen o kleine Mengen Kleintierstreu aus Holzspänen, Stroh und Heu Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7842 5 Gartenabfälle o Blumen, Blumenerde und Gartenabfälle jeder Art o Gras-, Strauch- und Baumschnitt o Laub und Wildkräuter o Pflanzenreste o Schnittblumen o Topfpflanzen mit Ballen Sonstiges o Haare und Federn o Sägespäne Blaue Papiertonne o (Fenster-)Briefumschläge, Notizzettel, Kalender o Zeitungen, Zeitschriften, Schulhefte, Bücher, Prospekte, Kataloge o Kartons, Schachteln o Papiertüten o Geschenkpapier o Wellpappe o Zigarettenschachteln ohne Silberfolie und Kunststoffhülle o Etiketten aus Papier/Pappe o alle Verpackungen aus Papier und Pappe (außer Zementsäcke) o wenig verschmutztes Haushaltspapier Mehr Informationen erhalten sie auf unserer Internetseite www.stadtreinigung.hamburg - Anlage 1 – Bestellformular für die grüne Bio- und die blaue Papiertonne bitte Rückmeldung innerhalb eines Monats