BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7843 21. Wahlperiode 10.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 03.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Saga fordert Absenkung der energetischen Standards – Stielt sich der rot-grüne Senat aus seiner Verantwortung für die Umwelt? In einem Interview gibt der Vorstandssprecher der Saga, Thomas Krebs, zu Protokoll, dass es für die Saga einen Zielkonflikt gäbe zwischen dem Bau von 2.000 günstigen Wohnungen jährlich und den hohen energetischen Standards einerseits und der Beibehaltung moderater Nebenkosten für die Mieter andererseits. Was er nicht sagt: Von diesem Zielkonflikt dürfte auch die private Bauwirtschaft betroffen sein. Herr Krebs schlägt vor, dass die Klimaschutzpolitik sich nicht auf das einzelne Gebäude, sondern auf ganze Wohnungsbestände konzentrieren sollte. Künftig solle es den Investoren oder Eigentümern überlassen bleiben, wie sie die Klimaschutzziele erreichen. Dieses Rauswinden aus den geltenden energetischen Standards für den städtischen Wohnungskonzern macht misstrauisch: Während zu CDU-Regierungszeiten die Stadt bei energetischen Standards mit gutem Beispiel der Privatwirtschaft voranging, will sich jetzt die Saga scheinbar als erste davon verabschieden. Irritierend ist, wie dieser Vorstoß zu dem sogenannten kostenoptimierten Effizienzwohnungsbau und der dadurch entstehenden standardisierten Einheitsarchitektur mit „grünem Anstrich“ passen soll: Die rot-grüne Koalition hatte im Sommer gegen den energischen Protest der Opposition und der Architektenkammer hohe und teure Umweltauflagen beschlossen – auf Kosten der städtebaulichen Qualität. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der rot-grüne Senat sich nicht in der Lage sieht, sein ehrgeiziges Wohnungsbauprogramm mit Umweltstandards beim Bauen in Einklang zu bringen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen – teilweise auf Grundlage von Auskünften der SAGA – wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat die öffentlich geäußerten Gedankengänge des Saga-Vorstandssprechers? 2. Wie bewertet der rot-grüne Senat insbesondere den Vorschlag von Herrn Krebs, die Klimaschutzpolitik künftig darauf hin auszurichten, dass es im Ermessen der Saga bleiben soll, wie sie die Klimaschutzziele beim Bau umsetzt? Drucksache 21/7843 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Der Ansatz des Saga-Vorstandssprechers bedeutet, über Um-Interpretation von Umweltschutzauflagen, Bau- und Mietnebenkosten zu sparen. Wie bewertet der Senat die Vereinbarkeit mit den geltenden Umweltund Klimaschutzauflagen? 4. Wie bewertet der Senat den sogenannten Quartiersansatz, demzufolge sich beim Klimaschutz nicht auf das einzelne Gebäude, sondern auf ganze Wohnungsbestände konzentriert werden sollte? 5. Ist der Senat der Überzeugung, dass mit den Vorschlägen des Saga- Vorstandsprechers zur Lockerung der energetischen Standards tatsächlich weiterhin die hohen Klimaschutzziele eingehalten werden können? 6. Wie kann hier das Prinzip der Gleichbehandlung gewährleistet werden? Werden diese Um-Interpretationen auch für andere Investoren und Eigentümer gelten? 7. Wie können Eigentümer, die ein Einzelobjekt sanieren oder planen, von diesen Erleichterungen partizipieren? 8. Gibt es weitere Überlegungen des Senats, energetische Standards zu lockern, um so die ehrgeizigen Ziele des Bürgermeisters beim Wohnungsbau umsetzen zu können? 9. Auf welche Weise will der Senat die vom Saga-Vorstandssprecher vorgeschlagene Lockerung der energetischen Standards mit den strengen Vorschriften beim sogenannten Effizienzwohnungsbau in Einklang bringen ? 10. Gesetzt dem Fall, eine derartige Regelung würde in Hamburg zur Geltung kommen: Wie geht der Senat mit Fällen um, bei denen nach dem Bau festgestellt wird, dass die vorgeschriebenen Klimaschutzziele nicht erreicht worden sind? Der Senat unterstützt die völkerrechtlichen Vereinbarungen zum Klimaschutz gemäß der Klima-Vertragsstaatenkonferenz in Paris (COP21) und die Klimaschutzziele der Bundesregierung, wie sie in der Effizienzstrategie Gebäude sowie dem Klimaschutzplan 2050 festgehalten sind. Der Senat hat mit dem Hamburger Klimaplan (Bürgerschaftsdrs. 21/2521) entsprechend die klimapolitischen Ziele festgelegt. Unter anderen ist darin das strategische Cluster „Transformation urbaner Räume“ mit dem Ziel eingeführt, Klimaschutz und Klimaanpassung stärker in die Stadtentwicklung zu integrieren. Dabei erfolgt die Integration vorwiegend auf der Quartiersebene. Der herausragende Aspekt beim Klimaschutz im Quartier ist die energetische Entwicklung mit den Komponenten Gebäudeeffizienz und Energieversorgung. Im Bündnis für das Wohnen in Hamburg für die 21. Legislaturperiode haben sich Senat und Wohnungsverbände daher auch zum Klimaschutz, Klimaanpassung und bezahlbaren Wohnraum bekannt und als eine hohe politische Priorität anerkannt. Die Bündnispartner haben dazu vereinbart, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, um Energieverbräuche von Gebäuden zu senken, die Energieeffizienz zu steigern sowie den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen. Hierzu gehört auch die Intensivierung energetischer Quartierssanierungen. Das Bündnis für das Wohnen soll dabei auch als Plattform verwendet werden, um laufende und neue Projekte zu evaluieren, fortzuentwickeln und vermehrt umzusetzen. Eine Betrachtung von Quartieren ist unter Berücksichtigung der geltenden gesetzlichen Regelungen bereits möglich und wird von den zuständigen Behörden unterstützt. Ein Quartiersansatz kann zu einem optimierten Ressourceneinsatz beitragen, im Bereich der Energieversorgung die Energiewende befördern und die Potenziale für die Nutzung erneuerbarer Energien besser erschließen. Zur Erreichung der Klimaschutzziele können somit auch gemeinsame Strategien der Gebäudeeigentümer beitragen. Gemeinsam mit der Freien und Hansestadt Hamburg abgestimmte energetische Quartierskonzepte verbessern die Einbindung erneuerba- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7843 3 rer Energien in die Wärme- und Stromversorgung. Städtebauliche Verträge können zur Umsetzung derartiger Strategien beitragen, wenn es darum geht, gemeinsame Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung und Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung zu schaffen und zu nutzen. Derartige Pilotprojekte wird der Senat unterstützen. Die SAGA verfolgt das Ziel, im Rahmen der konzeptionellen Vertiefung und in Verbindung mit geeigneten Pilotprojekten die Wirksamkeit des „Quartiersansatzes“ hinsichtlich der Auswirkungen auf Baukosten, die „Warmmietenneutralität“ sowie die CO2- Emmissionen beziehungsweise Endenergieverbräuche in Bezug auf definierte Teilportfolien , die sowohl Neubau als auch Bestandsobjekte umfassen, zu erproben. Bei dem „Quartiersansatz“ geht es keineswegs darum, bestehende energetische Standards abzuschaffen oder abzusenken. Im Übrigen hat sich der Senat damit nicht befasst. 11. Gibt es mittlerweile Überlegungen des Senats, endlich, und wie seit Langem von der CDU gefordert, das Personal in den Bauprüfabteilungen der Bezirke aufzustocken? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/7149.