BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7861 21. Wahlperiode 14.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 06.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Gender-Wahn an Hamburger Hochschulen In den 1970er Jahren sind in den USA die sogenannten Genderwissenschaften entstanden, die sich seither als wissenschaftliche Disziplin in den meisten westeuropäischen Ländern rasant verbreitet haben und auch in Deutschland auf dem Vormarsch sind. Die Ursprünge der Gender-Theorie, die postuliert, dass jeder Mensch nicht nur über ein biologisches Geschlecht (lat.: sexus), sondern vielmehr auch über ein soziales Pendant verfüge, das als Konstrukt gilt und im Englischen mit dem Terminus „gender“1 beschrieben wird, liegen allerdings bereits in den Tagen der Aufklärung. Auf Basis des damaligen wissenschaftlichen Weltbildes, des Materialismus, dem zufolge der Mensch über keine spirituelle und geistige Dimension verfügt, sondern einzig eine materielle Natur hat, ging man davon aus, dass alles, was ein Mensch denkt und fühlt, materiell induziert ist. Der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau entwickelte den Materialismus später dahin gehend weiter, dass er dem Menschen einen originären Idealzustand zuschrieb, der von Harmonie mit der Natur geprägt war und dessen dieser durch die Schaffung des Privateigentums und der Entstehung von Zivilisation beraubt wurde. Um den auf diese Weise „verdorbenen“ Menschen nun wieder zu seiner ursprünglichen Harmonie zurückzuführen, glaubte man, die wegen ihrer vermeintlich schädlichen Einflüsse als negativ diffamierte Gesellschaft verändern zu müssen. Dabei handelt es sich um ein Prinzip, das Karl Marx später mit seinem dialektischen Materialismus beschrieb. Die Verfechter der Gender-Ideologie gehen in Anlehnung an die Lehren Jean-Paul Sartres nun noch einen Schritt weiter und argumentieren, dass der Mensch grundsätzlich keine Natur habe und dass die Beschaffenheit seines sozialen Umfeldes ausschließlich von ihm selbst konstruiert sei. In diesem Zusammenhang postuliert die Gender-Theorie ein Menschenbild, dem zufolge eine Person nicht als Mann oder Frau geboren, sondern vielmehr durch gesellschaftliche Einflüsse dazu gemacht wird. Dieses Prinzip wird dabei jedoch nicht nur auf die Geschlechterrollen, sondern auf sämtliche in der Gesellschaft traditionell gültigen Konventionen übertragen, mit der Folge , dass Ehe, Partnerschaften, sexuelle Orientierungen, Ethik und religiöser Glaube als vom Menschen geschaffene Konstrukte gelten, die man dekonstruieren muss, um ihn aus ihrer Unterdrückung zu befreien. Es wird deutlich, dass der Mensch in der Gender-Theorie als eine Art weißes Blatt Papier verstanden wird, das man nach Belieben beschreiben kann, sofern man der sozialen Beeinflussung zuvorkommt. Dies erklärt auch, 1 Im Deutschen gibt es kein Äquivalent, weshalb man auf den Begriff des sozialen Geschlechts zurückgreifen muss. Drucksache 21/7861 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 warum die Genderwissenschaften mittlerweile im Rahmen des Konzepts der Frühsexualisierung in Grundschulen umgesetzt werden. Darüber hinaus haben sie nicht nur längst in nahezu jede deutsche Universität Einzug gehalten , sondern sind auch in klassische wissenschaftliche Disziplinen vorgedrungen , deren Studierende offensichtlich genderspezifisch ideologisiert werden sollen, um eine möglichst breite Akzeptanz für die Gender-Ideologie zu schaffen. Eine Schriftliche Kleine Anfrage (Drs. 21/729) belegt, dass zum 31.03.2015 bereits an den Fakultäten der Universität Hamburg für Medizin, Betriebswirtschaft, Rechtswissenschaften, Erziehungswissenschaften, Geisteswissenschaften , Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften diverse Lehrveranstaltungen gehalten werden. Dazu zählen unter anderem Module wie „Mathematik und Gender“, „sexuelle Identitäten (Öffentliches Recht), „IT- Gestaltung und Genderperspektiven“, „Geschlechtsstereotype und Karriereerfolg (Betriebswirtschaft). Man muss kein Experte sein, um zu erkennen, dass die genannten Disziplinen nichts mit Gender-Theorie zu tun haben und dass das Ziel eines „gendersensiblen Mathematikunterrichts“ eine krude Absurdität darstellt. Damit nicht genug, wurde im März 2015 an der Universität Hamburg ein Schwerpunktprogramm zu den Gender-Studien diskutiert, wo damals insgesamt acht Professuren sowie eine Juniorprofessur für Gender -Forschungen zuständig waren.2 An der Technischen Universität Hamburg , die eigentlich dringend benötigte Ingenieure und Forscher, nicht aber für die Gender-Theorie sensibilisierte Absolventen hervorbringen soll, wurden zwischen dem 31.03.2014 und dem 31.03.2015 insgesamt 300.000 Euro für die Arbeitsgruppe „Arbeit – Gender – Technik“ aufgewendet, wobei es sich um jährliche Kosten handelt. Dem Institut für Unternehmertum (Startup Dock) der Technischen Universität Hamburg entstehen aufgrund der Genderwissenschaften zudem Jahreskosten in Höhe von 360.000 Euro. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen im Wesentlichen auf der Grundlage von Auskünften der Staatlichen Hamburger Hochschulen wie folgt: 1. Wie viele Professuren, die sich auch mit Genderwissenschaften beschäftigen, sind gegenwärtig an staatlichen Hamburger Hochschulen vorhanden? Wie viele sind für die Zukunft geplant? Bitte anhand des Standortes und der Fakultät aufschlüsseln. An der Universität Hamburg (UHH) bestehen entsprechende Professuren wie folgt: Fakultät Anzahl der gegenwärtig vorhandenen Professuren, die einen Bezug zu Gender Studies haben Fakultät für Rechtswissenschaft 1 Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 5 Fakultät für Erziehungswissenschaft 5 Fakultät für Geisteswissenschaften 6 Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften 2 Medizinische Fakultät (UKE) 1 Fakultät für Psychologie und Bewegungswissenschaft 1 Fakultät für Betriebswirtschaft 1 Weitere Professuren sind derzeit nicht vorgesehen. 2 Confer Drs. 21/729. Seite 4. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7861 3 An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) existieren insgesamt drei Professuren, deren fachwissenschaftliche Denomination eine Teildenomination zu Gender beinhaltet: Zwei Professuren in der Fakultät Wirtschaft und Soziales sowie eine Professur in der Fakultät Design, Medien, Information. Weitere Professuren sind derzeit nicht vorgesehen. An der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) gibt es eine Professur in „Arbeitswissenschaft und Gender Studies“ im Dekanat Maschinenbau. Die Arbeitsgruppe „Arbeit – Gender – Technik“ arbeitet, unter Berücksichtigung von Genderperspektiven , zu Fragen der Arbeitsforschung, der Technik- und Internetforschung sowie der Lern- und Hochschulforschung. Sie bietet zu diesen Themen Seminare im nichttechnischen Lehrangebot an. Weitere Professuren sind derzeit nicht vorgesehen. An der HafenCity Universität (HCU) bestehen keine spezifischen Professuren. Soweit Gender-Fragen im Rahmen des fachlichen Spektrums der HCU relevant sind, werden diese durch die jeweilige Professur integriert mit behandelt. An der Hochschule für Musik und Theater (HfMT) gibt es gegenwärtig eine Professur für Musikwissenschaft mit Teildenomination Gender Studies. Weitere Professuren sind derzeit nicht vorgesehen. An der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK) beschäftigt sich derzeit eine Professur mit Genderwissenschaften. Weitere Professuren sind derzeit nicht vorgesehen . 2. Seit wann werden Gender-Module an Hamburger Hochschulen in einzelnen Fachbereichen angeboten? An der UHH werden Module mit Gender-Bezug seit 2002 (noch in der ehemaligen Hochschule für Wirtschaft und Politik, im Studiengang Sozialökonomie) angeboten. An der HAW und TUHH werden keine Gendermodule angeboten. Es werden Lehrveranstaltungen angeboten, in denen der Bezug zwischen fachwissenschaftlichen Erkenntnissen und den Ergebnissen der Genderforschung hergestellt wird. An der HfMT werden Gender-Veranstaltungen seit 1999 im Bereich Musikwissenschaft angeboten. An der HFBK werden Lehrveranstaltungen mit Genderbezug seit dem Sommersemester 2004 angeboten. An der HCU werden im Rahmen des für alle Studierenden der HCU obligatorischen Querschnitt-Programms FaSt (Fachübergreifende Studienangebote) seit Sommersemester 2011 Lehrveranstaltungen und Workshops zu Gender Themen regelmäßig angeboten. 3. Wer entwickelt Gender-Module an Hamburger Hochschulen? 4. Welches Mitspracherecht hat der Senat dabei? Nach Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland sind Wissenschaft, Forschung und Lehre in Deutschland frei. Insofern werden Lehrveranstaltungen und Module von den Hochschulen eigenverantwortlich entwickelt. 5. Wie ist der Status quo bei der Diskussion zum Schwerpunktprogramm zu den Gender-Studien an Hamburger Hochschulen? Bitte konkret erläutern , welche Maßnahmen hier diskutiert, beabsichtigt und beschlossen worden sind und mit welchen Kosten zu rechnen ist. Über die in der Medizinischen Fakultät am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) diskutierte Beantragung eines Schwerpunktprogramms zu Gender-Studien wurde noch nicht entschieden. 6. Wie hoch belaufen sich die Kosten für Gender-Studien an der Technischen Universität für das Jahr 2016? Wie hoch fallen sie bei dessen Institut für Unternehmertum aus? Im Jahr 2016 sind an der TUHH für die Arbeitsgruppe Arbeit-Gender-Technik Kosten in Höhe von circa 267.000 Euro angefallen. Kosten für Gender-Studien fallen am Insti- Drucksache 21/7861 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 tut für Unternehmertum nicht an. Die Angaben aus Drs. 21/729 bezogen sich auf den Forschungsbereich „Existenzgründung“. 7. Was ist unter „gendersensiblem Mathematikunterricht“ zu verstehen? a) Was hat Informatik mit Genderwissenschaften zu tun? b) Was hat Mathematik mit Genderwissenschaften zu tun? c) Was haben Rechtswissenschaften mit Genderwissenschaften zu tun? 8. Wie wird die Existenz von Gendermodulen in Naturwissenschaften gerechtfertigt? 9. Was soll durch den Einzug der Gender-Studien in fachfremde Disziplinen wie Mathematik, Informatik, Rechtswissenschaften et cetera erreicht werden? In der Informatik in Bezug auf: Gestaltung von Informationstechnik unter Einbeziehung von Wissen über geschlechtsspezifische Präferenzen und Nutzungshäufigkeiten, unterschiedliche Zugänge bei Erwerb und Vermittlung von Informatik-Kompetenzen, Frauenförderung, Gleichstellungsstrategien und Managing Diversity in Informatik, Sichtbarmachung der Leistungen von Frauen in der Geschichte der Informatik. In der Mathematik in Bezug auf: Gründe für die Nichtwahl von Mathematik als Studienfach oder Berufsziel bei Schülerinnen, (zum Beispiel Geschlechterstereotype, Selbstkonzeptforschung, unterschiedliche Attribution von Erfolg/Misserfolg, unterschiedliche Erwartungen), Reflexion über die Fachkultur und das Bild der Mathematik, unterschiedliche Zugänge bei Erwerb und Vermittlung von Mathematik-Kompetenzen, Frauenförderung, Gleichstellungsstrategien und Managing Diversity in der Mathematik , Sichtbarmachung der Leistungen von Frauen in der Geschichte der Mathematik. In den Rechtswissenschaften in Bezug auf die Bedeutung der Kategorie „Geschlecht“ angesichts von Artikel 3 Absätze 2 und 3 GG. Die Befassung von Recht mit dem Geschlecht ist in der Verfassung angelegt und durchzieht somit alle Bereiche der Rechtswissenschaft und reicht vom Zivilrecht über das Öffentliche Recht bis hin zum Strafrecht. 10. Sind dem Senat und der Wissenschaftsbehörde die Implikationen der obigen Herleitung der Gender-Theorie bekannt? Siehe Antwort zu 3. und 4. Im Übrigen hat sich der Senat damit nicht befasst.