BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7928 21. Wahlperiode 17.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 10.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Angriff im Gerichtssaal des Hamburger Landgerichts – Nachfragen In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/7772 gab der Senat an, dass der Untersuchungsgefangene, der in der Gerichtsverhandlung vor dem Landgericht eine Zeugin, seine frühere Freundin, mit einem gefährlichen Werkzeug angriff, in der JVA Billwerder am 31. Januar 2017 vor Verlassen der JVA Billwerder durchsucht wurde. „Unmittelbar nach Ankunft in der UHA wurde er erneut durchsucht. Zur Unterstützung der Durchsuchung wurde dabei eine Handsonde eingesetzt. Bei der Durchsuchung hat den Beamten eine weitere Justizvollzugsbeamtin unterstützt, die die Jacke des U-Gefangenen durchsucht hat. Unmittelbar vor Verlassen der UHA wurde der Untersuchungsgefangene wiederum durchsucht. In diesem Fall wurde zur Unterstützung der Durchsuchung ein Metalldetektor eingesetzt.“ Dies bietet Raum für Nachfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Informationen liegen der zuständigen Behörde darüber vor, was der Untersuchungsgefangene als Waffe beziehungsweise gefährliches Werkzeug im Gerichtssaal verwendete? Nach den bisherigen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass der Angeklagte ein selbstgebautes Werkzeug, bestehend aus drei Klingen eines Einwegrasierers, Fixierungsmaterial und dem Plastikgriff eines Einwegrasierers, verwendete. 2. Musste sich der Untersuchungsgefangene im Rahmen der Durchsuchung in der JVA Billwerder vor dem Transport in die UHA entkleiden? a. Falls nein, weshalb nicht? b. Falls nein, in welchen Fällen werden Durchsuchungen mit Entkleidung in der JVA Billwerder durchgeführt beziehungsweise angeordnet ? Gibt es dazu grundsätzliche Regelungen beziehungsweise Anweisungen? Falls ja, welche und von wem? Falls nein, weshalb nicht? 3. Musste der Untersuchungsgefangene im Rahmen der Durchsuchung in der JVA Billwerder seinen Mund öffnen? a. Falls nein, weshalb nicht? b. Falls nein, in welchen Fällen wird bei Durchsuchungen in der JVA Billwerder ein Blick in den Mundraum geworfen beziehungsweise angeordnet? Gibt es dazu grundsätzliche Regelungen beziehungsweise Anweisungen? Drucksache 21/7928 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Falls ja, welche und von wem? Falls nein, weshalb nicht? 4. Musste sich der Untersuchungsgefangene im Rahmen der Durchsuchung bei Ankunft beziehungsweise vor Verlassen der UHA entkleiden? a. Falls nein, weshalb nicht? b. Falls nein, in welchen Fällen werden Durchsuchungen mit Entkleidung in der UHA durchgeführt beziehungsweise angeordnet? Gibt es dazu grundsätzliche Regelungen beziehungsweise Anweisungen ? Falls ja, welche und von wem? Falls nein, weshalb nicht? 5. Musste der Untersuchungsgefangene im Rahmen der Durchsuchung in der UHA seinen Mund öffnen? a. Falls nein, weshalb nicht? b. Falls nein, in welchen Fällen wird bei Durchsuchungen in der UHA ein Blick in den Mundraum geworfen beziehungsweise angeordnet? Gibt es dazu grundsätzliche Regelungen beziehungsweise Anweisungen ? Falls ja, welche und von wem? Falls nein, weshalb nicht? Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an. Abschließende Erkenntnisse liegen noch nicht vor. Entscheidungen zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung bei Gerichtsvorführungen treffen die Justizvollzugsanstalt und das Gericht in enger Zusammenarbeit. Dabei stehen die einzelnen Sicherungsmaßnahmen wie Fesselungen und Durchsuchungen in einem engen sachlichen Zusammenhang. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt ergeben sich die Maßnahmen und Zuständigkeiten aus § 70 des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes (HmbStVollzG), § 70 des Hamburgischen Jugendstrafvollzugsgesetzes (HmbJSt- VollzG), § 50 des Hamburgischen Untersuchungshaftvollzugsgesetzes (HmbUVollzG) sowie § 65 des Hamburgischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes (HmbS- VVollzG). Konkretisierungen der gesetzlichen Vorgaben finden sich in der Allgemeinen Verfügung der Behörde für Justiz und Gleichstellung Nummer 58/2014 vom 2. September 2014. Für die konkrete Ausgestaltung der Durchsuchungen ist die Anstaltsleitung verantwortlich. Sie kann ergänzende Anstaltsverfügungen erlassen. Die Anstaltsleitung kann die Anordnungsbefugnis gemäß § 104 Absatz 3 HmbSt- VollzG, § 100 Absatz 3 HmbJStVollzG, § 90 Absatz 3 HmbUVollzG sowie § 92 Absatz 3 HmbSVollzG mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde auf weitere Personen übertragen . Auf dieser Grundlage sind in allen Anstalten des geschlossenen Vollzuges auch die Vertretung der Anstaltsleitung, die Vollzugsleitungen und die Sicherheitsdienstleitung anordnungsbefugt. In der JVA Fuhlsbüttel ist zudem die Vollzugsdienstleitung, in der Untersuchungshaftanstalt außerhalb des regulären Dienstbetriebes zudem der Inspektor vom Dienst und in der JVA Hahnöfersand zudem die Personalverwaltungsleitung , die Vollzugsdienstleitung und die Vollzugsabteilungsleitung der Beobachtungs - und Sicherungsstation anordnungsbefugt. Im offenen Vollzug sind neben der Anstaltsleitung nur die stellvertretende Anstaltsleitung und die Vollzugsleitung anordnungsbefugt . Grundsätzlich sind mit Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchungen von Untersuchungshaftgefangenen nach § 50 HmbUVollzG bei Gefahr im Verzug sowie auf Anordnung der Anstaltsleitung im Einzelfall zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Sicherheit und Ordnung der Anstalt dies erfordern. In der Allgemeinen Verfügung der Behörde für Justiz und Gleichstellung Nummer 58/2014 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7928 3 vom 2. September 2014 wird dementsprechend bestimmt, dass eine mit Entkleidung verbundene Durchsuchung eines Untersuchungsgefangenen konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein verbotener Gegenstände erfordert, ebenso eine Kontrolle der Körperöffnungen. Im Übrigen vergleiche Drs. 21/7772. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung bei Gericht kann die Vorsitzende beziehungsweise der Vorsitzende auf Grundlage des § 176 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) sämtliche Maßnahmen anordnen, die erforderlich sind, um den störungsfreien Ablauf der Sitzung zu sichern und die Wahrung der Rechte der Verfahrensbeteiligten einschließlich ihrer Sicherheit zu gewährleisten. Dies betrifft auch die Fesselung des Beschuldigten und die Anordnung der Durchsuchung der Verfahrensbeteiligten , auch in Gestalt von Einlasskontrollen in den dem Gerichtssaal vorgelagerten Räumlichkeiten. 6. Können mit der im Rahmen der Durchsuchung in der UHA eingesetzten Handsonde beziehungsweise dem Metalldetektor spitze Gegenstände, die nicht aus Metall sind, wie beispielsweise angespitzte Holzstücke, aufgespürt werden? Falls nein, wie sollen diese im Rahmen von Durchsuchungen aufgefunden werden? Nein. Die Durchsuchung von Gefangenen auf nichtmetallische Gegenstände erfolgt im Regelfall durch Abtasten. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. bis 5. b. 7. Welche Maßnahmen im Rahmen von Durchsuchungen können nach dem Gesetz beziehungsweise der Rechtsprechung angeordnet werden? a. Wer ist für die konkrete Ausgestaltung verantwortlich? b. Sind die Vorgehensweisen/Befugnisse im Rahmen von Durchsuchungen für alle Justizvollzugsanstalten in Hamburg einheitlich geregelt? Falls nein, welche Unterschiede gibt es aus jeweils welchem Grund in den einzelnen Justizvollzugsanstalten? Siehe Antwort zu 2 bis 5. b. 8. Ist der zuständigen Behörde bekannt, welche Methoden Gefangene, die von einer JVA in eine andere verlegt werden, anwenden, um Gegenstände zu schmuggeln? Falls ja, welche Informationen liegen ihr hierüber vor? Falls nein, weshalb nicht? Verbotene Gegenstände können sich am und im Körper der Gefangenen befinden. Außerdem können sie in der Kleidung sowie in der Habe verborgen werden. 9. In der Sitzung des Justizausschusses vom 9. Mai 2016, in der die Entlassung des sicherungsverwahrten Kinderschänders ausführlich beraten wurde, erklärte der Justizsenator, dass es in diesem Fall ein Versäumnis bei der Übermittlung von Informationen im Rahmen des Berichtswesens gegeben habe. Es habe sich um ein außerordentliches Vorkommnis gehandelt. In den Regelungen über die Berichts- und Anzeigepflichten der Justizvollzugsanstalten heißt es: „Außerordentliche Vorkommnisse sind alle Ereignisse im Justizvollzug, die entweder wegen ihrer erheblichen Tragweite der Art des Vorkommnisses oder ihrer Abweichung vom üblichen Vollzugsalltag ein sofortiges Einschreiten der Aufsichtsbehörde erfordern, oder wegen der erheblichen Tragweite oder der Art des Vorkommnisses oder aus sonstigen Gründen weitere Kreise, vor allem parlamentarische Gremien oder Tageszeitungen oder überörtliche Medien beschäftigen oder voraussichtlich beschäftigen werden, oder nachfolgend allgemein bezeichnet sind.“ a. Handelt es sich bei der Mitteilung des Mitgefangenen über die Mordpläne des Untersuchungsgefangenen zum Nachteil seiner Drucksache 21/7928 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 ehemaligen Freundin nach Ansicht der Justizbehörde um ein entsprechendes außerordentliches Vorkommnis? b. Falls ja, wann wurde die Aufsichtsbehörde darüber informiert? c. Falls nein, weshalb nicht? Ja, die Information erfolgte am 2. November 2016. Im Rahmen dessen wurde mitgeteilt , dass das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft über den Vorfall informiert seien, der Mitgefangene zeugenschaftlich vernommen worden sei, eine Trennungsanordnung ergangen sei, der Gefangene in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder verlegt werde und die JVA Billwerder vorab vertraulich informiert werde.