BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7935 21. Wahlperiode 21.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Alexander Wolf (AfD) vom 13.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Politische Indoktrination an Hamburger Schulen (X) – Anti-AfD- Schulung in der Behörde für Schule und Berufsbildung Am 04.10.2016 fand in der Zeit von 18.30-20.30 Uhr im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung („LI“) im Weidenstieg 29 (Raum: Aula) eine für Lehrkräfte anerkannte Fortbildungsveranstaltung unter folgendem Titel statt: „Gefährliche Bürger – Wie die neue Rechte in die gesellschaftliche Mitte vorstößt – und was die Gesellschaft dagegen tun kann.“1 Unterstützt wurde die Veranstaltung von der Hamburgischen Regenbogenstiftung und der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe). Auf der Veranstaltung zeigte der LI-Mitarbeiter XXXXXX XXXXX den teilnehmenden Lehrern ein didaktisches Konzept auf, wie man dem (vermeintlichen ) Rechtsruck in der Gesellschaft (zuvor wurde in diesem Zusammenhang häufig die Partei AfD genannt) entgegentreten sollte. XXXXX sagte: „Und, ich will nur ein Beispiel sagen, im subkulturellen Bereich, die Band Feine Sahne Fischfilet, die haben es geschafft in Mecklenburg-Vorpommern, die haben gesagt im Wahlkampf, eigentlich ist es noch nicht komplett im A… (vulgäres Schimpfwort, dass mit Rücksicht auf den parlamentarischen Sprachgebrauch in dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage nicht zitiert werden darf), wir machen Angebote, wir gehen rein mit Konzerten, wir zeigen, dass wir `ne andere Subkultur haben. Das sind Ansätze, die müsste man stärken.“ (XXXXXX XXXXX, Videomitschnitt: -44:34 bis -44:16.)2 Die Band „Feine Sahne Fischfilet“ („FSF“) wurde seit 2011 von den Sicherheitsbehörden des Landes Mecklenburg-Vorpommern beobachtet und auf den Seiten 84 und 85 des Berichtes im Kapitel „Linksextremismus“, Rubrik „Autonome Antifa-Strukturen“ dargestellt. „FSF“ tritt nicht nur bundesweit auf von Linksextremisten organisierten Veranstaltungen, wie Demonstrationen und Konzerten auf, sondern mobilisiert für diese. So wurde anlässlich eines sogenannten Tages des Politischen Gefangenen Geld für straffällig gewordene Linksextremisten gesammelt. Kurzzeitig befand sich eine Bauanleitung eines Molotow-Cocktails auf der Internetseite der Gruppe. Die Behörde spricht bereits 2011 von einer „antistaatlichen Haltung“ der Gruppe, welche die „staatliche Struktur auflösen“ möchte. Einer Aussage des Innenministeri- 1 Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung: Veranstaltungs-Nr.: 1614D3101, siehe auch unter: https://tis.li-hamburg.de/web/guest/catalog/detail?tspi=37715_ (abgerufen am: 05.10.2016). Veranstaltungsflyer unter: http://li.hamburg.de/contentblob/6951332/ a82fcb7f79cc3c47d6ab974084f47dac/data/download-pdf-veranstaltungsreihe-streitbaredemokratie .pdf (abgerufen am: 11.10.2016). 2 https://www.facebook.com/cgoffiziell/videos/597429203762244/ (abgerufen am: 26.11.2016). Drucksache 21/7935 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ums von 2012 zufolge seien alle Mitglieder als Linksextremisten bekannt, einige von ihnen seien zudem durch politisch motivierte Gewaltstraftaten, wie Landfriedensbrüche, Körperverletzungen und gefährliche Körperverletzungen , in Erscheinung getreten. Vorgeworfen wurden zudem Beleidigungen und Sachbeschädigungen sowie Verstöße gegen das Versammlungsgesetz. Die Gruppe nutze zudem ihre Popularität, um ihr Publikum für linksextremistische Ziele zu gewinnen, so eine Behördensprecherin. Das Oberverwaltungsgericht Land Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss vom 06. Juni 2013 (Az: 2 M 110/13) die Nennung der Gruppe „Feine Sahne Fischfilet“ im Verfassungsschutzbericht 2011 des Landes für rechtmäßig befunden. Das Gericht sieht hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass von der Musikgruppe Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehen. Nach Auffassung des Gerichts propagiert „Feine Sahne Fischfilet“ einen „nicht staatstragenden Antifaschismus “ und befürwortet die „regellose politische Auseinandersetzung auf der Straße“. Im Lied „Staatsgewalt“ heißt es: „Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen/Und schicken den Mob dann auf euch rauf/ Die (B*****-)helme (beleidigendes Wort für Polizeibeamte, das mit Rücksicht auf den parlamentarischen Sprachgebrauch an dieser Stelle nicht zitiert werden soll) – sie sollen fliegen/Eure Knüppel kriegt ihr in die F***** rein/Und danach schicken wir euch nach Bayern/denn die Ostsee soll frei von B***** sein.“ Der Verfassungsschutzbericht 2013 spricht von einem „Bekenntnis der Gruppe zum staatsfeindlichen Antifaschismus der gewaltbereiten autonomen Szene“. Unter anderem rief „FSF“ auf ihrer Facebook-Seite zur Teilnahme an der gewalttätig verlaufenden, linksextremistischen Demonstration zum Erhalt der Roten Flora in Hamburg auf. Am 21. Dezember 2013 zeigten Mitglieder von „FSF“ sich mit Schweinemasken und Polizeiausrüstung. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien leitete aufgrund des Liedes „Staatsgewalt“ ein Prüfverfahren der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ein. Das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern kam zu dem Schluss, der Songtext fördere Gewaltbereitschaft bei den Hörern. Nach einem Medienbericht der „Bergedorfer Zeitung“ vom 19.02.2013 trat der LI-Mitarbeiter XXXXXX XXXXX in einer Podiumsdiskussion an der Ida- Ehre-Schule während einer Aktionswoche zum Thema „Toleranz und Respekt “ auf. Dort diskutierte auch die Bundesvorsitzende der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN), Conny Kerth. Der Senat hat in Drs. 21/1223 eingestanden: „Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – VVN Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. ist Beobachtungsobjekt mehrerer Verfassungsschutzbehörden, auch in Hamburg.“ Auf die Frage nach den wesentlichen Gründen, warum die VVN-BdA Beobachtungsobjekt des Landesamtes für Verfassungsschutz ist, gibt der Senat in Drs. 21/1364 an: „Gemäß § 4 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetzes (HmbVerfSchG) beobachtet das LfV Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Die VVN-BdA, in dem Extremisten und Nicht- Extremisten zusammenarbeiten, ist eine Organisation, die insbesondere auf Funktionärsebene unter orthodox-kommunistischem Einfluss steht. Vor dem Hintergrund seiner ideologischen Positionierung, der anlassbezogenen Zusammenarbeit mit Linksextremisten im Aktionsfeld Antifaschismus und der Beeinflussung durch die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) liegen bei Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7935 3 der VVN-BdA tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor.“ Im Verfassungsschutzbericht des Landes Bayern für das Jahr 2014 heißt es: „Die VVN-BdA ist die bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus. Sie arbeitet mit offen linksextremistischen Kräften zusammen. In der VVN-BdA wird nach wie vor ein kommunistisch orientierter Antifaschismus verfolgt. Diese Form des Antifaschismus dient nicht nur dem Kampf gegen Rechtsextremismus. Vielmehr werden alle nicht-marxistischen Systeme – also auch die parlamentarische Demokratie – als potenziell faschistisch, zumindest aber als eine Vorstufe zum Faschismus betrachtet, die es zu bekämpfen gilt.“ Im Hamburger Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2014 heißt es zum linksextremistischen Aktionsfeld „Antifaschismus“: „Auch wegen des breiten gesellschaftlichen Rückhalts für das Engagement gegen Rechtsextremismus versuchen Linksextremisten, ihre verfassungsfeindliche Ideologie über dieses Thema in demokratische und zivilgesellschaftliche Initiativen auszudehnen .“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Band „Feine Sahne Fischfilet“ war und ist kein Beobachtungsobjekt des Hamburger Verfassungsschutzes. Die Veranstaltung, von der die „Bergedorfer Zeitung“ am 19. Februar 2013 berichtete, fand nach vorliegenden Informationen auf Einladung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. zum Thema „Aktiv gegen Rechtsextremismus “ am 18. Februar 2013 in der Gretel-Bergmann-Schule statt. Die genannte Schule war nicht Veranstalter der im Vortext des Fragestellers aufgeführten Podiumsdiskussion und es handelte sich somit nicht um eine schulische Veranstaltung. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Betrachtet die Behörde für Schule und Berufsbildung die Kampagne der linksextremistischen Musikband „Feine Sahne Fischfilet“, deren Mitglieder zum Teil politisch motivierte Gewaltstraftaten (bis hin zu schwerer Körperverletzung) verübt haben und in deren Liedtexten unter anderem zu Gewalt und Lynchverbrechen gegen Polizeibeamte aufgerufen wird, als ein vorbildhaftes legitimes didaktisches Konzept gegen einen (vermeintlichen ) Rechtsruck in der Gesellschaft oder gegen das Erstarken einer spezifischen Partei, wie zum Beispiel der AfD? 2. Teilt die BSB die vom LI-Mitarbeiter XXXXXX XXXXX getätigten Aussagen bezüglich der Musikband „Feine Sahne Fischfilet“? 3. Wer war der Veranstalter der Podiumsdiskussion an der Ida-Ehre-Schule vom 19.02.2013 und wer hat die Auswahl der Diskutanten getroffen? Bitte die beteiligten Personen und ihre Funktionen in der BSB benennen. 4. Wie bewertet die BSB das Verhalten ihres Mitarbeiters XXXXXX XXXXX, der einerseits auf einer schulischen Podiumsdiskussion mit einem führenden Vertreter einer Organisation auftritt, die vom Landesverfassungsschutz Hamburg beobachtet wird und von der „Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ vorliegen, und der andererseits im Rahmen einer als Lehrerfortbildung anerkannten Veranstaltung im LI sich – entgegen der gesetzlichen Bestimmungen der Chancengleichheit von Parteien (Geschäftsordnungsbestimmung Nummer 14 der BSB) – dafür ausspricht, dass eine demokratisch in die Hamburgische Bürgerschaft gewählte Partei, die AfD, nicht in Schulen eingeladen werden soll („haben im Diskurs nichts verloren“, siehe ausführlich Drs. 21/7502)? In der Veranstaltung wurde auf den zivilgesellschaftlichen Widerstand in der Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern (auch) gegen Rechtspopulismus hingewiesen. Der Drucksache 21/7935 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 LI-Mitarbeiter zitierte während der Diskussion eine öffentliche Äußerung des Bundesjustizministers zu der Musikband „Feine Sahne Fischfilet“. Die für Bildung zuständige Behörde kommentiert keine Äußerungen Dritter. Veranstaltungen Dritter werden von der für Bildung zuständigen Behörde nicht kommentiert . Im Übrigen siehe Drs. 21/7502 und Vorbemerkung. 5. Sieht die BSB durch das in Frage 4. dargelegte Verhalten ihres Mitarbeiters das Vertrauen in die politische Neutralität der BSB als staatliche Bildungsinstitution gefährdet? Nein. 6. Welche fachlichen und persönlichen Anforderungen müssen Mitarbeiter des Landesinstitutes für Lehrerbildung und Schulentwicklung erfüllen, die im Bereich der Lehrerfortbildung, explizit in den Bereichen Sozialund Rechtserziehung und Demokratiepädagogik, eingesetzt werden sollen ? Bitte die Anforderungen ausführlich erläutern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesinstituts sind in der Regel Lehrkräfte der Hamburger Schulen, die die Anforderungen als Beamte der Freien und Hansestadt Hamburg durch ihre Ausbildung und in einem Einstellungsverfahren nachweisen müssen. Um als Fortbildner für das LI tätig werden zu können, müssen sie in einem Auswahlverfahren zur Bestenauslese nachweisen, dass sie für den zu besetzenden Arbeitsbereich unter anderem aktuelle fachliche und fachdidaktische Kompetenz, mehrjährige Berufserfahrung und seminardidaktische Kompetenz für Erwachsenenfortbildung verfügen. 7. Wie stellt die BSB sicher, dass ihre Mitarbeiter im Bereich der Lehrerfortbildung keine politische Anbindung oder Nähe zu extremistischen Organisationen aufzeigen? Finden hierzu spezielle Überprüfungsmaßnahmen (zum Beispiel Befragungen) statt? Die Leitung der Abteilung Fortbildung sichert durch Standards in Einstellungsverfahren und Maßnahmen der Personalentwicklung (zum Beispiel Personalgespräche, Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräche, Mitarbeiterqualifizierungen) insbesondere die Rollenklarheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Beamte der für Bildung zuständigen Behörde beziehungsweise der Freien und Hansestadt Hamburg. Im Übrigen siehe Drs. 21/6316, Drs. 21/6512, Drs. 21/6832, Drs. 21/7312 und Drs. 21/7502. 8. In welchen Parteien, politischen Organisationen, Stiftungen, Vereinen oder Gewerkschaften waren oder sind die LI-Mitarbeiter XXXXXX XXXXX und XXXXXXXXX XXXXXX als Mitglied engagiert? Die Zugehörigkeit zu Parteien, politischen Parteien, Stiftungen und Gewerkschaften darf von der zuständigen Behörde nicht erfasst werden und wird nicht erfasst.