BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/7967 21. Wahlperiode 21.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse (FDP) und Stephan Gamm (CDU) vom 14.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Kerstans „Kaffeekränzchen“ – Ist der Energienetzbeirat nichts weiter als ein teurer und zahnloser Tiger? Im Februar 2016 kommentierte der grüne Umweltsenator Jens Kerstan gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ die Einrichtung des Energienetzbeirates vollmundig mit den Worten: „Mit diesem Gremium gehen wir einen neuen Weg der Beteiligung. Dies kann deutschlandweit beispielgebend sein.“ In der Drs. 21/3581 vom 8. März 2016 ist das Zielbild beziehungsweise das Aufgabenspektrum beschrieben. Demnach soll dieser Beirat insbesondere dazu beitragen, dass die Hamburger Energiewende in einem hohen Maß transparent und unter bürgerlicher Beteiligung umgesetzt wird. Darüber hinaus wird als Kernaufgabe die Beratung der BUE (als federführende Behörde ), der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation und der Netzgesellschaften in Fragen der Umsetzung und Weiterentwicklung der Hamburger Energiewende benannt. Nachdem der Energienetzbeirat nunmehr fünfmal getagt hat, ist es an der Zeit, eine erste Bestandsaufnahme und Bewertung vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Hamburger Energienetzbeirat (ENB) wurde durch den Senat in Beantwortung zweier bürgerschaftlicher Ersuchen eingerichtet. Die Ersuchen zielten wesentlich darauf ab, eine aktive Partizipation der gesellschaftlichen Gruppen bei der Umsetzung des Volksentscheides zum Rückerwerb der Energienetze sicherzustellen. Der Beirat soll dazu beitragen, dass die Hamburger Energiewende transparent und unter zivilgesellschaftlicher Beteiligung umgesetzt wird. Angaben unter anderem zu Gründen für die Einrichtung des Gremiums, zu seinem Zielbild und Selbstverständnis sowie zu den Aufgaben der bei der Behörde für Umwelt und Energie eingerichteten Geschäftsstelle finden sich in der von den Fragestellern bereits benannten Drs. 21/3581. Die Sitzungen des Gremiums finden grundsätzlich öffentlich statt. Protokolle der Sitzungen einschließlich der gefassten Beschlüsse sowie im Beirat gestellte Anträge werden durch die Geschäftsstelle den Beiratsmitgliedern per E-Mail zugesandt sowie zeitnah im Internet auf der Seite www.hamburg.de/energienetzbeirat veröffentlicht. Die erste Sitzung des Beirats fand am 28. April 2016 statt, die fünfte und bisher letzte Sitzung am 19. Januar 2017. Neben den fünf Sitzungen des Gremiums gab es eine weitere Zusammenkunft der Beiratsmitglieder, die der internen Organisation des Beirats diente und die ohne personelle Beteiligung von Vertretern der Behörden oder der Netzgesellschaften stattfand. Drucksache 21/7967 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Stromnetz Hamburg GmbH (SNH), der Hamburg Netz GmbH (HNG) und der Vattenfall Wärme GmbH (VWH), wie folgt: 1. Auf welche Höhe lassen sich die Aufwände beziffern, die sich aus der Vorbereitung, der Durchführung und der Nachbereitung der fünf Energienetzbeiratssitzungen (zuzüglich einer Sondersitzung) ergeben haben? Bitte anhand der nachfolgend genannten Positionen aufschlüsseln : a. Höhe des Personalaufwandes für die Geschäftsstelle „Energienetzbeirat (NGE 21)“ beginnend von der Ersteinrichtung bis zum Februar 2017 in Euro. Für die Tätigkeit der Geschäftsstelle des ENB ist im Stellenplan der BUE im Referat „Energiepolitik und Grundsatzaufgaben“ eine halbe Stelle der Wertigkeit E 13/A 13 vorgesehen. Die Stelle ist seit dem 1. Oktober 2016 besetzt. Bis dahin wurden Aufgaben der Geschäftsstelle durch wechselnde Mitarbeiter innerhalb der Energieabteilung der BUE wahrgenommen. Eine nachträgliche Auswertung des damit einhergegangenen Personalaufwands ist nicht möglich. Der seit Besetzung der Stelle „Geschäftsstelle des Energienetzbeirats“ bis zum 31. Januar 2017 entstandene Personalaufwand beträgt gemäß der Personalkostentabelle der Freien und Hansestadt Hamburg 13.379 Euro. b. Höhe des Zeitaufwandes für Vertreter des Senats, für Mitarbeiter der Behörde für Umwelt und Energie sowie für Vertreter weiterer Behörden in Stunden. Für die Vertreter des Senats wie auch für die Mitarbeiter der Fachbehörden erfolgt keine auf einzelne Arbeitsgegenstände bezogene Stundenerfassung. Die für den ENB vorzubereitenden Themen überschneiden sich zudem regelmäßig mit den Regelaufgaben der zuständigen Fachbehörde. Eine separate Angabe der für Vor- und Nachbereitung der ENB-Sitzungen angefallenen Arbeitsstunden kann daher nicht erfolgen. Für die Teilnahme an den Sitzungen sind bei der BUE in Summe 69, bei der BWVI 18 Arbeitsstunden angefallen. c. Höhe des Zeitaufwandes für Vertreter der Stromnetz Hamburg GmbH, der Hamburg Netz GmbH sowie der Vattenfall Wärme Hamburg GmbH. Bei den genannten Netzgesellschaften ist für Teilnahme und Vor- sowie Nachbereitungen der Sitzungen ein Zeitaufwand von insgesamt 127 Stunden entstanden. d. Höhe der aggregierten Kosten für Organisation und Durchführung der Sitzungen inklusive Raummiete, Catering sowie aller weiteren aus der Organisation und Durchführung der Sitzungen resultierenden Kosten in Euro. Die Kosten für das Catering betrugen 796,30 Euro. Für die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Beirat auf der 5. Sitzung wurden 357 Euro gezahlt. Für die Einrichtung und Pflege des Internetauftritts wurden durch die BUE an den Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung bislang 4.005 Euro gezahlt. Für Raummiete sind keine Kosten angefallen. Für den im Rahmen der Organisation und Durchführung der Sitzungen durch die Geschäftsstelle angefallenen Personalaufwand siehe Antwort zu 1. und 1. a. 2. Haben – neben der zuvor genannten einmaligen Sondersitzung – weitere nicht öffentliche Sitzungen (zum Beispiel Vorbereitungs- oder Arbeitsgruppensitzungen ) unter der Leitung des Sprechers des Beirats oder unter Leitung eines Vertreters der BUE stattgefunden, und falls ja, auf welche Höhe lassen sich die Aufwände gemäß der unter Frage 1. benannten Kategorien beziffern? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7967 3 Neben den öffentlichen Sitzungen des Beirats und der einmaligen internen Zusammenkunft der Beiratsmitglieder haben anlässlich der Vor- und Nachbereitung der Beiratssitzungen Treffen des Beiratssprechers mit den beiden stellvertretenden Beiratssprechern und Vertretern der Geschäftsstelle des ENB stattgefunden. Für BUE- Mitarbeiter sind dabei insgesamt 23 Arbeitsstunden angefallen. 3. Ist das Budget in Höhe von 15.000 Euro (jährlich) für die Beauftragung von sachverständigen Dritten seitens des Beirates bereits in dem auf voraussichtlich rund 60.000 Euro bezifferten Budgets enthalten? Ja. 4. Wie viele Vorträge, Präsentationen und Sachstandsberichte wurden bislang in den öffentlichen Sitzungen vorgestellt, die der Information des Beirates sowie der Öffentlichkeit und nicht einer konkreten Beantwortung einer Fragestellung seitens eines Beiratsmitgliedes beziehungsweise der Öffentlichkeit dienten? Im Zusammenhang mit der Konstituierung des ENB wurden durch die Beiratsmitglieder Themen benannt, welchen sich der Beirat widmen wird. Die im Rahmen der zweiten bis fünften Sitzung erfolgten 13 fachlichen Vorträge, Präsentationen und Sachstandsberichte standen jeweils im Bezug zu diesen Themen. Zusätzlich wurde eine Präsentation zur Beantwortung einer schriftlichen Bürgeranfrage vorgestellt. Alle Vorträge und Sitzungsprotokolle sind über die Internetseite www.hamburg.de/ energienetzbeirat einsehbar. 5. Wie viele schriftliche Bürgeranfragen (im Rahmen der Fragestunde) hat es bislang bei den fünf öffentlichen Sitzungen gegeben und wie viele verschiedene Bürger waren an diesen Anfragen in Summe beteiligt? 6. Wie viele schriftliche Bürgeranfragen (aus Frage 5.) wurden bislang in den öffentlichen Sitzungen des Energienetzbeirates besprochen und wie viele wurden auf einen späteren Zeitpunkt vertagt? Alle Bürgeranfragen sind in den Sitzungsprotokollen dokumentiert, siehe dazu auch www.hamburg.de/energienetzbeirat. 7. Wie viele Beschlüsse – im Sinne von Handlungsempfehlungen – hat der Energienetzbeirat mit Mehrheit gefasst? a. Welche der mehrheitlich getroffenen Beschlüsse des Beirates haben eine Entscheidung, den Entscheidungsfindungsprozess oder eine Einschätzung der BUE unmittelbar oder mittelbar – das heißt nachweißlich – beeinflusst? Falls es einen solchen Vorgang gab, bitte den jeweiligen Sachverhalt benennen und die Wirkung des Beschlusses auf die BUE erläutern. Beschlussinhalte und Begründungen sind im Sitzungsprotokoll der fünften Sitzung dokumentiert, siehe dazu auch www.hamburg.de/energienetzbeirat. Die Beschlüsse fließen in die Entscheidungsprozesse der BUE mit ein, diese sind noch nicht abgeschlossen. b. Hat die Arbeit des Energienetzbeirates dazu beigetragen, dass die zahlreichen Entscheidungsfindungsprozesse der BUE – insbesondere für den Themenkomplex der Umgestaltung der Fernwärmeversorgung in Hamburg – erleichtert wurden? Ja. Durch die Arbeit des Energienetzbeirats wird der Dialog zwischen den Netzgesellschaften , der Politik, den gesellschaftlichen Gruppen und der Öffentlichkeit gebündelt. Dies führt zu einer höheren Akzeptanz für das Handeln der Netzgesellschaften und die Befassung mit energiepolitischen Themen in der Stadt. Im Übrigen siehe Drs. 21/3581. 8. Hat der Energienetzbeirat bereits Beschlüsse beziehungsweise Handlungsempfehlungen gefasst, die im direkten oder indirekten Zusammenhang mit der Nachfolgelösung für das Heizkraftwerk Wedel stehen? Drucksache 21/7967 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 a. Wenn ja, um welche Beschlüsse handelt es sich und was haben diese jeweils im Kern für zentrale Inhalte? b. Wenn nein, wie beurteilt die BUE beziehungsweise der Senat den Umstand, dass der Energienetzbeirat offenbar noch keine klare Position zur Nachfolgelösung Wedel gefunden hat? Ja, siehe Antwort zu 7. a. 9. Hätten – mit Ausnahme von der Bürgerfragestunde – sämtliche im Energienetzbeirat bislang behandelten Themen und vorgestellten beziehungsweise präsentierten Sachverhalte nach Einschätzung des Senats so oder in ähnlicher Form auch im Ausschuss für Umwelt und Energie der Hamburgischen Bürgerschaft (bei entsprechender Anmeldung durch die Fraktionen) behandelt werden können? Nein, denn das Format des ENB dient der aktiven Partizipation gesellschaftlicher Gruppen im Sinne der Vorbemerkung. Im Übrigen kommentiert der Senat die Arbeit der Bürgerschaft nicht. 10. Betrachtet der Senat die regelmäßig in der BUE stattfindenden öffentlichen Sitzungen des Energienetzbeirates als ein optionales, notwendiges und/oder hinreichendes Mittel um die – mit dem Volksentscheid vom September 2013 gewünschte – demokratisch kontrollierte Energieversorgung zu realisieren? Der Senat sieht den ENB als ein wesentliches, aber nicht alleiniges Instrument, um die im Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze angelegte breite gesellschaftliche Beteiligung am Prozess der Umsetzung der Hamburger Energiewende zu realisieren . 11. Betrachtet sich die Behörde für Umwelt und Energie im Kontext der Interaktion mit dem Energienetzbeirat selbst als Dienstleister für dieses Gremium? a. Falls sich die BUE als Dienstleister für den Energienetzbeirat versteht , welche (Dienst-)Leistungen werden dabei konkret erbracht beziehungsweise werden vorgehalten? b. Falls sich die BUE nicht als Dienstleister für den Energienetzbeirat versteht, welches Rollenverständnis liegt der Behörde im Kontext der Interaktion mit dem Energienetzbeirat stattdessen zugrunde? Die BUE als die für Energie federführende Fachbehörde sieht sich im Sinne der Drs. 21/3581 als Partnerin und Ratnehmerin des ENB. Die bei der BUE eingerichtete Geschäftsstelle des ENB erbringt im Rahmen ihrer definierten Aufgaben Dienstleistungen für den ENB. 12. Sind die im Energienetzbeirat vorgestellten Handlungsoptionen, zum Beispiel im Bereich der zukünftigen Fernwärmeversorgung des Hamburger Westens, bereits mit allen betroffenen Behörden abgestimmt oder handelt es sich um Vorschläge, die sich lediglich dem Autor von Studien beziehungsweise den darstellenden (öffentlichen) Unternehmen beziehungsweise Behörden zuordnen lassen? Die Überlegungen dazu sind nicht abgeschlossen, eine Abstimmung mit allen Fachbehörden hat es bislang nicht gegeben. 13. Welche ökonomischen Kosten sind den Hamburger Fernwärmekunden bereits dadurch entstanden, dass eine Ersatzlösung für das Fernwärmekraftwerk Wedel nicht wie im rot-grünen Koalitionsvertrag (im Jahr 2015) vereinbart, gefunden worden ist? 14. Welche ökologischen Schäden sind in Hamburg und in Wedel dadurch entstanden, dass eine Ersatzlösung für das Fernwärmekraftwerk Wedel selbst heute noch nicht wie im rot-grünen Koalitionsvertrag (im Jahr 2015) vereinbart, gefunden worden ist? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/7967 5 Keine. 15. Inwiefern hatte der Energienetzbeirat einen direkten und indirekten Einfluss auf die in Fragen 13. und 14. geschilderte andauernde Verzögerung bei der Entscheidung der Fernwärmeversorgung des Hamburger Westens? Keinen. 16. Berichtet der Umweltsenator aus den Sitzungen des Energienetzbeirats in den Sitzungen des Senats? Wenn ja, in welchen Sitzungen und in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Der ENB ist im Wesentlichen ein Beratungsgremium für die zuständigen Fachbehörden . Diese sind im ENB vertreten. Beiträge des ENB können Eingang in die Entscheidungsvorlagen finden, die die BUE dem Senat im Rahmen der weiteren Ausgestaltung der Hamburger Energiewende vorlegt.