BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8028 21. Wahlperiode 24.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Ovens (CDU) vom 17.02.17 und Antwort des Senats Betr.: XFEL Hamburg – Nutzt der Senat die Chancen für den Wissenschaftsstandort ? Am 6. Oktober 2016 nahm der X-Ray Free-Electron Laser (XFEL) des DESY in Hamburg-Schenefeld seinen Testbetrieb auf. Im Sommer 2017 ist mit dem vollständigen Betriebsbeginn zu rechnen. Von den etwa 1,5 Milliarden Euro Baukosten der 3,4 Kilometer langen Laser-Großforschungsanlage trägt Deutschland (Bund, Hamburg und Schleswig-Holstein) als Sitzland 58 Prozent , der Rest wird von den Partnerländern finanziert. Russland übernimmt 27 Prozent, die anderen Partner zwischen je 1 und 3 Prozent. Insgesamt sind elf Länder am European XFEL beteiligt (Deutschland, Russland, Schweden, Dänemark, Polen, Schweiz, Italien, Frankreich, Spanien, Slowakei und Ungarn). 2003 gab das Bundesministerium für Bildung und Forschung grünes Licht für den Bau des XFEL. Ein großer Erfolg für Hamburg. Das „Gesetz zum Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Schaffung der planerischen Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb eines Freie-Elektronen-Lasers im Röntgenbereich “ erfolgte mit der Drs. 18/1159 vom 4. November 2004 und ging auf die Bürgerschaftsdrs. 17/1878 vom 3. Dezember 2002 zurück. Baubeginn des Großprojekts war schließlich 2009. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, mit welchem Eifer sich der jetzige Senat über den Startschuss freut, erbt er doch einmal mehr die Ergebnisse der Arbeit vorheriger Landesregierungen. Die politische Arbeit dieses Senats fällt viel mehr auf Betrieb und Vermarkung dieser international einzigartigen Einrichtung. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Informationen der European X-Ray Free-Electron Laser Facility GmbH (European XFEL GmbH) sowie der Stiftung Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY) wie folgt: 1. Wie schätzt der Senat die Bedeutung des XFEL für den Wissenschaftsstandort Hamburg ein? Welchen Beitrag wird die Anlage leisten können, um den Wissenschaftsstandort Hamburg international bekannter zu machen? Mit dem European XFEL wird ein Großgerät der physikalischen Grundlagenforschung existieren, das – in der Zusammenschau mit den bereits beim DESY existierenden Röntgenlichtquellen PETRA III und FLASH und den auf dem Campus Bahrenfeld beheimateten wissenschaftlichen Einrichtungen – die Metropolregion Hamburg zu einem weltweit führenden Standort der Strukturforschung werden lässt. Drucksache 21/8028 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Wann genau beginnen im XFEL die ersten Nutzerexperimente, wie viele sind derzeit bereits geplant und wer veranstaltet diese beziehungsweise hat diese „gebucht“? a) Anders gefragt: Welche Institutionen und/oder Firmen haben bereits heute in welchem Zeitraum Forschungsprojekte im XFEL angemeldet beziehungsweise mit DESY vereinbart? Der Nutzerbetrieb beginnt im Herbst 2017. Der erste Aufruf, Anträge zu Experimenten einzureichen, endet am 20. März 2017. Über die Zulassung entscheidet ein internationales Expertengremium nach Kriterien wissenschaftlicher Exzellenz (siehe http://www.xfel.eu/organization/user_consortia/). b) Welchen zeitlichen und finanziellen Umfang haben diese Projekte? Die Projekte werden in der Regel zwischen fünf und zehn Tagen dauern und kostenfrei sein, wenn die Ergebnisse der Allgemeinheit frei zur Verfügung gestellt werden. Bei Projekten von Industrieunternehmen, deren Ergebnisse zunächst nicht veröffentlicht werden, wird die Nutzung in Rechnung gestellt. c) Wie hoch ist die derzeitige Auslastung an Projekten gemessen an der möglichen Gesamtkapazität? Da der Nutzerbetrieb noch nicht begonnen hat, können hierzu noch keine Angaben gemacht werden. Aufgrund von Erfahrungen und des bereits jetzt großen Interesses ist indessen davon auszugehen, dass die Nachfrage das Angebot um ein Mehrfaches übersteigen wird. 3. Welche nationalen und internationalen Werbe- beziehungsweise Marketingmaßnahmen betreiben DESY beziehungsweise die Wissenschaftsbehörde , um den XFEL innerhalb der elf Teilnehmerländer und/oder darüber hinaus bekannter zu machen und/oder Forschungsprojekte zu generieren? Bitte differenziert nach den Kategorien deutschlandweit, innerhalb der weiteren Teilnehmerländer und außerhalb der Teilnehmerländer auflisten. In der Wissenschaftscommunity werden der Bau und die Eröffnung des dann weltweit führenden Röntgenlasers mit hoher Aufmerksamkeit verfolgt. International tätige Arbeitsgruppen warten auf Messzeiten an diesem weltweit einzigen und genauesten Mess- und Großforschungsgerät. Darüber hinaus werden engagierte und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Spitzenkräfte und (wissenschaftlicher) Nachwuchs durch die regelmäßige Teilnahme an Recruiting-Messen in Hamburg, Deutschland und den USA angesprochen. Die künftigen wissenschaftlichen Nutzer werden beispielsweise angesprochen durch: - das gemeinsame Photon Science Users Meeting mit rund 1100 Wissenschaftlern von mehr als 70 Institutionen aus 30 Ländern, - die jährlichen, international verfügbaren Scientific Highlight Reports, - Workshops für künftige Nutzer (in Schenefeld, Zielgruppe weltweit), - Präsenz und Vorträge auf Wissenschaftlichen Konferenzen (weltweit), - Organisation und Teilnahme an wissenschaftlichen Fort- und Ausbildungsveranstaltungen (zum Beispiel Summerschools für den wissenschaftlichen Nachwuchs) in Deutschland und den Partnerländern, - Partnerschaften und Kooperation mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen (weltweit, mit Schwerpunkten in Deutschland und den Partnerländern) und - Information der wissenschaftlichen Community und weiterer Stakeholder über Newsletter und soziale Medien (weltweit). Um den Transfer in die Gesellschaft zu unterstützen, sprechen DESY und die European XFEL GmbH die allgemeine Öffentlichkeit, Akteure aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die Medien und die Nachbarn beim DESY und European XFEL mit folgenden Maßnahmen an: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8028 3 - Presse- und Medienarbeit (national und international, in Partnerländern in Kooperation mit Pressestellen der Partner), - Information über Newsletter und soziale Medien, - Broschüren und Flyer in verschiedenen Sprachen (national und international, in Kooperation mit Partnerländern teilweise auch in den Landessprachen), - DESY Forschungsmagazin femto, - Tag der offenen Tür im Rahmen der Hamburger Nacht des Wissens, - Format „Wissen vom Fass“ und die Präsenz auf Wissenschaftsveranstaltungen wie den jährlichen „Highlights der Physik“, - Besucherführungen und Vorträge bei der Volkshochschule, - DESY Schülerlabor „physik.begreifen“ und - DESY Science Café beziehungsweise das geplante Schülerlabor bei European XFEL. 4. Auf welche Art und Weise beziehungsweise mit welchen Maßnahmen unterstützen der Senat beziehungsweise die zuständige(n) Behörde(n) DESY bei der nationalen und internationalen Bewerbung des XFEL, um den XFEL innerhalb der elf Teilnehmerländer und/oder darüber hinaus bekannter zu machen und/oder Forschungsprojekte zu generieren? Bitte differenziert nach den Kategorien deutschlandweit, innerhalb der weiteren Teilnehmerländer und außerhalb der Teilnehmerländer sowie nach Werbemaßnahmen auflisten. Der Senat unterstützt die European XFEL GmbH und die Stiftung DESY bei den unter 3. genannten Maßnahmen, beispielsweise in der Pressearbeit oder bei Veranstaltungen . So plant der Hamburger Senat derzeit gemeinsam mit der Landesregierung Schleswig-Holstein eine Präsentations- und Informationsveranstaltung zum European XFEL in Brüssel. 5. Welche Auftrags-, Forschungs- und/oder Projektziele verfolgen DESY und/oder der Senat beziehungsweise die zuständige(n) Behörde(n) in Bezug auf den Erfolg des XFEL? Bitte entsprechend nach den Zielen „Mögliche Auslastung der Gesamtkapazität“, „Umsatz“, „Anzahl der Projekte “ auflisten. Mit Blick auf die Forschung soll der European XFEL im Rahmen des aktuellen Exzellenzcluster -Vorhabens „Hamburg Centre for Ultrafast Imaging“ (Laufzeit bis Ende 2018) für Strukturanalysen genutzt werden. Darüber hinaus ist die European XFEL GmbH Kooperationspartner im neuen Exzellenzcluster-Antrag „Tiefe Einblicke in die Materie: Struktur, Dynamik und Kontrolle auf atomarer Skala“ der UHH in der Exzellenzstrategie (Laufzeit ab 2019). Im Hinblick auf den Technologietransfer wird die European XFEL GmbH ein Kontaktbüro für die Wirtschaft (Industrial Liason Office, ILO) einrichten.