BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8056 21. Wahlperiode 28.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Nebahat Güçlü (fraktionslos) vom 20.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Förderung herkunftssprachlicher Angebote in Hamburg Am 21. Februar ist der Internationale Tag der Muttersprache. In Hamburg kommt der Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt ein besonderer Stellenwert zu. Als Metropole ist Hamburg Anziehungspunkt für Menschen aus aller Welt. Jedes zweite hier lebende Kind hat einen Migrationshintergrund : Im aktuellen Schuljahr beträgt der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund 56,4 Prozent in der Vorschule und 47,7 Prozent in der Grundschule .1 Der Sprachwissenschaftler Bernhard Brehmer sagt: „Mehrsprachigkeit ist eine gesellschaftliche Ressource, die es systematisch zu entwickeln gilt“.2 Insbesondere in einer Gesellschaft, die zunehmend von Einwanderung abhängig ist, gewinnt die Förderung der sprachlichen Vielfalt an Relevanz, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welche Bedeutung hat herkunftssprachlicher Unterricht für den Hamburger Senat? Im Hamburger Integrationskonzept (siehe Drs. 20/7049) ist dargelegt, dass die Förderung der natürlichen Mehrsprachigkeit vieler Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund und der Erhalt und die Erweiterung mehrsprachiger Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern Ziele der für Bildung zuständigen Behörde sind. 2. Für welche Sprachen bestehen herkunftssprachliche Lehrangebote in Hamburg? Sogenannte Herkunftssprachen können auf der Basis von Bildungsplänen als zusätzliches Angebot oder in den Sekundarstufen I und II im Rahmen des Wahlpflichtbereichs unterrichtet werden. Es handelt sich um ein nachfrageorientierte Angebot der Schulen. Grundsätzlich lässt sich aus den Lehrangeboten nicht erkennen, ob die jeweilige Sprache für die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler tatsächlich eine Herkunftssprache oder eine Fremdsprache ist. Lehrangebote bestehen für folgende Sprachen: Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Chinesisch , Englisch, Französisch, Farsi, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Romanes, Russisch, Spanisch, Türkisch. 1 Quelle: http://www.hamburg.de/schuljahr-in-zahlen/4662026/sus-migrationshintergrund-b/. 2 Quelle: Sprachenvielfalt – Ressource und Chance, Bundesministerium für Bildung und Forschung , Seite 11; abrufbar unter: https://www.bmbf.de/pub/Sprachenvielfalt.pdf. Drucksache 21/8056 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die für Bildung zuständige Behörde unterstützt darüber hinaus über den Träger verikom – Verbund für interkulturelle Kommunikation und Bildung e.V. ergänzende Unterrichtsangebote für Herkunftssprachen, die an Schulen durch Honorarkräfte erteilt werden , da für diese Sprachen keine oder zu wenige vollqualifizierte Lehrkräfte zur Verfügung stehen. 3. Welche herkunftssprachlichen Angebote gibt es an Hamburgs Kitas? Die zuständige Behörde hat die Vertragspartner des Landesrahmenvertrages (LRV) „Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen“ (Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V.; Caritasverband Hamburg e.V.; Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Hamburg ; Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hamburg e.V.; Diakonisches Werk Hamburg e.V., Kindermitte e.V. – Bündnis für soziales Unternehmertum und Qualität in der Kindertagesbetreuung; SOAL – Alternativer Wohlfahrtsverband Hamburg; Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH) gebeten, entsprechende Auskünfte zu erteilen. In der für die Beantwortung dieser Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit hat die zuständige Behörde folgende Rückmeldungen erhalten: Die Kita Sunshine des Trägers Cherished Children e.V. bietet in ihrem Kindergarten die Sprachen Deutsch und Englisch an. Eine Bücherecke in verschiedenen Sprachen (unter anderem Türkisch, Arabisch, Twi, Polnisch, Spanisch) steht den Eltern und Kindern zur Verfügung. Der Träger Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH nennt beispielhaft, dass Bilderbücher und andere Bücher in Herkunftssprachen bereitgehalten und vorgelesen werden. Dies geschieht häufig durch Eltern, meist aber durch Fachkräfte, die eine Herkunftssprache beherrschen. Es werden Lieder in Herkunftssprachen und Deutsch zum gleichen Thema miteinander verbunden. Ferner werden herkunftssprachliche Begriffe in den Kitaalltag eingebracht . In Einzelfällen unterstützen Dolmetscher Kinder und Eltern bei gemeinsamen Aktivtäten. Außerdem halten die Elbkinder-Kitas ein in fünf Sprachen übersetztes Pixi- Buch vor, welches den Kitaalltag darstellt. 4. An welchen Standorten gibt es herkunftssprachliche Lehrangebote? Siehe Anlage 1. 5. Wie viele Schüler nehmen im Schuljahr 2016/2017 am herkunftssprachlichen Unterricht teil? Wie hat sich die Zahl der teilnehmenden Schüler in den letzten fünf Jahren entwickelt? Bitte differenziert nach Schulform darstellen. Siehe Anlage 2. 6. Welche finanzielle, personelle und pädagogische Unterstützung gibt es für die Einrichtung herkunftssprachlicher Angebote? Die zuständige Behörde stellt zusätzlich zu der personellen Regelausstattung der Schulen für den Sprachenunterricht im Rahmen des Wahlpflichtbereichs insgesamt 45,6 Lehrerstellen für Angebote zur Förderung der Zweisprachigkeit/Herkunftssprachen zur Verfügung. Darüber hinaus werden Zuschüsse für den muttersprachlichen Ergänzungsunterricht an Schulen durch Konsulate der ehemaligen Anwerbeländer geleistet. Im Jahr 2016 beliefen sich diese Zuschüsse auf insgesamt 101.010 Euro. Des Weiteren finanziert die zuständige Behörde herkunftssprachlichen Unterricht durch Honorarkräfte, der an Schulen durch den Träger verikom e.V. organisiert wird, in Höhe von jährlich 87.000 Euro. Zur pädagogischen Unterstützung bietet das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) neben einem offenen Beratungsangebot regelmäßig pro Schulhalbjahr drei spezielle Fortbildungsveranstaltungen zu den herkunftssprachlichen Unterrichtsangeboten an. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8056 3 7. Wie bewertet der Senat das bestehende herkunftssprachliche Angebot? Das bisherige herkunftssprachliche Angebot an den Hamburger Schulen ist breit gefächert und bietet Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, in den am stärksten vertretenen Herkunftssprachen ihre herkunftssprachlichen Kompetenzen bis zum Schulabschluss einzubringen. 8. Plant der Senat künftig eine aktivere Förderung bi- und multilingualer Lehrangebote? Die derzeitigen Planungen der für Bildung zuständigen Behörde sehen vor, die bilingualen Lehrangebote in Kooperation mit den Konsulaten Italiens, Portugals und der Türkei fortzuführen und eine Fortführung und Ausweitung der deutsch-spanischen Angebote die Kooperation mit Spanien wieder aufzunehmen. Darüber hinaus ist die Förderung bilingualer Zweige und Module an Hamburger Schulen fester Bestandteil der Unterstützung der Lehrangebote. Am LI wird jährlich ein Qualifizierungskurs „bilingualer Sachfachunterricht“ angeboten; Seit 2015 findet alle zwei Jahre ein bilingualer Fachtag statt. Schulen haben zudem die Möglichkeit, einen Antrag zu stellen, das Exzellenzlabel Certi Lingua an Ihrer Schule einzuführen. Drucksache 21/8056 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Anlage 1 Hamburger staatliche allgemeinbildende Schulen mit herkunftssprachlichen Lehrangeboten, Schuljahr 2016/17 Sprache Grundschulen weiterführende Schulen Albanisch Schule auf der Veddel - Arabisch - Gymnasium Klosterschule Bosnisch Schule Beim Pachthof - Schule Lämmersieth Farsi Schule Max-Eichholz-Ring Gymnasium Lerchenfeld Irena-Sendler-Schule Max-Schmeling-Stadtteilschule Stadtteilschule am See Stadtteilschule Oldenfelde Italienisch Louise Schroeder Schule Gymnasium Altona Gymnasium Corveystraße Gymnasium Rahlstedt Schule Döhrnstraße* Schule Kerschensteiner Straße Schule Knauerstraße Schule Traberweg Polnisch Anton-Rée-Schule Allermöhe Stadtteilschule Barmbek Clara-Grunwald-Schule Schule Eulenkrugstraße Schule Max-Eichholz-Ring Schule Moorflagen Schule Speckenreye Portugiesisch Rudolf-Roß-Grundschule* Stadtteilschule am Hafen* Stadtteilschule Wilhelmsburg Romanes Grundschule St. Pauli - ReBBZ Altona Russisch Anton-Rée-Schule Allermöhe Charlotte-Paulsen-Gymnasium Schule Max-Eichholz-Ring Christianeum - Geschwister-Scholl-Stadtteilschule Gretel-Bergmann-Schule Gymnasium Hamm Gymnasium Heidberg Otto-Hahn-Schule Stadtteilschule Barmbek Stadtteilschule Bergedorf Stadtteilschule Kirchwerder Stadtteilschule Süderelbe Walddörfer Gymnasium Spanisch** Schule Lutterothstraße* Gymnasium Lerchenfeld* Schule Wielandstraße* Stadtteilschule Stellingen Stadtteilschule Winterhude* Türkisch Brüder-Grimm-Schule Brüder-Grimm-Schule Elbinselschule Gymnasium Hamm Fridtjof-Nansen-Schule Helmut-Schmidt-Gymnasium Ganztagsgrundschule Sternschanze Kurt-Tucholsky-Schule Grundschule Arnkielstraße Margaretha-Rothe-Gymnasium Grundschule Kirchdorf Max-Brauer-Schule Grundschule St. Pauli Nelson-Mandela-Schule Grundschule Thadenstraße Stadtteilschule Alter Teichweg Heinrich-Wolgast-Schule* Stadtteilschule am Hafen* Louise Schroeder Schule Stadtteilschule Barmbek ReBBZ Wilhelmsburg Stadtteilschule Hamburg-Mitte Rudolf-Roß-Grundschule Stadtteilschule Mümmelmannsberg Schule auf der Veddel Stadtteilschule Stübenhofer Weg Schule Bahrenfelder Straße Stadtteilschule Wilhelmsburg Schule Charlottenburger Straße Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8056 5 Hamburger staatliche allgemeinbildende Schulen mit herkunftssprachlichen Lehrangeboten, Schuljahr 2016/17 Sprache Grundschulen weiterführende Schulen Schule Genslerstraße Schule Lämmersieth* Schule Maretstraße Schule Öjendorfer Damm Schule Rotenhäuser Damm Schule Rothestraße Theodor-Haubach-Schule Quelle: Daten der zuständigen Behörde * bilinguales Angebot in Kooperation mit Konsulaten ** Es sind nur die Spanisch-Unterrichtsangebote aufgenommen worden, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass zahlreiche Schülerinnen und Schüler mit Spanisch als Herkunftssprache an ihnen teilnehmen Anlage 2 Drucksache 21/8056 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Schülerinnen und Schüler (SuS) mit Unterricht in ausgewählten Sprachen* nach Schulform** in den Schuljahren 2012/13 bis 2016/17 Schüler Schulform Fremdsprache 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 Grundschule** Sprachen I 334 799 825 716 627 Sprachen II 279 252 216 266 388 Spanisch 261 277 264 289 390 Grundschule in Sekundarstufe I Spanisch 18 26 33 31 32 Stadtteilschule Sprachen I 831 881 1.200 1.276 1.256 Sprachen II 680 590 603 674 852 Spanisch 10.626 12.453 13.529 13.995 13.817 Gymnasium Sprachen I 69 102 189 205 250 Sprachen II 992 1.239 1.198 1.062 1.132 Spanisch 15.034 16.096 16.536 16.420 17.038 Sonderschule** Sprachen I 1 5 Spanisch 19 24 17 10 9 Sprachen I insgesamt 1.234 1.782 2.214 2.198 2.138 Sprachen II insgesamt 1.951 2.081 2.017 2.002 2.372 Spanisch insgesamt 25.958 28.876 30.379 30.745 31.286 insgesamt 29.143 32.739 34.610 34.945 35.796 Quelle: Schuljahresstatistik 2012 bis 2016 *Erläuterung: Die Angaben zu den gewählten Sprachen in der Schulstatistik sind unvollständig. Insbesondere die zusätzlichen herkunftssprachlichen Angebote in der Grundschule und zentral unterrichtete Sprachenangebote sind nur lückenhaft erfasst . Damit dürfte die Anzahl der in den aufgeführten Sprachen unterrichteten SuS höher als die Angaben aus der Schulstatistik liegen. Eine Unterscheidung in herkunftssprachlichen und nicht herkunftssprachlichen Unterricht wird in der Schuljahresstatistik nicht erhoben. Hier werden die Sprachen aufgeführt, die häufig als herkunftssprachlicher Unterricht genutzt werden. Es sind auch Schülerinnen und Schüler enthalten, die die Sprache als Fremdspreche belegen. Sprachen I (überwiegend als Herkunftssprache unterrichtete Sprachen): Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Farsi, Polnisch , Portugiesisch, Romanes, Türkisch Sprachen II (Sprachen, die manchmal als Herkunftssprache und oft als Fremdsprachen belegt werden): Chinesisch, Italienisch, Russisch Spanisch wird auch als Herkunftssprache unterrichtet. Die meisten Schülerinnen und Schüler belegen das Fach allerdings als Fremdsprache ** Ohne Erwachsenenbildung; Grundschule einschließlich Vorschulklassen; Sonderschule einschließlich beruflicher Bildungsgänge an Sonderschulen