BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8086 21. Wahlperiode 28.02.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carl-Edgar Jarchow (FDP) vom 21.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Einstellungsvoraussetzungen in den Polizeidienst Nahezu allen Bundesländern und dem Bund gelingt es zunehmend weniger, die notwendige Anzahl von Polizeibeamten einzustellen, die für einen unverzüglichen Ersatz für Pensionierungen sowie die Besetzung von vielfach geplanten Tausenden zusätzlichen Planstellen erforderlich sind. Ausgehend davon soll die Polizei in Hamburg vom durchschnittlichen Personalbestand des Jahres 2016 durch zusätzliche Einstellungen im Rahmen einer Einstellungsoffensive bis 2021 um 300 zusätzliche Polizeivollzugsbeamte verstärkt werden.1 Insbesondere vor dem Hintergrund der gesunkenen Attraktivität des Polizeidienstes , aber gleichzeitig stetig steigender Aufgabenzuweisung und zusätzlicher Nachfrage nach Polizeipräsenz, drängt sich der Verdacht auf, dass die Einstellungskriterien gesenkt werden müssen.2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie sind derzeit die Einstellungsvoraussetzungen für die drei Laufbahnen im Polizeidienst? Für die Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt (Laufbahnabschnitt (LA) I, ehem. mittlerer Dienst) und die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt (LA II, ehem. gehobener Dienst) ergeben sich die Einstellungsvoraussetzungen aus § 10 der Verordnung über die Laufbahnen der hamburgischen Beamtinnen und Beamte und §§ 9 und 10 der Verordnung über die Laufbahn der Fachrichtung Polizei sowie der Einstellungsrichtlinie der Polizei. Bewerberinnen und Bewerber für den LA I benötigen: einen Realschulabschluss oder einen Hauptschulabschluss und eine für die betreffende Laufbahn förderliche Berufsausbildung oder Ausbildung in einem öffentlichrechtlichen Ausbildungsverhältnis (Verwaltungspraktikum) von zwei Jahren oder einen von der zuständigen Behörde als gleichwertig anerkannten Bildungsstand. Bewerberinnen und Bewerber für den LA II benötigen: eine Hochschulzugangsberechtigung oder einen von der zuständigen Behörde als gleichwertig anerkannten Bildungsstand. 1 Drs. 21/7578. 2 http://www.focus.de/politik/deutschland/innere-sicherheit-beamte-packen-aus-derpolizeinachwuchs -wird-immer-unfaehiger_id_6549364.html; https://beamten-infoportal.de/ magazin/beruf/polizei/polizeinachwuchs-wird-immer-unfaehiger/. Drucksache 21/8086 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Bewerberinnen und Bewerber für den LA I und LA II müssen zudem mindestens 16 Jahre alt sein und dürfen das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen oder sich verpflichten, diese bis zum Ende des Vorbereitungsdienstes zu erwerben, die Schwimmbefähigung nachweisen, eine Einstellungsprüfung, die sich auf die Eignung für den Polizeivollzugsdienst erstreckt, bestanden haben, für den Polizeivollzugsdienst gesundheitlich tauglich sein, ausreichende Schulnoten in den Hauptfächern haben, charakterlich geeignet erscheinen, eine Mindestgröße von 160 cm haben. Einstellungen in die Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt (LA III, ehem. höherer Dienst) des Polizeivollzugsdienstes gibt es bei der Polizei Hamburg nicht. Im Wege der Einheitslaufbahn erfolgt der Zugang für ausgewählte Angehörige der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt über ein Masterstudium an der Deutschen Hochschule der Polizei. 2. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Personalsituation und den Einstellungsvoraussetzungen? Nein. Das Personal der Polizei Hamburg wurde und wird auf Basis der jeweiligen Einstellungsvoraussetzungen rekrutiert. 3. Wurden die (formalen) Einstellungsvoraussetzungen für die Laufbahnen im Polizeidienst in den letzten Jahren gesenkt? a. Wenn ja, warum und inwiefern? Wie wird die Qualität der Polizeiarbeit dennoch sichergestellt? b. Wenn nein, ist eine Veränderung geplant oder in absehbarer Zeit notwendig? Nein. Eine Veränderung der Einstellungsvoraussetzungen ist dahin gehend beabsichtigt , dass zukünftig der Nachweis des Erwerbs einer Fahrerlaubnis der Klasse B für Kraftfahrzeuge grundsätzlich bereits bis zu Beginn des ersten Praktikums in der Ausbildung beziehungsweise des Studiums erbracht werden muss. 4. Welche Punktzahlen mussten die Bewerber in den letzten zehn Jahren jeweils im Eignungstest erreichen, um eingestellt zu werden? Können beziehungsweise müssen derzeit Bewerber in den Polizeidienst aufgenommen werden, die vergleichbar weniger Punkte erreicht haben? a. Wenn ja, warum und welche Punktzahl reicht aus? Wie wird die Qualität der Polizeiarbeit dennoch sichergestellt? Wie wird gegebenenfalls den geänderten Auswahlkriterien bei der Gestaltung der Ausbildung Rechnung getragen? b. Wenn nein, ist eine Veränderung geplant oder in absehbarer Zeit notwendig? Für das Bestehen des Einstellungstests ist eine Mindestpunktzahl festgelegt. In aller Regel übersteigt die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber mit bestandenem Einstellungstest die Anzahl vorgesehener Einstellungen, sodass abschließend eine Bestenauslese über eine Rangliste erfolgt. Dies hat zur Folge, dass die tatsächlich für eine Einstellung in den Polizeivollzugsdienst erforderliche Punktzahl von Verfahren zu Verfahren variiert. Im derzeitigen Testverfahren für den LA I und LA II kann eine Maximalzahl von 90 Punkten erreicht werden. Die Mindestanforderung liegt bei 40 Punkten. Bis zum Einstellungstermin Februar 2016 galt der Einstellungstest für den LA I mit einer Mindestpunktzahl von 24 Punkten von 54 möglichen Punkten als bestanden. Im Verfahren Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8086 3 zum LA II musste zum Bestehen des Einstellungstests bis zum Einstellungstermin Oktober 2015 eine Mindestpunktzahl von 48 Punkten von 108 möglichen Punkten erreicht werden. Das nach den vorgenannten Terminen angewandte, gemeinsame Testverfahren für den LA I und LA II und die sich daraus ergebenden neuen Skalierungen für den jeweiligen LA lassen keinen Rückschluss auf einen übergreifenden Bewerbervergleich zu. Es sind derzeit keine Veränderungen geplant oder notwendig. 5. Wie lange dauert der Einstellungsprozess in den Polizeidienst in Hamburg nach jeweils erfolgter Bewerberauswahl durchschnittlich? Wie steht Hamburg diesbezüglich im Vergleich zu anderen Bundesländern da? Die Polizei Hamburg nimmt ganzjährig Bewerbungen entgegen. Für den jeweiligen Einstellungstermin wird ein Bewerbungsschluss festgelegt, der mit einer zweiwöchigen Vorlaufzeit im Internet bekannt gegeben wird. In der Vergangenheit dauerte der Einstellungsprozess vom Bewerbungsschluss bis zur Erstellung der Rangliste zwölf bis 15 Monate. Bewerberinnen und Bewerber mit überdurchschnittlichen Leistungen erhielten nach Beendigung des Testverfahrens eine sofortige Einstellungszusage. Zum Einstellungstermin Februar 2018 wird das Auswahlverfahren auf sieben Monate verkürzt, sodass insbesondere die mit der Einstellungsoffensive verbundene Erhöhung der Einstellungszahlen und die Anzahl der Einstellungstermine realisiert werden kann. Ein Vergleich zu anderen Bundesländern liegt nicht vor. 6. Inwiefern hängt die durchschnittliche Dauer dieses Einstellungsprozesses vom Erstellungszeitraum für erforderliche Gutachten des personalärztlichen Dienstes ab? Wie lange dauert die Erstellung eines solchen Gutachtens im Durchschnitt? Die Erstellung eines abgeschlossenen Einstellungsgutachtens für die Polizei ist Bestandteil des Einstellungsprozesses. Die durchschnittliche Dauer im Jahr 2016 betrug 41 Tage (Differenz Abschlussdatum des Gutachtens – Eingangsdatum des Gutachtenauftrags in Kalendertagen). Die der Ermittlung der durchschnittlichen Zeitspanne von 41 Tagen zugrunde liegenden Fälle weisen eine erhebliche Streubreite auf, die insbesondere aus folgenden Faktoren resultiert: unterschiedlich lange Vorlaufphase der Terminierung, Notwendigkeit von Zusatzuntersuchungen (zum Beispiel augenärztliche Untersuchungen , HNO-ärztliche Untersuchungen in externen Praxen), Terminverschiebungen durch Bewerberinnen und Bewerber, Nachlieferung von für die Beurteilung notwendigen Vorbefunden durch Bewerberinnen und Bewerber, Notwendigkeit der Wiederholung der Ergometrie zu einem späteren Zeitpunkt wegen mangelnder Leistungsfähigkeit in der Erstuntersuchung.