BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8103 21. Wahlperiode 03.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 23.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Brennpunkt Sozialtherapeutische Anstalt Fuhlsbüttel Nach aktuellen Berichten sollen sich in der Sozialtherapeutischen Anstalt Fuhlsbüttel auch Inhaftierte befinden, die mit den Behandlungen in dieser Einrichtung nichts zu tun haben. Dazu sollen Inhaftierte gehören, die wegen Schwarzfahrens oder Falschparkens verurteilt wurden. Sinn und Zweck einer Sozialtherapeutischen Anstalt werden damit in Hamburg ad absurdum geführt. Generell werden Sexualstraftäter mit einer Freiheitstrafe von mehr als zwei Jahren auf Grundlage von § 10 Absatz 1 des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes (HmbStVollzG) im Rahmen eines Auswahlverfahrens in der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg aufgenommen. Inhaftierte haben sich nun selbst in einem Brief an den Senator gewandt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Sozialtherapeutische Anstalt gehört mit 163 Haftplätzen bundesweit zu den größten sozialtherapeutischen Einrichtungen. Die Anstalt verfügt über umfassende, differenzierte therapeutische Angebote und eine besondere Personalausstattung mit therapeutisch qualifizierten Fachkräften. Ihr Angebot richtet sich generell an Sexual- und Gewaltstraftäter. Um eine bessere Auslastung herzustellen, hat die zuständige Behörde eine eigene, räumlich getrennte Station mit 18 Plätzen für die Unterbringung von Gefangenen mit einer Ersatzfreiheitsstrafe genutzt. Diese Gefangenen, die sich in der Regel nur kurz in der Anstalt aufhalten, nehmen nicht an sozialtherapeutischen Behandlungsmaßnahmen teil. Die Unterbringung von Gefangenen mit einer Ersatzfreiheitsstrafe geht somit auch nicht zulasten der in der Sozialtherapeutischen Anstalt aus behandlerischen Gründen untergebrachten Strafgefangenen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich einzelne Gefangene mit ihren Anliegen unmittelbar an den Präses der zuständigen Behörde oder mit Eingaben an die Hamburgische Bürgerschaft wenden. Die zuständige Behörde überprüft die geschilderten Sachverhalte und stellt eine Beantwortung solcher Schreiben sicher. Beim Falschparken handelt es sich nicht um eine Straftat, weshalb niemand wegen Falschparkens inhaftiert wird. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Haftplätze stehen in der Sozialtherapeutischen Anstalt Fuhlsbüttel derzeit zur Verfügung (bitte Belegungszahlen und Haftplätze der Inhaftierten nach Deliktsarten darstellen)? Wie hat sich dies gegenüber den Jahren 2015 und 2016 verändert? Stichtag 31. Dezember 2015 Drucksache 21/8103 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Belegungsfähigkeit Belegung Gewaltdelikte Sexualdelikte Sonstige Delikte Ersatzfreiheitsstrafe 163 130 65 58 7 0 Stichtag 31. Dezember 2016 Belegungsfähigkeit Belegung Gewaltdelikte Sexualdelikte Sonstige Delikte Ersatzfreiheitsstrafe 163 139 62 52 7 18 Stichtag 28. Februar 2017 Belegungsfähigkeit Belegung Gewaltdelikte Sexualdelikte Sonstige Delikte Ersatzfreiheitsstrafe 181 149 61 55 11 22 Durch die Inbetriebnahme der bis dahin stillgelegten Station C 2 der Sozialtherapeutischen Anstalt am 27. Februar 2017 wurde deren Belegungsfähigkeit um 18 Haftplätze auf insgesamt 181 ausgeweitet. 2. Wie viele Verlegungen gab es in den Jahren 2015 bis 22. Februar 2017 von Inhaftierten ohne sozialtherapeutischen Hintergrund in die Sozialtherapeutischen Anstalt Fuhlsbüttel (bitte die Verlegungen nach Jahren und Delikten der Inhaftierten darstellen)? 3. Gab es Inhaftierte, die zu Ersatzfreiheitsstrafen verurteilt wurden und dann in der Sozialtherapeutischen Anstalt untergebracht wurden? Wenn ja, seit wann und warum? 4. Inwieweit kam es zu Verlegungen von Inhaftierten ohne sozialtherapeutischen Hintergrund, obwohl sich eine Sozialtherapeutischen Anstalt mit besonderen therapeutischen Mitteln und sozialen Hilfen rückfallgefährdeten Straftätern wie Sexualstraftätern widmet? a. Wenn ja, warum kam es zu wie vielen Verlegungen? b. Wenn ja, welche zuständige Stelle hat die Verlegungen unter 2. angeordnet und seit wann hatte der Senator darüber Kenntnis? Seit dem 18. April 2016 werden in der Sozialtherapeutischen Anstalt auch Gefangene mit einer Ersatzfreiheitsstrafe untergebracht. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Drs. 21/7912. 5. Wie viele Gewaltvorfälle und/oder Gewaltandrohungen gab es von 2015 bis zum 22. Februar 2017 in der Sozialtherapeutischen Anstalt (bitte darstellen nach Gewaltvorfällen und/oder Gewaltandrohungen gegenüber Inhaftierten und Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern der Anstalt)? Vorkommnis 2015 2016 2017* Gewaltanwendung gegen Bedienstete 0 1 0 Gewaltanwendung unter Gefangenen 4 6 0 Bedrohung von Bediensteten 0 2 0 Bedrohung unter Gefangenen 1 1 0 * Stand 28. Februar 2017 6. Wie hat beziehungsweise wird der Senator auf diesen Brief der Inhaftierten reagiert beziehungsweise reagieren? Der beschriebene Sachverhalt wird geprüft. Die Absender erhalten anschließend eine Antwort. 7. Inwieweit hatte der Senator beziehungsweise hatten welche Mitarbeiter der Justizbehörde seit wann Kenntnis über die Verlegungen von Inhaftierten ohne sozialtherapeutischen Hintergrund in die Sozialtherapeutischen Anstalt? Siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8103 3 8. Was hat die Justizbehörde mit welchem Ergebnis unternommen, um der Situation in der Anstalt entgegenzuwirken? Inwieweit wurden wann welche Maßnahmen ergriffen? Infolge der neuen Belegungssituation hat die Leitung der Sozialtherapeutischen Anstalt konzeptionelle Veränderungen zur Nutzung der Wohngruppen eingeleitet, durch die die Behandlungsschwerpunkte deutlicher herausgestellt und das Behandlungsklima möglichst förderlich gestaltet werden. Seit Anfang Februar 2017 wird der Zugangsbereich vom A-Flügel in den C-Flügel der Anstalt verlagert. 9. Wie oft wurde durch Schreiben, E-Mails, Gespräche über die Situation der Sozialtherapeutischen Anstalt von 2015 bis 22. Februar 2017 aufmerksam gemacht? Wer innerhalb der Justizbehörde hat wann dazu durch wen Kenntnis erhalten? 10. Hat die Justizbehörde im Laufe der letzten zwölf Monate Berichte über die Situation und Verlegungen in die Sozialtherapeutischen Anstalt eingefordert ? Wenn ja, wann und mit welchem Inhalt? Wenn nein, warum nicht? Die zuständige Behörde und die Sozialtherapeutische Anstalt befinden sich in einem fortlaufenden Austausch. Die Vielzahl der Schreiben, E-Mails und Gespräche wird nicht im Einzelnen dokumentiert. 11. Welche konkreten Konsequenzen wird der Senator aus dem Brief der Inhaftierten der Sozialtherapeutischen Anstalt ziehen? Siehe Antwort zu 6.