BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8132 21. Wahlperiode 03.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jennyfer Dutschke (FDP) vom 24.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Belegungssteuerung bei Flüchtlingsunterkünften mit der Perspektive Wohnen In der Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 13. Juli 2016 „Konsens mit den Initiatoren der Volksinitiative ‚Hamburg für gute Integration“ heißt es: „Ein anteilig geförderter Wohnungsbau wird i.d.R. über die Grundstücksvermarktung gesteuert. Um Wohnungen in den Neubaugebieten Vogelkamp Neugraben (NF65), Fischbeker Heidbrook (NF66) und Fischbeker Reethen (NF67) können sich nach den allgemein geltenden Regularien auch Flüchtlinge mit Bleibeperspektive nach Ende der Residenzpflicht in einer EA bewerben.“1 Im Betriebskonzept Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen von f & w fördern & wohnen heißt es ferner: „f & w wird die Unterkünfte mit der Perspektive Wohnen daher nutzen, um insbesondere die Lebensumstände jener bleibeberechtigten Flüchtlinge zu verbessern, die in Gemeinschaftsunterkünften in besonders beengten Verhältnissen leben, die darüber hinaus zum Personenkreis besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge gehören (allein stehende oder alleinerziehende Frauen, Behinderte, chronisch Kranke) oder deren Unterkünfte nur befristet nutzbar sind. Zum an den Standorten unterzubringenden Personenkreis gehören Alleinstehende und Familien unabhängig vom Alter und von den jeweiligen Herkunftsländern. Vorrangig sollen jene Flüchtlinge mit Bleibeperspektive versorgt werden, die in Gemeinschaftsunterkünften des gleichen Bezirks untergebracht sind, um bereits begonnene Integration in den Bezirk nicht zu behindern.“2 In einer aktuellen Berichterstattung wird ein Bezirksamtsleiter damit zitiert, dass „(…) die Zielgröße von nur noch 300 Geflüchteten am Mittleren Landweg auch dadurch erreicht werden kann, dass sich ihr Status ändert. Als anerkannte Asylbewerber mit dauerhaftem Bleiberecht würden sie dann nicht mehr als „Flüchtlinge“ in die Statistik einfließen, sondern als Einheimische.“3 Da dieser definitorische Taschenspielertrick bei den Bürgerverträgen sicher nicht intendiert war, stellen sich Fragen darüber, wie die angestrebte Durchmischung der neuen Quartiere, die unter dem Label „Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen“ laufen, tatsächlich erreicht werden kann und wer eigentlich mit wem durchmischt werden soll. 1 Vergleiche: Drs. 21/7486. 2 http://www.hamburg.de/contentblob/5723038/947c1d4e8be15c03e9a544ba9a1aa64e/data/ infoveranstaltung-hoergensweg-betriebskonzept.pdf. 3 http://www.deutschlandradiokultur.de/fluechtlingssiedlung-in-hamburg-billwerder-deranstrengende .1001.de.html?dram:article_id=378494. Drucksache 21/8132 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Was versteht der Senat im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung mit der Perspektive Wohnen aktuell unter „Durchmischung“? 2. Anhand welcher Kriterien, zum Beispiel Einkommen, soziale Herkunft, Bedürftigkeit oder ähnliche, will der Senat eine „Durchmischung“ realisieren ? 3. Welche Relation zwischen den unter 2. genannten Kriterien erachtet der Senat als wünschenswertes Durchmischungsverhältnis? 4. Von welcher Fluktuation in der Belegung der Wohnungen nach Perspektive Wohnen geht der Senat jährlich aus? 5. Reicht diese Fluktuation aus, um die unter 3. genannte Relation zu gewährleisten? Wenn nein, wie will der Senat hier gegensteuern? Wenn ja, bitte erläutern. Den zuständigen Behörden sind auch nach Beendigung der öffentlich-rechtlichen Unterkunft im Rahmen der allgemeinen Wohnnutzung stabile Nachbarschaften und durchmischte Belegungsstrukturen sehr wichtig. Dies liegt auch im Interesse der ausschließlich bestandshaltenden Vermieter, die ihre Bestände nachhaltig bewirtschaften. Im Übrigen siehe zu den Voraussetzungen, den Zielsetzungen und zeitlichen Abläufen für den Übergang von der Flüchtlingsunterbringung in eine allgemeine Wohnnutzung Drs. 21/1838, Drs. 21/3652 und Drs. 21/5231. 6. Welche Strategien verfolgt der Senat, um die „Zuwandererquartiere“ für eine mittelschichtorientierte Bevölkerung attraktiv zu machen? 7. Inwiefern plant der Senat „Halte-Strategien“, um „soziale Aufsteiger“ zu veranlassen, in den „Zuwandererquartieren“ wohnen zu bleiben, anstatt in ein „besseres“ Quartier umzuziehen? 8. Wie bewertet der Senat die bisher verfolgten Maßnahmen zur Belegungssteuerung von Sozialwohnungen? 9. Wann hat zuletzt eine Evaluation der Wirkungen von Belegungssteuerungen im Sozialwohnungsbestand der Freien und Hansestadt Hamburg stattgefunden und zu welchen Ergebnissen ist diese Evaluation gekommen ? Sofern möglich, bitte Evaluationsbericht beifügen. Es sind die Wohnungsunternehmen selbst, die ein zentrales Interesse an einer angemessenen Durchmischung ihrer Bewohnerschaft haben. Deshalb hat der Senat jeweils mit der SAGA und vielen Wohnungsbaugenossenschaften einen Kooperationsvertrag geschlossen, der es ihnen ermöglicht, ihre Sozialwohnungsbestände frei zu belegen. Im Gegenzug wird der Versorgungsauftrag im gesamten Bestand des jeweiligen Unternehmens umgesetzt. Im Ergebnis haben die Unternehmen genügend Spielraum, um auch ihre Sozialwohnungsbestände angemessen zu belegen. Im Übrigen sind rund 38 Prozent der Hamburger Haushalte berechtigt, eine Sozialwohnung zu beziehen. Die These, dass diese Haushalte Nachbarschaften belasten, teilt der Senat ausdrücklich nicht. Darüber hinaus wird auf die Gebietsfreistellungen für Mümmelmannsberg, Neuallermöhe -West, Steilshoop und Wilhelmsburg verwiesen. Im Ergebnis findet auch in den Sozialwohnungsbeständen durch die Unternehmen eine durchmischte Wohnungsbelegung statt. Zusätzlicher Evaluationen bedarf es nicht. 10. Welche Strategie verfolgt der Senat, um die vertraglich vereinbarte Reduktion auf 300 Flüchtlinge an den avisierten Standorten zu realisieren ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8132 3 Der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) schafft zusätzlich zahlreiche neue örU allein im Jahr 2017, damit die Einrichtungen über die Stadt verteilt sind. Zur vorgestellten Kapazitätsplanung siehe Drs. 21/7876. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 5. 11. Wer gilt in diesem Kontext (vergleiche Frage 10.) definitorisch als „Flüchtling“ beziehungsweise „Geflüchteter“? Zur Definition siehe Drs. 21/5231. Bei der Belegung der Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen werden Flüchtlinge mit Anspruch auf Zugang zu einer örU berücksichtigt, siehe Drs. 21/4569.