BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/814 21. Wahlperiode 23.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 17.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Öffentliche Unterbringung im Björnsonweg Die öffentliche Unterbringung im Björnsonweg ist für Anwohner, aber auch für uns alle ein wichtiges Thema. Das nicht zuletzt, weil viele Fragen unbeantwortet scheinen. So ist natürlich klar, wie dringend wir weiteren Raum zur Unterbringung von Flüchtlingen benötigen, aber dennoch wirkt der Standort unter Anderem aus infrastrukturellen Gründen eher schlecht geeignet für dieses Vorhaben. So ist der Weg zum Bus mit circa zehn Minuten durchaus lang und nachts wird die einzig nahe gelegene Bushaltestelle nicht einmal mehr bedient. Auch die Einkaufssituation ist schwierig, denn es stehen in der Gegend keine günstigen Einkaufsmöglichkeiten für die Einwohner der Einrichtung zur Verfügung und der Weg zum nächsten Discounter ist ausgesprochen weit. In der Vergangenheit wurden bereits zwei Bauvorhaben abgewiesen, was es fraglich macht, ob für das jetzige Projekt überhaupt eine Baugenehmigung erteilt wird. Letztlich ist auch die aktuelle Verkehrssituation im Björnsonweg als kritisch zu beurteilen, da bereits jetzt durch Baustellen große Behinderungen entstehen, die durch einen weiteren Bau und mehr zuziehende Menschen eher noch erheblicher werden könnten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Welcher Zeitplan für den Bau und die Inbetriebnahme der Einrichtung ist vorgesehen, falls die Baugenehmigung erteilt wird? 2. Mit welchen Bau- und Einrichtungskosten wird gerechnet? Nach erteilter Baugenehmigung wird eine Zeit von circa drei Monaten für vorbereitende Arbeiten benötigt, daran schließen sich rund neun Monate Bauzeit an. Mit Stand 14. April 2015 werden die Baukosten und Baunebenkosten bei rund 5.300.000 Euro und die Einrichtungskosten bei rund 96.000 Euro liegen, eine genaue Einschätzung ist erst nach erteilter Genehmigung und Beauftragung der Leistungsphasen 4-9 HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) möglich. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. und 4. 3. Wer ist Eigentümer des Grundstücks? Zu welchen Konditionen und mit welcher Laufzeit soll eine Anmietung erfolgen? 4. In einer Informationsveranstaltung zu der Einrichtung war davon die Rede, dass die Unterkunft für 30 Jahre betrieben werden soll. Ist das richtig? Wenn ja, warum derart lange? Geben wirtschaftliche Gründe oder Bedarfsprognosen hier den Ausschlag? Drucksache 21/814 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Eigentümer der Fläche ist HAMBURG WASSER. An dem Standort sollen Pavillons mit Wohnungszuschnitten im Holzrahmenbau entstehen, die eine langfristige Nutzung ermöglichen und für die auch zukünftig ein entsprechender Bedarf besteht. Aus diesem Grund wurde mit dem Eigentümer eine Mietzeit von 30 Jahren vereinbart, wirtschaftliche Gründe waren hierfür nicht ausschlaggebend. Die Konditionen des Vertragsabschlusses unterliegen dem Geschäftsgeheimnis der Vertragspartner, die Kosten der Anmietung bewegen sich innerhalb des mit f & w fördern und wohnen AöR vereinbarten Kostenrahmens. 5. Wie viel Betreuungspersonal soll im Rahmen der Unterkunft eingesetzt werden? Bitte aufschlüsseln nach Berufsgruppen. Der Betreiber f & w berät und betreut die Bewohnerinnen und Bewohner im Unterkunfts - und Sozialmanagement mit einem Betreuungsschlüssel von 1:80, es werden überwiegend Sozialpädagogen beziehungsweise Mitarbeiter mit ähnlichen Qualifikationen beschäftigt. Zum Aufgabenumfang siehe Drs. 21/241. Ein technischer Dienst wird mit einem Schlüssel von 1:160 eingesetzt. Entsprechendes Personal wird vor Inbetriebnahme der Einrichtung eingestellt, sodass zum jetzigen Zeitpunkt keine Aufschlüsselung nach Berufsgruppen möglich ist. 6. Wie kann gewährleistet werden, dass auch bei einem weiteren Bauvorhaben keine untragbaren Verkehrsbehinderungen entstehen? Gibt es diesbezüglich Pläne, um den Bau dahingehend zu gestalten und zu planen und wenn ja, welche? Im Rahmen der Planung ist zu prüfen, ob vereinzelt Ausweichstellen als Provisorium hergestellt werden, an denen dann ein Parkverbot eingerichtet wird. Da der Björnsonweg in der Liste der noch nicht endgültig hergestellten Straßen enthalten ist, wird diese Straße langfristig ausgebaut und die Merkmale einer endgültig hergestellten Straße erhalten. 7. Wie ist der Ausbauzustand der Zufahrtsstraße? Ist hier eventuell eine Verbreiterung geplant? Es ist keine pauschale Verbreiterung geplant, punktuell könnten aber Ausweichstellen auf der Südseite der Straße vorgesehen werden. In der Sitzung des Verkehrsausschusses der Bezirksversammlung Altona wird voraussichtlich am 5. Oktober 2015 die Verkehrssituation in der Kösterbergstraße erörtert – in diesem Zusammenhang werden auch mögliche Verbesserungsmaßnahmen im Björnsonweg erörtert. Grundsätzlich ist bei allen Straßen durch die parkenden Fahrzeuge eine Fahrbahnbreite von 3,50 m freizuhalten. 8. Wie wird die infrastrukturelle Situation des Standorts beurteilt und welche Verbesserungen sind geplant? Das Wohngebiet am Björnsonweg ist insgesamt fußläufig an den öffentlichen Nahverkehr angebunden, dieser kann zur weiteren innerstädtischen Anbindung und zur Nutzung infrastruktureller Angebote verwendet werden. Dies umfasst auch die Lebensmittelversorgung ; auch in Höhe des Blankeneser Bahnhofs bieten sich hierfür Möglichkeiten (Rewe). Die infrastrukturelle Situation an diesem Standort wird als ausreichend beurteilt. Die Beschulung der Kinder in Klassen 1 und 2 ist in den umliegenden Schulen (GorchFock -Schule und die Schule Iserbarg) sichergestellt. Hinsichtlich der Einrichtung von Internationalen Vorbereitungsklassen werden von der zuständigen Behörde für Schule und Berufsbildung noch Gespräche geführt. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen . 9. Sind aktuell genug Kita-Plätze für die zu erwartenden Kinder aus der öffentlichen Unterbringung vorhanden? In welchen Einrichtungen sind diese Kapazitäten? Wenn es nicht ausreichend Kapazitäten gibt, wie sollen diese geschaffen werden? Im nachfrageorientierten Hamburger Kita-Gutschein-System passen die Träger der Kitas mit ihrer viel genaueren Kenntnis der örtlichen Bedarfslagen eigenverantwortlich die bestehenden Angebotsstrukturen in ihren Kitas an. Die Kita-Träger bauen dabei Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/814 3 eigenständig zusätzliche Betreuungsangebote oder auch neue Kitas auf. Es kann daher generell damit gerechnet werden, dass in der Gesamtheit aller Kitas dieser Region ausreichend Betreuungsangebote vorhanden sein werden. 10. Mit wie vielen zusätzlich benötigten Kita-Plätzen wird gerechnet? Eine sozialverträgliche Belegungssteuerung für alle Standorte der öffentlichen Unterbringung wird über die Aufnahme- und Vermittlungsstelle Hamburg (AVS) von f & w fördern und wohnen AöR in Zusammenarbeit mit dem Unterkunftsmanagement der Erstaufnahmeeinrichtungen der Behörde für Inneres und Sport gewährleistet. Kurzfristig vor Bezug der Einrichtung wird – auch entsprechend der Anzahl der Berechtigten, die dann nach Ablauf der sogenannten Residenzpflicht aus der zentralen Erstaufnahme in die öffentliche Unterbringung übergehen sollen – entschieden, welche Berechtigten eine Zuweisung für diesen Standort erhalten. Insofern sind erst kurz vor Bezug der Anlage hierzu genauere Angaben möglich. 11. Die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel am Standort ist schlecht. Für den Weg zum Bus (circa zehn Minuten) gibt es an großen Teilen des Björnsonweges nicht einmal einen Fußgängerweg. Sind hier Verbesserungen geplant, etwa der Ausbau eines Fußgängerweges über den gesamten Straßenverlauf oder Ähnliches? Der Björnsonweg befindet sich in einer Tempo-30-Zone. Vorerst sind keine Maßnahmen geplant, einen zusätzlichen Gehweg herzustellen. Zum Zeitpunkt der Vorplanung der endgültigen Herstellung der Straße wird mit den Anliegern erörtert, ob der Verkehr der Straße im Misch- oder im Trennsystem geführt werden soll. 12. Mit wie vielen Kindern im schulfähigen Alter wird gerechnet und auf welchen Schulen in der Umgebung sollen diese Kinder unterkommen? 13. Wie ist geplant, mit dem Mangel an günstigen Einkaufsmöglichkeiten in der Gegend umzugehen? Siehe Antworten zu 8. und 10. 14. Ist es richtig, dass in der Vergangenheit bereits zwei Bauvorhaben wegen des angrenzend ausgewiesenen Wasserschutzgebietes auf dem geplanten Grundstück abgelehnt wurden? Ist demnach davon auszugehen , dass auch das hier thematisierte Bauvorhaben keine Baugenehmigung bekommen wird? Was für Gründe könnte es geben, dass es dennoch genehmigt wird? Für das Grundstück wurden 2013 zwei Anträge im Bezirk Altona gestellt: Bau von temporären Stellplätzen für das Krankenhaus Tabea während der Umbaumaßnahme und ein Vorbescheidsantrag für Wohnbebauung (Bau von zwei Reihenhauszeilen). Das Wasserschutzgebiet Baursberg hat bei der ablehnenden Entscheidung keine Rolle gespielt, da hier kein Bauverbot festgesetzt ist. Vielmehr war zu berücksichtigen, dass für die beantragten nicht privilegierten Bauvorhaben die Gebietsausweisung der Fläche als Außengebiet entgegenstand. Durch eine Änderung des § 246 Absatz 9 Baugesetzbuch Ende 2014 gehören Einrichtungen der öffentlichen Unterbringung/ Flüchtlingsunterkünfte hingegen zeitlich befristet zu den teilprivilegierten Vorhaben im Außenbereich. Im Übrigen nimmt der Senat zu hypothetischen Fragen keine Stellung. 15. Wie werden die Bewohner für die geplante Einrichtung ausgesucht? Ist geplant – verstärkt oder sogar ausschließlich –, Familien unterzubringen ? Siehe Antwort zu 10. 16. Unweit des geplanten Standorts gab es bereits ein Flüchtlingsheim. Aus welchen Gründen wurde dieses abgerissen? Spielten naturschutzrechtliche Gründe eine Rolle und wenn ja, welche genau? f & w nutzte bis Ende 2008 das ehemalige Studentenwohnheim im Björnsonweg 39 für die Unterbringung von Flüchtlingen. Da der Bedarf an Plätzen für die öffentliche Drucksache 21/814 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Unterbringung im Wesentlichen in den Jahren 2000 bis 2009 rückläufig war, wurden – in Abstimmung mit den Bezirksämtern – im Rahmen einer jährlichen Kapazitätsplanung Unterkünfte abgebaut. Mit der Kapazitätsplanung für 2008 wurde unter anderem die Schließung der Unterkunft Björnsonweg umgesetzt. Für die Schliessung des Standorts Björnsonweg 39 gab es mehrere Gründe:  Der Mietvertrag zwischen f & w und dem Eigentümer lief zum Jahresende 2008 aus;  zu diesem Zeitpunkt war eine Grundinstandsetzung der Sanitär- und Küchenbereiche sowie der Zimmer erforderlich;  darüber hinaus mussten teilweise die Fassaden und Fenster erneuert werden;  aufgrund dieser überdurchschnittlich hohen Investitionskosten wurde ein Abbau die Unterkunft Björnsonweg umgesetzt. Der Abriss der Gebäude wurde nach Beendigung des Mietverhältnisses durch den Eigentümer durchgeführt, die Gründe hierfür sind der Fachbehörde nicht bekannt. 17. Hat es in der Laufzeit dieser Einrichtung Probleme oder Schwierigkeiten mit dem Standort, der Infrastruktur oder allgemein gegeben? Wenn ja, bitte aufzählen. Es hat am Standort Björnsonweg zu keinem Zeitpunkt nennenswerte Auffälligkeiten gegeben. Der Standort galt als insgesamt akzeptiert. Im Übrigen siehe Antwort zu 16. 18. Wo und in welchem Umfang sollen Ausgleichsflächen für diese Bebauung geschaffen werden? Das Vorhaben befindet sich zurzeit im Baugenehmigungsverfahren, im Rahmen einer ausstehenden Genehmigung würden entsprechende Auflagen festgelegt werden. Insofern ist eine Beantwortung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. 19. Vor dem Hintergrund der weiter steigenden Flüchtlingszahlen: Ist die geplante Einrichtung zur Unterbringung von 192 Personen ein potenzieller Kandidat für eine zukünftige Erweiterung oder wird dies auch aufgrund der infrastrukturellen Schwierigkeiten ausgeschlossen? 20. Die Kapazität der Unterkunft wurde früher einmal mit bis zu 100 Personen angegeben. Warum wurde die Kapazität erhöht? Eine erste Entwurfsplanung für den Standort liegt seit Februar dieses Jahres vor und beruht auf den Flächenangaben des betrachteten Flurstücks 1609 Gemarkung Blankenese mit einer Fläche von 5.405 m². Die vorliegende Planung nutzt die verfügbare Fläche in ganzen Umfang aus, sodass eine Erweiterung auf dem Flurstück aus bauplanerischen Gründen ausgeschlossen ist. Die zuständige Behörde hat sich im Vorwege zu einer möglichen Kapazität nicht abschließend geäußert, da eine Einschätzung der Platzanzahl grundsätzlich erst nach Vorliegen der Entwurfsplanung möglich ist. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2.