BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8149 21. Wahlperiode 07.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 27.02.17 und Antwort des Senats Betr.: „Mein Führer gib uns den Befehl, und wir zerschlagen Deutschland!“ – Konsequenzen für DITIB-Nord? In Drs. 21/7901 ist der Senat gefragt worden, warum er die Auffassung vertrete , dass es sich bei den Islamverbänden in Hamburg um demokratisch legitimierte Institutionen handelt. Die Intention der Frage ergibt sich aus der Tatsache, dass er die Islamverbände im Rahmen des im November 2012 geschlossenen Staatsvertrags zu offiziellen Partnern der Politik gemacht hat und ihnen seither die Kompetenz zuspricht, im Namen der Muslime in Hamburg zu sprechen. In seiner Beantwortung hat der Senat das Folgende klargestellt : „Ob Religionsgemeinschaften „demokratisch legitimierte Institutionen“ sind, ist bislang zu Recht weder für islamische noch für nicht islamische Religionsgemeinschaften hinterfragt worden. Die Forderung nach einer derartigen Legitimation verkennt sowohl den Gehalt von Religion als auch die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Religionsfreiheit sehr grundlegend (…) Unabhängig von der verfassungswidrigen Forderung nach einer demokratischen Legitimation der Religionsgemeinschaften und ihrer Organe sind Religionsgemeinschaften generell nicht in der Lage, für andere als ihre Anhänger zu sprechen. Der Senat hat bei Vorlage der Verträge auf diesen Zusammenhang ausdrücklich mit der Bemerkung hingewiesen, dass „das Bestreben, eine Vereinbarung zu treffen, von der sich eine möglichst große Zahl muslimischer Gläubiger angesprochen fühlt, nichts an dem Umstand (ändert), dass die Verträge nur mit den Vertragspartnern als definierten Organisationen geschlossen werden und nur für diese gelten. Die Auswahl der Vertragspartner beruhte darauf, dass sie als religiöse Verbände den ganz überwiegenden Teil der in Hamburg wirkenden Moscheevereine zu ihren Mitgliedern rechnen und damit das organisierte religiöse islamische Leben in der Stadt maßgebend prägen.“1 Man kann konstatieren, dass die Entscheidung, den Islamverbänden die generelle Kompetenz zur Repräsentation der Muslime in Hamburg zuzuerkennen , nicht durch Tatsachen gerechtfertigt ist, sondern lediglich auf Annahmen beruht. Dies ist so, weil der Senat keine Informationen darüber hat, wer die von den Islamverbänden betriebenen Moscheevereine überhaupt besucht. So hat er in der Vergangenheit eingeräumt, weder zu wissen, wer deren Funktionäre im Einzelnen seien, noch über Kenntnisse darüber zu verfügen, welche Ausbildung die jeweiligen Imame vorweisen können.2 Dass die circa 50 Moscheen in Hamburg die hiesigen Muslime schon unter nume- 1 Confer Drs. 21/7901. Seiten 1 – 2. 2 Confer Drs. 21/4559. Drucksache 21/8149 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 rischen Gesichtspunkten nicht vertreten können, zeigt sich daran, dass ihre Anzahl etwa bei 150.000 Personen liegt. Somit müsste jede Moschee, bei denen es sich mehrheitlich um Gebetsräume handelt, im Schnitt 3.000 Gläubige betreuen. Dass den Moscheen tatsächlich jedoch eine deutlich geringe Personenzahl zuzurechnen ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass es in Hamburg auch Muslime gibt, die keiner Gemeinde angehören und ihren Glauben im Privaten leben. Dass auch die DITIB-Nord, die in Hamburg durch den Staatsvertrag begünstigt wird, als staatliche Institution der Türkei nicht nur über keine demokratische Legitimation verfügt, sondern darüber hinaus auch von Personen vertreten wird, die die offen Demokratie ablehnen und zudem den Wert von Andersgläubigen infrage stellen, ist nach der jüngsten Berichterstattung von NDR Panorama-3 vom 21. Februar 2017 nun endgültig erwiesen. In dem Beitrag wurde darüber berichtet, dass der Wilhelmsburger DITIB-Vorsitzende Ishak Kocaman auf Facebook ein Bild mit den Zitaten gepostet hatte: „Demokratie ist für uns nicht bindend. Uns bindet der Koran! Ich spucke auf das Gesicht der Türken und Kurden, die nicht islamisch leben. Was für einen Wert haben sie schon, wenn sie keine Muslime sind.“3 Nicht minder schockierend war auch, dass das Mitglied einer DITIB-Jugendorganisation, bei dem es sich um einen jungen Mann aus Hamburg handelt, in Bezug auf Erdogan geäußert hatte: „Mein Führer, gib uns den Befehl und wir zerschlagen Deutschland!“ Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie bewertet der Senat, dass die DITIB-Nord nun nicht mehr nur durch islamistische und antidemokratische, sondern auch durch menschenverachtende Äußerungen aufgefallen ist? Bei der Beantwortung bitte auch Bezug auf Artikel 2 des Staatsvertrages nehmen, wo die „gemeinsamen Wertegrundlagen“ fixiert sind. 2. Wie beurteilt der Senat die folgenden Aussagen des Herrn Kocaman: „Demokratie ist für uns nicht bindend. Uns bindet der Koran! „Ich spucke auf das Gesicht der Türken und Kurden, die nicht islamisch leben. Was für einen Wert haben sie schon, wenn sie keine Muslime sind.“? Bitte bei der Beantwortung ebenfalls Bezug auf Artikel 2 nehmen. 3. Welche Konsequenzen wird der aktuelle Vorfall für die DITIB-Nord in Hamburg haben? 4. Ist der Senat der Auffassung, dass im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen die Verpflichtungen des Staatsvertrags vorliegt? Die Antwort bitte ausführlich begründen. 5. Welche Bedeutung kommt dem aktuellen Vorfall vor dem Hintergrund zu, dass DITIB-Funktionäre in der Vergangenheit bereits mehrfach durch antidemokratische Tendenzen und religiöse Intoleranz aufgefallen sind? Dem parlamentarischen Fragerecht korrespondiert ein Anspruch auf Auskünfte, nicht aber auf meinungsbildende Stellungnahmen (vergleiche ThürVerfGH, Urteil vom 19.12.2008 – 35/07 –, juris Rn. 177), von denen der Senat deshalb auch im vorliegenden Fall absieht. Im Übrigen siehe Drs. 21/8100. 6. Ist dem Senat bekannt, wie lange Ishak Kocaman schon als Vorsitzender der Moschee in Wilhelmsburg fungiert? 7. Verfügt Herr Kocaman über die deutsche Staatsangehörigkeit? Falls nein, wie lautet sein aufenthaltsrechtlicher Status? 3 Der NDR Beitrag „DITIB hetzt erneut gegen Demokratie“ ist abrufbar unter: http://www.ndr.de/ fernsehen/sendungen/hamburg_journal/DITIB-hetzt-erneut-gegen- Demokratie,hamj54082.html. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8149 3 8. Wie lange lebt Herr Kocaman schon in Deutschland? 9. Ist Herr Kocaman in der Vergangenheit bereits durch islamistische Äußerungen aufgefallen beziehungsweise Beschuldigter in einem Strafverfahren gewesen? 10. Hat die DITIB-Nord Herrn Kocaman bereits seines Amtes enthoben? Religionsgemeinschaften ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbst und ohne staatliche Einflussnahme. Daher werden Funktionsträger in einzelnen religiösen Einrichtungen nicht staatlich erfasst. Im Übrigen steht der durch das Grundgesetz gewährte Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen der Beantwortung der Fragen entgegen. Jedenfalls mit dem Rücktritt von der Funktion des Vorsitzenden der Murayide-Moschee in Wilhelmsburg liegen keine Gründe vor, die ein Zurücktreten der Persönlichkeitsrechte hinter dem parlamentarischen Auskunftsrecht rechtfertigen könnten. Etwas anderes gilt auch nicht vor dem Hintergrund der Regelung des § 18 Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes. 11. Wie bewertet der Senat die Presseerklärung von DITIB-Nord, die am 23. Februar veröffentlich worden ist? Siehe Antwort zu 1. bis 5.