BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8152 21. Wahlperiode 07.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 27.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Das Holsten-Brauerei-Gelände, der Drittelmix und die Bürger-/-innenbeteiligung Nach unterschiedlichen Angaben will die Holsten-Brauerei rund 140 Jahre nach ihrem Start in Altona in den Stadtteil Hausbruch verziehen, im 1. Quartal 2018 („Welt N24“, 11.2.2017) oder im 1. Quartal 2019 („Hamburger Abendblatt“, 25.1.2017). Hinsichtlich der dann geräumten Fläche von circa 86.000 Quadratmetern sind bereits umfangreiche Überlegungen und Planungen im Gange, sollen hier doch etwa 1.500 Wohneinheiten für rund 7.500 Menschen entstehen und circa 25.000 Quadratmeter für kleinteiliges Gewerbe zur Verfügung gestellt werden. Trotz der Bedeutung dieses neuen, gemischten Wohngebiets hält sich die Bürger-/-innenbeteiligung offenbar in Grenzen, Oberbaudirektor Walter wünschte sich schon vor Längerem zum Beispiel „ein schlankeres Verfahren“, da angeblich „viele Dinge, die wir für Mitte Altona erarbeitet haben, … hier die Grundlage (sind)“ („ZEIT ONLINE“, 30.6.2016). Er vergaß zu erwähnen, dass schon bei den Planungen für die Neue Mitte Altona erhebliche Unzufriedenheit über die Art der Partizipation und die unzureichend berücksichtigten Bevölkerungseinwände bestand. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Warum hat im Rahmen der Ausschreibung für das betreffende Holsten- Gelände keine Beteiligung der Bevölkerung beziehungsweise interessierten Öffentlichkeit stattgefunden? Die Gestaltung des Verkaufsprozesses war Angelegenheit des privaten Grundeigentümers . Die Beteiligung der Bevölkerung beziehungsweise interessierten Öffentlichkeit ist bei Grundstücksverkäufen nicht üblich. 2. Laut Medienberichten soll im neuen Wohngebiet auf dem Holsten- Gelände Wohnraum im sogenannten Drittelmix entstehen, also je ein Drittel (= 33,3 Prozent) im Eigentum, frei finanziert beziehungsweise als Sozialwohnung. Handelt es sich dabei um jene Art von „Drittelmix“, der zum Beispiel 2014 zu lediglich 28,7 Prozent Sozialwohnungen (= 2.005 von insgesamt 6.974 fertiggestellten Wohneinheiten) führte, 2015 sogar nur zu 25,2 Prozent (2.148 von 8.521, Angaben laut „Wohnungsbaubericht Hamburg 2014/2015“)? Die Zielzahlen des Senats im Wohnungsbau für die Jahre 2014 und 2015 von jährlich mindestens 6.000 neuen Wohnungen, davon 2.000 geförderte Mietwohnungen, wurden in den Jahren sowohl hinsichtlich Genehmigungen als auch Fertigstellungen stets übererfüllt. Da Sozialwohnungen fast ausschließlich im Geschosswohnungsbau realisiert werden, bietet sich darüber hinaus ein Vergleich der jeweiligen Anteile im Geschosswohnungsbau an, die in 2014 und 2015 jeweils rund ein Drittel betrugen. Drucksache 21/8152 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Im Übrigen siehe Drs. 21/8021. 3. Wie hoch ist aktuell diskutierte/avisierte Zahl der Wohnungen, die im Holstenareal entstehen soll? Siehe Drs. 21/8021. 4. Erklärtermaßen sollen 20 Prozent der Wohneinheiten im neuen Hopfenviertel an Baugemeinschaften gehen. Das würde dann absolut 10 Prozent sämtlicher Wohneinheiten für kleinere Genossenschaften bedeuten, heißt es doch im Koalitionsvertrag von SPD und GRÜNEN vom Frühjahr 2015: „Die Hälfte der Baugemeinschaftsgrundstücke soll möglichst an kleinere Genossenschaften vergeben werden“ (Seite 56). a. Wie viel Prozent der Wohnungen sind auf dem infrage stehenden Holsten-Gelände zurzeit für Kleingenossenschaften vorgesehen? Bitte neben der Prozentzahl auch die konkrete Zahl der Wohnungen angeben. b. Wenn der Anteil für Kleingenossenschaften unter dieser Marge von 10 Prozent liegen sollte, womit wird das begründet? c. Welcher Anteil in Prozent und in realer Wohnungsanzahl ist für klassische Bestandsgenossenschaften eingeplant? Die Quote von 20 Prozent für Baugemeinschaften ist ohne Festlegung der Eigentumsformen als Zielvorgabe vereinbart. Da sich der städtebauliche Wettbewerb noch im Verfahren befindet und damit zum Beispiel noch keine Bebauungsstruktur, die Realteilbarkeit und weitere für Baugemeinschaften relevante Aspekte feststehen, konnte bisher noch keine Konkretisierung der Eigentumsformen und der jeweiligen Anteile erfolgen. Dies erfolgt im weiteren Verfahren. 5. Warum sind in der KORB-Runde (Koordinierungsrunde Baugemeinschaften Hamburg) nach wie vor diverse Interessenvertreter/-innen der Stadt und der öffentlichen Hand sowie Vertreter/-innen von Bestandsgenossenschaften beteiligt, bisher aber kein einziges Mitglied einer Baugemeinschaft oder Kleingenossenschaft geladen? An der Koordinierungsrunde Baugemeinschaften Hamburg (KORB) nehmen die Interessenvertreterinnen und -vertreter von Baugemeinschaften teil. Dabei werden die Interessen von kleingenossenschaftlichen Projekten von den Baubetreuern wie der Lawaetz-Stiftung oder STATTBAU HAMBURG Stadtentwicklungsgesellschaft mbH wahrgenommen, die im direkten Austausch mit Projekten und Akteuren stehen. Generell sind keine Einzelprojekte oder Mitglieder von Baugemeinschaften in der KORB vertreten, da die KORB übergreifende Inhalte zum Thema Baugemeinschaften behandelt, die sich auch auf die Weiterentwicklung dieses Segments auf dem Wohnungsmarkt beziehen. 6. Zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und der Holsten-Brauerei beziehungsweise der Firma Carlsberg wurde im Vorfeld des Verkaufs an die Gerch-Group ein Vorvertrag in Form eines Letters of Intent (LOI) vereinbart. a. Warum wurde – in diesem Stadium eher ungewöhnlich – auf wessen Initiative hin ein Letter of Intent fixiert? Der Senat und die Firma Carlsberg waren gleichermaßen daran interessiert, mit dem Letter of Intent (LOI) frühzeitig einen Rahmen für eine zeitgemäße Stadtentwicklung in Altona und den Verbleib der Traditionsbrauerei in Hamburg zu schaffen. Damit sollte aus Sicht des Senats insbesondere sichergestellt werden, dass die Entwicklungsabsichten des vom privaten Eigentümer ausgewählten Bieters mit den grundlegenden Vorstellungen der Stadt kompatibel sind. b. Ist ein solcher LOI auch bei anderen Verkaufsverfahren üblich und wenn ja, wo in den vergangenen zwei Jahren? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8152 3 LOIs werden in ausgewählten Einzelfällen geschlossen, um eine Verständigung auf gemeinsam verfolgte Absichten zu dokumentieren. In den letzten beiden Jahren wurden solche LOIs mit den Unternehmen Beiersdorf und Hermes geschlossen. c. Welche Festlegungen sind in diesem LOI getroffen worden und welche bindende Wirkung haben sie? Die Freie und Hansestadt Hamburg und die Firma Carlsberg haben in diesem LOI ihre jeweiligen Absichten für die Entwicklung des bisherigen Brauerei-Geländes sowie für den Verbleib des Unternehmens in Hamburg festgehalten. Ein LOI entfaltet rechtlich keine bindende Wirkung. d. Wie vereinbaren sich dieser LOI und die Bürger-/-innenbeteiligung im Allgemeinen, sind doch die wesentlichen Faktoren des Projekts bereits festgezurrt? Der LOI verweist explizit darauf, dass sich der städtebauliche Wettbewerb, die Aufstellung und der Inhalt des Bebauungsplans sowie die Durchführung des Bebauungsplanverfahrens nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften richten und dass es Wünsche und Belange aus der Bevölkerung geben kann, die Eingang in die unvoreingenommene Abwägung im Bebauungsplanverfahren finden. Der LOI präjudiziert somit nicht die formal folgende Bürgerbeteiligung. e. Welche Möglichkeit gibt es, diesen LOI einzusehen? Wo wird er im Rahmen des viel zitierten Transparenzgebotes allgemein zugänglich gemacht? Wenn nicht, warum nicht und wann ist das gegebenenfalls geplant? Wenn ja, den LOI bitte der Senatsantwort auf diese Schriftliche Kleine Anfrage anhängen. Der LOI wird in Kürze in das Transparenzportal Hamburg eingestellt werden. Von einer Übersendung von Akten oder Aktenbestandteilen im Rahmen Schriftlicher Kleiner Anfragen sieht der Senat in ständiger Praxis wegen der gebotenen Abgrenzung zum Aktenvorlageersuchen nach Artikel 30 der Hamburgischen Verfassung ab.