BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8176 21. Wahlperiode 07.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Thilo Kleibauer (CDU) vom 28.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Warum hält der Finanzsenator die langjährige Beteiligung der Bürgerschaft bei der Festlegung der Erbbauzinsen nun für überflüssig? Der Homepage des Landesbetriebs Immobilienmanagement (LIG) ist Folgendes zu entnehmen: „Im Februar 2017 hat der LIG mit Zustimmung der Kommission für Bodenordnung die bei Neuabschluss von Erbbaurechtsverträgen zu zahlenden Erbbauzinssätze vor dem Hintergrund des niedrigen aktuellen Zinsniveaus abgesenkt. Der Barwert der Erbbauzinszahlungen über den gesamten Vertragszeitraum soll unter Berücksichtigung des derzeitigen Zinsniveaus den Einmalentgelten entsprechen. Demzufolge beträgt der laufende Erbbauzins für eine Wohnnutzung nunmehr 2,1 Prozent des Bodenwertes per annum und für eine gewerbliche Nutzung 2,3 Prozent des Bodenwertes per annum. Die Regelungen zum Einmalentgelt bleiben unverändert .“1 Damit werden die Konditionen für Erbbaurechtsgeschäfte der Stadt in wesentlichen Punkten geändert. In der Vergangenheit erfolgte dies regelmäßig mit einer Beschlussfassung der Bürgerschaft. So wurde der bisherige Erbbauzins von 5 Prozent zuletzt ausdrücklich mit der Drs. 16/2575 festlegt, die die Bürgerschaft auf Antrag des Senats beschlossen hat. Auch in den Erläuterungen des aktuellen Haushaltsbeschlusses für die Jahre 2017 und 2018 wird ausdrücklich auf diese Drucksache Bezug genommen. Vor diesem Hintergrund erscheint es – unabhängig von einer inhaltlichen Begründung dieser Zinsanpassung – sehr fragwürdig, dass die Absenkung des Erbbauzinses ohne jegliche Beteiligung der Bürgerschaft erfolgt ist. Ein Beschluss der Bürgerschaft wird somit durch eine Entscheidung des LIG außer Kraft gesetzt. Gerade vor dem Hintergrund, dass für Immobilienverkäufe der Stadt auf Basis des Artikels 72 der Hamburger Verfassung besondere Anforderungen gelten, erscheint dieser Vorgang problematisch und erklärungsbedürftig. Ich frage den Senat: Die Kommission für Bodenordnung (KfB) befasst sich im Rahmen ihrer Zuständigkeit regelmäßig mit den vom Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) vorbereiteten Immobiliengeschäften (Verkauf von Grundstücken und Gebäuden, Abschluss, Änderung oder Verlängerung von Erbbaurechtsverträgen, Ablösung von Wiederkaufsrechten und so weiter). Eines förmlichen Beschlusses für eine Beteiligung der Kommission im Einzelfall bedarf es nicht. 1 http://immobilien-lig.hamburg.de/immobilienmanagement/8263718/erbbaurechte/. Drucksache 21/8176 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. An jeweils welchem genauen Datum haben der LIG, die Leitung der Finanzbehörde sowie der Senat die Absenkung des Erbbauzinses beschlossen? 2. Wann genau wurde die Kommission für Bodenordnung um Zustimmung gebeten? Wann genau hat die Kommission für Bodenordnung dem neuen Erbbauzins zugestimmt? 3. Auf welcher rechtlichen Basis erfolgten jeweils diese Entscheidungen? 4. Seit wann genau gilt der neue Zinssatz für den Neuabschluss von Erbbaurechtsverträgen ? Die KfB hat am 3. November 2016 und nach Änderung des kalkulatorischen Zinssatzes zum 1. Januar 2017 noch einmal am 23. Februar 2017 in einem konkreten Einzelfall zugestimmt, ein Erbbaurecht mit einen laufenden Erbbauzins zu bestellen, der auf Grundlage des aktuellen Zinsniveaus wirtschaftlich einem Einmalentgelt entspricht. Eine grundsätzliche Änderung im Vorgehen bei der Bestellung von Erbbaurechte ist damit nicht verbunden. Erbbaurechtsverträge mit einem laufenden Erbbauzins, der auf dem jeweils aktuellen kalkulatorischen Zinssatz beruht, werden wie andere Erbbaurechtsverträge der KfB zur Zustimmung vorgelegt. Die Entscheidungen der Kommission erfolgen auf Grundlage von § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über die Kommission für Bodenordnung. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Ist es zutreffend, dass bisher der Senat für die Festlegung des Erbbauzinses in Hamburg jeweils einen Beschluss der Bürgerschaft eingeholt hat? Nein. Die bislang geltenden Erbbauzinssätze sind 1949 durch den Grundstücksausschuss der Finanzdeputation beschlossen worden. 6. Warum genau hält der Senat eine Beschlussfassung der Bürgerschaft zur Festlegung des Erbbauzinses nicht mehr für erforderlich? 7. Warum genau hat der Senat der Bürgerschaft die Entscheidung über die Absenkung des Erbbauzinses noch nicht einmal zur Kenntnis gegeben? 8. Hält der Senat es für unproblematisch, den von der Bürgerschaft per Beschluss festgelegten Erbbauzins durch eine Verwaltungsentscheidung zu ändern? Wenn ja, warum? Da lediglich eine Umrechnung der bereits bestehenden Einmalentgelte in eine laufende Zahlung auf Grundlage des aktuellen Zinsniveaus erfolgt, gehört die Bestellung von Erbbaurechten zu diesen Konditionen zum regelmäßigen Gang der Verwaltung im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über die Kommission für Bodenordnung . Von der gemäß § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Kommission für Bodenordnung bestehenden Möglichkeit, über den Senat eine Entscheidung der Bürgerschaft einzuholen, hat die Kommission keinen Gebrauch gemacht. 9. Welche weiteren Änderungen der Konditionen von Erbbaurechtsverträgen der Freie und Hansestadt Hamburg wurden oder werden seit Beginn der 20. Legislaturperiode im Einzelnen jeweils erwogen, geplant oder umgesetzt? Der Senat äußert sich grundsätzlich nicht zu den Vorbereitungen seiner Entscheidungen . Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 4. 10. Soll der Erbbauzins für den Neuabschluss von Erbbaurechtsverträgen künftig regelmäßig an Änderungen des Zinsniveaus am Kapitalmarkt angepasst werden? Ja. Um den laufenden Erbbauzins wirtschaftlich dem Einmalentgelt anzupassen, soll dieser bei Neuabschluss von Verträgen auf Grundlage eines kalkulatorischen Zinssatzes erhoben werden, der sich aus dem durchschnittlichen effektiven Zinssatz der langfristigen Kreditaufnahmen der Freien und Hansestadt Hamburg ergibt und jeweils zum 1. Januar eines Jahres neu festgelegt wird.