BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8178 21. Wahlperiode 07.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 28.02.17 und Antwort des Senats Betr.: Volle Gefängnisse und akuter Personalmangel – Zu welchen Auswirkungen führt dies? Hamburgs Justizvollzugsanstalten sind fast bis zum letzten Platz belegt, die Personalsituation ist äußerst angespannt. Am 13. Februar 2017 wurde aus Platzmangel nun auch die stillgelegte Station im Haus 7 der JVA Billwerder mit 35 Plätzen in Betrieb genommen, um dort weitere Untersuchungshaftgefangene unterzubringen. Dort werden nach Angaben des Senats in der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/7912 neun Bedienstete eingesetzt. Bereits im vergangenen Jahr kam es immer wieder zu Leistungseinschränkungen für die Gefangenen, für die es so infolge des Personalmangels beispielsweise zu Ausfällen von Ausführungen, Sportstunden, Besuchen und Arztsprechstunden oder zu einem früheren Einschluss kommt. Das behindert nicht nur die Resozialisierung der Gefangenen, sondern steigert auch das Aggressionspotenzial der Insassen massiv. Dies stellt eine erhebliche Gefahr für die Bediensteten dar. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Ein Zusammenhang zwischen Leistungseinschränkungen und einer Steigerung des Aggressionspotentials bei den Gefangenen konnte bisher nicht hergestellt werden. Zu beobachten ist vielmehr, dass Gewalt gegen Bedienstete in der Regel die Folge der Anwendung unmittelbaren Zwangs darstellt und es sich nicht um zielgerichtete Angriffe handelt. Im Übrigen siehe Drs. 21/6562. Die vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Aus welchen Justizvollzugsanstalten wurden die neun Bediensteten, die in der am 13. Februar 2017 wieder eröffneten Station im Haus 7 der JVA Billwerder eingesetzt sind, abgezogen? Zwei Bedienstete aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Glasmoor, zwei aus der JVA Hahnöfersand und fünf aus der Untersuchungshaftanstalt. 2. Wie häufig wurden die vorgesehenen Sollstärken in einzelnen Schichten der Justizvollzugsanstalten in den Kalenderwochen 6 und 7 unterschritten ? Bitte pro JVA bezogen auf alle Dienstposten der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt, Fachrichtung Justiz, Laufbahnzweig Strafvollzugsdienst , die im Stationsschichtdienst wahrgenommen werden, darstellen . In der JVA Billwerder konnten bezogen auf das reguläre Personal – ohne Anwärterinnen und Anwärter – in 14 Schichten nicht alle Dienstposten besetzt werden, in der JVA Glasmoor in 22 Schichten, in der JVA Fuhlsbüttel in 38 Schichten, in der JVA Drucksache 21/8178 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Hahnöfersand in 27 Schichten, in der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg in 34 Schichten und in der Untersuchungshaftanstalt in 38 Schichten. 3. Zu welchen konkreten Leistungseinschränkungen ist es in den Kalenderwochen 6 und 7 in den einzelnen Justizvollzugsanstalten gekommen ? Bitte pro JVA darstellen. In der JVA Billwerder, der JVA Fuhlsbüttel und der JVA Hahnöfersand kam es zu keinen Leistungseinschränkungen. In der JVA Glasmoor wurden die Freigangsüberprüfungen und die Firmenerstüberprüfungen reduziert, im Haus 2 wurde die Betreuungsdichte reduziert. In der Sozialtherapeutischen Anstalt fiel der verlängerte Aufschluss für Sicherungsverwahrte (18.30 bis 22.00 Uhr) aus. In der Untersuchungshaftanstalt kam es zeitweise zur Schließung der Wäsche- und Paketabteilung, ab dem 13. Februar 2017 zu einer Reduzierung der Besuchstage von vier auf drei Tage pro Woche, zeitweise zur Nichtbesetzung der Warenkammer, es gab Einschränkungen im Bereich der Betriebe, Zeitverzögerungen im Bereich der Hol- und Bringedienste sowie verkürzte Stationsfreizeiten, im Nachtdienst kam es zu Zeitverzögerungen bei der Zuführung von Gefangenen. Teilweise konnten Bedienstete nicht an genehmigten Fortbildungen teilnehmen. Im Übrigens siehe Vorbemerkung. 4. Soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a) erforderlich ist, kann das Gericht gemäß § 119 Strafprozessordnung einem inhaftierten Beschuldigten Beschränkungen auferlegen. Unter anderem kann angeordnet werden, dass die Telekommunikation der Erlaubnis bedarf und zu überwachen ist. Ist es in den Kalenderwochen 6 und 7 bei Untersuchungshaftgefangenen mit einem entsprechenden Haftstatut zu Einschränkungen bei der Telekommunikation gekommen? Falls ja, zu welchen Einschränkungen kam es aus welchem Grund? Bitte pro betroffener JVA darstellen. In der Untersuchungshaftanstalt wurde ein Gespräch abgesagt und neu terminiert. Diese Einschränkungen gehen aber nicht auf Leistungseinschränkungen der Untersuchungshaftanstalt zurück. In der JVA Billwerder ist ein abgesprochener Telekommunikationstermin durch das Landeskriminalamt (LKA) storniert worden, der zu einem anderen Zeitpunkt nachgeholt wird. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 5. Wie hat sich die Anzahl der außerordentlichen Vorkommnisse in den einzelnen Justizvollzugsanstalten im Jahre seit September 2016 entwickelt ? Bitte pro JVA nach Monaten, Gewalt gegen Bedienstete, Gewalt gegen Mitgefangene, Anwendung unmittelbaren Zwangs, Verdacht von Straftaten, Tod, Suizid, Suizidversuch und sonstigen besonderen Vorkommnissen differenziert darstellen. September 2016 Anstalten Gewalt gegen Bedienstete Gewalt gegen Gefangene Anwendung unmittelbarer Zwang Verdacht strafbarer Handlungen Tod Suizid Suizid- versuch Sonstiges *BW 0 5 1 23 0 0 0 0 *FB 0 0 0 6 0 0 0 0 *GM 1 0 1 3 0 0 0 0 *HS 0 6 1 8 0 0 0 0 *SH 1 0 1 0 0 0 0 0 *UH 0 1 6 18 0 0 0 2 Oktober 2016 Anstalten Gewalt gegen Bedienstete Gewalt gegen Gefangene Anwendung unmittelbarer Zwang Verdacht strafbarer Handlungen Tod Suizid Suizid- versuch Sonstiges *BW 0 6 2 19 0 0 0 1 *FB 0 0 0 5 0 0 0 0 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8178 3 *GM 0 0 0 0 0 0 0 0 *HS 0 6 2 8 0 0 0 0 *SH 0 0 0 2 0 0 0 0 *UH 2 1 2 10 0 0 0 2 November 2016 Anstalten Gewalt gegen Bedienstete Gewalt gegen Gefangene Anwendung unmittelbarer Zwang Verdacht strafbarer Handlungen Tod Suizid Suizid- versuch Sonstiges *BW 0 0 1 18 0 0 0 0 *FB 0 0 0 8 0 0 0 0 *GM 0 0 0 2 0 0 0 0 *HS 1 3 2 7 0 0 0 1 *SH 0 0 0 2 0 0 0 0 *UH 2 1 5 4 0 0 0 0 Dezember 2016 Anstalten Gewalt gegen Bedienstete Gewalt gegen Gefangene Anwendung unmittelbarer Zwang Verdacht strafbarer Handlungen Tod Suizid Suizid- versuch Sonstiges *BW 0 2 1 13 0 0 0 0 *FB 0 1 0 10 0 0 0 0 *GM 0 1 0 2 0 0 0 0 *HS 1 4 4 4 0 0 0 2 *SH 0 0 0 4 0 0 0 0 *UH 4 1 8 11 0 0 1 1 Januar 2017 Anstalten Gewalt gegen Bedienstete Gewalt gegen Gefangene Anwendung unmittelbarer Zwang Verdacht strafbarer Handlungen Tod ** Suizid Suizid- versuch Sonstiges *BW 1 5 1 16 0 0 0 1 *FB 0 0 0 9 0 0 0 0 *GM 0 0 0 3 0 0 0 0 *HS 1 1 2 3 0 0 1 2 *SH 0 0 0 2 0 0 0 0 *UH 2 0 6 12 1 1 0 4 Februar 2017 Anstalten Gewalt gegen Bedienstete Gewalt gegen Gefangene Anwendung unmittelbarer Zwang Verdacht strafbarer Handlungen Tod Suizid Suizid- versuch Sonstiges *BW 0 2 1 13 0 0 0 1 *FB 0 0 0 2 0 0 0 0 *GM 0 0 0 1 0 0 0 0 *HS 0 1 4 2 0 0 1 1 *SH 0 0 0 1 0 0 0 0 *UH 1 0 2 5 0 0 1 2 *BW = Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder, FB= JVA Fuhlsbüttel, GM=JVA Glasmoor, HS= JVA Hahnöfersand, SH= Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg, UH=Untersuchungshaftanstalt **Tod: „Natürlicher" Tod wie Krankheit (innerhalb oder außerhalb der Anstalt) ohne Suizid. 6. In der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/276 gab der Senat an, dass illegale Gegenstände und Substanzen auch durch einzelne Beschäftigte in die Justizvollzugsanstalten gelangen. Es kommt also auch vereinzelt zu rechtswidrigem Handeln durch Beschäftigte. Wie viele und welche arbeits- beziehungsweise disziplinarrechtlichen Maßnahmen wurden gegen einzelne Beschäftigte der Justizvollzugsanstalten Drucksache 21/8178 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 aus jeweils welchem Grund seit Januar 2016 eingeleitet? Bitte aufgeschlüsselt nach Monaten darstellen. Disziplinarrechtlichen Ermittlungen im Sinne der Frage wurden seit Januar 2016 nicht eingeleitet. Einer detaillierten Darstellung der vier in dem erfragten Zeitraum ergriffenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen steht der Personaldatenschutz entgegen. 7. Wie hat sich die monatliche Fehlzeitenquote seit Juli 2016 in den einzelnen Justizvollzugsanstalten und insgesamt entwickelt? Bitte für alle Beschäftigten sowie für den AVD gesondert darstellen. Siehe Drs. 21/8096. 8. Wie viele Plätze sollen in welchen Justizvollzugsanstalten im Rahmen des G20-Gipfels für Polizeihaft sowie längerfristige Ingewahrsamnahmen zur Verfügung stehen? Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen siehe Drs. 21/6239.