BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8234 21. Wahlperiode 10.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 03.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Abfrage von Informationen zum Sicherheitspersonal in Hamburger Flüchtlingsunterkünften In den Flüchtlingsunterkünften Hamburgs treffen Menschen aufeinander, die sich in Hinblick auf ihre Ethnie, Sprache und Religion fundamental voneinander unterscheiden. Da Konflikte unter diesen Bedingungen zu erwarten sind, ist gut ausgebildetes Sicherheitspersonal unabdingbar. Wie man weiß, kommt es auch in Hamburger Erst- und Folgeunterbringungen regelmäßig zu gewaltsamen Konflikten, die nicht selten infolge von religiösem Hass entstehen . Da die überwiegende Mehrheit der Asylsuchenden aus Muslimen besteht, richtet sich die Gewalt häufig gegen Christen sowie Angehörige anderer Konfessionen. Dabei handelt es sich um eine Erscheinung, die bundesweit bekannt ist und immer wieder für Aufsehen gesorgt hat. Obwohl mittlerweile unterschiedliche Studien vorliegen1, die das Phänomen der religiös motivierten Gewalt näher untersuchen, streitet der Senat dessen Existenz für Hamburg vehement ab.2 Die erwähnten Untersuchungen zeigen das Problem auf, demzufolge religiös motivierte Gewalt oftmals gar nicht als solche erkannt wird. Dazu konstatiert das Innenministerium des Landes Brandenburg: „Es fällt auf, dass in den Befragungen religiös und kulturell bedingte Konflikte als mögliche Ursache der gewalttätigen Vorkommnisse selten direkt benannt wurden. Dennoch führen fast alle Befragten die genannten bzw. beobachteten Auseinandersetzungen auf Unverständnis in Bezug auf die Lebensweise der anderen Gruppen und wenig gegenseitige Rücksichtnahme zurück. Immer wieder wurde Hass zwischen unterschiedlichen Nationalitäten oder Religionen als letztliche Ursache benannt.“3 Eine von Open Doors in Auftrag gegebene Studie zu religiös motivierter Gewalt in deutschen Flüchtlingsunterkünften konnte zeigen , dass christliche Flüchtlinge in 49 Prozent der fixierten Fälle zusätzlich auch von Mitarbeitern diskriminiert oder verfolgt wurden; in Berlin belief sich dieser Anteil gar auf 69 Prozent.4 1 Hierzu siehe: Gewalt in den Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende im Land Brandenburg . Situationsanalyse. Herausgegeben vom Fachberatungsdienst Zuwanderung, Integration und Toleranz im Land Brandenburg (Im Folgenden Situationsanalyse 2015); Mangelnder Schutz religiöser Minderheiten in Deutschland. Religiös motivierte Übergriffe auf 743 christliche Flüchtlinge in deutschen Asylunterkünften. Eine Erhebung von Open Doors Deutschland (im Folgenden Open Doors). 2 Confer Drs. 21/2912. Seite 2. 3 Confer Situationsanalyse. Seite 16. 4 Siehe Open Doors. Seite 12. Drucksache 21/8234 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dieser Befund lässt den Schluss zu, dass sich eingesetztes Sicherheitspersonal offensichtlich an der Diskriminierung nicht muslimischer Bewohner beteiligt. Tatsächlich ist auch für Hamburg ein solcher Fall verbürgt. So wurde im November 2013 der für die Erstaufnahmeeinrichtung Schnackenburgallee zuständigen Sicherheitsfirma die Zusammenarbeit aufgekündigt, nachdem bekannt geworden war, dass deren Personal christliche Asylsuchende im täglichen Umgang gegenüber Muslimen benachteiligt hatte.5 Obwohl bislang keine Daten über die Herkunft des eingesetzten Wachpersonals, sondern nur über die Voraussetzungen für deren Diensttauglichkeit vorliegen, kann man erkennen, dass ein Teil von ihm offenbar selbst aus muslimischen Kulturkontexten stammt. So erwartet etwa die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH), dass immer auch Sicherheitskräfte mit arabischen Sprachkenntnissen beziehungsweise in Dari/Farsi verfügbar sind.6 Erklärungen des Senats zufolge muss das eingesetzte Personal grundsätzlich dazu in der Lage sein, „mit den Betreuten des Auftraggebers sowie Besuchern sprachlich differenziert zu kommunizieren.“7 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Anzahl und das Ausmaß besonderer Vorkommnisse in den Erstaufnahmeeinrichtungen sind durch den Abbau prekärer Einrichtungen und den insgesamt rückläufigen Zugang von Asylsuchenden zurückgegangen. Gegenseitiger Respekt, Toleranz und Rücksichtnahme sind in allen Einrichtungen der Schlüssel für ein friedliches Zusammenleben . Dies wird sowohl von den Betreibern selbst als auch von den beauftragten Unternehmen immer wieder vermittelt. Bei auftretenden Konflikten wird umgehend reagiert. Bei der Auswahl des Personals wird insbesondere auf die Einhaltung der in den Leistungsbeschreibungen der Betreiberverträge aufgeführten Voraussetzungen geachtet, siehe dazu Drs. 21/6898. Darüber hinaus sind die Sicherheitsunternehmen gehalten, überwiegend Personal einzusetzen, das Erfahrung im Bereich der öffentlichrechtlichen Unterbringung hat und als Objektleiter nur solche Personen einzusetzen, die neben ihrer persönlichen Eignung über eine Prüfung als Fachkraft für Schutz und Sicherheit oder über mehrjährige Berufserfahrung mit entsprechenden Fortbildungen verfügen. Positiv und deeskalierend hat sich dabei der Umstand erwiesen, dass einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsdienste über spezielle Sprachkenntnisse verfügen, die eine direkte Kommunikation mit den Bewohnern erleichtern. Vor diesem Hintergrund werden auch spezielle Sprachkenntnisse gewünscht, diese sind aber keine zwingende Voraussetzung für eine Beschäftigung in den Unterkünften. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Angaben der Betreiber f & w fördern und wohnen AöR (f & w), Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Hamburg e.V. (DRK HH), Kreisverband Hamburg Harburg e.V. (DRK Harburg) und Kreisverband Hamburg Altona und Mitte e.V. (DRK Altona), ASB Flüchtlingshilfe Hamburg GmbH (ASB), Arbeiterwohlfahrt Landesverband Hamburg e.V. (AWO), Malteser Hilfsdienst e.V. (Malteser) und Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. (JUH) wie folgt: 1. Wie viele der in Drs. 21/4686 genannten Sicherheitsdienste werden gegenwärtig von f & w fördern und wohnen AöR in Hamburger Erst- und Folgeunterkünften eingesetzt? f & w setzt aktuell folgende Sicherheitsdienste in Erstaufnahmeeinrichtungen ein: SECURA-Personal Dienstleistungs GmbH & Co. KG, WEKO Sicherheitsdienste GmbH, W.I.S. Sicherheit + Service GmbH & Co. KG und Pütz Security AG. Zu den öffentlich-rechtlichen Folgeunterkünften siehe Drs. 21/7844. 5 Confer Drs. 21/4216. Seite 4. 6 Confer Drs. 21/4686. Seite 2. 7 Confer Drs. 21/3278. Seite 3. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8234 3 2. Da der Senat jede einzelne Person, die als Wachmann zum Einsatz kommt, anhand eines erweiterten Führungszeugnisses vor Dienstantritt prüfen lässt, geht der Fragesteller davon aus, dass der Senat auch Angaben zum ethnischen Hintergrund dieser Leute machen kann. Wie hoch ist demnach der prozentuelle Anteil von Wachleuten, die aus muslimischen Kulturkontexten stammen? 3. Wie viele der in Hamburger Erst- und Folgeunterbringungen eingesetzten Wachleute verfügen nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit? 4. Wie viele von ihnen sind im Besitz der doppelten Staatsangehörigkeit? Diese Daten werden nicht erhoben. 5. Wie hoch beläuft sich der prozentuelle Anteil von Personen am Wachpersonal , die Kenntnisse der folgenden Sprachen nachweisen können? Bei den Betreibern DRK HH und ASB werden in der Regel pro Schicht Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des Sicherheitspersonals eingesetzt, die über Kenntnisse der Sprachen zu a) – c) verfügen. Bei drei weiteren Betreibern ergibt sich die prozentuale Verteilung der Sprachkenntnisse wie folgt: a) Arabisch AWO: 17,78 Prozent JUH: 16,8 Prozent ASB: circa 30 Prozent b) Farsi/Dari AWO: 11,1 Prozent JUH: 13,44 Prozent ASB: circa 30 Prozent c) Paschtu AWO: 0 Prozent JUH: 0,84 Prozent d) Afrikanische Sprachen AWO: 0 Prozent JUH: 0,84 Prozent Die übrigen Betreiber erheben hierzu keine Daten. Siehe auch Vorbemerkung. 6. Wie wird die Fremdsprachenkompetenz des eingesetzten Personals ermittelt? Im Einzelfall erfolgt die Feststellung anhand des Personaleinstellungsbogens beziehungsweise in einem Erstgespräch. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 7. Werden außer nativen Sprechern auch Fremdsprachler eingesetzt? Es werden sowohl Muttersprachler „Native Speaker“ als auch Fremdsprachler eingesetzt . Einige Betreiber setzen ausschließlich Muttersprachler ein. 8. Wie ist die ethnische Struktur der in Hamburg untergebrachten Asylsuchenden zum 1. März 2017 beschaffen? Angaben zur Religions- oder Volkszugehörigkeit oder der Zurechnung zu „Kulturkontexten “ werden im ausländerrechtlichen Fachverfahren nicht gespeichert und sind somit ohne händische Auswertung aller Einzelakten nicht ermittelbar. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 9. Hat dies Auswirkungen für die Auswahl des in den jeweiligen Unterbringungen eingesetzten Wachpersonals? Drucksache 21/8234 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Falls nein, warum nicht? Nein, siehe Vorbemerkung.